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Wert als auf den äußeren Anschein. Der Familie konnte Großmutter ihr Wort darauf geben, daß sie viel Verdruß mit ihrem Hause haben würde; sie hatte es durchgemacht. Sie und ihr Sohn hatten ihr Haus unter denselben Umständen getauft. Sie hatten jedoch der Gesellschaft ein Schnippchen geschlagen, denn ihr Sohn ist ein geriebener Kerl, der im Monat 100 Dollar verdient. Und da er Verstand genug ge­habt hatte, nicht zu heiraten, so waren sie imftande gewesen, das Haus zu bezahlen.

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Großmutter Majauszkiene bemerkte, daß der letzte Um­stand ihre Freunde beunruhigte. Sie verstanden nicht ganz, wie das Haus bezahlen" dasselbe war wie der Gesellschaft ein Schnippchen schlagen". Sie waren offenbar sehr un­erfahren. So billig die Häuser waren, sie machten sich bezahlt in der Voraussicht, daß die Leute, welche sie fauften, nicht zahlen konnten. Wenn sie das unterließen wenn auch nur einen Monat, verloren sie das Haus und dazu alles, was sie schon abgezahlt hatten. Die Gesellschaft verkaufte es von neuem. Und dieses Mannöver gelang ihnen oft?

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" Diebe!"( Großmutter erhob ihre Hände.) Es gelang ihnen wie oft, fonnte sie nicht sagen, aber jedenfalls oft. Sie könnten jeden, der in Packingtown Bescheid wußte, darum fragen. Sie hatte hier gelebt, alle die Zeit, seit dieses Haus hier stand, und wußte Bescheid. Und war es vordem schon verkauft gewesen? Susimilkie! Ei! Viele Familien konnte die Berichterstatterin nennen, welche versucht hatten, es zu kaufen, und denen es mißglückt war. Ja, sie wußte davon zu erzählen. Die erste Familie waren Deutsche   gewesen,- jede der Familien hatte einer anderen Nation angehört. Großmutter war mit ihrem Sohne zn einer Zeit nach Amerika  gekommen, als so weit sie es wußte nur noch eine andere litauische Familie im Distrikt wohnte. Die Arbeiter waren damals alle Deutsche  , gelernte Schlachter, die die Pack herren vom Auslande mitgebracht hatten, um das Geschäft in Gang zu bringen. Später, als die Arbeitslöhne geringer geworden, waren die Deutschen   wieder weggezogen. Die nächsten waren Irländer; sechs oder sieben Jahre lang war Padingtown eine richtige irische Stadt gewesen. Einige Kolonien eristierten noch da, aber die meisten von denen, die in den Schlachthäusern gearbeitet hatten, waren nach dem großen Streit weggegangen. Dann waren die Böhmen   ge­kommen und danach die Polen  . Die Leute sagten, der alte Durham   wäre verantwortlich für alle diese Einwanderung. Er hätte geschworen, er woke die Leute von Padingtown so anpacken, daß sie nie wieder an einen Streit zu seinen Un­gunsten denken sollten. Und dann hatte er seine Agenten in jede Stadt und jedes Dorf in Europa   gesandt, um die Ge­schichte von brillanten Arbeitsgelegenheiten und hohen Löhnen in den Viehhöfen zu verbreiten. Die Leute waren in Scharen gekommen, der alte Durham   hatte sie fester und fester ange­pact, sie gehegt und förmlich zu Stüden zermalmt. Dann hatte er wieder viele andere übers Wasser holen lassen. Die Bolen, die zu hunderten oder tausenden eingewandert waren, wären durch die Litauer an die Wand gedrückt worden, und nun wurden die Litauer durch Slovaken verdrängt. Wer dann noch ärmer und elender wäre als die Slovaken, das wußte Großmutter nicht, aber die Pacherren würden solche Leute schon finden, man brauchte sich darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Es war leicht, sie herzulocken, denn die Löhne waren ja anscheinend höher als in der Heimat; erst wenn es zu spät war, merkten die Leute, daß alles andere ja auch teuerer war. Sie saßen wie Ratten in der Falle, das war die Sache und alle Tage wurden mehr gefangen. Eines Tages würden sie Rache nehmen, denn die Sache ging über menschliches Ertragen hinaus. Das Volk würde sich dann er­heben und die Badherren totschlagen. Großmutter war Sozia­ listin   oder so etwas; ein anderer Sohn von ihr seufzte in Sibirien  , und die alte Dame hatte seinerzeit Reden gehalten, was sie ihren jetzigen Zuhörern um so schrecklicher machte. ( Fortsetzung folgt.)

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( Nachdruck verboten.)

Die lateinische Küche.

Die Apotheken im modernen Sinne sind etwa um die Wende des 13. Jahrhunderts entstanden, und zwar als flöfterliche Hospital­apotheken, die für die späteren Hof, Rats- und Privatapotheken borbildlich gewesen zu sein scheinen. Verheerende Seuchen gaben im Mittelalter wohl hauptsächlich den Anlaß zur Gründung von Apo­thefen, mit deren Hülfe man den menschenmordenden Krankheiten wenigsters bis zu einem gewissen Grade Einhalt zu gebieten hoffte.

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Die Erlaubnisse und Privilegien für Apothekenanlagen lauteten im wesentlichen gleich und gingen alle von der Einsicht aus, daß die Apotheken eine Ausnahmestellung einnähmen, daß sie nicht den thefern als Ausgleich für die vielen ihnen im Interesse des Gemein­freien Gewerben gleichzuachten seien und daß deshalb den Apo­wohls aufzulegenden Pflichten und Beschränkungen, die dem Volke gute Arzneien ohne Zwangspreise gewährleisteten, gewisse Gerechtig feiten zugestanden werden müßten. In seiner kürzlich veröffent­lichten Geschichte der Pharmazie"( Berlin  , Julius Springer), die nicht allein für den Fachmann, sondern auch für den Kulturhistoriker eine reiche Fundgrube wissenswerter Dinge ist, schreibt Hermann Schelenz  : Man entschied sich für das System, das noch heute in Deutschland   gilt und über Deutschland   hinaus für das beste ange­sehen wird." Zu den gesetzlich geschützten Nebengewerben der Apotheker ge­hörte ursprünglich auch der Ausschank von Alkohol und feinen zu­nächst nur als Arznei genossenen süßen Verarbeitungen. Dieses Vorrecht artete jedoch allmählich in Mißbrauch aus, indem man die wohlschmeckenden Aquae vitae und Arzneiweine auch an Gesunde abgab, die als vollkommene zahlende Gäste unauffällig in Neben­ftübchen, wo man beim Glase ungestört Neuigkeiten austauschen und bewirtet wurden. In Hadersleben   pflegte der Herzog Hans und über die Ereinignisse des Tages beraten fonnte, empfangen der Aeltere in der Hirschapotheke einzukehren, um dort mit seinem Gefolge einen guten Trunt zu nehmen, und es wird erzählt, daß er, als er eines Tages 4 Mart( für die zweite Hälfte des 16. Jahr­hunderts freilich eine bedeutende Zechschuld) zu zahlen hatte, auss rief: Das nenne ich mir einmal schlampampen!" Mit der in Hannover   im Jahre 1567 gegründeten Ratsapotheke wurde sogar offen eine Weinstube betrieben, in der außer den Märzweinen spanische, französische und griechische Weine, später und Korn( zum ersten Male im Jahre 1629) geschänkt wurden. auch Biere( Einbecker, Mumme   und Gose  ), Traubenbranntwein als sich Johann Sellius im Jahre 1568 in Arnswalde   als Apotheker niederließ, wurde ihm auf sein Ansuchen der Ausschank von destillierten Wässern, Wein und Met  " ausdrücklich von Markgraf Joachim Friedrich   privilegiert. In das Jahr 1692 fällt die Grün­dung der Pelikan- und weißen Adlerapothete in Berlin  ; der Besizer Bienemann erhielt das Vorrecht des Gewürzhandels, der Bier­brauerei und der Branntweinbrennerei. Im Jahre 1653 be­tefen alle Morgen große Gelage mit Rosa solis, Aqua vitae voris schwerten sich die Kaffeler Weinschenker darüber, daß in den Apo­solis, einem auf der Basis von Sonnentau" dargestellten, noch jetzt beliebten Liför, und Aqua vitae, die doch nur zu Arznei­zweden hergegeben werden sollten, abgehalten würden. Im Jahre 1672 erließ der Stadtrat von Kassel   das Verbot, daß in den Apo­theken Sonntags, besonders unter der Predigt, keine Gesäufe" gestattet werden sollten. Noch vor hundert Jahren scheint der Aquavitschank in den Apotheken keine unbedeutende Rolle gespielt Ebermaier den Wunsch aus, daß solcher Ausschant, wenn auch nicht zu haben, denn in seiner Rezeptierkunft"( Leipzig   1804) spricht ganz abgeschafft, so doch so viel wie möglich eingeschränkt werden sollte. Dieser Wunsch war um so berechtigter, als mancher Apo­theter der täglichen, ja stündlichen Versuchung nicht hatte wider­stehen können und dem Laster des Soffs" berfallen war. Jm Jahre 1750 wurde über den Apotheker in Blön getlagt, daß er sich in seinem Losament bösartig berauschte"; einem Apotheker in Rendsburg   machte man seine schlechte conduite und übermäßiges Saufen und Schwelgen" zum Vorwurf.

Jahrhunderten ein einträgliches und wäre es in noch weit höherem Das Apothekergewerbe war im allgemeinen auch in früheren Grade gewesen, wenn nicht die mit den Visitationen unvermeidlich verknüpften üppigen Schmausereien und die üblichen Weihnachts­und Neujahrsgeschenke an Aerzte und Kunden eine große Lücke in den Verdienst gerissen hätten. Im Jahre 1587 verschlang die Revi fion zweier Apotheken in Brandenburg an Speisen, Bier und Kunst­pfeifern die für jene Zeit sehr große Summe von 165 TIr. 4 Gr. fosten als eine drückende Last empfanden und sich schließlich hier und Man kann es den Apothekenbefizern nachfühlen, daß sie diese Un­dort zufammentaten, um fie abzuschütteln. So gingen im Jahre 1804 die Apotheker in Kassel  , Darmstadt   und Gießen geschlossen gegen das Geschenkunwesen vor, das z. B. der Hannoverschen Rats­apotheke in jenem Jahre hauptsächlich an Konfekten für höhere städtische Beamte 480 Tir. kostete. Im Jahre 1816 folgten die Gr­furter und 1829 lehnten sich die Apotheker Frankfurts   gegen die an Bestechung erinnernden Geschenke bei Messen, Neujahr und find," energisch auf. Die Worte in ganz Deutschland  " darf man sonstigen Gelegenheiten, die bereits in ganz Deutschland   abgeschafft jedoch nicht wörtlich nehmen, denn bis über die Mitte des ver­flossenen Jahrhunderts hinaus bestand die alte Gewohnheit in ber­schiedenen Teilen Deutschlands   fort, und auch heutzutage werden wohl noch manchmal beim Bezahlen von Neujahrsrechnungen Räucherpulver, Morsellen und Parfüms als Geschenke der zahlen­den Hand zur Erkenntlichkeit und zur Empfehlung dargereicht. Jedenfalls hat der moderne Apotheker die Kunst des Konfizierens füßer Konfekte und Aromata noch nicht verlernt. So behauptet wenigstens der Verfasser der uns vorliegenden Geschichte der Pharmazie".

Von altersher haben die Apotheker die verschiedensten Natur­produtte feilgeboten, die nach dem Voltsglauben für Beschwörungen und ähnliche Prozeduren unerläßlich sind; ferner Schönheitsmittel, die die weibliche Eitelkeit zu vielbegehrten Artikeln gemacht hat.