rechts, bald linlS müsse niederbeugen können, um mitten im Schwüngeeinen Strohhalm vom Eise aufzuraffen. Claudius, der gemütlicheDichter und Herausgeber des«Wansbeker Boten", der doch auch einsehr tüchtiger Läufer lvar, fand gerade wegen seiner„eckigen Be-wegungen und ungefälligen Formen", die er beim Fahren sehen ließ,nicht den Beifall KlopstockS.Den Einfluh Klopstocks auf den Eislauf ersehen wir ferneraus verschiedenen Poemen zeitgenössischer Dichter, wie Ramler(„Sehnsucht nach dem Winter"), Cramer(„Tialfs Wettlauf").Kru m macher s.Der Eislauf"), Herder<Die Eisfahrer") undGoethe(„Die Eisbahn",„Mut"). Der Olympier freilich warschon in jungen Jahren ein geübter Läufer gewesen. In„Wahrheitund Dichtung" kann man nachlesen, daff anläßlich einer Begegnungzwischen ihm und Klopstock in Weimar mich diese von beidenDichtern bis inS hohe Mannesalter so eifrig gepflegte Kunst einbeiläufiges Gesprächsthema gebildet hat. Für die Einführung desSchlittschuhlaufs in Deutschland, speziell in Jlm-Athen hat GoethesBeispiel äußerst anregend gewirkt. Er kommt darauf mehrfach inBriefen an Kestner, Lavater, Merk und Frau v. Stein zu sprechen.Außer Goethe setzten sich besonders die Philanthropen und Wieder-erWecker der Leibesübungen Cambe, Guts-Muths, Jahn, Frank, Viethu. a. für den Eislauf ein. Poetisch hat ihn A u g u st v. P l a t e nin einem seiner Gedichte verherrlicht, und endlich gebührt Meyer-beer das Verdienst, diesen Kunsteffekt musikalisch in seiner Oper»Der Prophet" auf die Bühne versetzt zu haben.Heute gehört der Schlittschuhlauf, den unsere Aliborderen alsein von den Göttem auf die Erde herabgebrachtes Geschenk betrach-teten, zu den vornehmsten und dem physischen Wohlbefinden zuträg-lichsten körperlichen Uebmigen. Mcht mehr eine höfische Modesacheoder ein die Frauen prüde ausschließendes Spezialvcrgnügen für dieMänner, wie ehedem, ist er nunmehr beiden Geschlechtern gemein-sam. Allerdings hat bei uns die kapitalistische Ausbeutung dernatürlichen und künstlichen Eisbahnen einer Pflege des rein voll-lichen Eissports gewisse Schranken zu setzen verstanden, die geradeVom arbeitenden Proletariat am schwersten empfunden werden.kleines fiiuUeton«Ein Abenteuer auf einer Nordpolfahrt. Der NordpolfahrcrAnthony Fiala gibt im„Windsor Magazine" eine ausfuhr-liche Schilderung der Erfahrungen und Erlebnisse während seinerletzten arktischen Expedition. Noch im September 1904, als bereitsalle Schrecken des Winters die Polargcgenden erfüllten und diefurchtbarste Kälte herrschte, machte er einen letzten Versuch, vonKap Flora aus nach höheren Regionen vorzudringen. Nachdem erzunächst mit Schlitten nach dem Abruzzi-Lagcr sich gewandt hatte,setzte er sich dann an dem Point-Lager fest und unternahm es vonhier aus, den De Bruync-Sund zu überschreiten. Aber widrigeWinde und das dünne, unsichere Eis machten ihm jede lieber-schreitung unmöglich. Die Gesellschaft richtete sich nun in kleinenHöhlen unter Eisblöcken, so gut es gehen wollte, ein und verbrachtelange Tage in furchtbarer Kälte und unter höchsten Entbehrungen.Dann unternahmen sie von neuem die Ueberschrcitung des DeBruyne-Sundes, kampierten auf dem Eis des Sundes und langtendann in einem Kanoe endlich auf Hooker-Jsland an.„Währenddie Gesellschaft," so erzählt Fiala,„das Eiskap auf Hooker-Jslandam LS. Oktober passierte, gab plötzlich der Schnee unter meinenFüßen nach und ich hing über einem tiefen Abgrund. UnserSteward Spencer sprang von seinem Schlitten, um mich zu retten;aber er hatte kaum meine Hand berührt, als ich plötzlich in dieTiefe herabstürzte und dabei das Bewußtsein verlor. Als ichwieder zu mir kam, fand ich mich eingekeilt in einem engen Spaltdes Abgrundes, zwischen Himmel und Erde hängend, mit Brustund Rücken zwischen zwei Eismaffen geklemmt, wobei mein linkerArm gegen die Brust gepreßt war und jeder Bewegungsfreiheitberaubt. Dieser enge Spalt hatte mich festgehalten, sonst wäre ichin die unergründliche Tiefe hinabgestürzt. Die Tunkelljeit warsehr groß, aber dennoch glaubte ich fern über mir ein'schwachesbläuliches Aufleuchten einzelner Lichtstrahlen zu bemerken, undals ich schärfer zusah, erblickte ich auf der schwarzen, endlosen Eis-fläche dunkle Schatten. Es waren die Leute meiner Gesellschaft.Das Leuchten kam näher; es schien etwa 100 Fuß über mir zu sein.Ich hörte den Laut einer rufenden Stimme und antwortete, indemich nach einem Seile rief und zur Eile drängte, weil ich dachte, ichwürde durch den Spalt hindurchfallcn. Sie fragten mich, wietief ich hinabgestürzt wäre; ich rief, daß ich etwa ISO Fuß tief michbefände, denn so schien es mir. In dem Augenblick gerade hörteich ein furchtbares Stöhnen in dem Abgrund. Es schien aus derTiefe herzukommen. Mein erster Gedanke war. daß ein paarHunde mit mir hinabgcfallen wären. Bald aber verwandelte sichdas Stöhnen in artikulierte Laute und ich erfuhr, daß Spencer,der mich zu retten versucht hatte, ebenfalls in den Abgrund ge-stürzt war. Ich rief ihm zu. Er antwortete mit schwacher Stimmeund klagte, daß er dem Tode nahe wäre; sein Kopf sei auf-geschlagen und er werde sich wohl verbluten. Ich tröstete ihn, sogut ich konnte, obwohl ich auch keine rechte Hoffnung mehr hatte,denn die Hülfe schien mir sehr fern zu sein. Um unsere furchtbareLage noch zu verschlimmern, stürzten Eisstücke von oben herab unddonnerten nieder in die Untiefen, wo sie nach langer Zeit mithclletir Krachen zersplitterten und ein unheimNchcs EckiS ga ffflhjheraufsandten. Es war ein schauderhafter Anblick' fit im?/ tnwir jeden Augenblick gefaßt sein muhten, das gleiche LÄ wte'dteseEisblöcke zu erleiden und in der unergründlichen Tiefe zer--schmettert zu werden. Endlich, endlich sah ich über mir das End'eines Seiles, das sich mir langsam näherte, wo wie ich durcySchreien den beuten oben die Richtung angab. Mein rechter Armwar frei und endlich war der kostbare Strick in meiner Hand. Mitzitternden Händen machte ich mühsam eine Schlinge in das Endedes Seils, wobei ich auch die Finger meiner linken Hand langsamfrei bekam. Tann schlang ich die Schleife um mein rechtes Beinund rief denen oben zu, anzuziehen. Bald schwang ich wie einPendel im freien Raum hin und her. Ich rief ihnen nun zu, dasSeil nach rechts hin zu bewegen und mich dann tiefer herabzulassen,und nach furchtbaren Schwierigkeiten in der schrecklichen Dunkelheitentdeckte ich endlich den Steward, aber ich konnte ihm keine Hülfebringen, weil eine beträchtliche Eismaffe unS voneinander trennte.Unter großen Anstrengungen gelang es mir schließlich, ihm dieHand zu geben und ihn von dem winzigen Vorsprung, auf den erniedergestürzt war und der ihn vom Tode errettet hatte, in einebequemere Stellung zu bringen. Ihm größere Hülfe zu gewähren,war mir vorläufig unmöglich. Ich sagte ihm, daß es das bestewäre, wenn ich mich hinaufziehen ließe und dann den Strick fürihn wieder herablaffen würde. Damit war er einverstanden. Ichwurde nun an die Oberfläche emporgezogen; als ich den festenBoden erreichte, wurde ich ohnmächtig. Tann ward Spencer aukhheraufgeholt. Der Arzt untersuchte uns; wir hatten nichts ge-krochen und waren völlig heil, nur Spencer hatte eine offeneWunde im Gesicht, die genäht werden mußte. Durch Messung desSeiles stellte man fest, daß wir etwas über 170 Fuß tief gefallenwaren. Unsere Rettung hatten wir allein dem schnellen Hinzu-kommen unserer Gefährten zu verdanken, da wir sonst unfehlbarweiter hcrabgeglitten wären und unseren Tod gefunden hätten."Nach weiteren gefährlichen Wanderungen, in denen dichte Finsternisdie Reisenden umgab, und Menschen und Hunde immer wieder inLöcher und Eisschluchten fielen, kamen sie endlich nach dem Abruzzi»lager zurück, wo sie ihre Vorbereitungen ftir das Frühjahr 1908begannen, ssTheater.Neues Theater. Lyngaard u. Co.. Schauspiel in vierAkten von Hjalmar Bergstroem. Der große Künstler der-.schwindet hinter seinem Werke. Desgleichen Hjalmar Bergstroem.So vollständig verschwindet er, daß sich beim besten Bemühen nichtangeben läßt, was er in„Lyngaard u. Co." etwa hat sagen wollen.Er macht den Eindruck eines Menschen, der sich aussprechen möchte.ohne recht zu wissen worüber, und der überdies, um seineObjektivität zu markieren, hinter jedes Ja sofort ein Nein setzt.Es ist ein ewiges sich selber dementieren, in Gedanken sowohl wiein Durchführung der Personen, eine Konfusion, die sich prätentiösmit dem Anschein tief verborgener Bedeutung aufputzt.Jakob Lyngaard, der doch wohl den Mittelpunkt des Ganzenbilden sollte, bleibt leerste Schablone. Dieser junge Mann, derSohn eines großen Schnapsbrenners, der im Auslande die sozia-listische Arbeiterbewegung kennen gelernt und sich für ihre Ideenbegeistert zu haben behauptet, erbringt im Stücke durch die phan-tastische Verschrobenheit seines Verhaltens den Beweis des Gegen-teils. Er wird aber von dem Autor anscheinend durchaus ernstgenommen und als eine sozusagen typische Kontrastfigur dem eitel-egoistischen Vater und dessen jüdischen Fabrikdirektor, dem daskapitalistische Machtstreben in Reinkultur repräsentierenden Hey-mann, gegenübergestellt. Im Schlußakt holt sich der Jüngling, derden Arbeitern die augenblicklichen Bedrängnisse der Firma aus-einandersetzen und sie dadurch vom Streik zurückhalten will, dieunvermeidliche Blamage. Die Leute pfeifen ihn trotz seinerhilmanen Beteuerungen aus, bei welcher Gelegenheit er, derSozialist(l), zum erstenmal dahinter kommt, daß die Arbeiternicht Wohltaten empfangen, sondern im Kampfe sich ihr Recht er-streiten wollen. So wenig Bergstroem mit seinem blind daherdeklamierenden Jakob in den früheren Szenen etwas anzufangen,irgend ein Interessantes aus ihm herauszuholen vermochte, sowenig weiß er, was er nach dem Umschlag mit ihm machen soll.In der Verlegenheit muß eine Frontveränderung helfen. Heymann,der zuerst nur trockener Streber schien, avanciert zusehends in derSchätzung seines Schöpfers. In einem Streit mit Lyngaard ent-puppt er sich als Herr der Situation, dessen Tatkraft auch gegenden Willen des Chefs die Umwandlung der alten Brennerei ineine Aktiengesellschaft und ihren Anschluß ans Kartell erzwingenkönnte. Er gewinnt auch ein weiteres Zeichen imposanter Männ»lichkeit, das Herz von Lyngaards Tochter. Am Schlüsse strahlt erin der Gloriole des Siegers. Jakob und seine Mutter, der einbis ins Pathologische gesteigertes Mitleid mit den Armen keineruhige Stunde ließ, die sich Wunder versprach, wenn ihr Sohnseine geträumten Reformen einst als selbständiger Leiter desUnternehmens durchsetzen werde, danken freiwillig zu seinenGunsten ab. Also hat HeymanN recht in Bcrgstroems Augen?Aber gegen jedes Wort dafür läßt sich sofort ein anderes dawideraus dem Stück zitierenk Schlägt man sich derlei Fragen nach derTendenz— die einzigen, durch deren Anregung der Autor einegewisse matte Neugier wachhält— aus dem Kopfe, und nimmt dasDrama rein als solches, so erscheint es noch trostloser. Die Hand-lung setzt sich auS einer Sammlung von psychologischen Unmöglich-