aufgefunden, welche den augenfälligsten Beweis für die Wandlungs-fähigkeit der Arten darstellen.Wenn wir die heute lebenden Reptilien und Vögel betrachten,so erscheinen sie als zwei weit von einander getrennte Tierllassen,und niemand würde wohl das Bestehen einer nahen Verwandtschaft-lichen Beziehung zwischen ihnen vermuten. Im Jahre 1861 uiachtedurch alle Zeitungen Deutschlands und des Auslandes die Nachrichtdie Runde, daß man in den sogenannten lithographischen Schiefernvon Solenhofen, einer Schicht, die der Juraformation angehört,einige Reste eines äußerst seltsamen, mit Federn bekleideten Tieresaufgefunden hätte. Das Stück wurde zu einem enorm hohenPreise zum Verkauf angeboten und endlich für die Summe von12 006 M. vom Britischen Museum in London erworben. LangeZeit konnten sich die Forscher über die Natur dieses seltsamen Ge-schöpfes nicht einigen. Es wollte in keine der bekannten Tier-klaffen sich einreihen lassen, und während die einen es mit Be-stimmtheit für einen Vogel erklärten, behauptete die andere Parteiseine Zugehörigkeit zum Stamme der Reptilien. In der Tathaben wir in dem Archaeoptcryx, dieser Name wurde demwunderlichen Gesellen beigelegt, ein Tier vor uns, welches wederein wirklicher Vogel ist, noch ein echtes Reptil, sondern ein Binde-g l i e d, das Eigenschaften dieser beiden Tierklassen in seinemKörper vereinigt. Namentlich an einem prächtig erhaltenen Exem-plare, das 1877 bei Eichstädt freigelegt wurde, und zu Anfang derachtziger Jahre vom Berliner Museum für Naturkunde um 20 006Mark erworben wurde, lassen pch diese Verhältnisse vortrefflichstudieren. Das gut ausgebildete Gefieder, die geschlossene Schädel-lapsel lassen keinen Zweifel an seiner Vogelnatur aufkommen, an-dererseits entspricht der Bau der Rückenwirbel, der lange, ge-gliederte, aus zahlreichen einzelnen Wirbeln zusammengesetzte,eidechsenartige Schwanz ganz den Verhältnissen, wie wir sie vonden Reptilien kennen. Vor allen Dingen zeigt aber der Kopf ineinem Punkte eine vollständige Abweichung von allen lebendenVögeln und erinnert ganz an ein Reptil. Wir finden nämlich, daßsowohl Ober- wie Unterkiefer mit echten Zähnen ausgerüstet sind,die in deutlichen Zahngruben stecken. Auch die Knochen des Tieresscheinen im Gegensatz zu denen der übrigen Vögel nicht mit Luftgefüllt zu sein. So könnte man leicht noch eine ganze Reiheweiterer Unterschiede aufzählen.Aber auch unter den heute noch lebenden Tieren gibt es solcheUebcrgangsformen zwischen sonst bei allen übrigen Vertreternscharf getrennten Tierstämmen. In weit von einander entferntenGebieten, sowohl in Südafrika, wie in Neuseeland lebt ein kleinesetwa 10 Zentimeter langes Tierchen, das in seinem Aussehen amehesten an einen Tausendfuß erinnert. Dieses Tierchen mit NamenPeripatus ist trotz seiner geringen Größe und Unscheinbarkeitbereits häufig der Anlaß zu heftigen wissenschaftlichen Streitig-leiten geworden, da seine systematische Stellung sehr unsicher warund es sich ebenfalls eigentlich in keine unserer Tierklassen ein-ordnen lassen wollte. Während die Mehrzahl der Forscher denPeripatus zu den Würmern, und zwar zu den höchsten, den Ringel-Würmern, stellen wollten, gab es andere, die ihn den Gliedertierenzurechneten und ihm hier in der unmittelbaren Nähe der Tausend-füße seinen Platz anwiesen.Auch in diesem Falle lag, wie genauere Untersuchungen er-gaben, die Wahrheit in der Mitte, und beide Parteien hatten ingleicher Weise recht und unrecht. Denn der Peripatus stellt wieder Archaeoptcryx ein Bindeglied, eine Uebergangsform, dar, welchedie beiden sonst so fremdartigen Stämme der Würmer und Glieder-ticre mit einander in nahe Beziehung bringt. Doch um diesesdeutlich zu machen, ist es nötig, kurz auf die wichtigsten Merkmaleim inneren Bau des Tierchens einzugehen. Das wichtigste Kenn-zeichen der Gliedertiere ist, wie schon ihr Name besagt, die deut-liche äußere und innere Gliederung ihres Körpers und der Besitzvon gegliederten Extremitäten in Gestalt von Beinen, Fühlern usw.Letztere Eigenschaft fehlt nun den Würmern vollständig, wohl aberbesitzt der Peripatus gegliederte Extremitäten. Ein weiteres Cha-rakteristikum für einen großen Teil der Gliedertiere und geradeauch der Tausendfüße und Insekten gegenüber den Würmern be-steht in ihren Atmungsorganen, eigentümlich gebauten, meist ver-ästelten, schlauchförmigen Gebilden, den sogenannten Tracheen.Auch in dieser Eigenschaft schließt sich der Peripatus unmittelbaran die Gliedertiere an. Grundsätzlich unterscheidet er sich abervon ihnen durch den Besitz von typischen Segmcntalorganen, welchein dieser Ausgestaltung nur noch bei den Ringelwürmern gefundenwerden. Die Segmentalorgane sind Exkrctionsorgane und habeneine ganz ähnliche Aufgabe wie die Nieren der höheren Tiere unddes Menschen; sie dienen nämlich dazu, die unbrauchbar gewordenenStoffe aus dem Körper auszuscheiden. Nur nebenbei sei erwähnt,daß es auch sogar gelungen ist. cntwickelungsgeschichtlich die Nierender Wirbeltiere auf ganz ähnliche Bildungen wie die Segmcntal-organe der Würmer zurückzuführen und davon abzuleiten, daßalso auch zwischen diesen beiden fernen Reichen eine Brücke ge-schlagen ist. Wir kennen aber noch einen anderen Wurm, der auchnoch in anderer Hinsicht deutlich seinen Zusammenhang mit denWirbeltieren beweist. Ich meine einen Bewohner des Meeres, denberühmten BalanoglossuS. Der Vorderarm des Tieres istnämlich gleich dem der Fische usw. mit einer linken und rechtenReihe von Kiemenspaltcn ausgestattet. Außerdem tritt bei ihmeine Bildung auf, die stark an die erste Anlage der Wirbelsäuleerinnert. Ter Belanoglossus ist aber vor allem auch deshalb nachganz besonders interessant, werk er auch nach einer anderen Rich-tung hin noch Beziehungen aufweist. Die Jugendform des Tieres.die sogenannte Tornarialarve, gleicht nämlich den Larvender Stachelhäuter(der Seesterne, Seegurken usw.) so sehr, daßsie früher für eine solche gehalten wurde, und erst als man aus ihreinen Wurm hervorgehen sah, wurde der Irrtum aufgeklärt.Doch es ist nicht möglich, auf diesem beschränkten Raum aufall die zahlreichen Bindeglieder und Uebergangsformen hinzuweisen,welche die wissenschaftliche Forschung im Laufe der Jahre aufgedeckthat. Auch diese wenigen Beispiele zeigen schon zur Genüge, daßdie am Anfang erwähnten Einwände der Gegner der AbstammungS-lehre in dieser Hinsicht nicht mehr berechtigt find. Vielleichtfindet sich in der nächsten Zeit eine Gelegenheit, um namentlichauf die verwandtschaftlichen Beziehungen der Wirbeltiere undWirbellosen und besonders auf die eigentlichen Vorfahren derWirbeltiere, die Mantcltiere(Tunicaten) ausführlicher zu sprechenzu kommen.—Kleines femlleton.— e. Wie sie sein sollen.„Nein Du willst ziehen?" rief FrauMartha und schlug die Hände zusammen.„Ja aber warum denn mit einem mal?, die Wohnung gefielEuch doch allen gut. Sie ist doch auch geradezu wundervoll I Unddiese schöne Gegend I Potsdamerstratze I Ich versteh Dich nicht.".Na, gern tu ich es auch gerade nicht"— eS klang ein leichterGroll durch die Stimme der Schwägerin—„im Gegenteil, ich deich'schon mit Grauen dran, solche schönen Vorderzimmer kriegen wftfür das Geld in dieser Gegend nicht wieder. Und unsere schöneLoggia I Ach. es ist ja auch zu gemein I"„Na aber denn bleib doch wohnen! Was ist denn eigentlichlos?"„WaS soll denn los sein? Ne Lappalie. Du weißt doch, daßMine zum Ersten zieht, ihre Mutter ist doch gestorben, und sie sollnach Hau?, die Wirtschaft führen. Na, denkst Du denn, tdi bekommeein neues Mädchen, die in unserer Mädchenkammer schläft? Nichtszu machen!"„Ja das ist schon richtig. DaS glaube ich gern."Sie saßen eine Weile schweigend, die Schwägerin fuhr tnnervöser Hast mit der Stopfnadel durch den Strumpf. Frau Magdanickte vor sich hin:„Ja, das ist ja eben das Tolle I Die Bande ist ja heut zu all«spruchsvoll, die will ja heut womöglich'n Salon für sich haben oderwenigstens'ne richtige Stube— und Du hast nun bloß'» Hängeboden und noch dazu über der Toilette. Da geht keine hin. Daßdas'n altes Haus ist, und daß die Wohnräume hübsch sind, darausnimmt keine Rücksicht.„Na bewahre." die junge Frau trommelte ärgerlich auf denTisch.„Sechsmal war ich schon im Mietsbureau, und drei Mädchenhaben sich hier gemeldet, alles sehr schön und gut, aber sowie mansagt: Hängeboden und ohne Fenster und wo, ziehen sie Gesichterund schnappen ab. Und die eine meint noch ganz frech: Ich hätteja das Spmdenzimmer neben der Küche, denn könnt ich ihr ja daseinräumen und die Spinden auf den Korridor stellen."„Unverschämtheit I"„Das habe ich ihr auch gesagt, aber was hilft eS denn?*nandere sagt ganz unverfroren:„Ja, Sie haben das Schöne vonder schönen Wohnung, gnädige Frau, darum können wie doch abernicht in'nem Loch schlafen."„Die hast Du hoffentlich sofort rausgeschmissen?"„Aber sofort und nach Noten, das kannst Du Dir wohl denken,Ja aber, was bleibt mir schließlich weiter übrig? Ich muß ziehenoder das Spindenzimmer ausräumen. Ans dem Hängeboden schläftkein Mädchen mehr."„Es ist unerhört! In solche Verlegenheiten bringen einen dieFrauenzimmer! Früher hatten sie gar keine andre Schlafstättenwie die Hängeböden."„Früher!" Die junge Frau lachte höhnisch auf.„Früher ließman auch noch die Herrschaft ihr Recht. Jetzt ist man ja aberhuman geworden, jetzt müssen's ja die Dienstmädchen wie dieGräfinnen haben, womöglich alle acht Tage ihren Sonntag und dieZimmer mit Fenster, das sie lüften können,'s Dienstmädchen muß„lüften", wie'ne Dame! Sie sind ja verrückt!"Frau Martha nickte beistimmend:„Ja, das ist ja aber auch zumVerzage». Aber weißt Du, nimm Dir doch wieder solch'n Dorf-pomuchel, wie die Mine ist; die geht doch auch wieder auf'n Hänge-boden, die sind doch nicht so anspruchsvoll."„Meinst Du? Und wenn sie eS nicht sind, dann werden sie eS,dann sorgen schon die andern für Aufklärung. Ich nchnie r irnun vom Ersten ab'ne Aufwartefrau, das ist auch noch einVergnügen!"«Ach, lieber Himmel, ja I" Frau Martha nickte teilnahmsvoll.„Das ist ja doch aber lächerlich. Du sollst kein Mädchen kriegenkönnen? Ueberleg' doch mal.... Ach, weißt Du, ich Hab' was l'„Dann wärst Du wirklich ein Engel!" Die Schwägerin sagt»es mit einem Ausdruck der Erlösung.„Nimm Dir doch ein Waisenmädchen l Ich Hab' da'ne Freundin,die Frau Rätin Lehrend, die ist doch bei solchem Verein, der sicharmer Arbeiterwaisen annimmt und sie nach der Konfirmation in