die Bauernköpfe sind charakteristisch modelliert. Ein Künstler vonbesonderer Prägung ist jedoch C l a r e n b a ch, der die Dämme-rung so eindringlich malt, in der die Schiffe als große Massenunheimlich am Ufer liegen. Grau fließt das Wasser. Schnee amUfer. Und prächtig baut sich im Hintergrund das alte Gemäuerauf. ein riesiger, dicker Turm, eine graue Masse, Schnee in denFugen und auf dem Dach. Feiner, leichter ist das Stadtbild ge-malt in Schnee und Reif. Es ist die flüssige Stimmung einesWintertags darin, in der das Harte zu schmelzen beginnt. Clären-hach versteht es, den Eindruck prägnant zusammenzufassen.Der Karlsruher Künstlerbund hat zwei gute Arbeitenaufzuweisen, eine Landschaft von Nagel, ein Interieur vonSchulze-Rose. Nagel zeigt den Rhein am Abend. GraueWasser. Die Bäume stehen leicht und wie Schatten am Ufer. DasInnere des Zimmers ist fein auf Grau gestimmt; eine alte Frausitzt in der Ecke am Ofen, kaum noch erkennbar, eine stilleStimmung.Auch die Württembergische Künstlervereinigunghat im Landschaftlichen besonderen Wert. Diese Landschaft ist hieranspruchslos, aber voll fteier Stimmungen. Am eigensten istStarker mit einer großen Brücke, über die ein Zug fährt; derNachthimmel überwölbt den Raum und die Ufer ruhen schweigend.Zu einer charakteristischen Erscheinung prägt sich die S ch l e s w i g-Holsteinische Vereinigung aus, auch vornehmlich durchdie besondere Art der Landschaft, die diese Maler wiedergeben. Meer,Sumpfland, und die bäuerische Bevölkerung gibt den« GanzenCharakter und Eigenart. Das Meer reizt überdies den Maler»imder schönen Luftstimmung willen. Dieses Leichte, Zerflatternde überder großen Meeresfläche gibt L e i p o l d auf feinen Bildern gutwieder. Die rotbraunen und grauen Segel stehen so fern imRaum; indem der Maler sich auf möglichst wenig Farben beschränkt,gibt er seinen Bildern eine besondere Note. A l b e r t s malt immerwieder die blühende Heide, mit der einfachen Schönheit, die dasUnaufdringliche des Eindrucks, das Unendliche des Ausblicks ambesten wiedergibt. Frische Lebhaftigkeit zeichnet den„Herbstmorgen"von Vurmester aus, ein Kahn am Ufer, bewegtes Wasser,leuchtende Farben. Dagegen dämpft Eitner wieder in seinenFischerbildern das Krasse ab, er stilisiert leicht, blasse Farben wählter Kähne im Fluß; Fischer mit ernsten Gesichtern bei der Arbeit;die Gestalten stehen groß und eindringlich auf der grünen Wiese.Diesen ruhigen, großen Eindruck weiß Feddersen in seinenBildern, die von schleswig-holsteinischen Dörfern erzählen, bis insDekorative zu steigern. Er holt den wuchtigen Eindruck heraus.Eisflächen, rotleuchtende Bauernhäuser. Ein weiter, grauwolkigerHimmel; alle Farben breit und fast grell. Das Charakteristische derLandschaft erfährt somit künstlerische'Verwertung und damit rechtfertigen die Künstler ihre Sondervereinigung. Sie lernen von derNatur.Die Graphik und die Radierung findet in München in den ver-schicdensten Vereinigungen rege Pflege. Auch in dieser Ausstellungsehen wir reichliche Proben davon. Das Vielseitige, Frische, dabeiimmer Künstlerische und technisch Einwandfreie kommt hierungebrochen zum Ausdruck. Die Stoffe sind dem Leben ent-nommen. Besonders lebhaft betätigt sich der Bund zeichnenderKünstler, unter denen Kreidolf mit seinen phantastisch-intimen Bilderbuchentwürfen eine eigenartige Erscheinung ist.Erwähnt sei auch der Verein Münchener Aquarellisten, dessen Arbeitenauf gutem Niveau sich halten. Breit und kräftig ist die malerischeWirkung betont, das violette Blühen der Heide bringt G i e s e feinzum Ausdruck. Auch gute Interieurs sind hier zu finden, da dieTechnik sich hierzu besonders eignet. Uth weiß die Abendstimmungin einer kleinen Stadt feinfarbig abzutönen und im Bild zur gc-schlossencn Stimmung erstehen zu lassen.—Die Säle der„Scholle", die immer den Hauptanziehungspunktder Ausstellung bilden, da die junge Generation hier zum Wortkommt, machen auch schon äußerlich einen guten Eindruck. Sie sindin schwarz, violett und weiß gehalten, eine kräftige, dekorativeWirkung. Die Bilder stehen ausgezeichnet auf diesen großen Wand-flächen.Leider muß man zugeben, daß diese Bilder selbst nicht so nach-drückliche Wirkung haben. Ohne daraus gleich eine allgemeine Er-kenntnis zu machen und etwa zu dekretieren, die Scholle geht zurück,muß doch betont werden, daß die eigene Kraft dieser Vereinigung dies-mal nicht so ursprünglich in die Erscheinung tritt Einmal nähernsich die Maler auffällig an einander an, sie kopieren einander. Dasliegt nahe, da sie sich nicht zusammengeschlossen hätten, fühlten sienicht Uebercinstimmung. Speziell in München, Ivo einer vomanderen absieht, liegt diese Gefahr der Uebereinstimmung nahe, sieist hier eingetreten und nimmt dem Bild im ganzen das Markante.Als Folge dieser Beobachtung tritt ein: man sieht das Schema, dieMache;' die Schablone sieht hindurch; und diese Schablonehat sogar Beziehung zu der alten Malerei. Dann lassensich diese Maler zu sehr gehen. Es fehlt an Zucht.Sie gebärden sich genialisch und meinen, damit dasKünstlerische zu erschöpfen. Du lieber Himmel, es sollihnen nicht verargt werden, wenn sie uns immer wieder ihre Modellezeigen, bekleidet und unbekleidet. Womöglich gleich nebeneinandergestellt, wie M ü n z e r es tut. Auf dem einen Bild das elegantgekleidete Modell im Walde zwischen Bäumen, daneben dasselbeModell und die Kleidungsstücke liegen am Boden. Aber es müßte5—etwas mehr Kunst darin sein. Das Stoffliche allein tut'S nicht.Und das überwiegt sehr stark. Auf die Dauer wirkt das lang-weilig.Erler ist noch der eigenste in der Gruppe. Aber seinegroßen, dekorativen Entwürfe leiden stark an dem mangelnden,großen Ausdruck. Sie erscheinen leer und füllen die Wand nicht.Am besten ist Erler in Porträts, die in strengem Sttl gemalt sindund in den Farben viel Apartes haben. Außer Erler ist E i ch l e rnoch zu nennen und Erler-Samaden, weil beide frisch dieNatur anschauen und ihre Schönheit unbekümmert wiedergeben.—Ernst Schur.kleines femlUtoti«e. k. Aberglaube vom„jüngsten Tage". Daß alles, was be-steht, einmal vergehen müsse, ist ein unverrückbares Naturgesetz.Auch ein„Weltende" mag einst kommen. Ueber den Zeitpunkt, wannes eintreten werde, hat man sich seit jeher die Köpfe zerbrochen.Eusebius, der alte Kirchenvater, berichtet, daß ums Jahr 147 n. Chr.eine Prophetin namens Maximilla geweissagt habe: sie würde dieletzte ihrer Art sein, weil das Weitende' nahe wäre. ArnolduSde Villanova prophezeite den jüngsten Tag auf das Jahr 134S.Melchior Hofmann, ein bekannter religiöser Schwärmer, verschob ihnauf 1S27. Ein Geistlicher namens Stiefel, der ein ZeitgenosseLuthers war, weissagte, die Welt würde 1534 am Lukastage.morgens um 8 Uhr, untergehen. Trotzdem Luther ihn, seinenUnsinn widerlegte, predigte Stiefel den Bauern, sie möchten mitallem, was sie besitzen, um jenen Zeitpunkt reinen Tisch machen.Als der Tag des vermeintlichen Weltendes heranrückte, versammelteer die Pfarrkinder in der Kirche um seine Person und wartete. EStraf aber nichts ein und so wurde er mit seiner Prophezeiunggründlich zuschanden. Johannes Regiomontanus(Müller), der be»rühmte Mathematiker, bildete sich ein, es würde 1588 entweder derjüngste Tag kommen, oder doch wenigstens in der Welt eine großeVerwirrung entstehen:Wenn man wird zählen achtzigacht,Das ist das Jahr, das wohl betracht tGeht alsdann die Welt nicht unter,So geschehen doch große Wunder.Keines von beiden traf ein.— Das lateinische Wort Tuäioiun»besteht aus lauter Buchstaben, welche Zahlen bedeuten. Die Summedieser Zahlen ist 1613. Das brachte damals manche Leute auf denGlauben, der jüngste Tag oder das Weltgericht(lludicimn= Gericht)würde in jenem Jahre anbrechen. Ein gewisser Eustachius Poysselsetzte das Jahr 1623 fest. Um 1736 liefen mehrere„Weissagungen"um, die„der ganzen Welt Zerrüttung und Untergang" für 1777 an»zeigten. Ein jüdischer Rabbi namens Elias meinte, weil Gott insechs Tagen Himmel und Erde erschaffen hätte, so würde die Welt6060 Jahre stehen und dann ein Ende nehmen. Vorher aber,so glaubten und weissagten andere, werde noch erst das„Tausendjährige Reich" komnien. Einige gingen so weit, dessenZeitpunkt zu bestimmen. Jurieu, ein reformierter Theologe,hatte das Jahr 1715 dafür angesetzt. Der Magister Stübel inLeipzig fertigte einmal sogar schon einen Kurier an einen seinerFreunde ab und ließ ihn wissen, daß über drei Tage das Tausend»jährige Reich eintreten werde. Der Bote kan, zwar an, aber seinemitgebrachte Mitteilung war falsch. Augustinus v. Steube, der alserster reformierter Prediger zu Brandenburg an der Havel amtierte,verfaßte 1730 bei Gelegenheit des Jubelfestes der AugsburgischenKonfession ein Oarmon ssculari(Jahrhundertlied), das er FriedrichWilhelm l. von Preußen widmete. Er sagte darin, daß im Jahre1740 Christus mit seinem Anhang erscheine, um den„Antichrist" zurichten und 45 Jahre mit der Reformation der Welt zuzubringen.Völlige Ruhe werde 1785 eintreten, und dann werde zugleich dasTausenjdährige Reich beginnen.— Die Idee geht heute noch lebendigum und ist mehrfach gerade von Dramatikern der Gegenwart, sovon Henrik Ibsen(Baumeister Solneß) und Max Halbe(Das tausend-jährige Reich) poetisch behandelt worden, freilich mehr im Sinnemenschheitlicher als religiöser EntWickelung.—hl. Vom Buche. Wer stutzt noch bei diesem Namen des Weis-heitsträgers? Und doch trägt der Name in seinen paar Buchstabendie Geschichte des Dinges mit sich. Von den Runen, den Schrift-zeichen, die die alten Germanen ritzten, hat wohl mancher gehört;zu diesen Runen aber dienten Stäbchen von den Zweigen der Buche,Buch-Stabcn. Eine andere— freilich weniger wahrscheinliche—Erklärung könnte die sein, daß BudjcnHolzplatten zum Einbändebenutzt wurden. Aber nicht vom Beginn des Schrifttums an kannteman die uns geläufige Form des Buches. Wir nennen heutzutageein umfangreiches Buch einen dicken Wälzer, ohne uns des wenigZutreffenden dieses Namens bewußt zu werden. Einstmals paßte erbesser, als nämlich noch zum Schreiben Paphrusblätter benutztwurden; diese klebte man zu einem langen Streifen zusammen, be-festigte die Enden an dünnen Holzstäben und rollte sie um diesezusammen; so war das Buch in seiner ältesten Form eine Rolle, eineWalze, wenn es stark war also ein dicker Wälzer. Erst im viertenJahrhundert bürgerte sich die Benutzung des Pergaments zum Be»schreiben mehr ein; die Pergamentbogen wurden zu mehreren Lagey