- 716 hart ausläßt Hierauf näher einzugehen, erübrigt sich. Wir wollen Herrn Bartels nur mit einem zwingenderen und logischeren Beweis gegen daS Deutschtum Heines zur Hand gehen. An Moser schreibt der Dichter am 21. Januar 1824: .Eigentlich bin ich auch kein Deutscher,' wie Du wohl weißt. Ich würde mir auch nichts darauf einbilden, ivenn ich ein Deutscher wäre. O ce sont des barbares! Es gibt nur drei gebildete, zivilisierte Völker: die Franzosen , die Chinesen und die Perser. Ich bin stolz darauf, ein Perser zu sein. Daß ich deutsche Verse mache, hat seine eigene Bewandtnis. Die schöne Gulnare hat nämlich von einem gelehrten Schafskopfe gehört, daß das Deutsche Aehnlichkeit habe mit ihrer Muttersprache, der persischen, und jetzt sitzt das liebliche Mädchen zu Jspahan und studiert deutsche Sprache. und aus meinen Liedern, die ich in ihren Harem hineinzuschmuggeln gewußt, pflegt sie zur grammatischen Uebung einiges zu übersetzen in ihre fjjtze, rosige, leuchtende Bulbul-Sprache." Da steht es klipp und klar: Heine war kein Deutscher, sondern ein Perser. Herr Bartels! Aber im Ernst mag noch eine andere Stelle aus einem Briefe an Christiani angeführt werden, die Herr Bartels natürlich ver« schweigt: .Ich weiß, daß ich eiaeder deutschesten Bestien bin, ich weiß nstr zu gut, daß mir das Deutsche das ist, was dem Fische das Wasser ist, daß ich aus diesem Le b ense l e m c n t nicht heraus kann, und daß ich u m das Fischbeispiel beizubehalten zum Stockfisch vertrocknen muß, wenn ich um das wässerige G l e i ch>n i s beizubehalten aus dem Wasser des De u t sch t u m l i che n heraus- springe."(Im Briefe unterstrichen.) Das Gesamturteil des Herrn Bartels über Heine ist. daß«in Heine-Denkmal die ärgste Beschimpfung wäre, die man uns antun könnte, Schmach und weiter nichts als Schmach und unser Gesamturteil über sein durchaus unhistorisches Heine-Pamphlet, daß eS für Mediziner mehr Interesse hat als für Literaturforscher. Wenn man es im ganzen überschaut, die hahncbüchenen Schimpf- Worte erwägt, die Herr Bartels Heine anwirft(»jüdischer Lump", Kanaille",»Halunke",»das Jüdchen",»der Elende",»Komödiant", Gaukler",.Henker",Meister Dirncnlob",»bissiger Hund"), wenn man in Betracht zieht, daß er mehr als einmal Prügel empfiehlt, ihm»an die Brust springen" möchte und damit droht,'daß das Heine-Denkmal in die Luft fliegen könnte, dann kommt auch der Laie dazu, Herrn Bartels in eine Parallele mit dem Dreschgrafen Pückler zu stellen, trotzdem er sich gegen diesen als Vorkämpfer seiner Sache ängstlich verwahrt. Und der Literaturforscher erkennt. daß es nicht seines Amtes ist, sich länger mit ihm abzugeben, er erteilt dem Psychopathologen das Wort. Hermann Wendel . Kleines Feuilleton. en. Altertümliche Landwirtschaft in den Bogese». Wenn ein Einsiedler in ein bisher von der Kultur nicht beansprucht gewesenes Gebiet kommt, um dort zum erstenmal den Boden zu bebauen, be- dient er sich häufig des Mittels, die wild wachsenden Pflanzen auf einem Stück Land, soweit sie nicht besonders ausgerodet werden, einfach niederzubrennen, wobei die entstehende Asche noch als Düngemittel dient. Dies System kommt für eine hochstehende Land- Wirtschaft selbstverständlich nicht in Frage, und doch gibt es im Deutschen Reich noch Gegenden, wo diese sogenannte Brandwirt- schaft ausgeübt wird, nämlich im Bereich der Vogesen . also in den gebirgigen Teilen von Elsaß-Lothringen . Auch dort nimmt sie eine nur untergeordnete Stellung ein. ist aber als ein kulturhistorisches Ueberbleibsel, das zumal einer gewisien ökonomischen Bedeutung in jenem Gebiet nicht entbehrt, von Interesse. Der Landwirt- fchaftslehrer Dr. Krzymowski hat auf einer Reise durch die Vogesen die dortige Brandwirtschaft studiert und darüber einen fesielnden Aufsatz inFühlings Landwirtschaftlicher Zeitung" geschrieben. Am stärksten vertreten hat er sie in den Tälern der oberen Breusch und ihrer Zuflüffe gefunden, während sie in den südlichen Vogesen seltener zu sein scheint. Die Breusch entspringt bei Saules an der französischen Grenze und ergießt sich unmittelbar bei Straßburg in die Jll. Die Berghänge des oberen Breuschtals sind größten- teils Gemeindeland oder, wie die alte Bezeichnung lautet. Allmenden und dienen gewöhnlich als Viehweide. Diese Art der Verwertung wird aber vielfach unmöglich gemacht durch die Ansiedelung des Bcsenginsters, der den Rasen mit mächtigen, mehr als mannshohen Büschen bedeckt und so das Wachstum anderer Pflanzen schädigt. Wenn eine solche Fläche als Weideland unbrauchbar geworden ist, wird sie von der besitzenden Gemeinde entweder kostenlos oder gegen eine geringe Pacht an einen Gemeindcbürger. gelegentlich auch wohl an einen Auswärtigen vergeben, der sich bereit erklärt, dort Brand- Wirtschaft zu betreiben. Die Ginsterbüsche werden dann mit den Wurzeln herausgehackt und der Rasen umgegraben. Sind Stauden und Gras trocken geworden, so wird alles zusammen abgebrannt. Die zurückbleibende, von Eiscnoxyd rot gefärbte Asche wird nun als Dünger auf der ganzen Fläche verteilt, ohne daß jemals noch ein anderer Dungstoff zugesetzt wird. Meist kann nun der Boden zwei Jahre lang für den Anbau von Roggen oder Kartoffeln ver- wertet werden. Dann bleibt er wieder liegen, bis genug Gras für Rinder oder Ziegen gewachsen ist. Wirtschaftlich kann das Ver- fahren nicht genannt werden, vielmehr ist es nach der Lehre von Liebig eine Raubwirtschaft. Bald wird es vielleicht ganz ver- schwunden sein, weil die Leute auch in jenen Gegenden lieber in die Fabriken gehen, als sich auf solche Weise mühsam einen vor- übergehenden kärglichen Unterhalt zu verschaffen. Kunst. «. s. An der Spitze der belgischen Malerei steht Fernand Khnopff . Merkwürdig ist eS. daß das Land. daS einen Meunier hervorbrachte, der so wirklichkeitsstark in seiner Gegenwart stand, zugleich einen Künstler aufweist, der so entschieden wie Khnopff die Wirklichkeit flieht. Er baut sich eine Welt auf, die voll leiser Geräusche und flüchtiger Stimnmngen ist. Seine Farbe ist so zart, seine Linie so zitternd angedeutet, daß man unwillkürlich fühlt, hier redet ein ganz persönliches Enipfinden. Wie die Ausstellung bei Schulte zeigt, hat diese scheu sich zurückziehende Kunst auf das junge Geschlecht nachdrücklichen Einfluß ausgeübt. ES stellen hier drei junge Künstler aus, di« olle dem Symbolis- mns huldigen. Sie geben keine WirklichkeitSstinst, sondern bauen eme Welt der Phantasie auf. die von der Gegenwart hinweg strebt, die aber ebenso wahr ist. weil daS Fühlen der Zeit auch in diesen Werken lebt. Degouve-de Nunques gibt Schilderungen aus alten Städten, aus Venedig , au? Brügge . Er bleibt nicht in der Nach- schilderung stecken. Indem er die Stimmung solcher alten Städte. die ganz in Vergangenheit leben, im Bilde konzentriert, gibt er uns die wahre Suggestion des Gesehenen, Empfundenen, er verdichtet den Gehalt dieser von Vergangenheit umwobene» Stätten. Der alte Palast an der tiefgrün schimmernden Wiese, über der graner Hinimel lastet. mit den zertrümmerten Fenstern, ist eine tüchtige Leistung. Es liegt in der Natur der Sache, daß alle Linien pointiert hervortreten. alle Farben deutlicher, schärfer hervortreten, um die suggestive Wirkung hervorzubringen. Montald ist noch zarter, Phantasie- voller. Er verdichtet ganz stille Stimmungen zur Anschauung, wie etwa in dem Bild, da? er die»Lerche" betitelt: ein hellgrünes Feld, eine schreitende, nackte Gestalt, aufblickend zum Krühlingshimmel. daS alles ganz zart und andeutend, beinahe mit Schüchternheit ae- malt. Lebhafter sind seine Friese, in denen er die mensch- liche Figur zu freien, phantastischen Entwürfen verwertet. Auch die drei beieinander stehenden Frauenfiguren in Grau haben diese Zartheit der feinen Farben. Bei Beauck merkt man am ehesten die Schwäche. Seine kleinen Zeichnungen, grau in grau. Straßen, still« Winkel, haben noch Einheit. Aber seine Köpfe, die grausig wirken sollen, entsetzte Menen, aufgeriflene Augen(Titel: Bor dem Tode u. dergl.) streifen schon das Gebiet der Komik. Er weiß nicht die Grenze zwischen Realistik und Phantastik innezuhalten und zerstört sich dadurch selbst die Wirkung. Doch ist bei allen drei Künstlern Talent zu spüren. Wenn sie sich auch noch in den Bahnen eines anderen Künstlers, der ihnen Vorbild ist. bewegen, so wird man doch von ihnen eigene Proben noch erwarten können. Hygienisches. u. Seife als Desinfektionsmittel. Der Satz, am Scifenvcrbrauch könne man die Kulturhöhe eines Volkes bc- messen, bezieht sich nur auf die Verwendung der Seife als Reini- gungsmittel; er bekommt aber� verdoppelte Geltung in der Zeit der Hygiene dadurch, daß die Seife auch ein sehr wichtiges Des- infektionsmittel darstellt. Man hatte dies schon vor längerer Zeit behauptet, aber andere hatten die Richtigkeit der Behauptung be- stritten und gemeint, die Seife wirke durckaus nicht auf die unS schädlichen Mikroorganismen. Um den Streit zu entscheiden, wurden jetzt umfangreiche Untersuchungen vorgenommen, und ihr Ergebnis war, daß die Seife in der Tat imstande ist, schädliche Organismen zu töten, und zwar zeigt sich diese Wirkung schon dann, wenn nur wenig Seife zugesetzt wird und wenn sie nur geringe Zeit hindurch wirkt. Selbst die an und für sich sehr lebcnS- fähigen Typhusbazillen wurden durch Seife schnell zum Absterben gebracht. Es ist also nicht nur eine Forderung der Sauberkeit. sondern auck eine der Gesundheit, sich sorgfältig und möglichst häufig mit Seife zu waschen. Humoristisches. Beim Fahrradhändler.»Fünfzig Mark soll dieses schöne Rad kosten? Wirklich billig! Da können Sie doch nichts dabei verdienen!" »Das ist allerdings richtig l" »Wie machen Sie aber da Ihr Geschäft?" »Mit den Reparaturen!" Trost.»Herr Doktor, ich habe beständig mit meinem Magen zu tun und leide immer an Appetitlosigkeit!" »Sind Sie froh, jetzt ist sowieso alles furchtbar teuer� Ja so!»Gut, wenn Ihr schon die Dame, die ins Wasser gesprungen ist, wegen verbotenen Baden« be- st r a f t, warum auch den Herrn, der sie herausfischt?" »Ja, hier ist auch das Fischen verboten!" (»Fliegende Blätter .') Verantwortl. Redakteur: HanS Weber, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlag»anstaltPaul Singer LeCo..Berlin LlV.