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werden jedesmal, wenn wir Sigung haben, versiegelt, ich habe Apparate fonstruiert, die selbst die kleinsten Dinge melden würden, die unseren Sinnen entgehen können. Ich besite mehrere Photographien von Geistern, darunter vier ausgezeichnete Bilder von Eld. Die photographische Platte betrügt nicht, ebensowenig wie meine anderen mechanischen Apparate. Ob das, was ich vornehme, populär ist oder nicht, fümmert mich ja nicht, wie Du weißt. Ich lese meine Instru­mente ab Eld?"

" Das ist unjer materialisierter Geist. Wir haben mit verschiedenen anderen zu tun gehabt, aber nun beschäftigen wir uns fast ausschließlich mit Eid."

Du hast bisher nie wir gejagt, Edmund. Was für Menschen sind das, mit denen Du zusammen arbeitest? Doch nicht dieser widerliche Evanston ?"

Sall nichte fühl.

Kann ich nicht die Bilder von Deinem Geistermädchen sehen?" bat Madame d'Ora. Eld, das ist ein sonderbarer Name. Liebst Du sie? Oh, die liebst Du?"

Hall streifte Leontinens Gesicht mit einem harten Blick und sah sie mit fletschenden Zähnen dasigen, unfähig, ihre Lust, Schaden anzurichten, zu bezwingen. Ihre Finger

frümmten sich.

Hast Du die Absicht, jetzt nach Europa zu reisen?" fragte Hall, indem er sich erhob. Du hast wohl gut auf der Tournee verdient?"

"

( Fortsetzung folgt.)

Willfried, der Agitator.

Es gab ja niemanden, der mehr Leute fannte als er, mit mehr Menschen in vertrautem Umgange stand, und dessen Wort mehr beachtet worden wäre als das seine. den unteren Klassen" natürlich. Bei den Guts- und Forst­arbeitern, den Ziegelbrennern und Handwerksgesellen. Und zivar tannten sie ihn eine stattliche Anzahl von Kilometern im Umtreise: Er saß bald hier, bald da. Sein magerer Schimmel trabte auf allen Wegen. In Willfrieds Allerweltsgeschäften fannte sich feiner aus. Er selbst vielleicht auch nicht.

Na. Da tam also nun die Wahlzeit. Und ganz wunderbar wars, wie man sich plötzlich in den besseren Volksfreisen" und höher hinauf jener Existenzen erinnerte, an denen man sonst gleichgültig oder wohl gar mit einer leisen Berachtung vorüberging. Eine Höflichkeit und Freundlichkeit wars überall, gar nicht zum sagen. Es gab Leute, die allen Ernstes behaupteten, der Pfarrer habe vor dem langen Drechslergesellen Hein den Hut gezogen, obgleich ge­nannter Hein nicht die geringste Verbindung mit dem Jenseits unterhielt. Vielleicht ist's aber auch erlogen, und der Pfarrer hat sich nur gerade den Kopf gefragt, weil er eines Gottlosen ansichtig wurde. Jedenfalls, das steht fest, ist der Gottesstreiter beim Willfried gewesen, hat gesagt:" Mein lieber Freund!", hat ihm nationalliberale Stimmzettel gebracht es ist eine evangelische Gegend und hat ihm einen Gotteslohn versprochen, wenn er diese Zettel mit einer plaufibeln Empfehlung an den Mann bringe. Warum nicht?" hat ihm der Wilfried geantwortet. Aber

was wollen denn die Nationalen?"

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Da hat der Herr Pfarrer die Hände überm Bäuchlein gefaltet, hat seinen Agitator liebevoll angeblickt und gesagt: Wir wollen das Beste, lieber Freund. Sagen Sie es den Leuten."

Dann ist er gegangen.

Am nächsten Tage war ein anderer da: der Tischlermeister Schulze, ein magerer Kerl mit einem erzdummen Gesicht, der zu geizig war, um sich satt zu essen. Er hatte eine ellenhohe blaue Düte bei sich, die er demonstrativ vor Wiltfrieds Nase auf den Tisch stellte.

Willfried. Diesmal muß es fluschen!" Was?"

"

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Ach so. Prima. Selbstredend! Wir geben dem Volt keinen Schund wie die Juden. Wir, die wir das Beste wollen!"

So, so," jagte Wilfried, Ihr wollt auch das Beste." fried: schwarz und rot! Aber schwarz- weiß- rot, das ist's!" Er Nur wir!" Schulze erhob den Arm. Alles muß hin, Will­schüttelte Wilfried theatralisch die Hand und legte mit der Linken Stimmzettel auf den Tisch: Gut Holz! Mit Gott, für Kaiser und Reich!" In majestätischem Schritt ging er. Willfried schmunzelte ihm nach und besah den Taler: Er scheint echt zu sein." Dann machte er sich an die blaue Tüte, holte die Pfeife und stopfte sie.

"

Als er eine halbe Stunde geraucht hatte, machte er die Fenster auf und spudte. Sol's der Deubel! Das scheint auch ein echt germanischer zu sein. Lassen wir ihn lieber für die Agitation." mann Isaac focht mit den Händen im Dampf herum. Wen woll'n Gott, was schmauchen Se for Kraut, Willfriedchen!" Kauf­Se vergiften?"

Die Juden!"

B

Hab's geseh'n: er war da! Der Schulze, der-!" Isaac verschluckte vorsichtig die Beleidigung. Willfriedchen, Se werden doch nich arbeiten for den? Se werden nich verraten de Liberale tät! Will se doch's Beste bon's Volf!"

" He?" Willfried schloß das Fenster und setzte sich, die großen Augen auf jaac gerichtet. Der widelte etwas Langes aus einem Bapier, faßte jenes Etwas am Zipfel und ließ es vor den Augen Willfrieds hin- urb herschwingen. " Wurst?" Willfried machte jeht es ist nicht zu leugnen Augen wie ein hungriger Hund."

" Schladwurst! Echte! Braunschweiger! Prima- Ware! Pfund eins sechzig! Empfehlen Se mich bei Ihre Bekannten. Da!" Willfried fing die Wurst auf.

Hat er Ihnen gegeben auch was in bar?" " Zwei Zaler," log Willfried."

" Se flunkern!"

Wilfried schwieg. Ifaac zog feufzend ein schmußiges Portes monnaie: Sie sind ein Jud, Willfried! Ich geb' Ihnen fünf Mark gegen Quittung. Und da find de Stimmzettel. Sagen Se den Beuten: diesmal geht's nich bloß for de Liberaletät, sondern auch for de Nationaletät! Nich schwarz, nich blau, nich rot sondern schwarz- weiß- rot." Er schüttelte seinem Agitator die Hand:" Adjes, und empfehlen Se mein Geschäft." Er entfernte sich.

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Willfrich schnitt am Abend cin Zipfelchen der Wurft an, bes schloß aber dann, sie gleichfalls der Agitation zu widmen. Am folgenden Tage fuhr ein Schlitten vor. Ein Diener trak Willfried, Sie sollen' rauskommen zum Grafen." " Da wohn' ich!" sagte Wilfried und wies ringsum auf die

cin: Wände.

In die Bude hier kommt er nicht." " So bleibt er draußen."

Der Diener ging. Gleich darauf stolperte der Graf in's Zimmer:" Werd' mir noch's Bein brechen in der Höhle da! Hören Sie mal. Habe erfahren, daß Sie beliebt sind bei den Leuten. Spazmacher und dergleichen. Sind ja auch schon einige Male vor Gericht zusammengerasselt. Schad't nichts. Nehm's Ihnen nicht übel. Wollt Ihnen bloß sagen: Kaninchenjagd in meiner, Forsten steht Ihnen frei. Aber Kirche im Dorf lassen, verstanden? Scheinen ja sonst' n ganz brauchbarer Mensch zu sein. Gottes­furcht und Vaterlandsliebe in den Gebeinen. Na also. Da ist die Wahl. Geht auf Leben und Sterben diesmal. Werde von den roten Hallunken bedrängt. Sie wissen Bescheid, was? Zukunfts-. Stlavenstaat und so weiter. Todesstrafe auf Karpfens itaat diebstahl, hahaha! Na, nichts für ungut. Unsereins will das Beite von Euch Leuten. Manche sehn's nicht ein. Kurz und gut, da sind konservative Stimmzettel. Wollen Sie das Zeug ver­ Warum nicht?"

teiten?"

Gut." Er griff in die Westentasche und warf ein Goldstück, auf den Tisch. Spendieren Sie den Leuten' n Jäßchen, wenn Sie mal im Gasthof beisammen sind. Hälfte für Bemühung.' djö." Er stelzte hinaus.

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" Die Wahl! Wir werfen fie! Diesmal schlagen wir sie zu wo er sie bewirtete. Er teilte sämtliche Stimmzettel in gleiche Mus und Grus!" Seine Augen fladerten.

Wen woll'n Sie haut'n, Schulze?"

Die Hebräer! Den Jakob, die Sarah! Wir brauchen einen nationalen Voltsvertreter, Willfried. Einen stammechten! Wollen Sie helfen?"

" Warum nicht?"

Gut. Da hab ich ein Patet Tabat getriegt." Er schob's über den Tisch und lachte:" Mit Dampf muß die Agitation gehen! Drauf und dran. Lassen Sie rauchen, wer rauchen will! Es tommt nicht drauf an. Nur daß die Leute sehen: wir haben ein Herz für's Volf. Und jag ihnen: fie foll'n nicht zum Jjaat laufen. Ein Schindler is' er, ein Betrüger! Und da", er zog eine Börse, ein Taler ist noch übrig. Gieb mir eine Quittung für's Komitee." Willfried schrieb. Dabei fragte er: Ist er auch gut?" Schulze ging mit großen Schritten auf und ab:" Ha! Ein echter Germane, jag ich, ein

" Den Tabak mein ich."

Willfried aber suchte sich aus seinem Wohnort und den un. liegenden Dörfern ein Dußend Bekannte zusammen Drechsler Hein war auch dabei und bestellte sie in den Grauen Löwen", Häuschen, ebenso den Tabak. Und die Wurst schnitt er in zwölf Stüde . So erhielt jeder von jedem seinen Anteil. Den Gottes lohn bom nationalliberalen Pfarrer müßt Ihr Euch dazu denken," sagte Willfried. ,, Vom konservativen Bier friegt jeder 10 Glas." Dann stand er auf: Herrschaften, viele Worte find meine Gache nicht. Aber wenn einer einen Auftrag annimmt, so muß er ihn ausführen. Eßt und trinkt und raucht. Nachher macht sich's von selber."

Der lange Hein hatte bloß an seiner Wurst gerochen. Dann warf er sie dem Hunde des Wirts hin. Der schnüffelte, aber fraß nicht. Rein Hund frißt die Wurst mehr!" " Der Tavat stinkt!"

Wie Teufelsdred!"

" Das Bier hat keinen Schaum!"

Sie schrieen und lachten durcheinander: Sag ihnen, sie follen's für sich behalten."