kind ich Hab ihr gedroht...1" Er krampfte die Finger, als wollte er jemanden würgen. Die Luis wich einen Schritt zurück.„Crischan!" rief sie. „Ja, und sie weiß, daß ich ernst machen würde!" fuhr der junge Mann mit grimmem Lachen fort.„Darum schon und überhaupt...!" Er tastete mit der Hand über die Stirn, aus der der Schweiß stand.„Sie schwört mir jedes- mal, wenn ich sie seh...1 Nein, nein!" „Ja," sagte die Luis,„dann.,. dann-�1" Ihre Stimme war heiser,„aber---?" „Das ist von früher, wo die Leut halt noch reden," sprach der Christian und senkte den Kopf, denn das Blut schoß ihm in die Stirn. Er empfand den Schimpf, der ihn zugleich mit dem Mädchen traf. Und er nickte mit dem Kopf. Das würde also immer an ihr kleben, der Flecken da..., den konnte man nicht wegwischen.— Man würde immer mit Fingern auf sie deuten, auch wenn er sie zu seiner Frau machte!-- Zu seiner Frau? Ja!— dann?— Es ward ihm, als müsse er ersticken in dem Rock mit dem engen Kragen.„Ah!--" Und plötzlich schoß ihm ein jäher Verdacht durchs Hirn. Er fühlte, wie er bebte bei dem Gedanken. Er fühlte den Schweiß, der auf seiner Stirn stand. Und wenn sie nun doch.. Wenn sie ihn belügen, betrügen würde...? Mit starren Augen sah er die Luis an.„Du," sagte er, und seine Stimme klang rauh.„Du...?" und er griff mit zitternden Fingern nach dem Aermel ihres Kleides.„Weißt Du... am End...? haben Ihr...? Ist...? hat man sie in der letzte Zeit—?" Er keuchte, und dann fuhr er fort:„Hat man sie in der letzte Zeit mit einem anderen ge- sehen...?" ..Chrischan I" Des Mädchens Augen weiteten sich, die Glut trat auf ihre Backenknochen, und sie rang die Hände. ,, Chrischan, um Gotteswille! Was is...! was is mit Dir?" „Ja... nix!----- Nure... Ich Hab Dir ja gesagt, was sie mir geschworen hat...! Und... und wenn sie trotzdem-- 1" Seine Augen rollten. Seine Stimme klang fürchterlich. >, Herrgott!" Die Luis sank auf einen Stuhl. Sie reckte die Arme lang über den Tisch, und ihr Kopf schlug hart auf die Platte.„Wenn er erfährt...! erfährt... daß sie... dann?... dann... schlägt er sie tot!" Das wußte sie plötzlich, und das Grauen packte sie. Und die Angst. Die Angst, Herrgott, Herrgott, was nun?!— was nun? Sie lag und rührte sich nicht. Was... was ist da zu machen?— Was kann ich machen?-- Was?— Was?— Sie wußte nichts. Ihr Kopf war dumpf und schwer. Wie ausg>.vrannt war er. Was machen?— Was machen?-- Hätt ich doch gar nit geredt! stöhnte sie. Gar nit geredt, denn wenn... wenn...1 Besser doch noch, er tat sie heiraten.,, als-- lForts-tzung folgt. Zj lNnihdrilck vkibaliN.) Die Gütcrlottcrlc in preußen. Einer der„Edlen von Zülow", kurmärkischcr Rittergutsbesitzer, schrieb 18l)9 an den damaligen Minister Altenstcin, daß doch eigent- lich nichts gerechtfertigter wäre, als denjenigen Grundeigentümern, die„durch den Krieg schwere Schädigungen" erlitten hätten, durch außergewöhnliche Maßnahmen ein bißchen aus die Beine zu helfen. Es waren gewohnte Klänge, die an Altensteins Ohr schlugen; mau konnte nicht umhin, diesem zarten Wink Folge zu leisten, um so weniger, als man die schönsten„Begründungen" zur Hand hatte. Die indirekte Slaatsunterstützung durch Genehmigung von Güter- lottcrien hätte— so sagte man— eine große Zahl verschuldeter Gutsbesitzer über Wasser halten können, dabei hätte das spielende Publikum durch Hergabe kleiner Bareinlagen Großgrundbesitz er- werben und Mitmenschen vor dem sonst sicheren Ruin bewahren können — und was an dergleichen schönen„Gründen" mehr vorhanden war. Als ob jeder aus dem Publikum durch Ausspielen eines Grundstücks Aleich Großgrundbesitzer geworden wäre! Man hatte sogar aus- sindig gemacht, es sei die Möglichkeit vorhanden, daß mal Aus- länder gewinnen könnten, daß diese vielleicht ihr Heimatland ver- lassen würden und mit Kind und Kegel, Hab, Gut und allem Ver- wögen— notabenc wenn sie welches hatten— nach Preußen über- jiedel.i uW jo dM nationale Vermögen permehren könnten! I Ran operierte tatsächlich auch mit dieser„Begründung" und hatte mit alledem den Boden hervorgezaubert, auf welchem der Erfolg her- vorschießen sollte. Üebrigens war schon damals die Güterausspielung nicht mehr neu, denn im Jahre 1712 hatten schon Leute Konzessionen zu Güterausspielungen erhalten, für die sie als„Gegenleistung" ein paar Pfennige an einige milde Stiftungen zu zahlen hatten. Auch 1791 durften ein schlesischer und ein märkischer Großgrundbesitzer ihre Güter ausspielen, jedoch unter dem Vorbehalt, daß die Lose nicht in Preußen verkauft werden dürften. Die Folge des Verbotes ivar, daß die Unternehmer für ihre Lose in Preußen einen rasenden Absatz fanden und einen großen Haufen Geld einsackten. In Preußen wußte man wohl um diese Vorfälle,, und der uns schon aus unseren Erörterungen über die Quinenlottcrie her sympathisch bekannte damalige Chef der preußische» Staatslotterien. Wilckens, berichtete folgendes an den Staatskanzler Hardenberg: „Die Güterausspielung allgemein freizugeben, kompromittiert die beste Regierung, kann den Staat nichts einbringen, versetzt den Ausspielenden in eine schlechtere Lage als er bisher war, weil er seine Lose nicht los wird, mithin die Ausspielung nicht zustande kommt, und bringt das spielende Publikum in Gefahr. Ich halte es mindestens für unmöglich, daß die Sache durchgeführt werden kann, und ich sehe nicht ab, warum erst ein Versuch gemacht werden soll, wo es keines Versuches mehr bedarf." Wo das Profitinteresse der Junker in Frage kam, hörte natür- lich die Sachkenntnis der Sachverständigen auf. Wilckens bekam eine schnoddrige Abfuhr und Friedrich Wilhelm III. hatte eine Kabinettsorder(17. 3. 1819) zu unterschreiben, die die Güteraus- spielungcn in Preußen prinzipiell genehmigte. Daß die Sache tatsächlich wie geschildert ablief, beweift der Wortlaut dieser an Altenstein gerichteten Kabinettsorder: „Zur Ausspielung von Privatgütern will Ich, weil das Publi- kum so allgemein sie wünscht(!), und in der Hoffnung, daß die große Konkurrenz der Ausspielenden deren Zweck selbst zerstören würde, hierdurch eine allgemeine Erlaubnis dahin erteilen, daß dabei keine ausschließlichen Begünstigungen stattfinden, die Grundsätze des dazu Mir von Euch vorzulegenden Planes genau befolgt und von den auszuspielenden Güterpreisen 15 Proz. Abgabe an den Staat ent» richtet werden sollen." Bevor man irgend eine Ahnung hatte über die wichtige Form der Ausspielung, sicherte man sich den vermeintlich fetten Happen. Es wurde schließlich die Form der Klassenlotterie für geeignet be- funden. Nach dem Lotterie-Edikt vom 28. Mai 1819 hatte die Be» rcchtigung zum Ausspielen eines Grundstückes nur dessen Eigen- tümer, nachdem er den finanziellen und rechtlichen Stand seine? Grundstückes klargelegt und vom Finanzminister die Erlaubnis zur Ausspielung erhalten hatte. Die technische und geschäftliche Aus- führung lag der königl. preußischen General-Lotteriedirektion ob, die dafür und für die Abstempelung der Lose 1b Proz. des Ein- nahmebetrages der abgesetzten Lose erhielt. Das Grundstück selbst mußte dem Gewinner schuldenfrei überlassen werden. Um zum Mitspielen anzureizen, wurde dem Ausspielenden überlassen, auch Geldprämien auszusetzen, die jedoch den fünften Teil des ganzen Betrages der auszuspielenden Immobilien nicht überschreiten durften. Die Beträge in Bar und die kündbaren Hypotheken mußten in Kapital und Zinsen bei der Lotteriedirektion hinterlegt werden, die nach ihrem Ermessen Ausspielungen zuließ und festsetzte. Die Ausspielung fand spätestens vier Monate nach dem Beginn des Lofeverkaufs statt. War innerhalb dieser Zeit die Einnahme durch den Losverkauf nicht groß genug, um die Hypothekenschulden und Geldprämien oder die an den Fiskus zu leistenden Abgaben zu decken, so konnte die Ausspielung des Grundstücks nicht erfolgen. Nach der Bekanntgabe des„Publicandums" vom 15. August 1819 wurde das Finanzministerium nun so bombardiert mit Ge- suchen um Konzessionierungen: innerhalb ganz kurzer Zeit waren 349 Bewerber vorhanden, von denen vorläufig 4 städtische und 7 ländliche Besitzer die Konzession zur Ausspielung erhielten. Die erste Ausspielung betraf ein Grundstück in Berlin , das in bester Gegend der Stadt belegen einen Wert von 17 999 Talern besaß und 899 Taler Mietszins abwarf. Es sollten 9299 Lose zu 5lh Tälern ausgegeben werden, denen das Grundstück und 599 Geldprämien gegenüberstanden. Die Ausspielung mußte jedoch wegen voll- ständiger Teilnahmlosigkeit des Publikums aufgegeben werden. Die zweite städtitche Lotterie hatte mehr Erfolg, die dritte kam wieder nicht zustande und aus der vierten zog der Unternehmer wieder ein glänzendes Fazit. Denn obgleich der bei weitem größte Teil der Lose nicht abgesetzt war, fand doch die Ausspielung statt. Der Haupt- gewinn fiel aber auf die unverkauften Lose, der Gewinn selbst also an den Unternehmer zurück, und nur ein paar kleine Geldgewinne kamen den Spielern zugute. Bei der Ausspielung der ländlichen Grundstücke kam noch ein weiteres erschwerendes Moment hinzu, nämlich die Unklarheit der Spielpläne. Jedem Spieler mußten direkt die Tränen in die Augen treten, wenn er sah, wie jemand, dessen Gut die beste und fetteste Ackerkrume besaß, dessen Wälder den Reichtum an Wild nicht zu fassen vermochten, dessen Teiche von Fischen nur so wimmelten, es über das Herz bringen konnte, sich von solchem Be- sitze zu trennen! Das erste ländliche zur Ausspielung gelangende Grundstuck war die im Besitze des Jnfanteriegenerals von Rüche! gelegene HerrAaft Amalienburg , die aus zwei Gütern, einer jiolonie und
Ausgabe
23 (18.8.1906) 159
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