gkgnet sind. Wie in allem, so konnle Such hier Nur der Spott mehr aus ihm herauslocken, als in den kurzen Zeilen gegeben war. Eines Tages sagte er nach so einer spöttischen Bemerkung in seinem Dialekt, den ich leider nicht schreiben kann und darum stilisieren muh:Wartens nor, eines Tags Werdens gucken und s o Augen machen(er machte große Augen) wie ein Ochs, wenn ers Kalbl ficht." Nun skizziere ich etwas von seinem Bild... Wenn wir über etwas nicht einig werden konnten, sprachen wir Dialekt. Er verstand meinen nicht ganz, ich seinen erst recht nicht. Aber bei ihm hatte der Dialekt die Wirkung, daß er ins Heimatliche kam. Erinnerungen wurden lebendig. Er erzählte, wie die Schweden   ins Egerland   gekommen, wie die paar Höfe protestantisch geworden waren, wie die katholischen Psarrherren ihren Hof und ihre Pfarre hielten und mehr Bauern als Geistliche waren. Er erzählte von sich. Ein weniges aus seiner Jugend. Vom Wald. Vom Wild. Und vom Wildbraten. ImFörster von Konradsreuth" kommt's vor, daß im Forsthaus das Fischotterrezept erhalten war, als es die Mönche verloren hatten. Und das mag wohl sein Forsthaus gewesen sein. Eine Fischotter erklärte er für das delikateste Gericht. Er erzählte, wie er in Wien   Soldat gewesen und manchem armen Teufel durchgeholfen, wie er nach Frankreich   die Krammetsvögel- und Schnepfenliefcrungcn über- nommen hatte und wie er sich sonst durchgeschlagen. Er erzählte mit einem stolzen Lächeln. Er gehörte zu den Menschen, diedurch" waren. Plötzlich schnappte er ab. Er schwieg.(So schnappt auch der Förster von Konradsreuth   immer ab.) Wir sprachen oft vom Landleben. Was wir wußten von der Natur, davon der Städter keine Ahnung hat. Und was in einer seiner Skizzen inAus dem Waldwinkcl" so stark ist: Weihnachten im Walde, öfters klang es in seiner Erzählung auf. Und die Jagd. Wie da seine Augen hinter den Brillengläsern funkelten! Krauß schien leidenschaftslos. Aber wenn die Rede auf die Jagd kam, war Feuer unterm Dach. D>a rumorte das Försterblut. Pfingsten 1903 hatte er mir nach Paris   geschrieben, daß er in der ächsischen Schweiz   einen Rehbock erlegt habe. Blattschuß! Und n seinen Briefen stand sonst niemals etwas Persönliches. Als ich dann vorigen Herbst nach Berlin   kam, krächzte er über Schmerzen in den Gliedern, und eines Tages kam's heraus: er war daheim im Egerland   gewesen, und wieder einmal auf der Entenjagd. Und >,das Aas" hatte ihn in einen Teich gelockt. Putschnaß geschwitzt ins kalte Wasser des Waldteiches. Aber dann Flint an die Backe! Da fiel sie. Seitdem klagte er. Er hatte sich auf mancherlei Gebieten herumgetrieben, sein Leben zu fristen. Aber überall war er der Waldmensch geblieben. Er pfiff alleweil sein Lied nach seiner Fasson. In Wien  , in München  , in Berlin  . Er blieb immer der gleiche Hans Nicolaus Krauß. Der Egerländcr aus dem Försterhause. Selbst in der Kost blieb er der Heimat treu. Er nurEghalandrischs". Er kochte auch selbst. Am 1. Mai dieses Jahres war's. Wir waren im Treptower Park in der Morgenfrühe gewesen. Bei den Bäumen. ßr kannte alle. Er wußte alle Vögel zu locken. Er hielt sich stets in Konnex mit der Natur. Er war kein Großstädter. Morgens um viere war er auf den Beinen und ging ins Freie, in den Fricdrichshain oder auf die Felder. Jeden Tag. Und wie der Förster seinen Wald abschreitet, so ging er unter den Bäumen hin. Langsam, schon seiner Korpulenz wegen, gemessen, wohl auch aus alter-Gewohnheit. Und weil er nach dem Kleinsten sah. Im ricdrichshain nahmen wir am Nachmittag Abschied von einander. r sagte in seinem Dialekt:Jetzt geh ich heim, bind mir die große Küchenschürz'n um, und dann wird gekocht." Ich mußte furchtbar lachen. Er fragte, warum ich lache. Ich sagte, weil ich mir sein Bild borstelle: seine Wohlgcnährtheit mit der großen Küchenschürze. Da lachte er selbst. Und er hieb mir seinen Stock Über die Kniekehlen.Gchen's! Adjieu!" Er konnte so gut lächeln, er konnte so herzlich lachen. Dann spürte man, daß er ein guter Mensch war. Und wie alle guten Menschen, konnte er maßlosausschierig" werden. Dann brüllte er förmlich, und die deutsche Sprache schenkte ihm ihre kräftigsten Wörter. Dann steckte er sich eine Zigarette an oder lutschte einen Bonbon(Guts'l). Das war auch wasEghalandrischs". Das Letzte sagte er nicht. Man spürte es deutlich, daß er sein Geheimfach hatte. Bei so klaren und natürlichen Menschen ist das Geheimfach immer deutlicher als bei komplizierten Kultur- menschen. Was darin war? Niemand hat ein Recht danach zu fragen. Vielleicht sagt das Werk des Dichters deutlicher davon. Denn Dichter plaudern leichter ihre Geheimnisse aus. Vielleicht hat er sich's auch da verkniffen. Er konnte hart sein. Er konnte sich selbst das Wort abschneiden. Er war verschwiegen wie sein Wald. Und er konnle pfeifen, wo ihm das Herz bebte. Er war knorrig. Und er konnte eine Schnurre erzählen, wo er sich vor dem Worte scheute. Denn er war cinsani. Er hatte diese größte Schroff- hcit und dies härteste Weh aller Einsamen: sich selbst wegzuwerfen, sich selbst auszustreichen aus allem, was Geltung hat. Nur sein Selbstgefühl verlor er nicht. Und seinen Spott behielt er. Er wardurch". Er hatte zu viel erfahren, es konnte ihm nichts mehr weh tun. Man mußte ihn näher kennen, um aus seinem Altsein das Jungsein zu hören. Man mußte das Ohr an den Eichstamm legen können, um das Raunen in seinem Herzen, das Beben in seiner Wurzel, das Zittern in seinen Aesten zu vernehmen. Er war ein prachtvoller Mensch. Eine harte, ehrliche Hauk. Er wK eine Eiche. Wie eine Eiche hat ihn der Tod gefällt. Ein Hieb und ein Fall. Es ist eine Stelle am Waldweg, da ist es leer. Es werden nicht viele sein, die wissen werden, wer da gestanden hat in grünen Tagen. Die es wissen werden, werden's nicht vergessen. Aber kein Marterl". Das haßte er. An denBildstöckln" ging er mit ab» gewandten Augen vorbei. Es ist alles nur ein Vergehen und läßt kein Zeichen. Menschen und Eichen. So ist auch er vergangen. So sah ich ihn. Und mit seinem eigenen Bilde sei seine Serie abgeschlossen. Erziehung und Unterricht. sli. lieber Idealismus und Naturwissenschaft in der Schule sprach auf dem 3. deutschen   Erziehungs- tag, der gegenwärtig in W e i m a r tagt, Dr. Schotten-Halle: Noch immer müssen die Realien bei der Ausbildung unserer Jugend um den Platz kämpfen, der ihnen rechtlich zukommt. Sie ganz zu beseitigen, hat man nicht gewagt, aber den gebührenden Rang nehmen sie noch lange nicht ein. Die sprachlich-historischc Bildung nimmt noch immer den höchsten Rang ein, während der ideale Wert der Natur- Wissenschaften für unsere Jugend mißachtet wird. Mit hohlen Schlagwörtern operiert man gegen uns. Aber die Unterrichts- frage erfreut sich jetzt allgemeiner Teilnahme. Die Frage ihrer Lösung ist von allergrößter Bedeutung. Zwei Schulreformen haben wir zu verzeichnen, die von 1890 und die von 1900. Zur ersten gingen 600 Vorschläge zur Reform unseres Unterrichtswesens ein. Es interessierten sich also weite Kreise dafür. Es galt also sicherlich das Wort:Es ist etwas faul im Staate Dänemark  !" Verschiedene wissenschaftliche Vereine stehen auf dem neuen realen Boden, der Verein für Schulreform, der Verein deutscher In- genieure, die deutschen Naturforscher und Acrzte, der Verein für Schulgesundhcitspflcge, die Kunstcrzichungstage und last not least unsere Tagungen für deutsche Erziehung in Weimar  . Alle er- streben eine Reform des Unterrichtswesens nach realer Seite hin. Nur langsam kommen wir vorwärts. In anderen Ländern gewinnt diese Bewegung rascher an Boden. Man sagt, die Naturwissen- schaften erziehen zum banausischen Nützlichkeitsprinzip. Wir wissen, was wir der akademischen Erziehung zu verdanken haben, aber unser deutsches Schulwesen zeigt heutzutage einen bedauernswerten Mangel an Idealismus. Wir dürfen die Jugend nicht von den Naturwissenschaften abziehen. Wir geben ihnen mit den Natur- Wissenschaften eine Waffe in die Hand gegen Aberglauben und Un- glauben. Wenn die Naturwissenschaften gepflegt und gefördert werden, pflanzen wir der Jugend wieder Achtung vor der Wahr- heit und oem Gesetz, Achtung bor den Tatsachen ins Herz. Die Achtung vor der Wahrheit ist das köstliche Gut aus dem Studium der Naturwissenschaften. Die Jugend lechzt nach dem Konkreten, aber man bietet ihnen Steine statt Brot, und füttert sie mit Ab- straktem, das ihrem Geist so fern liegt, wie möglich. Wissen allein ist nicht Macht, sondern Wirken und Handeln. Humoristisches. Die Anzeichen. Gast:Man merkt's alleweil, daß die Tage anfangen, k ü r z e r z u w e r d e n... seit vier Uhr sitz' ich heut' schon im Wirtshaus I" Immer im Beruf. Dame:Ist es wahr, Herr Staatsanwalt, daß Assessor Klingler schon von seiner Frau g e- schieden ist?" Staatsanwalt:Ja, er befindet sich bereits wieder auf freiem Fußet' Entsprechend. Gast:Trinken Sie doch nicht dieses minderwertige Bier, das hat doch fast gar keinen Gehalt." Diurnist:Ich auch nicht." (Meggendorfer-Blätter  ".) Notizen. Die Aufführung von Frank WedekindsBüchse der Pandora  " in den Kammerspielen des Deutschen Theaters ist von der Zensur nicht gestattet worden. Wieder ein neues Theater. Auf dem Schiffbauer- dämm an der Luisenbrücke soll's gebaut und Oktober 1907 eröffnet werden. Der Maler Professor Christian Mali   starb am 2. Oktober in München.   Zur Vorberatung der Schaffung einer deutschen Einhertsstenographie bat gcstenr in Berlin   eine Versamm- lung von Vertretern der beiden Hauptsystcme Gabelsberger und Stolze-Schrcy getagt. Es wurde eine Resolution angenommen, worin die baldige Schaffung der Einheitsstenographie unter Mit- Wirkung der Regierungen als wünschenswert bezeichnet wird. Die übrigen stenographischen Schulen werden aufgefordert, sich den nach dieser Richtung hin zu unternehmenden Schritten anzuschließen. Den Erreger der Schlafkrankheit behrnwtet Professor N o v h von der Universität Michigan   in der T s e t s e- Fliege entdeckt zu haben. Er stellte durch ungefähr 200 Versuche fest, daß die Bakterien der Krankheit auf eurer Mischung aus Blut, Zucker und Glukose gedeihen. Professor Novy sucht jetzt ein Gegen» gift gegen die Bakterien zu finden. Perantwprtl. Redakteur: Hans Weber. Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer LrEo., Berlin   SW«