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die in einem Bette schliefen. Diebe famen in die Hütte, und der erste Zigeuner weckte eise den zweiten: Um Himmelswillen, Bruder, sei still, Diebe sind da." Was- still? schrie der andere. ..Mach' Lärm, vielleicht erschrecken sie und Tassen ettvas fallen Ei, ei, Effendim," meinte der Zigeuner, iver wird in eines Zigeuners Hütte stehlen kommen?"

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Der Zigeuner nidte, und der Hodja freute sich. Er gedachte, ihn mit seinem Traume zu übertrumpfen.

Sie legten sich auf das harte Lager, der Hodja, der schlafen wollte, mit dem Gesichte zur Wand, der Zigeuner verkehrt, so daß er das Feuer, an dem das Huhn briet, anblinzeln fonnte. Als es gar tvar und der Hodja schnarchte, ließ er sich's schmecken. Nun, Zigo," rief der Moslim im Erwachen, was ist's mit

Wieder ein Zigeuner, mein Sohn." Effendim," rief der Zigeuner beleidigt, hat man je gehört, Dir? Wo bist Du? Erzähle Deinen Traum!" daß einer unseres Stammes gestohlen hätte?"

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So höre eine Geschichte," sprach der alte Moslim  . Da standen auf dem Markte zu Sarajewo   zwei Deines Stammes, beide aus Jlidje gebürtig, und verkauften Körbe. Hier, Ihr Leute, tauft," rief der eine, dreißig Para das Stück!"" Fünfzehn Para das Stück!" der andere. Als der Markt zu Ende war und beide ihren Erlös in der Schänke vertranken, sprach der erste:" Wie stellst Du es an, o Rom  *), daß Du die Körbe so billig abgeben kannst? Ich stehle die Ruten und kann meine Körbe doch nicht für fünfzehn Para ausbieten."" Rom  ," entgegnete der andere, ich stehle eben die fertigen Körbe.'" Nun siehst Du wohl, daß Ihr stehlt?" Da lachte der Hodja, daß ihm schier die Rippen sprangen. " Ja, die Zigeuner find Füchse! Und doch hat ein Rechtgläubiger einen von ihnen überlistet."

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Erzähle, Effendim," drängte der Zigeuner. " Das geschah so: Auf dem Landgute des Hamsi- beg zu Banja­Yuka weideten drei ihre Pferde: ein Moslim, ein Rajah und ein Zigeuner. Hamsi- beg sah sie und lief schnell hin. Leute," rief er, wo nehmt Ihr die Keckheit her, auf fremder Wiese zu weiden? Ich wundere mich nicht über den Moslim, denn es ist türkischer Grund, noch über den Schwaben, denn er ist unser Bruder. Aber über Dich, Du Zigeuner! Haltet ihn Ihr zwei, damit ich ihm ein paar mit der flachen Klinge heruntersäble. Des Begs Wille ge­shah. Und Du, Rajah! Du lebst in türkischem Land- weißt Du nicht, was türkischer Boden ist? Haltet ihn Ihr zwei, damit ich ihm ein paar mit der flachen Klinge herunterſäble." Der Moslim und der Zigeuner hielten ihn." Höre auch Du, Türkel Hast Du weder Kor'an noch Tschitab gelernt, daß Du so schlecht bist, wie die ztvei? Bei meinem Barte, Du bist der ärgste Sünder unter allen, Du hast sie sicherlich angestiftet! Haltet ihn Ihr zwei, damit ich ruch ihm ein paar mit der flachen Klinge aufsäble."

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" So ist ihnen recht geschehen!" sagte Stender Aga. Der Zigeuner darauf:" Freilich ist ihnen recht geschehen, denn man soll nicht auf fremdem Felde weiden. Toch Du hast behauptet, Hodja, ein Moslim hätte einen Zigeuner überlistet?"

" Natürlich hat er das, da doch ihrer drei waren und hätten den Beg leicht bändigen können, wenn sie einig gewesen wären."

Sie starrten ins Feuer, bis der Zigeuner wieder anfing:" Das war auch zu der Zeit, da der Schwabe noch nicht im Band war Da betrog ein Zigeuner den Kadi von Liwno. Und ein Kadi ist doch wahrlich nach dem Mufti der flügste Mann im Glauben. Der Zi­geuner lieh sich von Hadji Schemsi einen Pflaumenkessel und sollte ihn in sieben Tagen samt cinem Geschenke wiederbringen.

Am dritten Tage kommt er schon:" Weißt Du was neues, Hadji?"

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Was denn?"

" Dente Dir das Glück! Dein Stessel hat zwei kleine Steffelchen befommen." Damit überreicht er sie ihm. Der Hadji nimmt sie Tachend; er meint, sie seien das versprochene Geschenk.

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Am siebenten Tage kommt der Zigeuner wieder." Weißt Du was neues, Herr? Dein Sessel ist gestorben." " Keine Späße, bei Deinem Glauben! Wie kann ein Sessel fterben?"

Wie sollte er nicht sterben können, da er doch alt ist und

Kinder hat?"

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Da mußte der Hadji lachen und schenkte ihm den Kessel. Der Zigeuner hatte faum geendet, als der Hodja eifrig einfiel: Ihr seid bei weitem nicht die Klügsten, und viele von Euch haben schon recht unflug gesprochen. Da hatten einmal einige von Euch ein Gewehr gestohlen. Man brachte sie vor den Richter und ihren Aeltesten mit als Zeugen. Was kannst Du beeiden?" fragte der Richter." Ich kann beeiden," antwortete der Aelteste, bei Gott  und allen Heiligen, daß das Gewehr immer meinem Better gehört hat. Ich habe es bei ihm schon vor vielen Jahren gesehen, als es noch eine ganz fleine Pistole war."

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Gute Schwänke reizen zum Lachen," sagte der Hodja wieder. Aber sprich, Aga Gott gebe Dir ein langes Leben! Hast Du für uns Wanderer nichts zu essen?"

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Ich will sehen, was ich für Dich finde, Hodja," antwortete der Wirt, unmutig darüber, daß man ihn an seine Pflicht gemahnt hatte, und schritt hinaus. Er kam auch nicht wieder. Sein Hirt brachte ein Huhn, schlachtete es, begann es zu rupfen und suchte eine Rute zu einem Spieß.

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Wie wäre es, Zigo," sagte der Hodja, wie wäre es, wenn wir vor dem Mahle ein wenig schliefen? Ein Huhn ist zu wenig für uns beide. Laß hören, wie wir es teilen er jetzt einschläft und schöner träumt, der mag das ganze haben. Bist Du's zu frieden, Bigo?"

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*) Rom  " in der Zigeunersprache Mensch". So sprechen sich die Zigeuner untereinander in aller Welt an.

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Ach, erzähle Du zuerst, Effendim!" Gut. Mir träumte, Mohammed alejhi selam! ließ mir vom Himmel eine seidene Leiter mit Rubinsprossen herab, und ich stieg empor. Am Tove erwartete mich der Abgesandte Gottes wie eine Mutter ihren lieben Sohn erwartet, und brachte mir Scherbet, einen Tschibuk von Rosenholz mit einem Perlenkopf daran-; dann tamen die Houris und umarmten mich und gaben mir allerlei Süßig feiten und eine goldene Neule, die sollte ich tragen und alle Un­gläubigen damit erschlagen. Aber ich nahm sie nicht, weil sie mir zu schwer war und ich fürchtete, mit dieser Last zu spät zu unserem Braten zu kommen." Des Hodjas unruhiges Auge irrte umher und fuchte das Huhn.

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Bei Gott  , Effendim," rief der Zigeuner, Du hättest die Keule ruhig nehmen können! Denn, um Dir die Wahrheit zu gestehen: Als ich Dich auf der seidenen Leiter mit den Rubinsprossen zum Himmel ansteigen sah, dachte ich mir: der Abgesandte wird doch feinen frommen Sohn, der zu ihm zu Gast kommt, nicht unbewirtet entlassen? Und ich das Huhn!"

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Kleines feuilleton.

Chemische Analyse alter Metallgeräte. Der Frankf. 3." wird geschrieben: Der Leiter der französischen   Ausgrabungsarbeiten in Persien  , der Archäologe Morgan, hat von Berthelot eine Anzahl metallner Gegenstände, die bei den Ausgrabungen auf der Akro= polis von Susa  , der alten Residenz der persischen Könige, ge= funden wurden, auf ihre chemische Zusammensetzung hin untersuchen laffen. Die Afropolis von Susa   wurde nacheinander von den Ela­miten, den Achämeniden, den Parthern, den Sassaniden und schließ­lich von den Arabern bewohnt. Die Berthelot übergebenen Gegen­stände stammen zum größten Teil aus den untersten Schichten der elamitischen Periode, d. h. aus der Beit vor 750 vor Christi Geburt. Ein anderer Teil wurde in den Trümmern eines dem Gotte Sufinat geweihten Tempels( 10. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung) gefunden, und ein Stück trägt eine Inschrift mit dem Namen eines Königs Silhok( zwischen 1000 und 750 vor Christi). Die von Berthelot in Gemeinschaft mit dem Chemiker G. André untersuchten Metallstücke stammten von silbernen Basen, fupfernen und bronzenen Geräten. Die chemische Untersuchung hat nun, wie das" Journal des Débats  " berichtet, folgendes ergeben: Das Silber der Vasen war zu einem Fünftel seines Gewichtes mit Stupfer legiert. Außer dem war dem Silber noch Gold beigemischt, das wahrscheinlich noch aus dem verwendeten Erz stammte, da man es bis zum sechsten Jahrhundert vor Christi nur unvollkommen verstand, das Gold vom Silber abzuscheiden. Die von einem Grabdenkmal herrührende Bronze hatte folgende Zusammensetzung: Kupfer 82,7 Teile, Binn   13,9 Teile und Blei 3,4 Teile. Hingegen bestand die Bronze eines in einem Steindenkmal gefundenen Kästchens sowie die mehrerer Basen aus Stupfer, Zinn und Eisen, und bemerkenswerterweise fand man darin auch Spuren von Nickel. Dies ist besonders aufgefallen, weil in dem früher von Berthelot untersuchten alten Metallgeräten, die aus Aegypten   und Chaldäa stammten, teine Spur von Nickel gefunden wurde. Wahrscheinlich war das Nickel dem verwendeten Kupfererz beigemischt, das in den Bergen in der Nähe von Sufa gefunden wurde. Schließlich bestand die Spike eines Wurfspießes aus Kupfer und Zinn mit einigen Spuren von Eisen. Dieser Wurf­Spieß ist wegen seines hohen Alters von besonderem Interesse, denn er muß seiner Zusammensetzung wegen noch aus prähistorischen Beiten stammen, da in den eigentlich historischen Zeiten bei der Her­stellung von Waffen das Kupfer bald vom Eisen verdrängt worden iſt. Wahrscheinlich ist dieser Wurfspieß nicht durch Guß, sondern durch kräftige Drehung aus einer drei bis vier Millimeter dicken bronzenen Blatte angefertigt worden, wie sich aus einigen Rissen im Metall zu ergeben scheint.

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Humoristisches.

Darum. Ich begreife nicht, daß der Chef jetzt immer so fchlecht aufgelegt. ift!" Ich schon! Er hat mir nämlich versprochen, daß er mich auf­beffert, wenn er einmal gut aufgelegt ist!"

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he?"

Passend. Wie lebt unser erster Liebhaber in seiner Berufsgemäß: Er macht ihr Vorstellungen, sie ihm mei arm's

Szenen."

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Vorlaut. Kellnerin, schnell noch a' Maß Buber! hat noch gar so an' argen Durst!" Gar fein' Durscht hab' i', Bata!"

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" Hab' i' Di' g'fragt, Lausbub?!"

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( Fliegende Blätter  ".) Verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin  . Drud u. Verlag: Borwärts Buchdruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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