aber nicht besteht, die andere besteht, aber nicht ist. Die seiende Seite ist die des Bewußtseins, des Vorstellens, mit ihrem Inhalte, nnd zwar ist sie als die allgemeinste Funktion der anderen un- bekannten, aber bestehenden Seite aufzufassen. Hierdurch wird es zugleich klar, daß über die unbekannte Seite schlechterdings «ichts auszusagen ist, weil eben der Funktionär nie in den Be- reich seiner eigenen Funktion fallen kann. Nebenher will ich hier gleich andeuten, daß diese Auffassung keineswegs die besondere Errungenschaft irgend eines philosophischen Querkopfes ist, sondern daß in ganz volkstümlichen Ausdrücken ganz deutlich darauf hin- gewiesen wird. Man denke nur ein wenig über dases" in den Redensarten:es gibt",es regnet" usw. nach. Wer regnet denn eigentlich? In diesem Zusammenhange kann ich nichts weiter auf diese überaus wichtige Angelegenheit eingehen, es genüge hervorzuheben, daß es keine Vernichtung gibt, fondern nur eine Aenderung oder Erneuerung der Form oder vielmehr unaufhörliche Versuche, die richtige Form zu finden, in der das Bewußtsein zur völligen Ent- faltung komme. Hinweisen wenigstens möchte ich aber darauf, daß unter diesem Gesicbtswinkel die"Weltanschauung notwendig künstlerisch und sozialistisch wird. Künstlerisch, weil die allgemeinste Funktion, das Bewußtsein, nur in der vollendeten Form zum vollendeten Aus- druck gelangen kann sozialistisch aber, weil die Form nur dann zur Vollendung gedeihen kann, wenn wir erkannt haben, daß, wie das Bewußtsein als Funktion dasselbe ist, so auch wir Menschen alle dieselben, und zwar alle dieselben geistigen Wesen sind, und daß wir infolgedessen mit Ueberlegung alle Hindernisse im Hinblick auf dies eine Ziel zu beseitigen haben. Und in der Tat"arbeitet schon die Sozialdemokratie an der Beseitigung dieser Hindernisse. Hat also der Tod im wesentlichen seinen Stachel für uns verloren, so bleibt uns nur noch übrig, uns mit dem eigentlichen Todeskampf abzufinden. So sehr wir Sterblichen diesen auch fürchten, so liegt doch viel Trost in dem Gedanken, daß das wirk- liche Leiden, sofern es überhaupt existiert, von verhältnismäßig kurzer Dauer ist. Dadurch gleicht die Natur ihre letzte, abcHe not- »oendige Unbill auf barmherzige Weise wieder aus. Sie bestimmt eine Grenze in der Ertragung von Leiden, und darüber hinaus ist Ruhe und Frieden. Je stärker der Anfall, desto eher geht der eigentliche Kamps vorüber. Der plötzliche Uebergang aus dem Zustande offenbar völliger Gesundheit in den Tod, mag die Ursache sein, welche sie wolle, ist in jeder Hinsicht durchaus schmerzlos? Der Schmerz findet keine Zeit, sich geltend zu machen. Die Uhr setzt ihr Ticken ans, und alles um sie herum ist bewegungslos nnd ruhig. Dies ist der Fall bei dem plötzlichen und tödlichen Streich eines Schlaganfalles, der plötzlichen Ohnmacht infolge eines Herzleidens und bei allen anderen Verletzungen, die das Leben auf der Stelle vernichten. Bei solchen schnellen Todesfällen pflegt man zu sagen:Er »vußte nicht, wie ihm geschah." Es kann fraglich sein, ob man diese Bemerkung nicht auf die meisten Personen anwenden kann, die sich ihrem Ende nähern, besonders wenn man die Zeit, wo der Tod wirklich eintritt, im Auge hat. Wer kann übrigens den Zeitpunkt genau angeben, wo er in den Zustand des gewöhnlichen Schlafes übergeht? Der äußere Anschein des Leidens täuscht oft um so mehr, als das Bewußtsein niemals unbeeinträchtigt ist, ungeachtet des offen» baren Todeskampfes. Bei sehr starken Verletzungen erschüttert und betäubt der sogenannte Wundscbreck das ganze Nervensystem der- maßen, daß der Leidende, wie sehr er sich auch umherwirft und stöhnt, in Wirklichkeit keinen dc.-».'ichen Schmerz fühlt. Oft be- jtätigt er diese Tatsache nach seiner Genesung. Die meisten Per- sonen, die die schwersten Verstümmelungen erlitten haben, können sich nicht erinnern, wann oder wie sie getroffen wurden. Selbst in der Schlacht tödlich verwundete Soldaten haben in dem Augenblick, wo sie getroffen wurden, keinen Schmerz verspürt. Sie wissen nur, daß sie hinfielen und aus der Schlacht getragen wurden oder sie verspürten nur einen plötzlichen kleinen Schlag. Die heftige von dem Stoße herrührende Erschütterung machte das Bewußtsein gegen den wirklichen Schmerz unempfindlich. Wenn die Natur bisweilen auch noch so grausam erscheinen mag, so bleibt bei den schlimmsten Unbilden doch das Mitleid ficht- bar. Sogar auf den untersten Stufen des Tierreiches ist das beut- lich erkennbar. Selbst die Raubtiere sind milder als sie zu sein scheinen, wenn sie töten, um ihren Hunger zu stillen. Als dem großen Forscher Livingstone einst von einem Löwen der Arm ge- brachen wurde, fiihlte er in dem hin und her gezerrten Arm keinen Schmerz, obgleich er deutlich wahrnahm, was geschah. Der Hund beißt das Kaninchen ins Genick und hebt so die Empfindung auf. Der unerträgliche Schmerz bei irgend einer Form der Auf- lösung beruht mehr auf einer vorgefaßten Meinung als auf Wirk- lichkeit, und was auch über die Schrecken des Todeskampfes gesagt werden mag, je ruhiger wir darüber nachdenken, je besser sind wir vorbereitet, ihnen am Ende zu begegnen sonst empfinden wir «tausendmal den Tod, indem wir uns vor einem einzigen fürchten. Theater. Lessing-Theater. Meinhard- Bern auerscheS Ensemble« Gastspiel, Burlesken von RideamuS  : Mihi- Mutzt; «erantwortl. Redakteur: HanS Weber, Berlin. Druck u. Verlag: Der Traum des KanzleidiätarS Gastmir Lulatsch aus Potfchappel bei DrSSden. Die TuSkaroraS.   Die Veranstalter des Gastspiels haben zu den RideamuS  -Burlesken sichtlich kein sonderliches Zutrauen gehabt, sonst hätten fie für daS Experiment wohl mehr als nur die beiden letztett' Abende reserviert. Wer auch diese gemäßigten Erwartungen wurden getäuscht. DaS Publikum erwies sich ausnahmsweise emmal als übelnehmerisch; man lachte zwar, aber revanchierte fich dafür nach dem zweiten Und dritten Stückchen durch energisches Zischen em Protest gegen die Ver» Mischung von Schwank   und jahrmarktsmäßiger Zirkuskomik. Der Verfasser, durch den leichten Erfolg seiner gewandt gereimten und eigentlich nur von dem Reimwitz lebenden satirischen Gesellschafts« skizzen verwöhnt, hat sich die Sache auf dem Theater denn doch allzu bequem gemacht. Wenn auf der Bühne die Leistung des Schauspielers dem Autor zu Hülfe kommt und manchen Einfall, der bei der Lektüre wirkungslos vorüber gleiten würde, zu einem Schlager macht, verlangt doch das Ganze, das Ensemble der Szenen, soll es nicht einen faden Nachgeschmack hinter« lassen, jedenfalls ein unverhältnismäßig größeres Maß kombinieren« der, die zerstreuten Einfälle verdichtender Erfindungskrast als die Erzählung; das gilt selbst für da? Verhältnis des simplen Schwank? zur Lesehnmoreske. Schon allein dadurch, daß die finnliche Ver- gegenständlichung auf der Bühne dem Zuschauer ein so viel langsameres Tempo aufzwingt, ihm die Möglichkeit des Ueberblätterns raubt, erhebt sie Prätentionen, die, falls nicht zugleich die Pflichten einer solchen stärkeren Kondenfierung erfüllt sind, als ein provozierendes Sichüberheben empfunden werden. Der erste EinakterMitzi-Mutzi" war ein nicht originell, indes ganz witzig arrangiertes Bildchen aus der Welt gewohnheitsmäßiger Liebesprellerei: im Genre etwa der Schnitzlerschen Anatolszenen. Ein ails die Rolle gemütvoller Treue eingeübtes Fräulein trifft in Begleitung eines ihrer Liebhaber mit einem ihrer anderen beim Souper zusammen; es stellt sich heraus, daß sie unparteiisch mit dem gleichen Trick und Märchen beide gekapert hat. Ihre kecke Koketterie leitet die anfängliche Entrüstung der beiden Ehrenmänner in einen eifersüchtigen Wettkampf über, der indeß mit einem Freund- schastsbunde der Geprellten und genieinsamem Abschied von der Un« getreuen endet. Hanns Fischer tragierte sehr drollig, als der Dritte im Bunde, den Phrasen machendenRomantiker der Liebe". Hanns Fischer als sächsischer Kanzleidiätar in Unterhosen zu Bette gehend, dann als Gemahl der Königin von Sainarkaud seinen Quälgeist, den Kanzleirat nach Herzenslust verprügelnd, und beim Erwachen am Morgen der ausgeübten Rache mit Schmunzeln ge- denkend in diesen paar derben Schauspiclerefsekten, die iin Moment auch ihre Wirkung auf die Lachmuskeln nicht verfehlten, erschöpfte sich der Inhalt der lendenlahmen Traunigeschichte, die an zweiter Stelle folgte. Die weitere Ausmalung der Traumvision ist ohne allen Witz und allen charakteristischen Zusammenhang. Ohne den Hum-'r des Fischerschen Mienenspiels wäre es vollends un« erträglich gewesen. Für die JndionerburleskeDie Tuskaroras", die am schlimmsten ausgezischt wurde, lassen sich viel eher mildernde Umstände geltend machen. Es war in diesem höheren Blödsinn, der es freilich zu keiner flotten Schstlßpointe brachte, eine kaltblütige Entschlossenheit, die hier und da von fern an die famose Manier erinnerte, mit der Mark Twain   seine ungeheuren Lügengeschichten zu berichten pflegt. Die Idee, daß zwei Indianerhäuptlinge der Ausstellung ent- laufen, in die Wohnung eines Professors der Ethnologie dringen, seine hübsche Frau mitnehmen wollen, dabei aber in dem Gelehrten einen solchen rassenphhsiologischen Wissen» schaftsenthusiasmus entfachen, daß er mit ihnen die Friedens« pfeife raucht und au ihren Kriegstänzen teilnunmt, hat in ihrer Verrücktheit tatsächlich einen Zug von Größe, etwas Schwindel» erregendes an fich. Aber in das Vergnügen, das diese Münchhausen» iade sonst wohl hätte bereiten können, schüttete die nicht genügend konzentrierte Ausarbeitung, das ziellos Breite, am Schluß der Maugel einer weiteren Steigerung eine Menge Wafler. Der Blöd- sinn verlor zuviel von jener einsamen Erhabenheit, die ihm die knappe Erzählerkunst des amerikanischen Humoristen zu wahren weiß, und sanl so bis auf einige Reste inS Triviale. Fischer als der entzündliche Professor war auch hier wieder in hohem Maße ergötzlich. ckt. Humoristisches. Verdächtig..... AIS   ich die Erbschaft erhoben, Hab' ich mir einen guten Tag angetan. Dem Kellner schenkte ich zehn Mark Trinkgeld I" Run, da wird er wohl große Augen gemacht haben? I" Das schon aber arretieren hat er mich nachher lassen I" Lanfle Borbereitung. Wirt:Hat der Engländer nicht recht geschimpft, als Sie ihm die Rechnung gaben!" Kellner:Noch nicht er sucht noch immer im Wörter« buch!" Resigniert.Trinken darf ich nicht mehr, rauchen darf ich nicht mehr, mit'm Lesen ist's auch nichts mehr jetzt geh' ich spazieren und schimpf auf d' Automobil  '!" (Fliegende Blätter  .") Borwärts Buchdruckerei u.VerlagsanftaltPaul Singer SiCo..Berlin   SW,