leitenden Schlägen auf das Fell ruft er mit einer Stimme so stark,als käme fie aus einem Paar jugendlicher Lungen:.BösesSchicksal— unheilbringender Geist— weihe Männer"— die Wortekamen stoßweise, ohne Zusammenhang und brachten auch die ge»wollte mystische Wirkung hervor. Man wartete gespannt auf dieFortsetzung, allein die Worte wurden von einem langgezogenen,klagenden Stöhnen unterbrochen. Kale schrie sich heiser an seinerGeisterweise, und Sorkrark fuhr fort mit seinen Zurufen. Es war.als empfinge Sagdlork seine Worte von weit her, als balgte ersich mit einem unsichtbaren Wesen.Dann kam wieder ein langes Geheul, und nun, als dieSpannung ihren Höhepunkt erreicht, rief Sagdlork den ganzenSatz hinaus. Es gab einen förmlichen Ruck in den Leuten, da fiees hörten:„Die weißen Männer brachten das böse Geschick mitsich, sie führten einen unheilbringenden Geist mit fich. Ich sahihn selbst, Lug ist nicht in meiner Rede; ich lüge nicht, ich binkein Lügner. Ich sah es selbst." Gabriel, der Grönländer, wardweiß im Geficht bei diesen Worten:„Er meint unsl" flüsterte er;.er tut uns ein Leid an." Und alle Zuhörer blickten auf uns.Sagdlork erklärte nun, wir seien unterwegs dem bösenSchicksal in Gestalt eines Geistes begegnet, und dieser habe HaraldMoltkes(Teilnehmer der Expedition) Schlitten gestreift; deshalbsei er erkrankt. Uns anderen waren nur die Hunde angestecktworden, und deshalb war die Hundeseuche ausgebrochen.Seine Auseinandersetzung war schwer zu verstehen, da er häufigeine besondere Geistersprache anwendete und seine Rede desöfteren durch Geheul unterbrach.Er konnte mitten im Wort abbrechen und schloß ohne Nachsatzmit fürchterlichem Spektakel; es tönte, als wäre das Haus vollerMenschen, die zusammen rängen und unter seltsamen Schlägenstöhnten.Kale saß nun bloß da und wiederholte die Satzstummel seinesLehrers: er war heiser vom Singen. Sorkrark jedoch, der alteBärenjäger, war unermüdlich in seinen Zurufen:.Eile Dich!Eile Dich!" Aber erst, als der Alte wie gewöhnlich die Spannungauf den höchsten Punkt hinaufgeschraubt, brachte er seine Er-klärung vor, langsam und angestrengt, als entrisse er jedes einzelneWort einem unfichtbaren Geiste.Die weißen Männer hatten die Krankheit gebracht, doch solltennur die Hunde krank werden. Kein Mensch durfte deshalb Hunde-fleisch effen.„Hat Mikisork(.die Kleine", das war seine Frau) Hunde-fleisch gegessen?"„Hat Mikisork Hundefleisch gegessen?" rief Kale herunter..Mikisork, hast Du Hundefleisch gegessen?" fragte Sorkrarkfie. Die Worte gingen von Mund zu Mund. Der Sohn,Agpaliguark, beugte sich über seine kranke Mutter, und diesenickte.—„Ja, ganz wenig, ich hatte solches Verlangen nachHundefleisch I" antwortete die Frau.—„Sie hat Hundefleisch ge-tostet I" wiederholte Kale vom HauSdach zum Fenster hinein.Da ertönte ein wildes Geheul aus dem Innern des Hauses,und die Trommel kam wieder in Gang.„Thu— Thu— Thu!" wiederholte es fich ins Unendliche undmit merkwürdiger Gewalt. Es war wie das Prusten einer ganzenLokomotive. Sagdlork befand sich in voller Ekstase; der alte gicht-kranke Mann sprang auf der Diele herum gleich einem verwundetenTier. Die Augen hatte er geschlossen und bewegte Kopf undRumpf in seltsamen Windungen im Takte der Trommel. Dannstieß der alte Geisterbeschwöreer ein langes Geheul aus mit eigen-tümlichen Beiklängen. Es war, als mischte sich Menschenlachenmitten in seine Klage; dann erstarb alles in einem stillenSchluchzen; seine Frau war nicht zu retten!Da gingen denn die Leute auseinander und nahmen ihreArbeit wieder auf, und bald hatte sich der Platz wiederum mitfrohen, lachenden Menschen gefüllt. Der Gedanke, daß der großeSommer nahte, drang durch alle Kümmernisse durch, wer mochteda noch weiter den Warnungen eines alten Geisterbeschwörersnachsinnen.Sorkrark war der einzige, welcher bekümmert dreinschaute.„Sagdlork wird alt," sagte er zu mir.„Sagdlork ist machtlos.Seine Frau muß sterben!"Das war Sagdlorks letzte große Inspiration; seine Frau starb,als der Sommer kam.Kurz nachdem fie beigesetzt war. erzählten sich die Leute.Sagdlork wolle sein Zelt nicht mehr verlassen. Niemand könne ihndazu bringen, daß er esse, und auch zu sprechen hätte er sich ge-weigert. Da ging ich hinunter, nach ihm zu sehen. Er saß zu-sammengekauert drinnen auf seiner Pritsche und war schon merk-würdig gelb geworden im Gesicht. Seine wunden Augenliderbluteten. Als ich eintrat, gab er mir mit einer Handbewcgungzu verstehen, ich sollte mich setzen; und zwischen beständigen Husten-anfüllen erklärte er:„Du bist ein Fremder, zu Dir rede ich gern.Ich handle wie ich handle weil das Leben nicht mehr gut ist fürmich. Ich bin zu alt, um allein zu sein. Sie, die während vielerJahre meine Kleider in Ordnung hielt und mir das Mahl be-rettete, sie ist tot. In den vielen Jahren habe ich mich gewöhnt,mit ihr zusammen zu leben, und darum ist es am besten, wennich ihr folge."Still ging ich meines Weges, ich wollte nicht stören, und ichbesuchte ihn nicht mehr.Landsleute kamen und brachten ihm Speise, die sie in seinemZelt hinterließen. Keiner hörte ihn mehr sprechen. Der alt"Sagdlork hungerte sich zu Tode; neben seiner Leiche aber lag�.jalle jene Fleischgaben, die seine Landsleute dem letzten ihre.?Stammes, der ihrer Väter Weisheit ererbt, dargebracht hatten.Kleines Feuilleton.Die Geschichte einer Ktinstlermedaille. Aus Paris schreib!man uns: Eine Verhandlung, die am Dienstag vor dem hiesigenZivilgericht stattfand, hat einen interessanten Einblick in die Ge-Heimnisse des bourgeoisen Kunstbetriebes eröffnet. Ein reicherHäuserspekulant, der plötzlich das Bedürfnis empfand, seineBildung durch den Besitz einer Gemäldegalerie zu beweisen, er»warb bei einem renommierten Kunsthändler öv Bilder. Unterden Kunstwerken, die natürlich das Signum von Meistern trugen.die auf der bürgerlichen Kunstbörse hoch im Kurs stehen, befandensich auch zwei:„Gottesdienst bei Hofe" und„Richelieu, den Königerwartend", die die Unterschrift des Modemalers Roybettrugen. Als der glückliche neue Besitzer die erworbenen Schätzeseinen Freunden zeigte, erklärte einer von ihnen, die beiden RoydetShätten ehedem nicht zwei, sondern nur ein einziges Gemälde ge-bildet und es habe der Name Frederic Humberts, desGatten der berühmten Therese, darauf gestanden. Der bestürzteMäcen forschte nach und siehe da: sein Freund hatte recht gehabt.Der illustrierte Katalog des Salon von 1890 führte das Wert unterdem Namen„Ludwig Xlll. und Fräulein von Hautefort" an,und Frederic Humbert war als Autor genannt. Der Käufer derzwei aus jenem entstandenen Werke erhob Klage gegen denHändler. Es wurde eine Untersuchung eingeleitet und zuerst, wienatürlich, Herr Roybel vernommen. Und dieser erklärte: DieBilder seien wirklich sein Werk, obzwar fie unter dem NamenFrederic Humberts ausgestellt worden seien! AIS Erklärung fügteer hinzu: Im Jahre 1890 habe Therese Humbert, deren Gattener schon längere Zeit Malstunden gegeben habe, ihm gebeten, ermöge Frederic, der viel Aerger bei den Wahlen gehabt hätte, zumTrost Aufnahme in den Salon verschaffen. Als Honorar wurden199(XX) Frank versprochen. Der edle Herr Roybet, Offizier derEhrenlegion, ging auf den Handel ein. Frederic Humbert lieferteden Titel und eine Art Skizze, das übrige besorgte Roybet. DaSBild erhielt den dritten Preis. Die 100(XX) Frank aber teiltendas Schicksal der ganzen Crawfordschen Erbschaft, d. h. fie tratennie in die Wirklichkeit. Nach dem Zusammenbruch der Humbert»schen Herrlichkeit erwarb der renommierte Kunsthändler in derVersteigerung das Bild um 6000 Frank. Er trug es zu Roybet,der es zerschnitt und etwas retouchierte, wofür er 6000 Frankbekam. Außerdem wurde zwischen dem Paar ausgemacht, daß beieinem Verkauf der Profit geteilt werden sollte. Die ztvci Bilderwurden dem biederen Bildungsprotzen mit 106000 Frank aus,gehängt.Herr Roybet aber meinte, er habe sich nur für die Nicht-bezahlung der 100 000 Frank schadlos halten wollen. Auch fügteer zu seiner Entlastung hinzu, daß er damals, als sein Bild aus-gezeichnet wurde, nicht Preisrichter gewesen sei, was aber dochnur Zufall, nicht sein Verdienst ist.— War aber das Bild amEnde nicht doch ein wirklicher Humbert? Wenn man FredericHumbert glauben darf, hat ihm Roybet nur einige Ratschlägegegeben und einige Retouchen vorgenommen, jedoch alles übrigesei fein Werk. Wer sind also die wirklichen Betrüger? Der Kunst-Händler und Roybet, die einen Humbert als einen Roybet ver-kaufen, oder Humbert und Roybet, die einen Roybet als einenHumbert in die Ausstellung geschmuggelt haben? Man sieht. HerrRoybet bleibt in jeder Kombination. Jedenfalls aber ist aus derHistorie dieses Hiswrienbildes zu ersehen, daß in der Bourgeois-kultur auch die Welt des„schönen Scheins" von der Atmosphäreeiner unschönen Wirklichkeit eingehüllt ist.Musik.Seit einigen Jahren erleben wir eine lebhafte Wiedererweckungder Bühnenwerke des französischen Komponisten Jacques Offen-bach. Seine bedutendste Schüffung.„Hoffmanns Erzählungen",hat sich bei uns neuerdings fest eingebürgert. Seine desondersreizvollen Einakter wurden vor wenigen Jahren auf einer Neben-bühne des„Kroll" hervorgezogen, und lvohl noch manche von unserinnern sich der freundlichen Eindrücke von damals, zumal derfeinsinnigen Klavierbegleitung Robert Erben's. Und nun hatunsere„K o m i s ch e O p e r" am Donnerstag die bor gerade vierzigJahren in Paris herausgekommene„Buffo-Oper"(wie diese„Komische Operette" jetzt heißt)„Pariser Leben" in einerNeueinrichtung aufgeführt. Fragt man, warum gerade unsereZeit so gern auf diese spezifische Erscheinung der Pariser Theater»geschichte zurückgreift, so findet man den Grund bielleicht in einergemeinsamen Weltstimmung, die aus Philistrosität und Zynismus,aus Moralisierung und Unmoral ein stets widerspruchsvolles Ge-bilde wuchern läßt. Von solcher Art ist denn auch jenes Werk.Die Geschichte von dem schwedischen Baron, der sich in Paris amü«sieren tvill, ohne daß seine Frau es merkt, und von dem Lebemann,der die Baronin an sich ziehen möchte und dabei daS Opfer derVerwickelungen wird, verdient jedenfalls keine eingehende Bericht,erstattung.Die Musik ist echter Offenbach, zwar nicht auf der Höhe vog