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Die schön geschliffenen Gläser flangen melodisch hell| Stunde an ihr Herz nahm, ohne Groll, ohne Eifersucht. Sie, aneinander. Es war ein Schwirren, ein Lachen, ein Soch- die Kinderlose, das Kind einer anderen! Das war großartig! rufen an der Festtafel, daß der fleine Junge oben in seinem Das begriff man denn doch nicht ganz. Bettchen sich unruhig hin und her zu wälzen begann. Er murrte unzufrieden im Schlaf, warf die Lippen auf und zog die Stirn fraus zwischen den kleinen Brauen.

Und Käte empfand instinktiv, daß in den Fragen, die man an sie richtete, etwas verstedt lag- war es Bewunde rung oder Mitleid, Zustimmung oder Mißbilligung?- etwas, Unten rückten die Stühle. Man war aufgestanden, ging das man nicht fassen, nicht einmal nennen konnte, nur arg­zu den Eltern hin und drückte ihnen, gleichsam gratulierend, wöhnen. Und das machte sie befangen. So gab sie auf die Hand. Das hatte Hofmann wirklich hübsch gemacht, freundliche Fragen nach Wölfchen nur zurückhaltende Ant­wirklich riesig nett! Der kleine Kerl war aber auch allerworten, war knapp in der Erzählung, fühl im Ton und liebst! Alle anwesenden Frauen waren sich darin einig, selten konnte doch ein heimliches Vibrieren ihrer Stimme nicht ein so hübsches Kind gefehen zu haben. hindern. Das waren die zärtliche Freude, der Mutterstolz, die sich nicht unterdrücken ließen, die Wärme ihres Gefühls, die ihrer Stimme den verborgenen Unterton der Erregung liehen. Andere nahmens für eine ganz andere Erregung. ( Fortfehung folgt.)]

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Kätes Herz, das bei dem Toast anfänglich ein wenig bang geflopft hatte der gute Doktor würde doch angeregt durch ein gutes Glas Wein und ein gutes Diner, nichts aus­plaudern von dem, was man nur ihm und dem Anwalt an­bertraut hatte?!-flopfte jegt in einer lebhaften Empfin dung von Glück. Ihre Augen suchten ihren Mann und sandten ihm heimlich zärtliche, dankerfüllte Blicke. Und dann ging sie zu dem alten Freund hin und dankte ihm ,, für all die guten, lieben Worte". Auch in Wölfchens Namen," sagte sie herzlich weich.

Also hab' ich's doch recht gemacht? Na, das freut mich!" Der Freund zog ihren Arm in den seinen und ging ein wenig abseits von den übrigen mit ihr auf und ab. Ich fah es, liebe Frau, Sie waren ängstlich, als ich von des Jungen Herkunft anfing. Was denken Sie denn von mir?! Aber es geschah mit Absicht, längst habe ich auf die Gelegen­heit gebrannt. Glauben Sie mir, wenn ich jedesmal einen Raler friegte, so oft ich nach des Jungen Herkunft sei's offen oder hintenherum ausgefragt werden soll, ich wäre jetzt schon ein vermögender Mann. Ueber manche Frage habe ich mich geärgert; das heut war die Antwort darauf. Soffent­lich haben sie sie verstanden! Sie sollen künftig ihre Ver­mutungen für sich behalten!"

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Vermutungen-?!" Räte zog die Augenbrauen zu­sammen und drückte des Arztes Arm. Was vermuteten die Leute wußten fie schon etwas, ahnten sie das Venn? Eine plögliche Angst fiel sie an. Mit Bligesschnelle tauchten Bilder bor ihr aufhier mitten im festlich hellen Raum dunkle Bilder, von denen sie nichts mehr wissen wollte.

Um Gottes willen," sagte sie leise, und ein Zittern war in ihrer Stimme. Wenn die Leute erft etwas wußten, o dann fie sprach es nicht aus, die plötzliche Angst schnürte ihr die Kehle zusammen, dann wurde man die Vergangenheit nicht los! Dann kam die und verlangte ihr Recht und war nicht mehr abzuschütteln!" Glauben Sie," flüsterte sie stockend, glauben Sie daß man das Richtige vermutet?" wo, feine Spur!" Hofmann lachte, wurde aber dann gleich ernsthaft. Lassen wir doch die Leute und ihre Ver­mutungen, liebe Frau!" O weh, da hatte er fich auf ein heikles Thema eingelaffen ihm wurde ganz heiß wenn sie wüßte, daß man ihrem Paul, dem treuesten aller Ehe­männer, eine ganz besondere Verpflichtung gegen das Kind zuschrieb?!

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Sie

Bermutungen-ach, was vermutet man denn?" Srängte ihn, ihre Augen forschten angstboll. ,, Unsinn," sagte er kurz. Was wollen Sie sich darum fümmern?! Aber das habe ich Ihnen und Ihrem Gatten ja gleich gefagt: wenn Sie ein solches Geheimnis aus des Knaben Herkunft machen, wird biel daran herumgedeutelt werden. Nun, Sie haben es ja nicht anders gewollt!"

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Nein!" Und die Augen schließend, schauerte Räte leicht zusammen. Er ist unser Kind nur unser Kind" sagte fie mit einer feltenen Härte im Ton. Und etwas anderes eriſtiert nicht!"

Kopfschüttelnd und fragend sah er sie an, betroffen über ihren Ton.

Da stieß sie hervor: Ich habe Angst!" Er fühlte, wie die Hand, die auf seinem Arm lag, leise

bebte.­

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Mitten in der Heiterkeit des Abends war es auf Rätes Freude wie eine Lähmung gefallen. Sie wurde fiel nach dem leinen Wolf gefragt das war so natürlich, man zeigte ihr durch diese Fragen freundschaftliches Interesse- und man beobachtete sie dabei im stillen: ganz großartig, wie sie sich benahm! Man hätte der zarten Frau kaum solchen Herois­mus zugetraut. Wie sehr mußte sie ihren Mann lieben, daß fie fein Kind- denn der Knabe mußte ja sein Kind sein, die Aehnlichkeit war zu augenfällig, ganz genau derselbe Gesichts­Schnitt, das gleiche dunkle Haar- dieses Kind seiner schwachen

frieden

( Nachdrud verboten).

Pfeiferkönigreiche.

Bei den germanischen Volksstämmen des frühesten Mittelalters stand der Spielmann und der Sänger zwar auch schon in der Haupt­ich ja auf Waffenpflicht und Grundbesitz aufbaute, war damit aber fache außerhalb des geltenden Stammes- und Klassenrechtes, das noch keineswegs rechtlos. Der Spielmann als solcher genoß fogar noch einen besonderen Frieden. Aber schon zur Zeit der Abfassung des Sachsenspiegels hatte sich die soziale Stellung der Spielleute derart verschlechtert, daß deren Mehrzahl um ihres Gewerbes willen überhaupt außerhalb jeder Rechtsordnung und jeden Rechts­schutes standen. Lotterpfaffen mit langem har ond spillit ban feynen frid" heißt es im Regensburger Land losigkeit der Spielleute eine derartig vollkommene, daß ihnen bon 1281. Jm Sachsenspiegel ist die Rechts bei Verlegung von Leib und Leben niemals eine wirkliche, sondern nur eine scheinbare Buße zugebilligt wird. Spillüten ond allen denen, dh gut fuer ere nement, den git man aing mannes schatten vor der sonnen". Das hieß, der verlegte oder geschädigte Spiel­mann durfte sich an einem Beiniger oder Feinde nur derart rächen, daß er den Schatten, den sein Gegner an eine sonnenbeschienene and warf, an den hals slahn" durfte. Das gotländische Recht volle Buße, wenn er es vermochte, eine junge ungezähmte Kuh, die gestattete dem Erben eines erschlagenen Spielmanns nur dann eine einen Hügel hinabgepeitscht wird, mit fettigem Handschuhe am Schweife zurückzuhalten.

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Selbst die Kirche, die sich sonst im 12./13. Jahrhundert gern tolerant zeigte, ftellte fich feindlich gegen die Spielleute und vers weigerte ihnen Kirchenbesuch und Abendmahl. die Verhältnisse ganz von selbst die Spielleute zu engerem Zu­So, vollständig außerhalb von Recht und Gesetz stehend, zwangen sammenschluffe und zur Organisation, wollten sie nur einigermaßen dem Drucke und dem Unrechte, mit dem man sie belastete, ein Gegen gewicht bieten. In den einzelnen Landesteilen des mittelalterlichen Deutschlands mochten daher derartige Organisationen, die später den Namen der Pfeiferkönigreiche erhielten, lange Jahrzehnte hindurch im Geheimen existiert haben, ehe die Geschichte von ihrem Dasein Kenntnis nahm, und der mittelalterliche Staat gezwungen war, fich in irgend einer Weise mit dem Bestehenden abzufinden. Dies geschah erstmalig unter Kaiser Karl IV. Diefer gab den varenden lüten" 1355 zu Mainz ein neues Wappen und sanktionierte ihre Organisation, indem er einen König der Spielleute" ernannte. Dieser erste der Pfeiferkönige, der Reichspfeiferkönig mit dem stolzen Titel ,, Rex omnium histrionum" war Johannes der Fiedler. Mit dieser neugebackenen Würde waren für den König manche Vorrechte verbunden. Alle feinem Gewerbe Angehörigen sollten ihm ge­horchen, ihm eine Kleine Abgabe zahlen, und er selbst erhielt das Recht, alle Gaben, die er empfangen, was es auch sei, Pferde, Kleider, Schmud uſtv., überall im Reiche frei verkaufen zu dürfen. Bon dem Kaiser als erstem Schutzherrn tam später der Schutz der Spielleute als Pfeifertönigreiche durch Lehen oder sonstwie in die Hände einzelner Landesfürsten oder Territorialherren. So armo felig auch die wirtschaftliche Lage dieser Spielleute immer sein mochte, die mittelalterliche Gerichts- und Steuermaschinerie verstand selbst von diefen Leuten noch soviel herauszupreffen, daß ein solches Lehen sich lohnen mochte. Und so finden sich denn besonders im Süden Deutschlands , Pfeifertönigreiche. Im Jahre 1385 errichtete Adolf, Erzbischof von wo die Spielleute an sich zahlreich sein mochten, mehrere derartige Mainz , für sein ganzes Erzbistum ein solches Königreich und ers nannte zum ersten Könige" desselben feinen Pfeifer Brachte. Auch in den freien Städten bildeten sich Pfeifertönigreiche resp. Bruder fchaften, z. B. in Straßburg . In der Schweiz bestand ein Pfeifer tonigreich zu Kyburg , zu Bürich gehörig, ein anderes in Luzern und ein drittes zu uznach im Toggenburgischen. Am bekanntesten ist wohl dasjenige im Elsaß , das die Herren von Rappoltstein zu mal erwähnt wird. In diesem Jahre übertrug Schmaßmann von Nappoltsteiler zu Lehen trugen und das im Jahre 1400 zum erstens Rappoltstein das Ambacht seines Königreiches fahrender Leute seinem Pfeifer Henselin, nachdem Heinzmann Gerwer, der Pfeifer, das Amt frankheitshalber niedergelegt hatte.