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bas Josaphattal in Befit nehmend und durch seine feurige| lang geliebt habe, und mich zu seiner Todesgefährtin er­Begeisterung die Stadt selbst an sich reißend foren."

Unten im Dörfchen grafte eine Ziege auf einem Dache... Rosmarin und sop sproßten in den Mauerlücken irgendwo lockten sich Turteltauben..

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Die Natur um ihn war unverändert geblieben. Der Mensch allein verändert sich, entartet und ver­geht. Warum legen wir also der menschlichen Kreatur und dem unfehlbaren Geschick des Todes so großes Gewicht bei? Ob man bis zum Ende ausharrt oder sich schon früher ent­fernt, ändert nichts an der Harmonie der Welten. Warum sollte ich mich noch länger quälen?"

Und fest entschlossen umschritt er wie einst die Brüstung. Die Luft war wunderbar klar und durchsichtig.

Zur Linken wärmten sich die wie mit gelben gestreiften Burnussen bekleideten, im Halbkreise hockenden Kuppen von Ephraim an den letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Bur Rechten gliperten noch die dunklen, bulkanischen Ketten bon Saba bor Hibe ; hinter Galaads Balsambäumen ruhte Jericho ; wie ein Zinnschild lag das Meer von Sodom im Sande vergraben; im zarten Abendrot gingen Moabs blaue Berge auf und etwas näher.reckte der filberweiße Gipfel des Nebo sein grämliches, verdrießliches Greisen­profil zum Himmel empor.

,, Ach," seufzte Elias, wie Moses durfte ich das Land Ranaan sehen, aber wie er, so bin auch ich nicht hinein­gelangt."

Dann stand er wieder der Stadt gegenüber.

Sie war erloschen. Schatten wogten über den ab­Schüssigen Friedhöfen, über Hakeldama, dem mit Judas Silberlingen angekauften Blutacker, und über dem Berge des Mergernisses, wo Salamon, Jehovas uneingedenk, den Gözen seiner fremden Weiber geopfert hatte.

Ueber dem Todestal breitete sich ein dicker Nebel aus. Von Jerusalems Brüstungen erscholl der Ruf des Letzten Propheten": Bereuet! Bereuet!"

Bald aber sank die Nacht in das Tal, und da sie ihn nun nicht mehr betrachten konnte, schlief fie, ihr Haupt an das seinige gelehnt, ein.

Vom Leichengeruch angelockt, frochen Schakale und Hyänen aus ihren Schlupfwinkeln hervor. Schnaubend und schnüffelnd umkreisten sie dieses seltsame Paar und fingen schließlich an, den Toten an den Beinen zu zerren. Auf­schreckend erwachte sie, denn ihr hatte geträumt, man habe ihr den geliebten Herrn geraubt.

Mit Bestürzung bemerkte sie, daß er ihr wirklich vom Schoße geglitten war.

Die ganze Nacht hindurch verteidigte sie ihn gegen die wilden Tiere. Zuerst warf sie mit Steinen nach ihnen oder jagte sie mit Stockschlägen fort. Als sie später jedoch, kühner werdend, sich trotzdem immer mehr näherten, legte sie sich über ihn, um ihn mit ihrem Leibe zu decken. Da zogen selbst diese unreinen Tiere sich einen Augenblick angeefelt zurück; bald aber segten sie ihre Angriffe fort und wagten sich nun fogar an sie, die Aussäßige.

Jetzt ergriff sie einen Stein, trommelte damit auf ihre Bettlerschale, sang mit ihrer von der Krankheit vernichteten Stimme ein so gräßliches Lied und tanzte auf ihren Bein­stümpfen einen so schauerlichen Totentanz dazu, daß sich den Bestien das Fell sträubte und diese Gräbergäste entsetzt in ihre Höhle krochen, wo sie bis zum Tagesanbruch heulten.

Als das Morgenrot die Stadt von neuem mit seinem Glanze überstrahlte, 30gen an jener Stelle auf ihrem Wege nach Jerusalem Kameltreiber vorbei, die zum christlichen Osterfeste Friedenspalmen vom Jordan herbrachten.

Einer von ihnen stieg aus Neugierde in jenes Tal hinab, und als er an Elias Kleidern sah, daß der Tote ein Mann von vornehmem Stande war, rief er einen Freund herbei, lud mit dessen Hülfe die Leiche auf ein Kamel und bettete sie dort unter Palmen.

So langten die Rameltreiber am St. Stephanstore an,

Da schwang Elias sich über das Geländer und stürzte sich wo sie, vor Schreck noch ganz bestürzt, der Wache mitteilten, in die Tiefe.

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Als die Ausjäßige sich von ihrer Verblüffung beim An­blick des in ihrer Bettlerschale liegenden, goldenen Ringes erholt hatte, sagte sie sich:

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Ohne Zweifel will der Rabbi, daß ich ihm folge." Nachdem sie den Trauring in einen Sipfel ihres Schleiers geknüpft hatte über ihre Fingerstümpfe konnte sie ihn nicht mehr streifen stand sie auf und stieg, auf ihren Stock geftüßt, die Fußstümpfe mit Lumpen umwickelt, humpelnd und hintend den Hügel hinab, um die Kidron­brücke zu überschreiten und ihren Meister einzuholen, der hinter dem Gethsemane - Garten verschwunden war.

Als sie aber unten angelangt und gerade im Begriff war, die andere Seite wieder mühsam emporzuklettern, sah sie plöglich ein paar große, weiße Flügel die Luft durch­schneiden und hörte etwas mit dumpfem Laut auf die Leichen­steine aufschlagen.

Ohne eigentlich zu wissen, warum, lenkte sie ihre Schritte Sorthin, indem sie sich auf die Stelen stüßte, an den Dornen­ranken hielt und auf Knien und Händen weiterschleppte. So gelangte fie endlich in das Tal Josaphat, wo sie in einer un­förmigen, blutigen, an einem Grabmal zerschellten Masse den wiedererkannte, den sie in dem hoffenden Herzen einer Aus­fäßigen noch immer den Messias" nannte.

Sie hockte sich hin und wickelte ihn in die Falten ihres Mantels, dann schleppte sie sich unter furchtbaren Qualen bis zum nächsten Quell, aus dem sie mit ihrer Bettlerschale Wasser schöpfte.

Auf der Erde neben Elias sigend, bettete sie sein Haupt auf ihren Knien, und mit unendlicher Krtheit und Vorsicht musch sie sein Gesicht. Dann fing fie an, ihn mit ihren armen, liderlosen Augen zu betrachten, mit ihrem lippenlosen Munde zu küssen, mit ihren fingerlosen Händen zu liebfosen, mit allen Namen, die ihre unvergängliche, strahlende Zärtlichkeit ihr eingab, zu schmücken.

Sie war glücklich, unsagbar glücklich, und segnete den Himmel, der dieses Wunder gefügt hatte, daß sie, die Aus­fäßige, ihren Herrn so in ihren Armen liebkosen durfte, ohne Furcht, seine Schönheit zu zerstören. Denn nun war er ficherlich noch verstümmelter und fast noch unkenntlicher als fie.

Er hat sich erinnert, daß ich ihn mein ganzes Leben

fie hätten dort unten noch eine andere Leiche, die einer Aus­fäßigen, gefunden, welche mit dieser eng umschlungen gewesen wäre. Sicherlich hatte sie Allahs Hand in demselben Augen­blicke getroffen, da sie den Verstorbenen auszuplündern ver­suchte; denn in einer Hand hätte sie einen goldenen Ring trampfhaft festgehalten..

So starb im Alter von vierundvierzig Jahren Elias

Jamain.

Als Slamin all dieses erfuhr, schnitt er den von der Dede seines Gewölbes herabhängenden Strick ab und ging aus der Stadt nach Hakeldama, dem Blutacker zu; und an dem Baume, der bis auf den heutigen Tag Ischariotsgalgen" heißt, erhängte er sich.

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( Nachdruck verboten.)

Der Sou Philipp Augufts.

Von Paul Desclaur.

Autorisierte Uebersetzung aus dem Französischen.

und die Stunden von 9 bis 3 Uhr damit verbrachte, sehnsüchtig auf Als ich meine unschäzbaren Dienste noch dem Staat widmete den Bureauschluß zu warten, speiste ich in einem Restaurant in der Rue Gay- Luffac. Eines Tages trat ein älterer, würdiger Herr, den ich schon etlichemal im Lokal gesehen hatte, an meinen Tisch und hielt mir folgende Kleine Rede:"

Mein Herr, Sie sind mir vom ersten Augenblick ungemein sympathisch gewesen. Würden Sie wohl gestatten, daß ich in Ihrer Gesellschaft speise?"

Aber mit Vergnügen, mein Herr!" erwiderte ich. Sehr an

genehm!"

Beder auf den Tisch und stellte mit dem Kellner sein Diner zusammen. Der alte Herr legte eine dickbäuchige Aftenmappe aus braunem Dann wandte er sich wieder zu mir und sagte:

"

Erlauben Sie zunächst, daß ich mich Ihnen vorstelle. Mein Name ist Martinier. Ich bin Privatdozent der Archäologie an der Sarbonne."

Ich verbeugte mich und nannte gleichfalls meinen Namen. und meine Tochter sind in Trouville , mich aber hält eine doppelte Sehen Sie, mein Herr", fuhr der Greis fort, meine Frau Aufgabe in Paris zurück. Erstens vollende ich gerade eine Arbeit über die Kahlköpfigkeit in den verschiedenen Zeitaltern und zweitens befinde ich mich auf der Suche nach einem Sou aus der Zeit Philipp Augusts, einem Sou, der uns aus den Chroniken jener Epoche wohlbekannt, jedoch nur in einem einzigen Exemplar auf