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Sie zuckte die Achseln und hob den Kopf. Antworte!" rief der Christian.
Was soll ich sage! Wenn Du Deine Lügner mehr glaubs wie mir!"
,, Paula!"
Wieder zuckte sie mit den Achseln. Ich weiß wohl, daß es Deine Leut nit gern habe, daß De mit mer gebit! Sie haben Angst, daß, wenn De mich heiratst, Du am End nit mehr genug für Deinen Vater hergebe tätst. Na ja! Mir is recht! Ich will Der nit im Weg sein! Aber deshalb brauchen se mich nit schlecht zu mache! Nit schlechter wie ich bin!
Was ich Der geschworen hab vor eme Jahr, Chrischan, das hab ich gehalte bis heut! Was vorher war... ch hab Dir nir vorgeloge...!" Ihre Stimme hatte zu zittern begonnen, bei den letzten Worten schluchzte sie auf.
Und der Christian ließ seine Arme sinken. Paula," sagte er.... is das wahr?" Frag doch nit! Wenn ich Der drauf antwort, wie ich fann und muß, dann glaubste ja doch nit, drum--!" Er tastete nach ihren Händen.
-
"
Laß mich!" sagte sie. Sie sprang vom Tisch herunter und wich ein paar Schritte zurück. Laß mich! Ich geh Dich nir an! Du hast für Dein Vater zu sorge und für de Johann und dem Marie sein Kinner und da vor ,, da hast sichtig forschte sie im Gesicht des jungen Mannes kein Recht an Dich zu denke... und dann... Es Luis hat sich ja auch immer nure geplagt für die andere und weil's da drüber zugrund geht, mußt Du Dich halt vor de Wage spanne
Und das is es," sie fuhr sich mit dem Taschentuch über die Augen, das is es, was mer eso leid tut!... Denn es Luis, na ja, es tut eim schon in der Seel weh zu sehn, wie das sich abgeschafft hat, für Leut, die em fein Dank wisse, aber daß Du Dich auch noch--!" Sie schlug die Hände vors Gesicht.
Der Christian lief schweigend in der Stube auf und ab. Kann man aus der klug werde? Kann man flug aus ihr werden? dachte er einmal übers andere. Lügt sie oder redet fie die Wahrheit? Rascher raste er auf und ab. Lügt sie oder redet sie die Wahrheit? Lügt sie oder redet sie die Wahrheit?!
Eine lange Weile hallten nur des jungen Mannes Schritte durch den Raum.
Dann hob der Christian den Kopf. nit die Rede," sagte er.
Von mir is jetzt Soo...? Von wem denn sonst? Das Luis hat mich gerufe, um mit mir von Dir zu rede und von niemand anders! Um mich fümmert sich das doch nit! Hahaha!" Sie lachte laut.
,, Um mich!"
"
" Und Du vielleicht? Willst Du vielleicht jetzt nochmal von mir anfange? Hä! Ich geh Dich von heut ab nig mehr an! Ich kann jetzt tun was ich will! Und gleich, wenn ich Dich zur Tür drauße hab, da puß ich mich und hol mer einen für heut nacht, und wenn Du emal für drei Mark tu ich's!" Sie lachte wieder.
Es war dasselbe verzweifelte Lachen, das ihm schon ein mal so weh getan hatte.
Der Schweiß stand auf seiner Stirn. Kalter Schweiß. Und seine Finger brannten wie im Fieber.
" Baula!" Er wollte sie am Arm faffen, aber sie stieß ihn von sich.
Geh zur Luis, geh, geh! Ich will der nit mehr im Weg sein. Ich geb em ja auch recht! Wie's mer gesagt hat... daß der Chrischan hat Lehrer werde dürfe, das verdankt er ja doch nure mir! da hab ich halt mit em Kopf genickt. Du berdanfft's em, das is wahr, und dafür mußt em auch was zulieb tun. Dafür fannst mich schon fahre lasse...!"
Sie ging an ihm vorbei ans Fenster und schaute hinaus. Ohne sich zu rühren, stand fie. Sie horchte auf des Christians lauten Atem. Ein selbstzufriedenes Lächeln war auf ihren Lippen. Hab ich Dich weich? dachte sie.
Da hörte sie den Christian ein paar Schritte tun. Und ihr Gesicht wurde ernst.
„ Gehst de?" fragte sie mit Sumpfer Stimme, ohne sich umzudrehen.
( Bortfegung folgt.)]
( Nachdrud verboten.)
und die Erdbebenkatastrophen in Südamerika . Kaum daß sich die Aufregung über das gewaltige Erdbeben gelegt hat, das im April dieses Jahres die glänzende Stadt am Telegraph eine neue Katastrophe gleicher Art, die in dem klassischen goldenen Tore und die Küste Kaliforniens verwüstete, meldet der Erdbebenlande Ameritas, an der chilenischen Küste die Stadt Bal paraiso und weite Gegenden der genannten Republik verheert hat. Das Valle paradiso, das Tal des Paradieses, wie die Nonquistadoren die von den Fittichen des lächelnden Frühlingsgottes umwehte Bucht an der sonst so hafenarmen, pazifischen Küste nannten, wo sie um das Jahr 1540 eine Niederlassung gründeten, bat durch ein volles Vierteljahrtausend das Los so vieler anderen spanischen Niederlassungen geteilt, die Dank der Gleichgültigkeit des Mutterlandes und seiner räuberischen Kolonialpolitik nicht gedeihen wollten. Es blieb ein elendes hispanisches Dorf, in dem Spanierstämmlinge, die Indianer knechtend, ein träges Dasein führten, und noch 1820 zählte man in dem Orte tnapp 6000 Einwohner. Schon aber hatte im Anfange des 19. Jahrhunderts die große füdamerikanische Freiheitsbewegung das fruchtbare Land der Arautaner ergriffen. Die von den La Platastaaten und den Engländern unter Lord Cochrane unterstützten Chilenen führten fiegreich ihre Revolution durch, nach den Schlachten im Tale von Chacabuco und am Maypu mußten die Spanier das Land räumen und in den ſeitdem verflossenen 86 Jahren hat sich Chile zu dem bestgeordneten Staatswesen des an politischen Umwälzungen überreichen südamerikanischen Kontinentes, Valparaiso aber, obwohl ihm neuerdings die Salpeterhäfen hinsichtlich der Warenausfuhr eine scharfe Konkurrenz bereiten, zu einer glänzenden Hafenstadt von 150 000 Einwohnern entwickelt, in der die deutschen Niederlassungen die für den Handel wichtigste Rolle spielen.
Nähert man sich der Stadt von der Seefeite auf einem der aus Valdivia, Concepcion oder La Serena kommenden Dampfer, so däucht dem Reisenden der Titel eines paradiesischen Tales wohl etwas übertrieben. Aber nach dem unerquicklichen Anblick der baum- und strauchlosen nordchilenischen Küsten und den Schrecknissen der sturmumwehten, regentriesenden, südchilenischen Gestade entzückt das reiche, saftige Grün, das die Natur hier in ver= verschwenderischem Ueberflusse ausgestreut hat, das der malerischen Eindrücke lange entbehrende Auge, und wenn der so oft über den Hoch- Anden liegende Wolkenvorhang sich hebt und über den niedrigeren Ketten der Kordilleren der Steilfegel des als Vulkan längst erloschenen 7036 Meter hohen Aconcagua , des höchsten südamerikanischen Berges, sichtbar wird, entfaltet sich ein unbestreitbar großartiges Landschaftsbild. Was im Vordergrunde liegt, entbehrt aber sehr der pittoresken Linien. Von der Zitadelle oberhalb des Bueras- und Valdiviaforts zieht sich im weiten, 5 Kilometer langen Halbkreisbogen jenseits eines schmalen, nur an der Nueva Malecon und der Gran Avenida etwas breiter werdenden Strandes eine
häßlich graue, verwitterte Flucht ebenso schmaler wie hoher Häuser hin, die den Ausblick auf die dahinter liegende Stadt verdecken. Auf der Gran Avenida und auf den nächsten Parallelstraßen, der Calle de Yungai, der Calle de Chacabuco, der Calle de Maypu und der Calle de la Independenca, die sämtlich im Osten an der breiten und prächtigen Avenida de las Delicias enden, wickelt sich mit merkwürdiger Geräuschlosigkeit das geschäftliche Leben von Valparaiso ab. Leise gleiten die elektrischen Straßenbahnen durch die breiten, sich im rechten Winkel schneidenden Straßen und auch nichts von der hastenden Nervosität, die das Treiben mancher weit in den zum Teile glänzend eingerichteten Kaufläden merkt man Heineren amerikanischen Hafenstadt verunziert. Erst weiter im Westen, wo die krummen und engen, vom El Blanco überragten Gäßchen des Stadtteils El Puerto beginnen, wird es lebhafter. Hier drängt sich das Publikum zu den Zollspeichern, den großartigen Almacenes fiscales, zur Hauptpost, zur Intendanz, zum Rathause und zum Justizpalast, zum Hauptbahnhof, zur Börse und den Banken. Nicht weit davon haust in den Seitengäßchen hinter der Plaza de Echaurren der Geist des Branntweins und das in allen größeren Hafenstädten üppig wuchernde Laster. Bei einer Wanderung durch die Stadtteile stößt man auf manchen architektonisch bemerkenswerten Platz mit Monumentalgebäuden, unter denen das Teatro Municipale auf der Plaza de la Vittoria und das Nationaltheater sowie das Logengebäude besonders bemerkbar find.
Auf steil ansteigenden, schmalen Gassen, in denen man der Göttin Hygieia noch keine Tempel erbaut hat, gelangt man hinauf zum Cerro de Concepcion. Schöne, fast horizontale Spaziergänge und Fahrwege bieten imponierende Ausblicke auf den Hafen und das dahinter sich dehnende, unendliche Meer. Weniger schön dagegen sind die Villen- und Wohnäuser mit ihren nüchternen Wellblechdächern.
Ein wirklich harmonisches Bild bietet sich erst, wenn man auf der nach Santiago führenden Eisenbahn nach der eine halbe Bahnstunde entfernten Station Vina del mar fährt, wo sich die Fremden und wohlhabenderen Einheimischen angesiedelt haben, die nicht in der Stadt wohnen mögen. Vina del mar ist keine eigentliche Sommerfrische, die in einem Klima kaum notwendig ist, wo die mittlere Temperatur des Winters von 11,4 Grad C. von derjenigen des Sommers( 16,6 Grad C.) nur um 5 Grad übertroffen