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Sie wollte fagen: Das war auch etwas ganz anderes, Igepäd, und so mußte ich wieder in das alte Coupé zurück. Das bei Dir hatte es feine Gefahr"- aber dann befann sie sich erfte was ich bemerkte war, daß mir mein Stod fehlte. und sagte es nicht. Sie wollte ihm nicht schon wieder mit Ich hätte nun hundert Gide geleistet, ihn mit hineingenommen ihren Befürchtungen, ihren Zweifeln, ihrer geheimen nagenden zu haben, aber immerhin, es war doch möglich, daß ich ihn auf Angst kommen, die feinen greifbaren Grund hatte, sich nicht gelassen. Noch einmal zurückzugehen, dazu blieb nicht Zeit; und so der Zollstation gelassen hatte. Sicherlich hatte ich ihn nur drüben deutlich machen ließ, wie man am Ende jede andere Empfin- fuhr ich also fort ohne meinen handfesten Reisebegleiter. dung erklären kann. Wie ein sinkender Rebel schwebte etwas Die Herren zogen mich sogleich ins Gespräch. Der eine sprach über ihr. Aber warum es ihm sagen?! Sie wollte sich weder eine sehr elegantes Französisch mit echtem Bariser Tonfall, während darüber schelten noch darüber auslachen lassen; beides würde die Aussprache des anderen, des Blonden, hart war und im Ton ihr gleich empfindlich sein. Er war ja nicht mehr so wie fast nach deutsch lang. Sie boten mir allerhand Gßwaren an, und früher! fie empfand es mit einer leisen Bitterkeit ich nahm aus Höflichkeit, aber nicht bevor sie selbst gegessen hatten. wie hatte er sie doch vormals verstanden! Jede Regung, jede Denn mir kamen diese beiden, vor allem aber der Schwarze, wenig Schwingung ihrer Seele hatte er mitgefühlt. Dieses ahnende geheuer vor. Und richtig da zieht er aus allen möglichen Taschen Verstehen war ihm abhanden gekommen- oder verstand sie in fleinen Lederbeutelchen goldene ühren heraus und zeigt sie seinem Nachbar. Die Uhren waren zwar plombiert, wie es Reisemuster ihn vielleicht nicht mehr?! sind, die zollfrei ins Ausland gehen, aber immerhin, der unheimliche Aber er war doch noch ihr lieber Mann, ihr guter, ge- Reichtum dieser Lederbeutelchen aus allen möglichen Taschen und treuer, den sie liebte wie sonst auf der Welt nichts mehr Täschchen, und die Art, wie er sie seinem Romplicen denn die nein, den sie so liebte, wie sie Wölfchen liebte! Das Kind, beiden gehören doch sicherlich zusammen zeigt, stillschweigend eine ach, das Kind, das war die Sonne, um die sich ihr Leben nach der anderen ihm zureicht, behagt mir nicht und bestärkt mich drehte! dorin, daß den beiden nicht zu trauen ist. Jetzt kommt noch ein auf eine lange Bekanntschaft schließen. Dann es ist indessen tiefe dritter junger Mensch hinzu; und wie man ihn begrßt, das läßt nacht geworden steigt eine Familie aus Air les Bains ein; man plaudert, der Unheimliche erzählt ein graziöser Charmeur Benedig, von Pompeji , von New York , der Blonde schenkt den niedlichen Töchtern aus Air les Bains Papstmünzen so kleine Medaillen, wie man sie auf dem Petersplay in Rom tauft aber all das benimmt mir nicht mein leichtes Mißtrauen. Nun- in Culoz werde ich ja meine Reisegenoffen los! Denn der Zug fuhr nach Paris , während ich nach Genf wollte. In Culoz verlaffe ich den Zug. Aber zwei der Herren steigen mit mir aus.

Wenn Paul doch noch so wäre, wie er früher gewesen war! Sie mußte ihn jetzt so oft heimlich ansehen und sich mit einer gewissen Verwunderung auch in seine äußere Ber­sönlichkeit hineinfinden. Nicht daß ihm das Breiterwerden schlecht stand; die Fülle, die seine schlanke Gestalt mit der einst etwas steifen, immer forreften Haltung angenommen hatte, paßte zu seinen Jahren, zu den silbernen Fäden, die im Bart und an den Schläfen zu schimmer begannen. Paßte zu der bequemen Samtjoppe, die er jetzt immer anzog, sowie er nach Hause fam, paßte zu seinem ganzen Wesen. Merkwürdig, daß jemand ein so praktischer Mensch werden konnte, dem früher alles Geschäftliche lästig, ja, höchst zuwider war! Jetzt würde er nicht mehr das fremde Kind aus dem Benn auflesen, und hinauf, einen langen Blick heftete Käte auf den Gatten jetzt würde er's nicht mehr bei sich aufnehmen wie eine Gabe aus Märchenland!

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bon

" Ich dachte, meine Herren, Sie wollten nach Paris ?" Nein," sagte der eine,- ,, ich fahre nach Lyon ." Und der andere, der Hellblonde:" Ich muß über Genf nach meiner Heimat nach Belgien . " Fahren Sie da nicht besser über Paris ?" " Nein, so ist es der fürzeste Weg für mich

geht auch über Basel ."

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und mein Billett

Ob die Jahre auch sie so verändert hatten?! Ihr Spiegel Da mir die Begleitung des Blonden nicht gerade angenehm ist, zeigte ihr feine zu große Veränderung. Da war noch ganz so gehe ich in die Restauration. Aber der Blonde ift nicht abzu­dieselbe mädchenhafte Figur, die doppelt zart erschien neben schütteln, und spricht in seinem harten Französisch auf mich ein. der Behäbigkeit des Gatten. Noch war ihr Haar blond, und Ich trinke Kaffee; der Blonde gleichfalls. Ich bezahle für uns fie errötete noch wie ein junges Mädchen, dem schon ein beide; aber der Mann macht teine Anstalten, mir das Geld zurüd­streifender Blick das leicht bewegliche Blut unter die zarte zuerstatten. Das kann vielleicht ein Zeichen guter Erziehung sein er will sich revanchieren, sage ich mir; aber auch ebenso gut Haut treibt. Ja, äußerlich war sie noch jung geblieben! Aber innerlich überkam sie doch oft eine Müdigkeit. Wolf machte ein Zeichen für das Gegenteil, Mein Urteil entscheidet sich für das ihr den Kopf gar so warm. Eine Mutter, die zehn, fünfzehn lettere. Kannten Sie den Herrn?" fragte ich auf den Mann zeigend, Jahre jünger war als sie, die würde es vielleicht nicht gleich der nach dem Lhoner Zuge hinübergeht, denn ich bin der festen ihr empfinden, wieviel Kräfte solch ein Kind kostet! Würde Meinung, daß sich die drei Komplicen hier trennen. die nicht noch lachen, wenn es ihr schon zum Weinen war?" Rein," sagt der Blonde mit gut geheucheltem Erstaunen. Ich O Gott, welch ungestüme, unerschöpfliche Lebenskraft war habe ihn nie vorher gesehen und werde ihn wohl nie wieder in diesem Jungen! Sie war erstaunt, verwirrt, erschöpft da- sehen." von. Wurde er denn nie müde? Immer auf den Beinen, um und der Blonde folgt mir wie mein Schatten. Durch kleine Scheiben Der Genfer Nachtzug ist gang leer. Ich steige in ein Coupé sechs schon auf, immer heraus, heraus! Schon um Tages fann man in Nebenabteile sehen:- niemand. Da steigt noch eine Tages- fann grauen hörte sie ihn sich rastlos werfen. Er schlief neben junge Dame zu uns ein. Run sage ich mir, so lange diese ihnen, die Verbindungstür nach seinem Zimmer blieb immer Dame im Coupé ist, wird wohl der Mann nichts unternehmen. auf, obgleich ihr Mann darüber schalt: der Junge wäre groß Schade, daß ich meinen Stock nicht mehr habe. Jedenfalls: wo ift genug, brauchte die Aufsicht nicht. Nachts wenigstens könnte die Notbremse? Dal- Sol- Der fette ich mich gegenüber. man sich die Störung ersparen! " Verzeihen Sie", sagt der Blonde ,, würden Sie so freunds lich sein, etwas zur Seite zu rücken?" Und er nimmt seinen Koffer, ftellt ihn, wir saßen uns gerade gegenüber auf den Sik, auf meinen Blaz, und beginnt nach irgend welchen Kognatflaschen, Kuchen und Basteten zu suchen.

( Fortsekung folgt.),

Das Meffer.

Von Georg Hermann .

( Nachdruck verboten.)

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So- jezt hat er mich glücklich von der Notbremse fortgebracht. Nun bin ich nur neugierig, was er weiter für ein Manöver unter nehmen wird.

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" Ich wäre ja gern noch länger geblieben," hebt der Blonde wieder an, und ich studiere seine Züge dabei und komme zu dem Urteil: Hochstapler ,, aber ich habe mich berausgabt; meine Geld­In Modane hinter dem Mont Cenis ist Zollstation zwischen sendung ist ausgeblieben und da fahre ich jeht ohne Aufenthalt nach Italien und Frankreich . Ich kam von Italien herauf. Die einzige Hause. Ich habe nur noch 45 Frant. Die müssen bis morgen abend Waffe, die ich bei mir führte, war ein fester, eichener Stock. Als reichen. ich von der Zollrevision tam, stieg ich in einen Abteil, in dem schon " Damit befommst Du nicht heraus, ob ich Geld bei mir habe, awei Herren saßen. Sie gefielen mir nicht. Der eine von ihnen mein Freund," sagte ich mir. hatte scharfe, durchdringende Augen über einer spiken beweglichen Da hält die Bahn. Die Dame verläßt uns. Der Blonde lehnt Nase, einen hängenden Schnurrbart und eine etwas verdächtige, sich mit unverhohlener Absichtlichkeit in die Tür, daß ja keiner wieder Tauernde Regsamkeit. Einer, mit dem man nicht gern allein sein möchte. Der andere war blond, nichtssagend, hübsch, aber eigentlich weichlich. Seine Kleidung war gut, aber von der Reise wohl etwas mitgenommen. Man hätte alles aus ihm machen können. Er hätte ebenjogut einen stellungslosen Weinreisenden, wie einen Glücksritter oder Hochstapler abgegeben.

Sie gefielen mir durchaus nicht, diese beiden Reisegefährten. Meine Empfindung war vom ersten Augenblick an gegen sie, und ich beschloß wieder auszufteigen, um einen anderen Abteil mir zu suchen. Aber ich fand auf dem Bahnsteig feinen Träger für mein Hand­

einsteigt. Ich habe die feste Empfindung: jezt kommt das Messer! Und ich öffne in der Manteltasche mein Taschenmesser und um frampfte es mit der Rechten.

Der Zug seht sich von neuem in Bewegung, und der Blonde läßt sich wieder auf seinen Sik zurüdfallen. Wir schweigen eine Weile. Ich halte mein Messer fest in der Faust.

" Sagen Sie," beginnt der Blonde in seinem harten Französisch, diefer Mann spricht doch eigentlich eine andere Sprache?! wie gefiel Ihnen denn der Herr, mit dem Sie mich da zusammen verhin trafen?"