kleines fcuülcton* Caruso in Altägypte». Dem von der Damenwelt des alten Europa angebeteten, von der des neuen Amerika vor den Kadi ge- zogenen Tenor Caruso ist drüben Unheil widerfahren. Er sagt nun. Konkurrenzneid und gemeine Verleumdung sei die Ursache seiner Verurteilung. Run, schon in Altägypten hat ein Kuustgenosse deS italienischen Sänger? ähnliche Ersahrungen machen müssen. Aus der Zeit des Pharao Psammetich, wo das politische Aegypten im Niedergange, das geistige aber in Blüte war, besteht ein giftiges Spottgedicht ans dem damals berühmten Tenor Aminptah, das ebenso gut auch gestern geschrieben sein könnte. Ganz wie heute baten die Reichen, um ihre Gäste zu unterhalten, die berühmten Künstler gegen graste Summen zu Gaste; die Geheimen Kommerzien» räte des NillandeS glichen darin ganz denen von heute. DaS mutz wohl argen Neid erregt haben, denn das Spottlied auf den so gefeierten Aminptah ist äntzerst bösartig. Es heistt im wesentlichen:.Immer noch prahlt Du, aber jeder verachtet Dich, Du Lump. Ein Schwein ist anständig. Du bist ein elender Laster» schlauch. Gold ist Deine Stimme, aber Du verkauft't sie. Ekelhafter, für Gold, das aus Mistpfützen herbeigeholt ist. Einen Namen trägst Du, wie ein Fürst, Du bleibst aber doch der schundige Sohn eines Knechtes. Die Weiber schicken Dir verliebte Blicke, vcrbuhlte Briefe lassen fie den Schreiber schreiben. Meinst Du, tocil die Prinzessin nach Dir schickt. Du seist etwas Besseres. Du Knechts oh n? Bilde Dir doch nicht ein. datz Du von den Reichen Deiner Schönheit wegen eingeladen wirst. Ziw Harfe sollst Dil ihnen Deine Lieder singen. Der Geruch des Reichtums aber hat Dich verrückt gemacht. Beim reichen Ziegelbäcker warst Du eingeladen um an seinem Tische für die Gäste zu singen. Perfisches Gold und Türkise nahmst Du, Du hast aber gefressen wie ein Schwein und so gesoffen, datz Du Ekelhafter unter die Tische gerollt bist und die Knechte Dich den Knechtsohn an den Küsten hinausschleppten, wo die Hunde liegen..." Danach scheint der gefeierte Säuger Altägyptens wohl eine reiche Kundschaft, aber einen sehr schlechten Ruf gehabt zu haben. Datz Aminptah das perfische Gold und die Türkise zurück- gegeben habe, davon besagt keine Schrift etwas, auch nicht, ob ein ägyptischer Hofarzt dem geschmähten Musensohn.plötzliche Gehirn- störuug" bescheinigt hat. Theater. Schillertheater kl.: Mathias Gollinger, Lustspiel in 4 Aufzügen von Oskar Blumenthal und Max Bern» stein. Das Schiller-Theater, das sich in der angenehm gesicherten Lage befindet, an dem Premierenwettlauf nicht teilnehmen zu müssen, stellt, von den Klassikervorstcllungen abgesehen, sein Re- perwir aus einer Nachlese der neueren Jahrgänge der Bühnen- Produktion zusammen, einer Nachlese, die vielleicht schon allzusehr den Unterhaltungsbedürfnisscn seines Publikums Rechnung trägt. Der Aufführung des früher im Thaliatheater gespieltenHochtouristen", dessen ausgelassene Lustigkeit eine solche Erneuerung mit Fug und Recht verdiente, liest die Direktion in dieser Woche einen, auch am Maststabe des anspruchlosen Schwänkegenres gemessen, ziemlich mageren Lückenbüster folgen: den in München abgelehntenMathias Gollinger" von Blumenth/»l und Bernstein . Die Auwren, der Berliner Lustspielfabrikant und der Münchener Rechtsanwalt, wollten den charakteristischen Kon- traft der beiden Städte» in deren Lebenszuschnitt zugleich der allgemeinere Gegensatz von norddeutsch-preustischer Korrektheit und süddeutscher Gemütlichkeit sich wiederspiegelt, durch ein paar Typen illustrieren. Die fliegenden Blätter und dann in schärferer Tonart der Simplicissimus haben das dankbare Thema un- gezählte Male und oft in sehr drolligen Anekdoten variiert. Ueber "ine Sammlung anekdotisch aneinander gereihter Züge bringt es auch das Stück nicht hinaus. Der Szenenführung fehlt jedZ Spur von lustspielmästiger oder auch nur schwankhafter Verve der Erfindungskraft, den Berliner Figuren Blumenthals auch jeder Ansatz eigener Farbengebung und Komik. Was das Stück trotzdem über Wasser hielt, ja ihm zu einem lauten Lacherfolg verhalf, war der brillante Humor, mit welchem Leopold Thurner den biederen nach Berlin verschlagenen Brauereibesitzer Gollinger spielte. Aus dieser Rolle, einem Kompendium der so oft ver- spotteten Münchener Bierehrlichkeit, ergänzt durch einen starken Zusatzgoldenes Herz", schuf er eine Gestalt von überaus er- götzlicher Natürlichkeit. Den billigsten Scherzen gewannen seine frappierende Nuancierung in Ton und Miene zündende Wirkung ab. Das entschädigte für vieles. Ein weiterer mildernder Umstand war Gusti Beckers frisches und niedliches Spiel in der Rolle der Rcsi. du Lessing-Theater:Der heimliche König"; romantische Komödie in vier Akten von Ludwig Fulda . Titel und Theaterzettel liesten etwas im Stile jener fatalen Märchen- spiele befiirchten, die seit dem grasten Erfolg von Hauptmanns .Versunkene Glocke" Jahr für Jahr in der Pemierenreihe auf- tauchen und begraben werden. Um so angenehmer war die Ueber- raschung, da nach dem ersten etwas schlagenden Akte das Kostüm sich als geschickt gewählte Maskerade einer lichtvoll und spannend ' durchgeführten, mit allerhand recht aktuellen Beziehungen ge- pfefferten Satire erwies. Das Stück vereinigt in glücklicher Ver» schmclzung den Spott des FuldaschenTalisman" und seiner Robinson-Komödie. Der die Augen alles Volkes blendende Zauber ist hier der Königstitel, der nicht nur einen Hohlkopf, auch eine ausgestopfte Puppe zum Gegenstand ehrfürchtigster Bewunderung macht. Und dem Hirten, demheimlichen König", der das Volk zum Siege leitet, ergeht es ähnlich wie dem simplen Kontoristen in Robinsons Eiland. Wenn die Gefahr vorüber, dann gilt nicht mehr der Mann, sondern Rang und Titel. Statt ihres Retters erhebt die Menge einen stammelnden Idioten auf den Thron, den Prinzen Lanzelot, dessen einziges Verdienst sein Stammbaum ist. Was dort mehr ein Scherz, wird hier zum wuchtigen, an den Fundamenten monarchischen Aberglaubens rüttelnden Hohn. Das Publikum ging offenbar mit großem Interesse mit. Jede Pointe wurde mit verständnisvollem Lachen begrüßt. Ganz besonders war der ewig begeisterte harfenschlagende Barde, dessen unnachahmlich swlze Haltung alle Herrlichkeiten der Sicgesallce lebendig in Erinnerung rief, ein Quell der Heiterkeit. Der Herzog Urgan, der salbungsvolle Herr Hofpredigcr und ein paar andere Schranzen, die bei dem Tode S. M. Artus X. den Verlust ihrer Macht fürchten, beschließen, daß der große Herrscher zu ihrem und des Volkes Wohl offiziell weiter zu leben habe. Niemand aus der Menge sah ihn, niemand wird ihn ver- missen, wenn man nach wie vor die dicht verhängte Sänfte durch die Straßen tragest läßt und statt des armen Trottels eine Holz- figur hinein setzt. Als das Volk verlangt, der Gottgesalbte solle heiraten, damit ein Erbe für den Thron geboren werde, nützt der Herzog die Konjunktur, indem er sein Töchterlein der Puppe zur Gattin gibt. Höchst amüsant sind die Verhandlungen. Das sehr durchtriebene Fäulein hat ihr festes Programm: Wenn sie mit dem Holzklotz sich vermählen soll, muß sie als heimlichen Ersatz zugleich auch einen ganzen 5!erl, den schönen grossen Hirtenburschen, den der Vater ins Gefängnis sperrte, zum Mann bekommen. Dann werde der gewünschte Erbe rechtzeitig erscheinen. Im 3. Akt hebt sich das leichte Spiel zu stark dramatischen Akzenten. Der junge Bursch, der, weil er nun einmal das Mädchen liebt, die ihm an- getragene Rolle akzeptiert hat, ergrimmt aufs tiefste, als der Herzog, dem Befehl der nachbarlichen Angelsachsen gehorchend, die alte Menschensteuer erneuern will und gar Sigune sich bereit erklärt, als Königin das Dekret zu verkünden. Sie möchte seinem Zorne trotzen, aber im entscheidenden Augenblick versagt ihr die Kraft, und Peredur tritt in der riesenhaften goldenen Rüstung des Ahnherrn Artus mit geschlossenem Visier vor das Volk, es zum Kampfe wider die fremden Bedränger entflammend. Vom Schlüsse sprachen wir bereits. Sigune, nach ihres Gatten Rückkehr aus dem ruhmvollen Feldzuge, macht dem Puppenspiele ein Ende; und während die Massen empört, daß sie unter einem Ihresgleichen die Schlachten gewonnen haben sollen, dem letzten jammervollsten Sprößling deS Geschlechts huldigen, schart sich ein kleiner Haus um Peredur und sein Weib. Er wird sie übers Meer nach freien Küsten führen. Ein in der Hauptsache vortreffliches Spiel erhöhte die Wir- kung. M a r r s Hirte war ein Prachtexemplar urwüchsig ungehobelter Kraft, Ida Wüst , eine muntere kecke Sigune. Den Herzog, der im Stück nur in ganz allgemeinen Zügen charakterisiert ist, repräsentierte Reicher mit seiner feinen Kunst. Nach jedem der drei- letzten Akte rief langanhaltcnder Applaus den Dichter. ät. Mnfik. Um einer guten Musik willen erwähnen wir gern, daß am vergangenen Sonnabendnachmittag im Lortzing-Theater 'wieder eines der bereits als typisch gekennzeichneten Zaubermärchen für Kinder zum ersten Male aufgeführt worden ist.Peter und Paul reisen inS Schlaraffenland": d. h.: die beiden Lehrjungen des Schustermeisters Kneipp finden den Weg ins Schlaraffenland mit Hülfe des bösen Geistes der Faulheit, Schien- drianus. Gegen diese kämpft um die Kinder die gute Fee der Arbeit und des Fleißes, Laborosa. Die Kinder werden ihr ge- hören, sobald sie von sich selbst aus das Bedürfnis nach Arbeit empfinden. Tatsächlich wird ihnen oas Schlaraffenland wider- wärtig, und so sind ihre Seelen gerettet. Man anerkennt gerne, daß diese spontane Wendung das Schulmeisterliche, das nun einmal dem größten Teil unserer Kinderliteratur anhaftet, erträglicher macht. Man interessiert sich wohl auch dafür, wie die nicht cigent- lich berufsreifen Kräfte, die das Stück spielen, sich mit der Aufgabe abfinden, Schauspielkunst zu treiben; die zappelige Karikierung steht dabei voran. Der Komponist ist der Wiener Franz L e h a r, seit 1896 durch mehrere Werke und uns neuerdings besonders durch seineLustige Witwe " bekannt. Manchmal erweckte seine Musik das Bedürfnis, sie nochmal zu hören, womöglich in würdigerem Rahmen; einige volkslicdartige Weisen, sodann auch Marsch- und Tanznummern verdienen umsomchr Interesse, als an schlichten Stücken dieser Art nicht eben Ucberfluß herrscht. sz. verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.BerlagsanstaltPaul Singer öiEs., Berlin