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In der Gaststube angelangt, fühlte die Wirtin allmählich ihre| fich empfehlen, ein paar Banknoten im Beit des Nutschers zu Fassung wiederkehren und begann, sich ihrer Angst zu schämen. bersteden. Auf diese Weise wird der ganze Berdacht auf ihn Welch eine Torheit! Weil zwei Reisende ihr Wirtshaus aufsuchten, gelenkt. um ihren Durst zu löschen, mußten sie gleich die Mörder der Wittwe Borniche sein! Als ob es bloß einen Brünetten und einen Blonden entsetzt an. auf der Welt gab! Wirklich zu dumm!

Bollständig beruhigt nahm fle die Lektüre ihrer Zeitung wieder auf.

Der Maire, der Feldhüter, die Wirtin blickten einander

Und der Alte?" fragte wieder die erste Stimme. Der wird getötet."

Selbstverständlich Aber wie?... Vielleicht mit Hammer­Wie die Witwe Borniche", hauchte die Wirtin, deren Zähne Hammerschläge? Nein, das ist zu banal 1" widersprach die zivcite Stimme. Na, wir werden ja sehen... Bleibt noch die Tochter." D, für die weiß ich schon Rat! Sie wird durch ein Be Wie Espenlaub zitternd erhob sie sich und nahm das Kleidungs- täubungsmittel, cingeichläfert.. Der Wagen wartet nahe dem ftück in die Hand. Gehölz... Man trägt sie hinein und los. Am nächsten Morgen ist Entsetzlich! fie in der Gewalt des Marquis de Corlayor!"

,, mit blondem Bart und blauen Augen", las fie. Der schlägen auf den Kopf?" eine von ihnen trägt einen Rucksack am Riemen über der Schulter und ist bekleidet mit einem nußfarbenen Ueberzieher mit fajtanien- hörbar Napperten. braunem Samtfragen".

Gie blickte auf und ihre Augen erweiterten sich in panischem Schrecken. Dort lag der Rucksack auf dem Stuhl, daneben der Ueberzieher. Und der Ueberzieher tvar nußfarben!

-

III

Ein tastanienbrauner Samilragen! Vergebens fuchte sie sich selbst Vernunft zu predigen. Vergebens erfann sie tausend Erklärungen, die eine immer plausibler als die andere, um dieses merkwürdige Zusammentreffen zu erklären, ihr erschreckter Blick fehrte stets bon nenem zu der Tür des Zimmers zurück, in dem sich der fleine Blonde und der große Brünette ein­geschlossen hatten. Was mochten sie da treiben? Welch neues Ber  - Wir werden die Gesellschaft retten!" brechen wurde dort geplant?

Eine Weile schwankte sie zwischen Furcht und Neugierde. Schließ­lich siegte die lettere. Den Atem anhaltend, auf Fußipigen schlich fie an die Tür und legte das Dhr ans Schlüsselloch.

Fast im nämlichen Moment prallte sie mit weit offenen Augen und schreckensbleichem Gesicht zurüid. Eine Setunde stand sie wie gelähmt, dann lief sie zur Tür hinaus und stürzte in der Nichtung

nach der Mairie davon.

II.

Der Herr Maire hatte soeben gefrühstückt. Ju einen bequemen Sejfel hingestredt, die Augen halb geschlossen, die Hände über dem stattlichen Bauch gefaltet, den bei feierlichen Anlässen die dreifarbige Binde umgab, wackelte er träge mit dem Kopf und hörte jeiner Tochter Prudence zu, welche am Klavier einen Walzer spielte in der löblichen Absicht, die väterliche Verdauung zu befördern.

Der Maire richtete sich wieder auf. Er war leichenblaß. Die Elenden 1" murmelte er. Welch ein Abgrund von Berderbtheit!. Ramageot 1 fuhr er mit wilder Energie fort.

Ja, Herr Maire".

Deffnen Sie die Tür  "!

Banern ein Zeichen gab, hereinzukommen, un nötigenfalls Beistand Sm nämlichen lugenblid, als der Maire den draußen stehenden zu leisten, öffnete Ramageot, der seinen Säbel gezogen hatte,

die Tir.

bebedten Tisch, den Krug mit Aepfelwein   zwischen sich. Beim Anblick Die beiden Verbrecher saßen frieblich an einem mit Papieren bieser drohenden Menge, welche ihnen den Rückzug versperrte. erhoben fie fich erstaunt. Im Namen des Gesetzes, ich verhafte Sie!" donnerte der Maire, störper des Flurhüters als Schutzwall benützend. Was bedeutet

den

?"

Keine Ausflüchte! Sie find die Mörder der Wittve Borniche 1" Borniche? Wer ist das?" fragten die beiden Augeschuldigten verständnislos.

Ant­

Neben dem ersten Beamten des Dorfes stand Ramageot, der Bis die Gendarmerie tommt, welche benachrichtigt ist, forbere Feldhüter, und erstattete feinen täglichen Rapport. Steif wie ein ich Sie auf, meine Fragen zu beantworten. Ich bin der Maire!" Pfahl hatte er auf die Fragen feines Borgefeßten zum siebenunderflärte er feierlich, auf seine breifarbige Leibbinde deutend. zwanzigsten Male fein stereotypes" Ja, Herr Maire," geantwortet, worten Sie! Wer ist die Person, welche Sie zu ermorden be als die Schentwirtin mit fliegenden Haaren und verzerrtem Gesicht abfichtigen?" ins Zimmer stürzte.

ach!

" Herr Maire!... Ach, Herr Maire!... Die Mörder

Man hieß fie Plak nehmen. Man beruhigte fie. Dann erzählte fie, twas sie gesehen, was sie gehört hatte. Der Maire ließ fie reben, ohne sie einmal zu unterbrechen. Schließlich erklärte er in miß­bergnügtem Tone:

"

Sehr unangenehm nach dem Frühstück, solche Geschichten!. Was jagen Sie dazu, Namageot?" Ja, Herr Maire."

Sind Sie Ihrer Sache auch ganz sicher, meine liebe Frau?" drängte der Maire." In solchen Fällen ist es zweckmäßig, reiflich zu überlegen. Man muß sich vor jeder Uebereilung hüten.. Was jagen Sie dazu, Ramageot?"

" Ja, Herr Maire."

Ermorden? Bir?... Na hören Sie mal, der Scherz geht denn doch wirklich etwas zu weit!"

"

Der Name des jungen Mädchens," fuhr der Maire mit tragisch erhobener Stimme fort, dieses unschuldigen Kindes, welches Sie 3hrem Komplicen, dem Marquis de Corlayor ausliefern wollen!"

Bei diesem Namen brachen die beiden Verbrecher in ein tahn­finniges Gelächter aus. Die Bauern gerieten ob folcher Gefühls­roheit in derartige But, daß sie bereits Miene machten, die beiden Uebeltäter zu lynchen. Nur mit großer Mühe gelang es dem einen bon ihnen, jeine immer wieder hervorbrechende Rachluft zu bekämpfen und durch Zeichen anzubeuten, daß er sprechen wolle.

Sie haben also an der Tür gehorcht?" fragte er. Na schön. Was Sie gehört haben, ist der Entwurf eines Dramas, welches wir beide gemeinsam schreiben und welches hoffentlich noch diesen Winter in Paris   aufgeführt werden wirb. Justin Maucart, Banl

Richtsdestoweniger müssen wir unsere Pflicht tun. Gehen wir, Larby," fügte er hinzu, zuerst auf sich, dann auf seinen Gefährten

Ramagevt!"

Ja, Herr Maire

Alle drei machten sich auf den Weg nach dem Wirtshaus: der Maire, der Feldhitter und die Wirtin. interwegs fonnte die Frau fich nicht enthalten, allen Passanten die Geschichte zu erzählen, so daß, als man vor der Schenke anlangte, aus den drei etliche fünfzig geworden waren. Senjen, Heugabeln, Stöcke wurden drohend in der Luft geschwungen.

Bevor sie das Haits betraten, wandte fich der Maire an seine Begleitung und gebot mit dem Scharffinn eines großen Generals: Umstellt das Haus!"

Dann trat er ein. Das erste, was er in der Gaststube be­merkte, war der Rucksack.

Ramageot, wir werden eine Durchsuchung dieses Gegenstandes bornehmen!" gebot er.

Er öffnete den Rudjad. Aber zu seiner großen Enttäuschung fand er barin nur lanter nichtbelastende Gegenstände: Hemden, Taschentücher, Strümpfe usw.

Sie haben ihre Beute irgendwo anders in Sicherheit ge­bracht," entschied das Dorfoberhaupt mit großer Geistesgegenwart. Alle drei näherten sich nun schweigend, mit der unendlichen Borficht eines Indianers auf dem Kriegspfade, der verhängnis­bollen Tür.

"

Hoffentlich haben sie sich nicht inzwischen aus dem Staube ge­macht!" bemerkte die Wirtin. Sie hatten fich nicht aus dem Staube gemacht". Durch die Zür hörte man fie sprechen. Das Trio verhielt fich mäuschenstill und lauschte.

Also abgemacht?" fragte eine Stimme. Der Geldschrank wird erbrochen?"

"

Abgemacht!" antwortete eine zweite Stimme, Nur wird es

Beigend.

Was? Sie wären

...?"

Bwei Pariser Bühnendichter auf einer Landpartie, jawohl 1" Und sie brachen von neuem in Lachen aus.

Das Gesicht des Maire wurde lang und länger. Die beiden Schriftsteller waren mit allen notwendigen Papieren versehen, die ihre Identität zweifellos nachwiesen. Sehr verlegen verließ der Maire, nachdem er tausendmal um Entschuldigung gebeten hatte, den Schauplaß seiner Helbentaten.

·

Bor der Tür fragte er den ihn begleitenden Ramageot: Und der Gendarm, nach dem ich geschickt habe? Was wird der sagen? Er wird mich für einen rechten Dummatopŕ halten, was, Ramagent?" Ja, Herr Maire," pflichtete Ramageot mit unersch Ueberzeugung im Tone bei.-

Kleines feuilleton.

fitterlicher

st. Die Gänse- Revolution in Badnang. Von Badnang, einem Bezirksstädtchen nicht etwa in China  , wie die Namensendung bermuten laffen tönnte, sondern im schönen schwäbischen Nedartreis, das durch seine zahlreichen Gerbereien Berühmtheit genicht, er zählt die schwäbische Chronit folgende merkwürdige Begebenheit, Anno 1606 hatte der wohlweise Rat die Einwohner in große Auf­regung, berjeßt durch einen Illas, der das Halten von Gänsen bei schwerer Buße unter strenges Verbot stellte, dieweil die Gänse auf ben Feldern großen Schaden anrichteten, indem es an cinem tüchtigen Gänsehirten gebrach und auch keine Gänseweide vorhanden war. Etliche Jahre ertrugen die Backnanger   diese schreckliche Mazza