Kleines feuilleton.

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Gibt es noch Simultankirchen in Deutschland ? Der fürzlich an dieser Stelle veröffentlichte kleine Artikel Eine Simultankirche veranlaßt mich zu dem Hinweis auf eine Simultankirche, die noch gegenwärtig in dem oberpfälzischen Pfarrdorf Fürnried zu finden ist.

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zur Beichte gingen und manchmal sehr weite Fußtouren zu machen hatten, so daß ihnen im Pfarrhause eine kleine Stärkung in dieser Form verabreicht wurde. Den Fürnrieder Frauen wird der Bierbrei" einzeln ins Haus getragen. Wenn man in Betracht zieht, daß im Durchschnitt jährlich zehn Beichttage abgehalten werden, so hat die Pastorin ein ganz respektables Stück kochfünft­lerischer Arbeit zu leisten.- Ernst Kreowati.

h. Die beim Baden entstehende Schwerhörigkeit. Zuweilen Die Bevölkerung der Oberpfalz hatte ja schon den Einfall der tritt beim Baden und Schwimmen ganz plötzlich Taubheit ein. Da alles verwüstenden Hussiten zu erleiden gehabt. Während der Zeit diese sich manchmal von selbst wieder verliert, so wird sie zunächst der Reformation kam es noch schlimmer. Jeßt erlebte die Bewohner- wohl gar nicht weiter beachtet und zur Erklärung der Erscheinung schaft das einzig dastehende Schauspiel, innerhalb nur 80 Jahren angenommen, daß Wasser in den Gehörgang eingedrungen sei. nach dem bequemen Sabe:" Cujus regio, ejus religio( Wem das In vielen Fällen verschwindet jedoch diese Taubheit nicht von selbst, Land gehört, dessen Religion muß das Land annehmen)" nicht ja, es zeigen sich noch andere Erscheinungen, wie Schwindel, Er­weniger als viermal das Glaubensbekenntnis wechseln zu müssen. brechen, Ohrensausen, Schmerzen und eingenommener Kopf. Jetzt Von 1541 bis 1559 bekannte man unter dem Kurfürsten Otto wird mit dem Aufsuchen des Ohrenarztes nicht mehr gezögert, und Heinrich Luthers Lehre; von 1559 bis 1576 unter Kurfürst was findet dieser als Ursache der bedrohlichen Erscheinungen? Sie Friedrich III. war die Oberpfalz calvinistisch; von 1576 bis 1583 ist in diesem Falle eine recht harmlose. Der Störenfried ist nichts unter Kurfürst Ludwig wieder lutherisch, und von 1583 bis 1620 weiter wie ein verhärteter Ohrenschmalzpfropf. Dieser hat seinem unter Kurfürst Friedrich IV. abermals calvinistisch. In dieser Träger bisher keinerlei Beschwerden verursacht, weil er bis jetzt Periode war Christian I. von Anhalt( starb 1630) in furpfälzischen am Rande des Gehörganges gesessen hat. Beim Baden hat sich Diensten Statthalter der Oberpfalz . Er war ein gar eifriger nun der Pfropf vom Rande losgelöst und sich tiefer bis zum Gehör­Calvinist und hatte den Auftrag gegeben, die calvinistische Lehre gang vorgeschoben. Dieselbe Erscheinung zeigt sich manchmal auch mit Hochdruck beizubringen". So kam es denn, daß der in der nach stärkeren Bewegungen, nach heftigem Niesen oder Schneuzen. Nachbarschaft Fürnrieds belegene Ort Lauterhofen , wo seit Kar! Durch Aussprißungen mit warmem Wasser gelingt es meist, den dem Großen ein Meierhof bestand, sogar eine calvinistische Pfarrei Pfropf zu entfernen, wonach dann mit einem Schlage das Gehör hatte. Von 1620 an, infolge des Ueberganges der Oberpfalz an sich wieder einstellt, und die bedrohlichen Erscheinungen schwinden. Altbayern tam katholischer Glaube wieder zur Herrschaft, im Geistest der Pfropf sehr hart, so muß er zuvor durch Eingießung von damaliger Zeit zum Teil mit Gewalt, woher noch das oberpfälzische warmem Del erweicht werden. Sprichwort: Wart', ich will Dich katholisch machen!" Unberührt von diesem Wechsel blieb nur der Landstrich, der zum Gebiet der freien Reichsstadt Nürnberg gehörte: das war der halb ober-- Ein Kündigungsgrund. Pfleger( in der Sitzung): pfälzische, halb mittelfränkische Pfarrbezirk Alfeld . Dagegen wurde Unsere Gemeindekasse wird immer leerer. Es gehen teine im Fürstentum Sulzbach durch einen im Jahre 1652 zu Köln ab- Strafgelder mehr ein!" geschlossenen Vertrag nebst der protestantischen Lehre das simultane Mooshuber:" Dös kommt daher, weil d' Leut' vor unserm Ausübungsrecht der katholischen Religion eingeführt. Dies Doppel- neuen Polizeidiener so arg Angst haben, daß s' gar ding hat sich denn bis auf den heutigen Tag unter dem Namen nig Strafbares mehr anfangen!" Simultaneum" erhalten; und Fürnried ist der Ort, der in einer Kirche zweierlei Konfessionen bereinigt. Die katholische Geistlichkeit von Lauterhofen versorgt die gut römischen und der protestantische Pfarrer von Fürnried die gut lutherischen Christen. Ist zuvor eine protestantische Handlung gewesen, so wird die Kirche im Innern erst tüchtig durch Weihwasser und Weihrauch­dunst vom Geruch der Kezer" gereinigt; alsdann ist sie würdig für den katholischen Ritus. Umgekehrten Falles wickelt sich die Sache viel einfacher ab: indem das Kircheninnere bloß ausgefegt Im übrigen kommen die katholischen und protestantischen Seelsorger sehr friedlich miteinander aus.

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Humoristisches.

Bürgermeister:" Js dös wahr?

Nacha werd' i' dem Kerl glei' wieder kündigen!"- Bierbrauer Pantscherl mit seinem miserablen Gefüff zu einer Auch eine Auszeichnung. Wie kommt denn der goldenen Medaille?"

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Die hat er auf der letzten hygienischen Ausstellung für her­vorragende Leistungen gegen die Trunksucht er­

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- Ein Ausweg. Hausbesikersgattin: Wenn ic nur wüßte, unter welchen Ausgaben ich meinen neuen ut eintragen soll, damit mein Mann nichts merkt!" Freundin:" Schreib' einfach: für Dachdecker­arbeiten!" ( Fliegende Blätter ".)

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Notizen.

Bei dieser Gelegenheit seien zwei merkwürdige Bräuche er wähnt, die von früherer Zeit her am Fürnrieder Pfarrhof bestehen. Alljährlich im Oktober, wenn die Naturalabgaben ans Pfarrhaus geliefert werden, macht sich der Pastor, nicht selten in Gemeinschaft seiner Gattin auf, um jedem seiner kirchlichen Gemeindemitglieder einen Besuch abzustatten. Ihn begleiten zwei Trägerinnen mit Nestroys Posse Der Zerrissene" wird in der großen Rüdentörben. Ueberall, wo er, nach vorheriger Ansage, fommenden Spielzeit des Deutschen Theaters" ihre Auf­in ein Bauernhaus tritt, wird er mit einem gewissen festlichen erstehung erleben. Aufwand bewillkommnet und meistens mit Kaffee und Gebäck be­Das ehemalige Wohnhaus Peter Paul Rubens in wirtet. Teilt er seinerseits Lebkuchen usw. aus, so wird hin- Antwerpen soll in ein Rubensmuseum umgewandelt wiederum von seiten der Bäuerin für die Frau Pfarrerin" aller- werden. hand an Eiern, Butter, Schmalz usw. den Trägerinnen in die Die erste ländliche Volkshochschule wird in Riesentörbe getan, die dann allabendlich mit schwerer Tracht zum Schleswig- Holstein am 1. November in Albersdorf Pfarrhof heimkehren, um anderen Morgens den Rundgang, der eröffnet werden. Sie soll der erwachsenen Jugend Gelegenheit ficben bis acht Tage in Anspruch nimmt, fortzusehen. Die Be- bieten, sich für das praktische Leben auf dem Lande völkerung hält sehr viel auf diesen Besuch, den der Pfarrer, trob weiter auszubilden. aller Beschwerlichkeiten, welche obendrein noch durch die täglich- Wie Goldklumpen entstehen. Nach dem Chem. fünf- bis siebenmal abzuhaltenden Kaffeeschlachten gesteigert werden, Soc." entstehen Goldklumpen aus wässerigen Lösungen, die das nicht versäumen darf. Metall bei gewöhnlicher, manchmal aber erst bei höherer Temperatur ausfallen lassen. Es handelt sich bei ihnen um mehr oder weniger gerollte Massen, die aus lockeren Adern freigemacht worden sind. Die neuere Gesteinslehre hat den Beweis erbracht, daß Gold viel verbreiteter ist, als man lange Zeit annahm, aber es findet sich zumeist in so verschwindend kleinen Mengen in die verschiedenen Körper eingefprengt, daß seine Gewinnung daraus bei weitem nicht Die Kosten decken würde. So ist unter anderem in den natürlichen Salzlagern und Solen , im Seegras und in Austernschalen Gold be­stimmbar. Der Goldgehalt des Steinsalzes beträgt 0,0648 Gramm auf die Tonne. Das Verfahren, mittels dessen das Gold bestimmt wird, besteht darin, daß 2-5 Gramm Schwefeleisen zu der un­filtrierten Lösung von 100-1000 Gramm Salz in Wasser zugesezt wird. Der entstandene Niederschlag wird mit Blei verschlackt.

Noch eigentümlicher ist ein Beichtgebrauch, der außer in Fürnried und dem benachbarten Illschwang sonst nirgends in Deutschland zu finden sein dürfte. Ist Beichttag, so kommen die Frauen vor der Beichte, indessen deren Männer im Dorfwirtshaus bei einem Schnäpschen zu warten pflegen, zur Pfarrersfrau und überreichen ihr Schmalz, Eier usw., während diese jeder Bäuerin ein Gegengeschent in der Gestalt von 15 Pfeffermünzen macht. Darauf gehen Männer und Frauen zur Kommunion. Während dieser Zeit entwickelt sich in der Pfarrküche eine emsige Tätig teit. Dort bereitet nämlich die Pastorin den sogenannten Bier­brei", ein Gemisch aus Bier, Schwarzbrot, Schmalz, Zimmt und Nelken, der, wenn er nach ortsüblicher Ansicht gut" sein soll, so dick gekocht werden muß, daß der Löffel darin stehen kann. Alles ist hergerichtet, der Bierbrei" steht auf langen Tischen in Riesen- Die größte Fabrikpfeife der Welt befindet sich in schüsseln bereit; denn gleich nach Beendigung des Gottesdienstes St. Louis . Sie besteht eigentlich aus drei Pfeifen, von denen die kommen die Beichtgängerinnen, in der Regel 70 bis 80 an Bahl, größte Manneshöhe besitzt. Die Vorrichtung ist an eine Uhr ange­zum Essen. Nachdem eine Partie fertig ist, legt sie die sauber schlossen. In einem Umkreise von 15 Kilometern sind die Signale abgeleckten Löffel neben die Schüssel, die Pastorin nimmt von jeder der Pfeife deutlich hörbar. Frau ein Kompliment über die Vorzüglichkeit des Bierbreies" Gin hübscher Name. Wie der Figaro" berichtet, lebt entgegen und verabschiedet sich durch einen Handschlag; die nächste in Milwaukee ein Grieche, der den Namen Jack Pappatheo­Partie beginnt und so geht das weiter, bis alle gegessen haben. dorotoummountourgeotopoulos führt. Seiner Länge Jedenfalls schreibt sich dieser sonderbare Brauch daher, daß in nach darf man vielleicht auf eine gewisse Verwandtschaft mit der früheren Zeiten, teilweise aber auch noch heute, die Leute nüchtern Seeschlange schließen. Aber hübsch ist er doch.

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Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.