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beiten. Claget abir eyn gast adir mete burger wuben adir tot- dienst zu besonderer Verehrung der Frau, es kommt vor, daß in flage, dh nicht hanthafftig fint, in frischer tat, dy sel man wece Gedichten jener Zeit die Frau Ihr genannt wird. Die Sprachen rechtem ußgelegtem dinge clagen"( Magdeburger Stadtrecht  ). Und wechseln nun mit Du und Ihr; einige behielten das Du länger im Stadtrechtsbuche des Ruprecht von Freysing heißt es, tein Richter be i, andere, wie die niederländische, haben soll einen Gast nötigen, eine Klage zu vollführen, außer um( hand- verloren. Keine Sprache aber ist reicher an Anreden haffte) Dieberei, Naub und Totschlag. als die deutsche. Von Du schritt sie fort zu Ihr, dann

Der Hauptwert des Gastgerichtes für die Kaufleute lag in der Schleunigkeit der Rechtshülfe, die unter Außerachtlassung der sonst üblichen Formalitäten erfolgte. Wie schnell ein solches Gastgericht funktionierte, beweist eine Stelle Ruprecht v. Freysings: kommit der Gast des Nachts in die Stadt, so soll er den Bürger des Nachts fürbieten und ist der Richter anheim, so soll er dem Gast des Morgens ein Recht tuen". Der Termin des Gastgerichtes war, wenn irgend möglich, noch an demselben Tage zu halten, an dem die Klage an­gebracht.( By schynender Summen, op dem Vote." Hörde 1340.) Er war spätestens auf den folgenden Tag zu verschieben, daß also nur eine Nacht( Quer- Zwerchnacht) zwischen Klage und Entscheidung Liegen durfte. Daher sprechen die alten Stadtrechte auch von dem Twerchnachtsrecht statt dem Gastrecht. So heißt es in den Bam­ berger   Urkunden: man soll ihm helfen über twerch nacht als einem gast" und Dortmund   spricht von einem De judicio dicto Dwer nacht".

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Die Klage vor dem Gastgericht war nur für den Gast gegen zu Er und Sie, endlich zu Sie. Jakob Grimm   glaubte, daß einen Bürger oder dem Bürger gegen einen Gast zulässig. Wollte das Ihrzen erst im 12. Jahrhundert entstanden sei, hat aber seinen Gast gegen Gast klagen, mußte der Kläger nachweisen, daß ihm Irrtum später selbst berichtigt. Das Reformationszeitalter war stark daheim das Recht versagt sei oder er anderswo nicht zu seinem im Ihrzen. Luther Jhrzt seinen Vater, feine Mutter und seinen Recht gelangen konnte. Als daher von zwei in Brünn   anwesenden Herrn Käthe". Sein Hänschen duzt er erst, aber später, als er Fremden ein Mann aus Breslau   gegen einen Mann aus Wien   Magister geworden ist, Ihrzt er ihn. Für hochgestellte Personen wegen Schuld vor dem dortigen Gastgerichte flagen wollte, lehnten wurden bereits im 15. Jahrhundert neue Titel gefunden: Eure die Brünner Schöffen ein solches ab und verwiesen den Breslauer Majestät, Eure Gnaden, Eure Weisheit" usw. Aus solchen Titeln mit seiner Klage nach Wien  . entstand dann die Anrede in der dritten Person: Er, Sie. Und von der Zeit an war das Erzen höflicher als das Ihrzen. Allein auch diese, ein Uebermaß von Höflichkeit ausdrückende Form sant be­deutend, als sie auch in vertrauten Kreisen, im gewöhnlichen Leben, unter Geliebten usw. gebraucht wurde. Man konnte also bei dem Erzen nicht stehen bleiben und ließ nun das Er in Sie übergehen. Weiter kann unsere Sprache nicht gehen, sie hat damit die Höflich­feitsform erschöpft. Seit dem 18. Jahrhundert treten nun in unsrer Sprache vier Formen der Anrede auf; die alten tauchen noch hier und da auf, aber das Sie nimmt überhand. Gellert hat schon Sie in den Fabeln; andere Dichter wechseln mit Sie und Ihr. Als aber Er und Sie( für Frauen) ganz aus der Schriftsprache schwanden, wollte auch niemand mehr damit genannt sein. Biel   Streit ver­ursachte das Du zwischen Eltern und Kindern, welches durch Rousseau  und Basedow, überhaupt nach der französischen   Revolution, bei uns Eingang findet, und bald gebilligt und bald verdammt worden ist. Bemerkung des Redakteurs: Ende der sechziger Jahre kam meine Mutter in der Stadt in ein Patrizierhaus und hörte, wie die Kinder die Eltern mit Sie anredeten. Etwa so: Bitte, Frau Mutter, geben Sie mir" usw. Das gefiel ihr und sie hoffte, es auch ihren Buben anzugewöhnen. Vorerst, ohne daß der Vater etwas erfuhr. Nun, der Bruder versagte gänzlich. Dickköpfig schrie er sein Du und vom Hochdeutsch wollte er erst recht nichts wissen. Bei mir flog etwas an, und so beschloß die Mutter, mich dem Vater, in Freiheit dressiert, vorzuführen. Sie tam mit einem Laib Brot, und sofort setzte ich mit schönem Augenaufschlag ein:" Sie, Mutter, gi( b) ma a weng Brout."( Gib mir ein wenig Brot.) Dem Vater kam das Lachen an, daß er seine Suppe stehen lassen mußte. Der Sput war zu Ende...

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Da der Hauptzweck eines Gastgerichtes der war, dafür zu sorgen, daß der Gast nicht aufgehalten werde,( München   und daz recht ist darumb gefeezt, daz ain gast seiner tagwaid( Tagesreife) nit versaumt werd") waren vor dem Gastgerichte die Gäste den Bürgern gegenüber im Vorteil. Nach dem der Stadt Hagenau   von Kaiser Friedrich I. 1164 ausgestellten Freiheitsbrief hat der von einem Bürger verklagte Gast eine Frist von acht Tagen, gleich dem Bürger, der von einem Bürger wegen einer Schuld verklagt wird, der von einem Gaste verklagte Bürger dagegen soll gleich am folgenden Tage jenem zu Recht stehen. Einige bayerische   Stadt­rechte begünstigen die eigenen Bürger jedoch insofern, als sie ihnen die Streitigkeiten über ein Pfund Werf dem Gaste gegenüber eine Frist von 3 Tagen geben, damit er sich berathe, wie er dem gast antworten will". Das gleiche Recht gesteht Breslau   seinen Bürgern zu, wie denn es auch Bamberg   und Magdeburg   ihren Bürgern er­Lauben, gegen einen Gast über Zwerchnacht zu flagen. Und hat ein burger zu einem gast icht zu sprechen, da soll man dem burger auch zu helffen über Zwerchnacht".

Der Rechtsentscheid erfolgte nach dem jeweiligen Stadtrechte und nicht nach Gastesrecht. Ausdrücklich bestimmt daher der Schwaben­spiegel: Ein jedlich man der aus einem land in das ander fümpt, und wil er vor gericht recht nemen umb ain guet das in dem land ist, er mues nemen recht nach des landts recht und nicht nach seinem Landts recht".

Das Gastgericht war auch von der sonst üblichen Förmlichkeit bei Besetzung des Gerichtes losgelöst. Konnte der Richter bei der notwendigen Dringlichkeit nicht die nötigen Schöffen auftreiben, traten an deren Stelle als Urteilsfinder zuverlässige Bürger. So wurde aus dem Gastgericht wohl auch ein Gassengericht, wie ein folches in Uri noch in der Zivilprozeßordnung von 1852 existierte. Da durch Uri seit altersher die große Kaufmannsstraße nach Italien  ging, hatte sich also das Gastgericht seit jener Zeit dort erhalten. Bei Streitigkeiten zwischen einem Fremden und Einheimischen, wo beide schnellen Entscheid wünschen, oder die Sache sonst keinen Ver­zug erlaubt, konnte der Bezirksammann sechs ehrenwerte, unparteiische Männer, die zu erscheinen schuldig sind, zusammenrufen und mit ihnen jederzeit das Gericht besetzen.

War aber Vogt, Schultheiß   oder eine sonstige richterliche Person nicht zu erlangen, so trat, nur um die Klage nicht aufzuhalten, unbedenklich an deren Stelle ein Gerichtsunterbeamter, ein Frohn oder ein Büttel. Ausdrücklich heißt es in dieser Beziehung im Stadt­recht von Rain 1332: und möchten sie dez Bogtz nicht gehaben, so soll der Püttel in der Stat sizen und sol dem gast richten als gastes recht ist".

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Humoristisches.

Die Frau Gemahlin. Sie sehen etwas blaß aus, liebe Ellen." Ja, das machen die häuslichen Sorgen. Mein Mann hat schon sechs Wochen den Keuchhusten, und da stehe ich solche Angst aus, daß mein Bello sich ansteckt!"-

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Böllig gefahrlos. Sag, Emmi, hast Du denn gar teine Angst, daß Dein Bräutigam uns einmal entdecken wird?" Ausgeschlossen! Der ist ja Kriminalbeamter!"

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Leicht abgeholfen. Na ja... mein Junge ist ja etwas verzogen... ich weiß aber gar nicht, wie ich dem steuern soll!?" Bringen Sie ihn nach Klosterstraße 41 da ist die Steuer­annahmestelle für Verzogene"!" ( ,, Lustige Blätter.")

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Notizen.

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Die am 1. Oftober im Verlage von A. Langen( München  ) erscheinende neue Zeitschrift wird den Titel März" führen und alle vierzehn Tage herauskommen. Eine Schulstatistik wird nach dem üblichen fünf­jährigen Turnus in Preußen aufgenommen werden. Stichtag ist der 20. Juni. Das vierattige Drama Katharina bon Armagnac" von Vollmöller ist vom Deutschen   Theater erworben worden. -Die diesjährige Hauptversammlung des Ge= samtvereins der deutschen Geschichts- und Alter­tumsvereine wird vom 25. bis 28. September in Wien  

tagen.

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Den Mitgliedern des englischen Unterhauses wird seit langer Zeit für 200 Pfd. Sterl. Schnupftabat gratis zur Ver­fügung gestellt. In den früheren Abrechnungen erschien diese Summe unter der richtigen Bezeichnung für Schnupftabat". Jegt bucht man den Bosten unter Lampenöl".

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gc. Die Formen der Anrede sind zu allen Zeiten verschieden ge­wesen. Im Altertum war nur das Du gebräuchlich, wie selbst die Schmeicheleien und Huldigungen, die man den römischen Kaisern darbrachte, nicht über das Du hinausgingen. Einer barbarischen Zeit blieb es vorbehalten, sich zur Mehrheit zu versteigen und zu sagen: Eure Durchlaucht, Eure Majestät, Eure Gnaden" usw. Die Ein­führung der Mehrheit in die Anrede ist nicht aus unserem Volte hervorgegangen, sondern sie kam von außen. Das Wir wurde ge­braucht, wenn einer sich als Vertrete: einer ganzen Korporation ansah, wie ja noch heute die Zeitungen Wir" gebrauchen, weil sie von der Redaktion aus schreiben. In den Kanzleien der römischen Kaiser wurde das wir so gebraucht und pflanzte sich fort bis zu den deutschen Fürsten. Von Wir kam man dann leicht auf Jhr, wie das neunte Jahrhundert lehrt. Im Mittelalter führte der Frauen­Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin  . Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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Aus dem Bericht eines französischen   Gendarmen zitieren die M. N. N." folgende Stelle: Wir R Gendarm, find in Kenntnis gesetzt worden, daß ein Individuum, das sich für verrückt ausgab, die Gegend als Landstreicher durchstreifte; wir nahmen ihn fest und als wir ihn fragten, uns seinen Namen, Vornamen usw. bekannt zu geben, erwiderte er plöglich, wir seien ein dummes Vieh. Da wir somit erkannt hatten, daß das In­dividuum im Vollbesitze seiner geistigen Kräfte ist, nahmen wir bei­liegendes Protokoll gegen den Betreffenden auf.

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