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würde er sagen, würde er's wirklich gern sehen, daß Wolfgang mit diesen Kindern in seinem Garten tobte?! Ich finde es

( Nachdruck verboten.)

nett, wie der Junge mit den Kindern iſt," ſagte er. Die Predigt des Abbé Douzac.

hätte nie gedacht, daß er sich so anschließen könnte!"

Ich

" Du findest es nicht nachteilig, daß er immer nur mit diesen diesen nun, mit diesen Kindern umgeht, die doch einer ganz anderen Sphäre angehören?"

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Ach was! Nachteilig?!" Er lachte. Das hört später schon ganz von selber auf. Es ist mir bedeutend lieber, er hält sich an solcher Leute Kinder als an die von Prozen. Er bleibt so eben viel länger ein einfaches Kind!"

Meinst Du?!" Nun ja, in gewisser Beziehung mochte Paul recht haben! Wölfchen war anspruchslos, ein Apfel, eine einfache Brotschnitte waren ihm ebenso lieb wie Torte. Aber es wäre doch besser und ihr lieber gewesen, er hätte sich wählerischer gezeigt hierin wie auch in anderem. Sie gab sich alle Mühe, ihm eine feinere Zunge anzuerziehen.

Als die Köchin eines Tages ganz empört fam: Gnädige Frau, nu will der Wolfgang schon nich mehr von der guten Bervelatwurst, un Braten von Mittag will er auch nich mehr auf die Stulle- immer dasselbe", räfonniert er- was denn nu?" da freute sie sich. Endlich war es ihr gelungen, ihm beizubringen, daß man nicht sinnlos in sich hinein ißt, ohne jede Wahl, nur um des Essens willen!

Hätte sie gesehen, wie er bei Frau Lämke Schmalzbrot mit Zwiebelleberwurst stopfte, oder Kartoffelkuchen in Del gebaden heiß aus der Pfanne hinunterschlang, sie hätte sich nicht mehr gefreut. Aber so war sie dankbar für jede noch so kleine, feinere Regung, die sie an ihm zu beobachten glaubte. Sie merkte gar nicht, wie sehr sie sich selber quälte.

Ach, warum unterstützte sie ihr Mann nicht in der Er­ziehung?! Wenn er's doch täte! Aber er verstand sie eben nicht mehr!

Schlieben hatte es aufgegeben, seiner Frau hineinzureden. Ein paarmal hatte er's versucht, aber seine Einwendungen waren gescheitert an der Hartnäckigkeit, mit der sie an ihren Prinzipien festhielt. Warum sollte er sich mit ihr entzweien?! So viele Jahre hatten sie glücklich miteinander gelebt bald waren sie ein Silberpaar- und nun sollte dieses Kind, dieses Bürschchen, das noch kaum orthographisch schreiben konnte, dem der Lehrer eben die ersten lateinischen Regeln

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eindrillte dieses Kind, das im Grunde weder sie noch ihn etwas anging- dieses fremde Wesen sollte sie beiden alten Eheleute auseinander bringen?! Da ließ man eben viel lieber manches geschehen, was Käte vielleicht besser anders gemacht hätte. Mochte sie sehen, wie sie auf ihre Weise mit dem Jungen fertig wurde sie hatte ihn ja so unendlich lieb! Und wenn der dann einst, nicht mehr das Spielzeug, ihren zarten Händen entwachsen war, dann war er, der Mann, ja noch immer da, um ihn die fräftigere Hand fühlen zu lassen. In dem Jungen war ja zum Glück kein Falsch!

Schlieben war nicht unzufrieden mit Wolfgang. Ein Ueberflieger war der freilich nicht in der Schule, gehörte durchaus nicht zu den ersten, hielt sich aber immer doch noch in einer anständigen Mitte. Nun, ein Gelehrter brauchte er ja auch nicht zu werden!

Bon all dem, was Paul Schlieben einst in jüngeren Jahren nur einzig erwägenswert gefunden hatte- Wissen­schaft, Kunst und deren Studium, hielt er jetzt nicht mehr das gleiche wie früher. Jetzt war er zufrieden in seinem Kaufmannsberuf. Und da dieses Kind nun einmal in sein Leben hineingeraten war, ohne eigenes Butun in solche Ver­hältnisse gekommen war, war es auch die Pflicht dessen, der fich Bater" von ihm nennen ließ, ihm eine Zukunft zu ge­stalten. Und so machte sich Schlieben einen festen Plan. Wenn der Junge so weit war, daß er das Einjährigenzeugnis hatte, nahm er ihn aus der Schule, schickte ihn ein Jahr nach Frankreich , nach England, eventuell nach Amerifa, immer in große Häuser, und wenn er dann vom untersten Lehrling an gefangen und was gelernt hatte, dann nahm er ihn zu sich in die Firma. Er dachte es sich schön, manches dann auf jüngere Schultern wälzen zu fönen. Und verläßlich würde der Junge wohl sein, das merkte man ihm schon jetzt an!

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Wenn Käte nur nicht so übertriebene Anforderungen stellen wollte! Immer war sie hinter dem Jungen her wenn nicht in Person, so doch in ihren Gedanken. Sie quälte ihn er war eben nun mal fein anschmiegendes Kind und machte es sie denn selber glücklich?!

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( Fortsetzung folgt.)!

Bon Paul Desclaug.

Autorisierte Uebersetzung aus dem Französischen. Seit einer Reihe von Jahren war Abbé Douzac Seelsorger der Gemeinde Goudourville. Er war ein fräftiger, untersetter Mann mit vollem, rotem Gesicht und gutmütigen, blauen Augen. Und diesem sympatischen Aeußeren entsprach sein Charakter. Er war ehrlich, aufrichtig und nicht für zwei Sons stolz, wie man in jener Gegend sagt. Kein Wunder, daß er von all seinen Pfarrkindern ge liebt wurde und in einem idealen Verhältnis von Freundschaft und Bertraulichkeit zu ihnen stand.

Abbé Douzac war als junger Priester einige Jahre Missionar in Afrika gewesen. Seit jener Zeit datierte seine leidenschaftliche Liebe zur Natur und eine weitgehende Toleranz den Pfarrkindern gegen­über, die von seinen höheren und höchsten firchlichen Vorgesetzten nichts weniger als gern gesehen wurde.

Des Sonntags war seine Kirche stets gedrängt voll. Aber Abbé Douzac, der wußte, wie sehr seine Gläubigen ihn liebten, der aber auch wußte, wie leidenschaftlich sie sich nach dem Kegelspiel, ihrer gewohnten Sonntagsbeluftigung, sehnten, ließ sich durch die große Zahl seiner Zuhörerschaft niemials dazu verleiten, seine Schäfchen länger als notwendig in der Kirche zurückzuhalten. Mit militärischer Stürze zelebrierte er die Messe, legte dann schnell sein Priestergewand ab und ging von Gruppe zu Gruppe, alle Hände drückend, die sich ihm entgegenstreckten.

Ins Pfarrhaus zurückgekehrt, nahm er ein bescheidenes Früh­ftüd ein und spazierte dann gemächlich auf den Schloßberg, so ge= ville gekrönt wird. Oben angelangt, legte er sich ins Gras und be­nannt, weil sein Gipfel vom alten Schloß der Barone von Goudour­trachtete das herrliche Landschaftsbild, das sich seinen Blicken bot. Das Panorama, welches er von diesem erhöhten Standpunkt genoß, war in der Tat entzückend. Zu seinen Füßen dehnten sich ungeheure Weinpflanzungen, dahinter riesige Getreidefelder, deren gelbliche Aehren im Winde leise hin- und hertogten; darin versteckt die sauberen, lustigen Häuschen von Goudourville, alle von kleinen Gärtchen umgeben, die durch Pflaumen- oder Nußbäume von Banorama abschließend, das bläuliche, gewundene Band der Garonne. einander geschieden wurden. Und schließlich im Hintergrunde, das

Abbé Douzac war glücklich, wunschlos glücklich. Man hätte ihm die fetteste Pfründe anbieten können, er würde ohne Zögern ,, nein" gesagt haben, nur um in dem idyllisch- schönen, ruhigen Goudourville weiterleben zu können.

Aber dieses Glück sollte nicht ungetrübt bleiben.

Abbé Douzac im Pfarrhaus den Brief eines alten Freundes und Eines Sonnabend abends, als er vom Schloßberg tam, fand Amtsgenossen, der dem Bischof von Montauban attachiert war. Der Brief lautete folgendermaßen:

Mein lieber Douzac!

Du hast Feinde. Se. Eminenz hat soeben ein anonymes Schreiben erhalten, dessen Verfasser Dir nachsagt, Du verbreitetest das Wort Gottes nicht so, wie es sich gezieme. Ja, er wirft Dir sogar vor, daß Du niemals die Kanzel besteigst, um zu predigen, sondern daß Du Dich statt dessen begnügst, mit Deinen Schäfchen tameradschaftliche Unterhaltung zu pflegen. Se. Eminenz ist der Ansicht, daß mit derartigem Tun der Kirche und ihren hohen Zielen nicht gedient ist, und hat eine Untersuchung angeordnet. Du fannst Dich also darauf gefaßt machen, an einem der nächsten Sonntage den Besuch des Herrn Generalvifars zu empfangen, der dem Gottesdienst beiwohnen wird. Ich beeile mich, Dich davon in Kenntnis zu setzen: richte Dich danach! Ich darf Dir nicht verhehlen, daß Se. Eminenz entschlossen ist, mit aller Strenge gegen Dich vorzugehen, falls die Dir gemachten Vorwürfe auf Wahrheit beruhen sollten. Er beabsichtigt, Dich gegebenenfalls an das äußerste Ende des Departements zu ver­setzen in eine Pfarrei, wo Du nicht in Versuchung geraten sollst, über den Schönheiten der Natur Deine heiligen Pflichten zu ver gessen. Sieh also zu, was Du tun fannst, um Deine Feinde zu beschämen oder das Univetter abzuwenden.

Dein alter Freund Ducasse.

Nachdem er diesen Brief gelesen hatte, fratte sich der Abbé mit ratloser Miene den Kopf. Dann stopfte er seine Pfeife, steckte fie in Brand und setzte sich unter die alte, dichtbelaubte Nüster, die den Eingang des Pfarrhauses beschattete.

das durfte nicht geschehen!... Wie? Er sollte dieses herrliche Fleckchen Erde verlassen? Nein,

Er dachte lange und angestrengt nach. Plötzlich berklärten sich seine Büge und er lächelte vergnügt zu den Türmen des Schlosses empor, welche die untergehende Sonne mit blutrotem Schein übergoß. Er trat ins Haus und sagte zu seiner alten Wirtschafterin:

" Eglantine, morgen bei Schluß der Messe werden Sie mir eine Tasse Fleischbrühe und ein Glas Wein in die Sakristei bringen!" Gläubigen gefüllt. In der Safristei unterhielt sich der Abbé in­Am nächsten Morgen war die Kirche, wie gewöhnlich, mit zwischen halblaut mit dem alten Kantor Missier, der eifrig mit dem Stopf nidie.

Endlich begann der Gottesdienst. Beim Evangelium verkündete der Abbé seinen Getreuen:

Meine Brüder, vom kommenden Sonntag an will ich in der