Musik.
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Für die Verhältnisse unserer Musikpflege ist nicht bald etwas so charakteristisch, wie der Gegensatz zwischen dem Theater des Westens und der Komischen Oper. Dort seit längerer Zeit unter wechseinden Direktionen ein schlichtes und redliches, gut tünstlerisches Streben, die Spielbper und beffere Operette zu pflegen. Hier bemüht sich seit einem Jahr die Direktion, die Gunft ber Friedrichstraße und ihrer Umgebung durch jene sezessionistischen Künfte zu gewinnen, deren Neues hauptsächlich, Aeußerlichkeiten find, und deren Innerliches großenteils auf das hinauskommt, was Biedermeier fin de siècle" genannt worden ist. Dort die ewigen Finanznöte, aus denen jeht nach traurigem Ende der Direktion A. Prasch die neue Direktion A. Below heraushelfen soll. Hier anscheinend auch ein guter äußerer Erfolg. Dort eine neue Bes währung der alten Regel, daß eine Opernbühne sich ohne Zuschuß nicht gut halten kann. Hier eine feltene Ausnahme davon, erklärlich durch die Basis von Sensation, Sensibilität, Sensualität. Dort die Pflicht der Kunstfreunde, die das Publikum zur finanziellen Unterftübung des Theaters mahnen. Hier die Dringlichkeit, Blendungen nicht mit künstlerischem Streben verwechseln zu lassen.
Im Theater des Westens gab es vor kurzem ein wiedergewonnenes Werk von Albert Lorking: Rolandsknappen"; ein echter Lorking, und eine im ganzen gut fünstlerische Aufführung. In der Komischen Oper gab es am Donnerstag zwei neue Ginakter. Dort war dem unglücklichen Theater eine vor übergebende Blüte beschieden gewesen durch den Einzug des Stomponisten Wolf Ferrari mit zwei zwar nicht tiefgehenden, aber außerordentlich feinen und wahrhaft leichtfüßigen Opern, die in eine wirklich gute Zeit zurückverseßten. Hier dagegen ist jeßt Herr Biedermeier in mannigfacher Gestalt eingezogen.
Ethnologisches.
Eßbare Erbe in Deutsch- Neuguinea . Ueber dieses Thema schreibt W. Meigen in der Beitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. So gering auch die Literatur über diesen Gegenstand ist, so glaubt der Berfasser doch fünf Gruppen annehmen zu sollen, die sich freilich nicht immer scharf trennen lassen, sondern bielfältige Uebergänge zeigen. Das Erdeessen ist vielfach eine Krankheitserscheinung, die besonders in den Tropen verbreitet erscheint. Dann dient die gegessene Erde als Heilmittel, ein Gebrauch, welchen bereits die alten griechischen Aerzte erwähnten; vorzugsweise tommt es bei unkultivierten Völkern gegen Brechdurchfall in Anwendung, der durch überwiegenden Genuß von Fischen entsteht. Hierher will Meigen die Probe aus Neuguinea rechnen. Dann wird die Erde zum Nahrungsmittelersab, zumal in Zeiten der Not und Teuerung, wie uns Erdeessen im nördlichen Schweden und China begegnet. Das Verzehren der Erde als Genußmittel tann nicht nur bei den sogenannten wilden Wölfern Südamerikas und Afrikas , sondern auch in fultivierten Ländern wie Indien , Java, Persien angetroffen werden; in Europa grassierte diese Sitte im 17. Jahrhundert besonders unter den Frauer der spanischen Aristokratie. Ueber Erdeeffen als eine religiöse Handlung, ale Bestandteil eines Gottesurteils wird von Timor berichtet. Die aus Neuguinea untersuchte Probe bestand aus einem feiten Ton von odergelber Farbe, zeigt einen charakteristischen, kampferähnlichen Geruch und einen nicht unangenehmen, würzigen Geschmack. Sie ist sehr fein und nirscht nicht zwischen den Zähnen. Beim Kochen mit Wasser nimmt dieses den Geschmack an, hinterläßt aber beim Eindampfen nur einen sehr geringen Rückstand. Humoristisches.
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In Verlegenheit.
nicht neugierig!"
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- Hauptsache. Baron( der einen Chauffeur engagieren Zuerst erschien er in einer Vertonung der alten Komödie will): Ist der Mann auch in jeder Weise zuverlässig? Molières , der lächerlichen Breziosa" diesmal 3ierpuppen" Fabritant: Auf den können Sie sich unbedingt verlassen benannt. Die Bearbeitung des Tertes ist von Richard Batta, ben erwischt teiner!" die Musik von einem wohl noch unbekannten Komponisten, Anselm Göt I. Dieser steht zwar nicht auf der Höhe jenes Sagen Sie, Herr Kommissionsrat, Do- bin Komponisten der Neugierigen Frauen". Doch seine Einfachheit, wie sind Sie zu dem schönen Orden gekommen?" die vor alten Weisen nicht zurückscheut, und eine nicht unbeträchtliche Anmut rufen diese Erinnerung wach. Dabei hat seine Musik doch auch etwas Bestimmtes, Energisches, Einheitliches, von der Gavotte im Stile des 17. Jahrhunderts angefangen bis zu Gemüt lichkeiten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts; und eine Geschicklichkeit in der Beherrschung der Klangfarben gibt eine gute UnterLage zu den lustigen, ins Operettenhafte greifenden Vorgängen auf der Bühne.
Ein zweiter Biedermeier war der" Onkel Dazu mal", der awelte Einafter des Abends. Er heißt Komische Oper in einem Aft von Franc- Nohain , deutsche Bearbeitung von Fris Karmin". Der Ursprung des Stückes dürfte damit noch nicht bollständig angedeutet sein; bor einigen Jahren war irgendwo ein faft ganz gleiches Schauspiel zu sehen. Der jetzige Tert zeigt uns einen alten Junggesellen, der zwei schüchterne junge Leute als Liebespaar bereinigt. Die Geschichte spielt 1835 in einer fleinen Stadt Frank reichs und rechtfertigt den Titel dadurch, daß jener Alte in den Erinnerungen an seine in den Heeren Napoleons verlebte Jugend schwelgt.
- Individuelle Auffassung.... Was, Dein Sohn hat sein Geschäft schon 15 Jahre, und noch nicht ein einzig' Mal hat er Konkurs gemacht?" Nein!... Er war schon als Kind ein Sonderling." ( Fliegende Blätter ".)
Notizen.
Die Erstaufführung von Herbert Gulenbergs Märchenftüd, Ritter Blaubart" im Lessing Theater wurde auf Donnerstag, den 8. November, verlegt.
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Die Oper Salome " von Richard Strauß , die längst in anderen deutschen Städten aufgeführt wurde, soll nunmehr auch im fönigl. Opernhause und zwar am 3. Dezember gegeben werden. Das ist für diese Kunststätte immerhin eine Leistung.
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Einen Opernzyklus, der in fünfunddreißig Darbietungen die Entwickelung der Opernkomposition im 19. Jahrhundert an den Hauptwerken der deutschen, italienischen und französischen Oper zeigen soll, beabsichtigt das Hamburger Stadttheater zu veranstalten. Das Wiener Raimund- Theater hat im letzten Betriebsjahre ein erhebliches Defizit erzielt. In der Generalversammlung wurde vorgeschlagen, den Herrn von Berger aus Hamburg als Direktor zu berufen oder das Theater als Wolfsbühne nach dem Muster des Berliner Schiller- Theaters umzugestalten.
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Der dritte, penn auch ungewollte, Biedermeier ist, nach unserem unmaßgeblichen Urteil, Urteil, der Komponist dieses Stüdchens: E. Jaques Dalcroze . Unter den lebenden schweizerischen Jaques- Dalcroze. Komponisten wird er( geboren 1865) mit an erster Stelle genannt. Vielleicht liegt sein Hauptverdienst in seiner Tätigkeit am Genfer Konservatorium und in sonstigen praktischen Betätigungen für Musit. Seine Opern und Chorwerte werden weniger genannt, als feine kleineren Sachen, insbesondere Kinderlieder und dergleichen. Bor einigen Jahren wurde von ihm im Theater des Westens ein Liederspiel für Kinder mit findlichen Sträften zur Aufführung gebracht; wir konnten damals weder seiner Musit noch auch seiner eigentümlichen Kunsthygiene einen besonderen Geschmad abge winnen. Das jetzige Wert scheint viel Anklang zu finden; und immerhin mögen Einzelheiten daraus Aufmerksamkeit verdienen. Als dramatisches Werf im ganzen ist es aber doch zuerst harmlos Gine schwierige Aufführung. Shaws neues und dann langtveilig, das Orchester mehr wie ein begleitendes Stück: 3äsar und Kleopatra " fonnte im NewamsterdamTheater in New York nur mit knapper Not zur Aufführung gebracht werden. Das einzige für die Bühne hergerichtete Exemplar konnte man eine Abschrift erlangen. des Dramas war mitsamt seinem Inhaber, der Selbstmord beging, von der Polizei beschlagnahmt worden. Erst im letzten Momente
Klavier behandelt.
-Ein deutsches Militärstid: Der Unsichere", Richard Fellinger, soll in dem Theatre Antoine in Baris, das bereits Beyerleins„ Sedan und Jena " aufführte, in Szene gehen.
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Bielleicht kann man als als vierte Inkarnation Biedermeiers zwischen die beiden Einafter eingeschaltet worden ist. Die an dieser die scheinbar ganz andersartige Veranstaltung betrachten, welche Stelle bereits besprochene Tänzerin Ruth St. Denis bot einige indische Tänze: der eine eine Art Opferbrand- Spiel, der andere das Zu Ehren Peter Hilles wird am 13. November in Lebendigwerden einer Tempelgöttin usw. Abgesehen von den aus- Dortmund eine Gedächtnisfeier stattfinden. drucksvollen Bewegungen der Arme und Hände, die wie Schlangen -In München hat sich ein Orchester für alte Musir fich winden, herrschten äußerliche Beleuchtungseffekte und Gebärden- unter der Leitung B. Stavenhagens gebildet. Spiele vor. Eine hessische Landesausstellung für freie Tüchtige Gesangskünstler retten die Komische Oper vor dem und angewandte Kunst" wird im Jahre 1908 in DarmVariété. Neben Ludwig Mantler, der in beiden Stüden stadt abgehalten werden. Olbrich soll den Ausstellungspalast ertrefflich fang und spielte, fönnten wir noch mehrere Namen rühmend bauen. nennen. Im ersten Stücke gab's freilich auch unnötige Vielgeschäf= tigkeit. Im zweiten Stüce hat Karl Walfer wiederum seine Ausstattungsfunft bewährt, obgleich dem Biedermeierstil manche Berliner Möbelfezession beigemischt war. Im ersten Stücke vermehrten die Dekorationen die Mischung, die schon die Musik bot, noch durch eine Ausstattung, die um mehrere Stilperioden hinter der Zeit Ludwigs XIV. liegt.
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SZ.
Für wissenschaftliche Flugversuche hat das Kuratorium der Jubiläumsstiftung der deutschen Industrie eine Kommission berufen und Bewilligungen von je 25 000 m. für eine Reihe von Jahren in Aussicht genommen.