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molle sich hiermit die große Ehre geben, ein Wohl auf Kan­didat Knud auszubringen und ihm für die brüderlich aus­gestreckte Hand zu danken, die der dänische Student durch ihn der ländlichen Demokratie zu gemeinsamem Wirken für das Wohl des kleinen Mannes gereicht habe.

Diese wenigen, so herzergreifenden Worte lösten völlig die volkstümliche Begeisterung in der kleinen Gesellschaft aus. Unter allgemeiner Verherrlichung von Jensen- Damgaards armer Mutter in der kleinen, niedrigen Stube die Dame mit den Rosen meinte, die alte Frau müsse geradezu ent­zückend sein- hielt man dem Redner von allen Seiten die Gläser hin, und der Geheime Etatsrat äußerte unvorbehalten und mit Wärme, er- Jensen- Damgaard habe ihm den Glauben an den Kern des dänischen Volkes wiedergegeben.

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( Schluß folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Reinbold Begas.

Allmählich wird es Mode, die Kunstgeschichte der letzten Jahr zehnte zu refapitulieren. Nachdem das junge Geschlecht sich energisch durchgesetzt hat, halten es die Alten für ihre Ehrenpflicht, die An­gehörigen ihrer Generation wieder in gebührende Erinnerung zu bringen, sie gewissermaßen zu rehabilitieren; zu zeigen, daß sie nicht so ganz schlecht sind, wie ihr Ruf.

aus

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Begas ahnen. Die Mittelfigur streckt wagerecht nach beiden Seiten die Arme aus, troßdem sie aus der Gruppe herausragt. Die Ge­Es ist stalten der Knieenden sind nicht giebelförmig abgesteift. etwas Wild- Regelloses in der Anordnung. Schwer lasten die Glieder. Die Gewänder sind mit Wucht drapiert. Das Malerische rückt schon in den Vordergrund. Die Ausführung nähert sich dem Skizzenhaften. Immerhin auch hier ist eine eigene Kraft bemerkbar.

Diese beiden Tendenzen, die Bewegtheit, die Böcklinschen Note, gehen dann in der Gruppe zusammen, die eine Fauns familie darstellt. Die Mutter schwingt das Kind jauchzend hoch. Bezeichnend ist, wie Begas   immer die übliche Schablone über nimmt, ihr aber durch einige realistische Noten neues Leben zu geben vermeint. 3. B. seine erwähnten Gruppen, die doch noch im Grunde das alte, genremäßige Arrangement zeigen, aber durch die feine So auch benutzt Begas   in üblicher Weise das Relief. Er zeigt uns Beobachtung über das Niveau des Gewohnten herausgehoben sind. da in gewohnter Art allegorische Szenen, natürlich beobachtet. Sie sind nicht eigen. Aber ein wenig freier, als es sonst üblich war. Wie er den Körper drapiert, wie er hinten Laubwerk als Grund anbringt, das ist das Alte, das im wesents lichen die Form beherrscht. Aber in Gesicht, Gestalt, Gliedern merkt man Beobachtung.

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Als Begas   von Weimar   zurückkam, erhielt er er war damals immer unter den schwächlichen Rauch- Epigonen eine fignifikante Er­scheinung, die Leben brachte für sein Kupferstandbild Friedrich Wilhelms III. in Köln   den ersten Preis. Hier schon finden wir das Typische seiner Kunst: Löwen bilden den Schmuck des Sockels, Kerle von ungebundener Gewalt räkeln sich herum.

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Diefe forcierte Pose schwächt er in dem Schiller- Denkmal wieder Reinhold Begas   ist in diesem Jahr fünfundsiebzig Jahre ab. Auch hier siegte er in der Konkurrenz. Hier merkt man plöglich alt geworden. Ihn zu ehren findet in den Räumen der alten Hoch- wieder Rauch und die gezähmte Antife: sanfte Linien, Allegorien schule( Potsdamerstraße 120) eine Ausstellung statt, die in am Sockel. Doch wirken diese Allegorien lebendig. Es spricht der Hauptsache einen Ueberblick über das Schaffen des Realismus, Beobachtung aus diesen weiblichen Figuren, dem Künstlers gibt und allen Stadien seiner Entwicke Entwide Drama", der Geschichte", der Lyrik", der Philosophie". Neben Tung Werke enthält. Begas   gilt uns als typischer Vertreter Rauchs blaffen Schemen sind das hier wirkliche Frauenförper. Der jener schlimmen Denkmalstunst, die es schließlich fertig gebracht hat, rücksichtslos das Leben genießende Künstler fonnte sich nicht dazu Die Berliner   Plastik zu einer berüchtigten Kunstübung zu machen. alvingen, einen leblosen Frauenkörper hinzustellen. Seine Frauen Er kann schließlich verantwortlich gemacht werden für die Berliner   haben das volle, animalische Leben, weiter allerdings auch nichts. Siegesallee  , die fein ernsthafter Stunstfreund mehr zu verteidigen Das Gewand ist kleinlich, fnittrig behandelt, mehr malerisch als Aber in den Gesichtern ist wagt. Tiergartenfunft ist ein Schlagwort geworden, das alle guten plastisch. Etwas zuviel Schwung stört. Geister verscheucht. Insofern ist der Künstler zugleich günstig und Ausdruck, inneres Leben, Ausdruck ohne Pose. Im Widerspruch dazu ungünstig gestellt. Ungünstig man wird ihn schnell aburteilen ist der Schiller ganz entmenschlicht. Er steht da als ein Schemen, wollen.( So werden die Anhänger sagen.) Günstig: weil schließlich ein blasser Gedanke, keine Lebensmacht. Jminerhin hat Begas   eine nicht viel dazu gehört, gegenüber dieser Verwilderung in den späten geistige Konzentration hier gefunden, wie sie ihm selten wieder ge­Jahren von seiner früheren Kunst einen besseren Begriff zu geben. Tang. Unter leichter Hülle aber ist schon der künftige Begas ver­Das Niveau ist so niedrig, daß es ein leichtes ist, nun auf die borgen; nur gemäßigt, abgedämpft. Jugend zu deuten und zu sagen: Seht, was der Mann geleistet hat!

Urteilt gerecht!

Urteilen wir also gerecht.

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dieses Durchscheinen des Modells, dieser malerische Schwung neu. Für die damalige Zeit war dieses Formen aus dem Rohen, Auf Details verzichtete Begas  . Er ging mit Verve auf das Charakteristische, die Idee los.

Der weibliche Aft war im speziellen für Begas   ein Ge­biet, auf dem man ihm die Kennerschaft anmerkte. Auch hier die Wucht der Glieder, das liebt er das Superlativische, er auch hier nicht durch. Fleischige. Zur Form dringt Ginige Werke dieser Art: die Badende", die" Toilette" zeigen noch in Spuren das Genremäßige, das Betonen des Inhalts, find aber in der Haltung vielleicht die ursprünglichsten, einfachsten und darum solidesten von Begas  ' Werken.

Vor Begas   begegnen wir in der Geschichte der Berliner   Plastik zwei Namen, die Epochen kennzeichnen: Schlüter, Rauch. Schlüter repräsentiert die Kraft; er wirkt durch die Wucht seiner Schöpfungen. Rauch ist nicht so eigen- gewaltig. Er sieht sich nach Anlehnung um. Er findet die Antike. Und strebt danach, die stille Größe der Antike, wie man sie zu seiner Zeit auffaßte, in seinen Arbeiten wieder auf­leben zu lassen. Ihnen gefellt sich Begas   zu. Er bricht mit dieser Art Antike. Er nähert sich wieder Schlüter. Auch er folgt der Plastik des siebzehnten Jahrhunderts. Aber er durchsetzt diese Kunst Ueberhaupt to Vegas sich auf die Einzelfigur beschränkte, ist er mit stark persönlichen Elementen, die mehr Auflösendes als Zu- am ehesten zu vertragen. Zum Beispiel der Stier, den er für das sammenfassendes haben. Während bei Schlüter die Kraft Budapester Schlachthaus herstellte, ist ein imponierendes Werk. zur Konzentration wird, wirkt sie bei bei Begas   auflösend. Voller Kraft, verhaltener, dumpfer Wut in der stumpfen Bewegung Sie zerstört die Form, die sie bei Schlüter zusammenfügt. des Theres. Der Körper ist machtvoll herausgearbeitet. Es ist eine Schlüter gibt ein Ganzes, Gebändigtes. Begas   gibt Teile. Das ist Einheit darin, die Begas   selten sonst erreicht. der Unterschied.

Bei seinen Frauenatten z. B. stört neben dem Animalischen der Glieder die süßliche, tokette Haartracht. Das Haar ist gewellt, hoch gesteckt. Mit einem gewissen plumpen, finnfälligen Raffinement ist dieses Gegensägliche vereint. Am eindrucksvollsten gelang Begas   die Vereinigung eines männlichen und weiblichen Körpers in dem Naub der Sabinerin", wo die gegeneinanderstrebenden Kräfte mit voller Wucht wirken. Der Mann gewaltige Ruhe, die Frau sich windend. Ein Kräftespiel, dem Wahrheit innewohnt, dem nur die formale, stilistische Vollendung fehlt. Diesen Mangel bemerkt man oft. Auch bei dem bekannten Elektrischen Funken", den ein sich gebildet. Das Arrangement ist aber das übliche, wenn es auch mit einer getvissen, ficheren Eleganz behandelt ist.

Der Pan, der die weinende Psyche tröstet, die um ihren ver­Lorenen Gatten trauert, ist eines der ersten Werke, die Aufsehen er­regen. Man muß hier, wie überhaupt bei fast allen Werken von Begas  , sich künstlich zurückschrauben, um zu begreifen, daß man seinerzeit vor diesem Werk von Naturalismus sprach. Die Ver­bildung der Zeit diente Begas   als Folie und er erschien als Neuerer. Es ist eine genreartig aufgefaßte Szene, der Humor eigen ist. Die Psyche ist niedlich, der Pan ist tapfig, hat etwas Onfelhaftes. Die Bewegung ist gut beobachtet. Die Linien sind alle mäßig und gehalten. Das Lässige darin ist bezeichnend. tüssendes Menschenpaar trägt. Die kleinen Körper sind gut durch Es ist der Nachklang der Rauchschen Antike. Aber ein gemäßigter Realismus durchbricht diese Schablone. Man denkt an Böcklin  .

Noch auffallender ist das der Fall bei der folgenden Gruppe: Ban lehrt einen jungen Faun Flöte blasen. Böcklin   malte damals gerade den flötespielenden Pan. Man muß bei Begas   die Tüchtigs feit der Arbeit, das Können anerkennen. Die technische Behandlung ist bei dieser letteren Gruppe sehr gut. Alles ist natürlich, bewegt und doch rührend. Man merkt das Nachwirken der römischen Welt, die in Begas   vorübergehend den Plastifer weckte. Es entsteht hier ein in seiner Art besonderer Stil, ein Neuklassizismus, dem eine naturwahre Beobachtung Bedeutung gibt. Das Persönliche fehlt. Die Arbeit tritt in den Vordergrund. Das ist das Erfreuliche in dieser Epoche.

Dann aber meldet sich, nach der Rückkehr aus Rom   nach Berlin  , das Selbstgefühl in bezeichnender Weise. Das Maßvolle verliert sich. Die Giebelgruppen an der Front der Börse lassen den fünftigen

So ist es bei den Bildnissen ebenfalls. Die Büste hat eine ge­wisse Lebendigkeit der Erscheinung. Sie ist sogar mit offensichtlichem Fernhalten alles Kleinlichen, mit einer gewissen Strenge gearbeitet. Doch die Drapierung, die alte Art des Komponierens, das Arrange­ment stört. Die gute Einzelbeobachtung hilft darüber nicht hinweg. Hier und da Einzelheiten, die befriedigen. Im Ganzen stört das Effektvolle. Er übernimmt wieder die alte form, wie er auch bei den Sarkophagentwürfen sich an den bisherigen Stil hält, den Rauch prägte. In Einzelheiten erfreut dann ein gewisser Realismus, der aber auch wiederum nicht entschieden betont ist. Begas   will immer noch in seinen Porträtbüsten das Festliche, das Außer gewöhnliche prägen, die Bedeutung. Man merkt immer noch das Mäuspern: Seht, welch ein Mann! Zum Charakter drang er nicht durch.