767

Kirche eine ziemlich scharfe Sprache führte; er nahm auch teil an man unbedingt unterschreiben dürfen, ohne sich der lebertreibung einer Versammlung, in der die Gründung einer Geheimdruckerei schuldig zu halten. diskutiert wurde. Daraufhin erfolgte seine Verhaftung. Die Pro- Somit rechtfertigt sich aber auch das Unternehmen des vorhin zeffierung geschah natürlich bei verschlossenen Türen und endete mit der genannten deutschen Literaturhistorikers, das mun auf eine Ausgabe Verurteilung Dostojewskys zum Tode durch Erschießen. Im Dezember sämtlicher Werke Dostojewskys in vorzüglichen Uebertragungen Bes 1849 brachte man ihn auf einen öffentlichen Play, schleppte ihn zum dacht nimmt. Möller van den Bruck hat sich dabei der Mitarbeitera Schafott und las ihm sein ausführliches Todesurteil bor. Im lezten schaft von Dimitri Mereschkowsky, dem bedeutenden russischen Momenter stand schon mit verbundenen Augen bereit- kam Rovellisten, von Dimitri Philosophoff  . E. R. Rahsin u. a. verfichert. jedoch vom Zar ein Bote, der die Begnadigung überbrachte. So Die vollständige Ausgabe wird in zwanzig Bänden zu je mindestens blieb er am Leben aber ohne Freiheit, denn bereits drei Tage 500 Druckseiten Text nicht bloß seine gesamte schöpferische Produktion später wurde er nebst anderen nach Sibirien   transportiert. Das vom ersten Auftreten bis zum Tode, sondern auch seine Briefe, Gefängnis in Dmst nahm ihn auf; er mußte hier vier Jahre lang fritische Schriften, Tagebücher und Erinnerungen umfassen. Es wird schwere Arbeit verrichten. Dann bewirkte zwar eine Intervention also ein Momumentalwert von Klassischer Bedeutung geboten, seiner Freunde seine Befreiung; aber das war nur Trug gewesen: dessen Anschaffung von seiten des Münchener Verlags R. Piper u. Co. er wurde nun als Gemeiner in ein kaukasisches Regiment gesteckt. auf dem Substriptionswege erheblich erleichtert ist. Der Band soll Während dieser seiner militärischen Haft war Dostojewsky   für 3,50 m. geheftet, 4,50 M. gebunden kosten und das Werk soll nach irgend eine geringfügige Sache in fannibalischer Weise aus fünf Jahren komplett vor uns liegen. Wir erachten es als eine gepeitscht worden, und von jener Zeit datiert feine Krant- unabweisliche Pflicht aller sozialistischen   Arbeiterbibliotheken, diese heit( Epilepfie), die er mun nicht mehr los wurde. Erst im Dostojewsky  - Ausgabe in ihren Besitz zu bringen. Jahre 1859, vier Jahre nach der Thronbesteigung Meranders II., Der Verlag hat sie mit den Bänden 5 und 6 der Ersten Ab­dessen Amnestie sein Los nicht verbessert hatte, erhielt er Begnadi- teilung, dem Roman, Die Dämonen  " eröffnet. Und das in gung. Vorläufig wurde ihm Twer   als Wohnsitz angewiesen. Später durfte er nach Petersburg   zurüdfehren. Von hier ging er dann nach Moskau  ( seiner Vaterstadt) zurüd, wo er am 28. Januar 1881 gestorben ist. Dies in furzen Umrissen sein Leben.

"

" 1

rechter Erkenntnis der ungeheuer aktuellen Bedeutung, die diese monumentale Schöpfung angesichts der gegenwärtigen Rebellion in Rußland   für unsere Zeit erhält; denn Die Dämonen  " find Dostojewskys Revolutionsepos! Der Titel des Werkes, das in den Jahren 1871/72 entstanden, ist gerechtfertigt durch die innere Dämonie, von der das Gegenwartsleben beherrscht wird. ( Schluß folgt.)

-

Kleines feuilleton.

Ms   Schriftsteller entfaltete Dostojewsky   eine ungewöhnliche Fruchtbarkeit. Schon vor seiner Verhaftung hatte er zehn Novellen veröffentlicht, darunter Der Doppelgänger  " und" Retoschka Neswa­nowa". Aber erst jene Werke, die Dostojewsky nach seiner zehn­jährigen Gefangenschaft schuf, begründeten seinen Weltruf. Die Serie begann mit der großen Novelle: Die Erniedrigten und Beleidigten  ", der bald die Memoiren aus einem Toten­Hause" folgten: Dostojewskys wahrhaft fünstlerischstes Werk, worin er feine Gefängniserlebnisse geschildert hat. Dann tam ein außerordentlich sensationeller Roman" Schuld und Sühne  ( Naskol Nicolaus Krauß. Zur Charakterisierung unseres kürzlich bera nikoff)", der ja gerade in den Kreisen unserer Arbeiterschaft bekannt storbenen Genossen Strauß tragen noch zwei Auslaffungen bei, die und eifrig gelesen wird; ferner Die Brüder Karamasoff  ", Dosto  - den Lefern des Unterhaltungs- Blattes gewiß von Intereffe find. jewskys best ausgearbeitetes Wert, nur noch sensationeller als der Clara Biebig schreibt im Literarischen Echo": Noch nicht borgenannte Roman; während in einer Serie fleinerer Novellen fünfundvierzig Jahre alt, ist hoch oben im Norden Berlins   in seiner ( Die Jugend", Der Idiot  "," Der Teufel") ähnliche psycho- patho- Junggesellenwohnung der Dichter Hans Nicolaus Krauß gestorben. logische Probleme behandelt werden. Trotz aller Einwände, die, Er, der wie kaum einer vor ihm in und mit dem Walde lebte wie bereits betont wurde, vom rein ästhetischen Standpunkte gegen im Steinmeer Berlins  ! Er, der ein Frauenschicksal und einen Dostojewskys Schriften geltend gemacht worden sind und werden Frauencharakter zu schaffen wußte, wie fie taum ein anderer Mann fönnen, ist er einer der am meisten meisten gelesensten Autoren, ie geschaffen hat- als Junggeselle! Ich empfinde fiefen Schmerz nicht bloß in Rußland  , geblieben. Als Tatsache dafür über seinen Tod, über diesen Tod. Zwar habe ich ihn nicht sei hingewiesen auf die Sensation, die seine Novellen vor gekannt, niemals von Angesicht zu Angesicht gesehen, aber seit Be etwa einem Vierteljahrhundert bei ihrer erstmaligen Ueber- ginn meiner literarischen Tätigkeit verband mich eine ganz seltsame segung ins Franzöfifche, Deutsche und Englische herborriefen. Freundschaft mit ihm, eine Freundschaft, in der er immer der Auch gab es eine Zeit, wo Turgenjeff und Tolstoi von Dostojewsky   Gebende, ich die dankbar Empfangende war. Er las eine Novelle in den Schatten gestellt wurden; obwohl es selbst in Rußland   von mir in irgend einer Zeitschrift, damit fing es an." Sag'ns nicht viel Leute geben wird, die einen seiner Romane wegen deren bloß," mit diesen Worten fam er zu einem mir Nahestehenden, wie furchtbarer psycho- pathologischer Atmosphäre mehr als einmal gelesen hat die Wiebig die zwei Schlußzeilen schreiben können?! Ich laß's haben mögen, ein Umstand, der zum Beispiel auf Turgenjeff nicht schön grüßen und sie sollt' sie wegstreichen!" Er war damals ganz zutrifft. Dostojewskys einzige Art und alles überragende Bedeuten unbekannt, außer einigen Skizzen war nichts von ihm erschienen. heit liegt indessen viel tiefer. Damit, daß man sage, er fei der Seine Botschaft tam mir erst tomisch vor, denn gerade in den jenige Schriftsteller gewesen, der die mystische slavische Seele am Schlußzeilen, die er rügte, glaubte ich die notwendige Pointe meiner besten geschildert habe, ist sicher seine bedeutsamste Fähigkeit gefenn- Novelle gegeben zu haben. Nach kurzer Ueberlegung aber ging mir zeichnet. War er auch nicht der erste Schriftsteller, der sein Volt plötzlich das Licht seiner Erkenntnis auf. Ich strich die Zeilen, und zu schildern unternahm, so muß doch gesagt werden, daß vor ihm habe durch die künstlerische Anschauung, die aus seinem Rat sprach. noch feiner, felbst Turgenjeff und Tolstoi nicht, so tief, so gewaltig unendlich viel gelernt. Seitdem verfolgte er alles, was von mir den Charakter der russischen Nation in seiner Totalität heraufgeholt in Zeitschriften gedruckt wurde, mit Liebe und Strenge, und oft, hat wie Dostojewsky  . Es handelt sich dabei nicht um das namentlich wenn es sich um Bäume und Felder, um Vögel und Dblomofftum" eines Gontscharoffs, das heißt um jene frankhafte anderes Getier handelte, sandte er mir Botschaft, daß ich mich da Trägheit von Geist und Herz, jenes Rechtes auf Faulheit", das oder dort geirrt. Er fontrollierte meine Naturschilderungen mit als Tugend proklamiert wird, jenen Konservativismus und jene dem Auge des Försters und des Landmanns, und immer mit Schlaffheit, jene Verachtung fiebrischer Tätigkeit, die zur Zeit der denen des Dichters. Denn das war er, der Lene- Krauß, wie Leibeigenschaft selbst unter den besten Leuten in Rußland   und sogar ich ihn immer nannte, nachdem er seine prächtige Lene" zum unter den Unzufriedenen so gebräuchlich war, weshalb denn auch erstenmal uns verlebendigt hatte. Diese Lene ist mir seit Jahren von einer den Ruffen in diesem Sinne eigentümlichen Rassen ans Herz gewachsen, wie sie ihm, dem Toten, ans Herz gewachsen eigenschaft" gesprochen werden kann. Es ist nicht der Hamletismus war, da er sie durch Freud und Leid eines einfachen und doch inner­im russischen Leben, den Turgenjeff aufdeckte. Es ist auch nicht die lich so bewegten Lebens führte. Ich habe immer die Empfindung flawische Ruhe des schweigenden, eben erst aufhorchenden Landes, des gehabt, daß er diese Lene von frühester Kindheit an unendlich geliebt, schweren und noch stumpfen, aber in seiner Stumpfheit urgefunden und daß diese lebenslange, nie getrübte Liebe dem Manne die Dichter zukunftwitternden Bauerntums", wofür Tolstoi nach Möller fraft verliehen hat, wie sie wohl einst dem Kinde und dem Knaben van den Bruck der vollste Ausdruck ist. Dostojewsky   ist dagegen mit nimmermüder Arbeit und Sorge den schweren Lebensweg be weit mehr, Dostojewsky   ist der Ausdruck des russischen Wahnsinns, reitet hatte. Denn diese Lene- es war seine Mutter! Ich habe der Tragödie im Slawventum, die Fleischwerdung all seiner mystischen es nie gehört, aber ich weiß es, ich fühle es! Sein Roman von der Berinnerlichung und hektischen Geladenheit. Dostojewsky   hat wie Lene ist das Wert dankbarer Sohnesliebe. Darum ist es so rein Tolstoi das Epos des russischen Lebens geschaffen, aber er hat es so teusch, so wahr. Und darum ist es so ganz erfüllt von Heimat­weit großartiger getan: er hat dieses russische Leben nicht nur aus- liebe und Jugendsehnen; und darum konnte der alternde Jung­gestattet mit einem unerhörten Gestaltenreichtum, der ganz Rußland  , geselle im Häusermeer von Berlins   Norden es schaffen, als fäße der das ganze Slawentum in all seinen verschiedenen Nationalitäten, er noch im Försterhaus, von guten, kraftvollen Frauenhänden ge Raften und Typen, vom fimplen Muschick bis zum Petersburger führt und gepflegt, daheim im Böhmerwald  . Ich traure dem Aristokraten, vom Nihilisten bis zum Bureaukraten, vom Verbrecher Werewigten nach von ganzem Herzen, und mit mir werden alle die bis zum Heiligen in tausend Nuancen umgreift Dostojewsky   um ihn trauern, die seinen Heimatroman gelesen haben und lesen. hat noch mehr getan und ihm auch die Offenbarung einer be- Denn sie alle werden dankbaren Herzens das Andenken bewahren wußten russischen Weltanschauung zugrunde gelegt." Er an den Lene- Krauß.

"

#

-

ist gewissermaßen der Mittelpunkt der ruffischen Literatur, das zentrale Genie Rußlands  : Genie im allerhöchsten Wie ich ihn fah." Unter diesem Titel hat, so schreib Schöpferischen Sinne eines Mannes, der nie vor ihm Dagewesenes uns Wilhelm Holzamer  , Nicolaus Krauß ein paar aus dem Boden schläst" Dies Urteil Möller van den Bruds wird literarische Porträts Inapp sfizziert, Dichter, die ihm bes