WinSe fapcn und aimcte schwer. Tann knicke er am Rande desSchachtes nieder und äugte angstvoll in die Dunkelheit hinab.„Peter I" rief er leise, als furchte er die zerschmetterten Glied-motzen zu stören.„Jal" kam die Antwort zurück in gleich bestürztem Flüstertone.„Bist Du verletzt?"„Ne— in! Ich— glaube— nicht." Aber Peter begann dochseinen Körper zu befühlen, um sich der Tatsache zu versichern.„Was ist geschehen? Was zum Donnerwetter—"„Ich— ich— ich steckte die verflixte Zündschnur an und— und—"„Und vergast nach oben zu kommen," brüllte der andere.„Na,mein Juirge, wenn das nicht das Allertolljte ijtl" Und er begannsich vor Lachen zu schütteln.Plötzlich hörte er auf.„Peter l"„Jal" Peter fühlte sich offenbar sehr niedergeschlagen.„Weshalb bist Du denn nicht tot? Ist denn das Dynamitnicht losgegangen?"Peter frappierte dieser neue und rätselhafte Gesichtspunktautzerordcntlich. Mit einem Ruck sammelte er seine Gedanken,die allein von der Explosion zerschmettert worden waren; er fingeine Untersuchung an.„Ol"„Nun?" kam die Frage von oben.„Hol auf!" war die einzige Antwort. Langsam knarrte dieWinde ihre Last zur Oberfläche, und mit einem«cufzcr der Er-leichtcrung schritt Peter ins Tageslicht hinaus, sehr still undgedrückt.„Nun?" wiederholte Bill.Ein Achselzucken.„Ich wette. Du hast wieder etwas vergcsscnl Etwa dasDynamit?"Peter ward puterrot und knickte noch mehr zusammen.„Also doch!" jubelte sein Partner.„Du bist sogar zu dösig,um Dich umzubringen. Knackt ein Zündhütchen ab. erschreckt michzu Tode und spielt dann den Beleidigten. Aber jetzt geh' ichrunter. Auf Dich ist kein Verlast. Und wenn Tu etwa vcr-gesscn solltest, die Kurbel festzuhalten, dann— dann—"Offenbar war sich Bill selbst nicht ganz klar, was er mit Petertun sollte, wenn der ihn die fünfzig Futz hinabließe. Und soverschwand er schimpfend und höhnend in die Tiefe.Peter aber saß oben und blies Trübsal. Nie würde er dasEnde hören von dieser Geschichte. Etwas mutzte geschehen, umBill zu demütigen. Aber was— was?Hoffnungslos blickte er in die Runde. Alles war totenstill.Nur das Gebimmel des Gaules, der langsam und vorsichtig auf denSchacht zu gegrast kam, durchbrach das Schweigen.Da kam dem gekränkten Alten der große Rachcplan.--Und im Dunkel, von den Felswänden eingepfercht, saß Billbeim Schimmer einer Kerze und hämmerte auf den Stahldrilllos, behaglich schmunzelnd. Alle Äugcnblickc mutzte er in seinerArbeit innehalten, um sich aus vollem Halse auszulachen, wennihm das Grubenunglück von eben wieder einfiel. Neben ihm lagennoch die Dynamitpatroncn, die Peter vergessen hatte in dasSprengloch zu rammen. Er hätschelte sie liebevoll, als seien siefeine Bundesgenossen, wie das Zündhütchen, das mit einem sostarken Knall explodiert war. Tann bohrte er weiter— tick.tick, tick—„Will ich den aber utzen heut abend— tick, tick—" sagteer sich wohlgefällig.„Ohne Mitleid— tick, tick, tick.— So lächerlich— tick, tick— hat sich doch noch niemand gemacht— tick,tick— von dem ich weiß.— Donnerwetter, was ist denn das?"Er ließ den Hammer sinken, blickte empor, wo nur ein winzigeshelles Viereck vom Zeltdach zu sehen war, und lauschte gespannt.Ja— er konnte es ganz deutlich hören, wie es näher kam— kling— kling— kling— klingklingling— klingl Er erbleichte, und das Handwerkszeug fiel ihm aus den Händen.„Peter l" schrie er aus Leibeskräften.„Peter I"Keine Autwort— außer kling, tlingklingling.Er sprang auf:„Peter l Hallo, Peter I"Nichts— nur das Geläute immer näher—■„Herrgott I Der ist wahrscheinlich Wasser holen gegangen."„Kuu— iihl Peter I Kuuiihl"Klingling— klingling-- ganz dicht I„Mein Himmelt Das blinde Vieh von einem Gaul troddeltwahrhaftig zum Schacht heran l Was soll ich nur tun? Kreuz-donnerwetter— das Biest fällt runter, auf mich, so sicher wie nurwas. Mein Schreien hat ihn noch angelockt l"Die Klingel mutzte jetzt dicht am Rande sein. Bill schlottertendie Knochen, und der Angstschweiß lief ihn von der Stirn herab.Nirgends sah er ein Entkommen, auch nur eine kleine Höhlung,'in die er sich hätte pressen können. Er war ja auch so stolz ge-Wesen auf die Gleichmäßigkeit, mit der der enge Schacht gesunkenwar. Und jetzt— jetzt mußte es— kommen—„Jesses Maria!" Er knickte in die Knie zusammen, faltete dieHände und starrte gen oben, teils um Frömmigkeit zu markieren,teils aus Furcht. Und dann begann er laut zu beten, ein sonder-bares, unverständliches Kauderwelsch, das Wohl kein orthodoxerPriester für voll angesehen hätte.Und doch— � es schien zu helfen, er schien erhört zu werden,wenn auch langsam. Ter blinde Gaul schien sich rings um de«.Schacht zu fühlen. Aber jeden Augenblick konnte er fehltretenund stürzen. Und Bill begann immer eifriger zu beten, wie eres nie zuvor in seinem Leben getan. Alle seine Sünden bekannteer, wenigstens alle, die ihm gerade einfielen, während er dort inder Dunkelheit dg Fuß tief bebend kniete.„Und daß ich heute Peter ausgelacht, o Herr," schrie er zumHimmel,„das bereue ich jetzt von Herzen; und wenn Du michrettest aus meiner Not, dann werde ich ihm Sühne tun und—"Das Wort erstarb dem armen Sünder ans den Lippen.— �Oben, über die Winde lehnte Peter, die Pferdeglocke in der Hand,und rief hinunter:„Na. dann will ich Dir's noch mal so hingehen lassen, Bill— hahaha— aber vergiß nicht, was Tu eben versprochen hast— hahaha—"Bill starrte rcguungslos, entgeistert die unerwartete Er,scheinung an.„Was— ist denn—?"Und Peter läutete lachend die Glocke:„Steh nur ruhig auf, Bill. Der Gaul— war ich!"kleines feuilleton.— Sächfische Volkswörtcr. Eine Art Kauen des Getränkesbezeichnet sin Leipzig) netscheln, eine Verlleinerung von natschen,worunter man sonst das weinerliche Benehmen verzogener Kinderoder auch ein undeutliches Sprechen sNuscheln) versteht. In Schlesienheißt narschen sangen, es ist also eine Nebenform zu nutichen, wofürwir auch lutschen sagen. Da diese Wortform hauptsächlich für dasSchlürfen des Kaffees verwendet wird, heißt dieser auch Lutsch. Von Bierund Schnaps dagegen kann man nur eins oder einen genehmigen oder weg»niachen, schwcppcrn, schwappen, schwappeln oder schwubbern sd. i. eigcnt-lich vergießen), blasen, pfeifen oder schmettern. Die letzten dreiAusdrücke gehen vom Musikanten ans, ehemals Pfeifer genannt fvcr»gleiche die Stadipfeifer): wie er sein Tongcrät in die Höhe hält,namentlich die Posaune,.stzenn er Pom Turme bläst, so auch derTrinler da-Z Glas, daL er aus den Grund leeren will. Mancherguckt so tief ins Glas, da- r nicht wiederkommt, ihm ruft man sinAugnslnSburg) zu: Du, komm wödr, wcmmer Dch wagscheckt l Vonder Tätigkeit besonders seßhafter Trinker, die lange kleben unk»quetschen, gebrauchen wir neben dem allgemeiner verbreitetenpicheln(von pichen, im Schwäbischen wie anaepicht imWirtshaus sitzen, vergleiche Pech an den Hosen haben. auchbigeln, abgeleitet von Pegel sinittellatein. pagella), ein Strich,der ein gewisses Maß bezeichnet, sowie ein Maß für Flüssigkeiten.In Norddeutschland kann mancher en godcn Pegel supen, wofür manauch(in Bremen) Pegeln sagt. Wenn es in Sachsen bigelhoch geht,steigt die Lust bis an den Pcgel(strich). der sonst nicht erreichtwird. Wie in Schlesien und Thüringen ist in Sachsen dasPitschen verbreitet, das vom polnischen und russischen pic trinkenabgeleitet sein kann, wenn eS nicht eine Nebenform von piezensaugen darstellt. Von Kindesbeinen an trinkt der Mensch auchin Sachsen, verschieden ist nur in den verschiedenen Lebensalternder Stoff und— die Wirkung. Unter der Unzahl von Aus-drücken, die in deutschen Gauen den Zustand der Trunkenheitumschreibend bezeichnen, können als sächsisch hier nur zwei an»geführt werden: er hat wieder mal Sncn gefressen(wohl angelehntan: einen Narren fressen an jemand), und er is nlsch, d. i. eigentlichschief, schräg. Dieses Wort scheint nur in der Genend von Meißen,Döbeln. Lommatzsch, Würzen verbreitet zn sein m der Bedeutungquerfeldein; für Leipzig bezeichnet Albrecht»Ische in der Bedeutungschräg, z. B. nlsch nüber— schräg gegenüber, so wie sanstansteigend,lchnan; Köhler kennt das Wort auch in der Anwendung auf einenBalken, der schräg an einen Strebebalken angestellt ist. und in derRedensart: er geht nische. Sonst ist für Schiefheit im Stehen latschüblich(auch im östlichen Erzgebirge), verstärkt querlätsch.—Theater.Freie Volksbühne: Lessings E m i r i a G a l o t t— Es ist beinahe selbstverständlich, daß die Tragödie der EniiliaGalotti„nur auf Verstandeskombinationcn beruhen" mußte. Siehat leine Vorgänger, sie ist die erste deutsche Tragödie, und als»solche bewußt. Sie ist daS Schulbeispiel des deutschen Dramas»und will Muster und Beispiel sein, in der Form wie im Inhalt.lieber dem Wagnis triumphiert das Erreichte. Wir geraten in denBann einer dichterischen Energie, die von einer so starken geistigenPersönlichkeit getragen ist, daß sich die Grenzen verwischen, die voneiner intuitiv-schöpferischcn Persönlichkeit trennen. Oder wie Hebbeles ausdrückt: wir geraten„in die nächste Nachbarschaft des Dich»terö". Das wäre uns heute klar, auch wenn uns Lessing nicht daSWort vom Röhren- und Druckwerk über sich selbst und sein Schassengegeben hätte. Drei deutsche Dichter und Dramatiker haben unsihre kritischen Gedanken über die„Emilia Galotti" HinterlassenzHebbel, Grillparzer und Otto Ludwig, und diese drei grundver»schicdenen Beurteiler gelangen von verschiedenen Gesichtspunktenaus zu dem gleichen Resultate, eben dem angedeuteten. Und dasist die merkwürdige Kraft des Kritikerschöpfers Lessing, daß man,wie man auch zergliedern und auflösen möge, immer wieder denHalt im Ganzen behält und behalten muß. Es ist mehr, will ichsagen, als eine literarisch« Ehrfurcht, die wir vor der Emilie