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schwunden und nun kam die Sache an den Tag. Die Polizei riet| Dadurch gewinnt der Text Menschlich- Allgemeines und wird gur auf Straßnow, und richtig saß unser Casanova in Budapest   bei musikalischen Behandlung geeigneter. Die Textdichtung hat bor  feiner Geliebten, mit der er sich über den gelungenen Fischzug vielen anderen voraus, daß sie eine Entwickelung aufweist und nicht nur Bilder aneinanderreiht. Ob das Werk dauernd auf der freute. Bühne Fuß fassen wird, scheint zweifelhaft. Dafür bringt es zu wenig Klangvolles und Eigenes, stedt es zu sehr in solider Ueber­lieferung. Gewiß hat auch Schillings der Neuzeit Rechnung ge­tragen, aber seine Moloch- Musik birgt zu wenig Spirituelles in sich, so daß Spätere ihre Vorzüge, die dem heutigen Musiker oft Achtung abnötigen, faum als solche empfinden dürften. Es ist der ent­gegengesetzte Fall wie bei Strauß, auf den jetzt wieder genügend gescholten wird wegen seiner Extravaganzen, feines Jrrweges". Wenn Strauß auch nicht als das Heil aller Mufit angesehen werden tamm, setzt er doch Neuland in Kultur um und sucht ihm neue Werbe zu entloden. Das muß zweifellos sich lohnen.

Gogols Revisor, der eine ganze Stadt zum besten hält, konnte nicht schlauer operieren als Held Straßnow, und die Ungarn   haben allen Grund, auf ihren Landsmann stolz zu sein. Wie Wilhelm Voigt   ist auch Straßnow würdig, zum Helden eines jozial- satirischen Lustspiels zu avancieren. Freilich, der Beaumarchais   unserer Zeit ist noch nicht geboren, was um se bedauerlicher ist, als sowohl der Figaro von Köpenick als auch der von Agram vorläufig vom Schau­platz ihrer glorreichen Tätigkeit unfreiwillig abtreten mußten.

Musik.

Lucian,

Humoristisches.

Vor ungefähr einem Jahre berichteten wir über einen Abend bes Arbeiterfängerbundes Berlins   und Um­gegend". Wir hatten damals bei mancher Anerkennung doch Leider haben die Fürstenbesuche eine traurige Erscheinung immerhin zu bedauern, daß der künstlerische Gesamtton des Abends unter der Berliner   Jugend gezeitigt. Es stellte sich heraus, daß nicht allen billigen Erwartungen entsprach. Am vergangenen

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Sonnabend gab es nun das 16. Stiftungsfest desselben 81 Prozent der Kinder blödsinnig wurden, weil der Schulbesuch fort­Bundes im Festsaale der Brauerei Friedrichshain  . Beträchtlich während ausgelegt wurde, und weil in der Jugend die fire Idee um günstiger gestaltete sich diesmal das Auftreten des Sängerbundes. sich gegriffen hat, daß jeden Tag ein Fürstenbesuch durchs Branden­Auf ein Orchester war ganz verzichtet, und so tamen wir nicht in burger Tor raffeln muß. Gefahr, etwa ein Potpourri aus Richard Wagner   von reduzierten Kräften zu hören. Außer den ohne Instrumentalbegleitung ge­sungenen Chören traten noch zwei Solofängerinnen auf: Gertrude Ludy( Sopran) und Paula Weinbaum( Alt); beide reif in ihrer stimmtechnischen und geistigen Kunst, lettere auch noch von bewegtem Ausdruce. Ganz besonders freute es uns, daß die beiden Sängerinnen mehrere Duette vortrugen, was im ganzen doch eine Seltenheit auf dem Konzertboden ist. Unter diesen Quetten darf das von Peter Cornelius, Ich und Du", als eine ganz fonders wertvolle Komposition gerühmt werden.

be­

In der Wahl der Chorgefänge war nicht eben hoch gegriffen worden. Man blieb hauptsächlich bei Liedertafelstücken von jener bekannten Art gleichmäßiger Metrik und sorgloser Betonung un­wichtigster Silben. Hervorgehoben sei die gefällige Komposition Glockenläuten", von dem bereits seit längerem beliebten Werner Nolopp  ( 1833 bis 1903). Die Verfasser des Programmes würden sich um die musikalische Bildung verdient machen, wenn sie die Komponistennamen genauer angäben. Noch feien die Tondichter Scheu und Uthmann rühmend genannt, auf die wir selber schon vor mehreren Jahren aufmerksam gemacht haben. Die Chor­borträge erfreuten sich insbesondere durch sorgfältige Abstufungen der Stärkegrade; die Einförmigkeit in der Durchführung des Zeit­maßes ist dagegen leider so allgemein üblich, daß man sie schwer den einzelnen Chören ankreiden fann. Manche Unreinheit des Ge­fanges, zumal ein Sinten der Stimme bei mehreren Mitgliedern, foll allerdings nicht vorkommen, ist vielleicht aber mehr eine Frage der Zeit, d. h. ausreifender Proben. Ganz besonders jedoch seien die Dirigenten darauf hingewiesen, daß sie ihre Tenöre vor jeg lichem Forzieren zurüdhalten mögen. Wenn es nur irgendwie angeht, sollte allem Chorsingen ein stimmtechnisch zuverlässiges Soloftudium vorangehen. Mit viel Freude begrüßten wir einen gemischten Chor inmitten der Männerchöre: Freya I und Freya II, auch wenn gerade hier Unreinheiten auffielen. Dem bekannten Vorurteile männlicher Chorsänger gegen Frauenstimmen soll immer wieder kräftig wiedersprochen werden.

SZ.

Man muß schlau sein in solchen Dingen...", begann der mecklenburgische Gutsbefizer von S... seinem Freunde zu erzählen. " Bei den Wahlen also rief ich meine Arbeiter zusammen und sagte: " 3wei Schweine werde ich für Euch schlachten und vier Tonnen Bier werde ich zum besten geben, wenn hier im Gutsbezirk keiner für den Sozialdemokraten stimmt".-

Natürlich, lieber Freund, sie wählten alle tonservativ! Und troß­dem" habe ich Bier und Schweine gespart." Bermute Geniestreich Í"

" Ja... Jm Gutsbezirk waren doch zwei Stimmen für den Sozialisten abgegeben worden, nämlich von mir und meinem Inspektor

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- Berliner Premiere. Bitte, mein Herr, an Premieren­abenden brauchen Sie den Stod nicht abzugeben.

Notizen.

( ,, Simplicissimus.")

Der neue Kunstsalon von Fischer u. Franke, Berlin   W. 9, Eichhornstr. 5, eröffnete eine Schwarz- Weiß- Ausstellung, umfassend etwa 250 Originalzeichnungen deutscher Künstler zu deutschen   Märchen, Sagen und Liedern. Die Ausstellung ist un­entgeltlich von 10-7 Uhr zugänglich.

Das Institut für Meereskunde, Georgenstraße 34 bis 36, veranstaltet in dieser Woche abends 8 Uhr folgende öffentliche Vorträge: Dienstag, den 11., und Mittwoch, den 12. b. M., spricht Dr. Bidlingmaier Berlin   über Der Kompaß, seine Be­deutung für die Seeschiffahrt und für unser Wissen von der Erde  ", Sonnabend, den 15. S.. M., Prof. Edert Köln über Eine volks­wirtschaftliche Studienreise zur See in die west- und südeuropäischen Häfen": Freitag, den 14. 5. M., Dr. Groll- Berlin Ueber See­farten und ihre Entwickelung". Einlaßfarten sind von 12 bis 2 Uhr mittags und an den Vortragsabenden selbst von 6 1hr ab zunt Preise von 25 Pf. in der Geschäftsstelle des Instituts und beim Deutschen   Flottenverein, Bernburgerstr. 35 I, von 9 bis 4 Uhr er­hältlich. Uraufführungen. Im Wiesbadener Residenz Theater gefiel das Drama, Nemesis" von Artur ferhofer. Der Wanderer", lyrisches Drama von G. Ma chi, Musik von E. Bossi, fand in Mannheim   freundliche Aufnahme. In Bremen   wurde ein bieraltiges Schauspiel, Nachtmahre" von Fritz Nassor zum erstenmal aufgeführt. Das Stück, das neben manchen Schwächen Talent zeigt, schildert das Treiben eines verkommenen Mannes aus der Heidegegend.

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Moloch" von Mar Schillings. Just vor einem Jahre in Dresden   Uraufführung der Salome. Jetzt am gleichen Orie Uraufführung von Moloch, musikalische Tragödie in drei Aften von Schillings. Man hat auf ihn einstmals große Hoff­nungen gefeßt. Sein Erstlingswerk Ingwelde zeigte fein Talent und vor allem sein ernstes Streben und seine Abkehr vom Wege Die bestimmter Moderichtungen. Aber Schillings blieb stehen.. Wagner- Nachfolge hat ihm zum Ruhm berholfen. Er huldigt ihr heute noch. Doch Wagner war ein Ausnahmefall. Ein eminenter Musiker. Wer sich heute auf seinen Weg beschränken wollte, müßte Der gleich eminente Musiker sein. Ein solcher ist aber Schillings nicht. Sein Ausdrucksgebiet ist klein. Seine musikalische Arbeit ist gut, folib, ehrlich, aber nicht eigentlich phantasievoll. Bu Moloch" ist schon eine Erläuterung erschienen, die Ernst Otto Nodnagel   verfaßt hat. Darin werden Leitmotive als musikalischer Kern des Wertes aufgezählt. Oft müssen ein paar Noten, line nichtssagende Redewendung als solche herhalten. Nur ein paar dieser Motive sind wirksam einprägsam und auch wirklich charakteristisch. So z. B. das Molochmotiv, streng und düster, das sehnsüchtige Liebesmotiv, ein echter Schillings, und eine Todeshain­Motiv benannte berbe Affordfolge. In den beiden ersten Atten schleicht die Musit oft einförmig dahin, stellenweise sogar unwirksam instrumentiert, so daß man manchmal aus dem Klavierauszug ein besseres Bild von den Absichten des Komponisten erhält, als aus dem Orchester. Zum großen Aufschwung, zum Ausleben in weiten.-Ferdinand Brunetière  , Mitglied der Akademie und musikalischen Linien kommt es erst im dritten Akte, der auch den Herausgeber der alt gewordenen Revue des deux mondes  ", die meisten Beifall fand und den Erfolg des Abends rettete. Das von einstmals europäische   Bedeutung hatte, ist in Paris   im Alter von dem Heldentenor Emil Gerhäuser   in Anlehnung an Hebbels Moloch- 57 Jahren gestorben. In der Kritik ein einseitiger Bewunderer der Fragment verfaßte Tertbuch gibt den Hebbelschen Grundgedanken Bergangenheit, in Weltanschauung und Politik ein Klerikaler reinsten von der kulturbringenden Macht der Religion nur als Umrahmung Wassers führte Brunetière einen aussichtslosen Kampf. Lind stellt die Episode des jungen Teut, der in dem Molochbilde den Con ihm ersehnten Gott zu erblicken glaubt, in den Vordergrund. Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin  .

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-Ein Schlüsselroman. Gegen den Schriftsteller Joh. Dose wurde vor dem Lübecker   Landgericht wegen Beleidigung des Rechtsanwalts Ritter Tondern durch die Nomanfigur Asmus Berg im Noman Muttersohn" in der Revision verhandelt. Das Urteil lautet auf Entfernung aller Seiten aus dem Noman, die Berg betreffen. Ein neuer holländischer Dramatiker. Starken Erfolg errang ein neuer holländischer Dramatiker, J. Fabricius aus Haarlem   mit einem Etüd Met   den Handschoen getrouwd", das von einer Rotterdamer   Schauspieltruppe in Amsterdam   zur Aufführung gebracht wurde. Die Kritik erklärt es für die beste dramatische Arbeit, die in den letzten zehn Jahren in Holland   geschrieben worden ist.

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- Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.