die Erbsen, etwa sechs, nach der Schnur gezogene Reihen, 8 bis 10 Zentimeter tief, und die einzelnen Körner in 3 bis 10 Zentimeter Abstand, voneinander. Das Tieflegen hat den Zweck, die keimende Saat gegen Spätfröste zu schützen. Sollten wirklich die über der Oberfläche erscheinenden Spitzen abfrieren, so treiben die Erbsen bald aus dem Boden erneut nach. Die allerfrühesten Erbsen- sorten, wie: Wunder von Amerika , Buxbaum, oder früheste Mai- erbse, brauchen nicht mit Reisern versehen zu werden, sie bleiben niedrig und kriechen über den Boden hin. Die Hauptarbeit auf der Parzelle fängt erst an, wenn die Witterung dauernd milder zu werden verspricht. Dann sät man neben der Gartenkresse auf vorher gedüngte Beete, Spinat, der das erste grüne Gemüse liefert, neben der obengenannten Kresse den sogenannten Pflücksalat, der keine Köpfe bildet und rasch ver- brauchsfähig wird, sowie die ersten Radieschen, die bei gutem Wetter von der Saat bis zur Ernte knapp 6 Wochen erfordern. Gerade die Radieschen der ersten, frühesten Saat werden die besten. Später, bei heißem Wetter, werden sie bald holzig und pelzig, wenn man keine schattigen Bcctchen für sie zur Verfügung hat. Hd. Kleines f eirilleton* c. Schnreschipper. Ehe die Bewohner der stillen vornehmen Straße noch recht wußten, daß es in der vergangenen Nacht m dichten Flocken vom Himmel gekommen und Trottoir und Fahr- danun mit einer weißen weichen Polsterschicht bedeckt war, klirrten da draußen schon die Hacken, schurrten die Besen, klangen die Schaufeln. KommerzienratS Lucie preßte die noch bcttwarme Rase an's Fenster, zog sie aber mit einem leichten Schrei zurück:.Gott , was für Leute! Frau Rat saß am Kaffeetische und wollte gerade ein Stück Gebäck zum Munde führen. ES blieb in halber Höhe.„Was hast Du? Ist Dir etwas?" „Ach nein doch, Mama." Lucie setzte sich mißmutig.„Die vielen Arbeiter da draußen I ES ist ein so ungewohnter Anblick. Und so ruppig und struppig wie manche aussehen I" Die Hand der Frau Rat vollendete den Weg zum Munde. Ein Achselzucken.„Ja, irgendwie muß der Schnee doch fortgebracht werden. Dazu zieht mau sich natürlich nicht das Beste an." „Man." Lucie lächelte ironisch..Du tust gerade, als ob Du auch schon mal—" „Hab ich auch. AlS wir anfingen— Papa und ich—, da fegte ich nach jedem Schneefall das Trottoir vor unserem Laden. Ist lange her, aber wahr ist eS doch noch. Schadet auch nichts, desto besser sieht's sich jetzt zu." „Das müßtest Du mal sin Salon erzählen." „Lieber nicht." Frau Kommerzienrat lachte und trat ans Fenster:„Es sind wirklich ganz verwilderte Gesellen dabei. Dem einen ist wohl gar der ganze Bermel von oben bis unten geplatzt. Jetzt schnürt er ihn mit Bindfaden zu. Und der Alte dort. Ihm gucken wahrhaftig die Zehen aus den Stiefeln. Jack I" Sie klingelte. Ein Diener trat ein.„Jack, sehen Sie den alten Mami dort unten? Bringen Sie ihm ein Paar alte Stiefel von meinem Mann." Jack stand einen Augenblick ganz verblüfft. Dann verschwand er mit einem kaum merklichen Kopfschütteln. Lucie schüttelte auch den Kopf, sagte aber nichts. Frau Rat setzt« sich wieder, hoch befriedigt.„Der wird sich nicht schlecht freuen. Nein, s o bm ich doch nicht gegangen." „Und Stiefel hat Dir wohl auch keiner geschenkt?" „Nein. War auch nicht nötig. Wir hatten ja olleö im Laden. WaS ich brauchte, zog ich m>. Und nachden, wurde cS verkaust. O, wir lvaren sehr praktisch, das kannst Du glauben. Sonst säße« wir nämlich nicht hier." „Und ich müßte womöglich Schnee schnippen. Lucie ward ganz rot. „Vielleicht. Wahrscheinlich sogar." Lucie ging nachdenklich auf und ab.„Weißt Du was, Mama? Ich werde doch zur Probe filr unser WohltättgkeitSkonzert gehen." „Fahren, meinst Du." Mama klingelte.„Jack, das Journal." „Und lassen Sie das Eoupee vorfahren," befahl Lucie. Frau Rat blätterte im Modejournal:„Es wird von Jahr zu Jahr schwerer,«tivas Besonderes zu finden." Lucie stand am Fenster:„Wo kommen eigentlich die Leute her, Mama?" „Die grüne Samtrobe würde mir nicht schlecht stehen. WaS sagst Du, Kind? Woher die kommen? AuS dem Asyl, von den Arbeitsnachweisen und so." „Aus dem Asyl für Obdachlose?" „Ich glaube wohl." „Dann haben die Leute vielleicht gar nichts anderes anzuziehen, alS was sie auf dem Leibe tragen?" „Manche wohl nicht. Aber willst Du Dich nicht fertig machen?" Lucie sah nach der Uhr:„Ja. Es ist die höchste Zeit." Sie ging, um sich zur Ausfahrt anzukleiden. Frau Rat fröstelte. Sie machte sich au der Heizung zu schaffen, setzte sich in einen Lehnstuhl und studierte weiter das Journal. Eine behagliche Wärme strömte in das Zimmer und mischte sich mit einem I leichten Parfümduft. Auf den, Kaminsims tickte laut eine bronzene Pendule. Von unten herauf kam noch immer das Klingen der Schaufeln, das Schurren der Besen, das Klirren der Hacken. Aber müder als am Morgen, weniger lebendig.„Nicht soviel'rumstehen," sagte der Aufseher mit der Dienstmütze.„Wenn wir warten woll'n, bis der Schnee taut, dann brauchen wir Euch nich." Ein junger, untersetzter Arbeiter mit magerem Gesicht und sehnigen Händen richtete sich auf.„Wir. Hört ihn doch mal. Als wenn er der Schah von Perflen wäre." „Sei doch still." Der Alte mit den zerrissenen Stiefeln mahnte ihn.«Wir können zufrieden sein, daß wir'n paar Groschen ver- dienen. Und arbeiten müffen wir—" «Na. Denn sei zufrieden." Der andere höhnte.„Hast'n Paar Stiebel gekriegt— und nu biste konservativ, was?" „Die Stiebel sind sehr gnt, Du. Da ist noch nich ein Flicken drauf." Ein großer, gebückter Mensch kam mit hängenden Armen heran: „Mir wn alle Knochen im Leibe weh. Ist noch nicht bald Mttag? Hat keiner'ne Uhr?" „Schafskopp." Ein Gelächter antwortete ihm. Und der jintge Arbeiter rief:„Kann mir einer vielleicht'neu Blauen wechseln?" Der Alte kicherte vor sich hin: ,'ne Uhr. Ich Hab' mal'ne Uhr gehabt I Glaubt Ihr woll nich, was? Ja l" Er richtete sich auf:„Bei Gott , ist wahr l" „Für'S Gewesene gibt der Jude nischt." „Gewesen ist gewesen l" Der mit den: zerplatzten Aermel stützte das rote schwammige Gesicht auf den Schaufelstiel. Die trüben Auge» blickten ins Leere. Dann schrie er seinem Rebenmann zu: „Ich Hab' Sekt aus Maßkrügen gesoffen, weißte das? I" «Ruhe, Herr Hauptmann I" „Pah. Elende Bande!— Ah I" Er salutierte mit dem Schaufel- stiel. Lucie stieg in den Wagen. Der fuhr davon, mitten durch einen Schneehaufen. Dem Hauptmann spritzte etwas auf die Rase. Er wischte es mit dem Bermel ab, sah mit bösen Augen dem Wagen nach und lachte verächtlich. Der große Gebückte hatte wieder die Hacke geschwungen. Run warf er sie mit einer verzweifelten Geberde hin und ging zun: Alls- seher.„Ist nicht bald Mittag? Ich kann nicht meht." Der mit der Dienstmütze wollte auffahren, besann sich aber, als er dem Manu ins Gesicht blickte.„Fünf Minuten." Er drehte sich zur Seite und sah'S nicht, wie der andere sich auf den Mauer- Vorsprung eines GartengitterS setzte, den Kopf in die Hände nahm und zur Erde starrte. Bald darauf verstummte das Geräusch der Hacken, Besen und Schaufeln. Mittag. Nur einige gingen in eine nahe Destillatton. Die anderen suchten sich irgend einen Sitzplatz und verzehrten ihr Brot mit müden, hoffnungslosen Mienen... Als der Kommerzienrat von der Börse und Lucie von der Probe kamen, lag die Straße rein und still. „Ein prächtiges Wetter I" sagte der Bater. „Herrlich I' „Bekommt den Kohlenaktien vortrefflich." Er lachte.„Scherz beiseite. So ein Winter ist ein Segen, ein wahrer GotteSsegen. Denk' mal, wieviel Leute allein beim Schneeschippen gebraucht werden!" „Und wo gehen sie hin, wenn kein Schnee mehr da ist, Papa?" „Dahin, woher sie gekommen find: in die Asyle, Wärmehallen usw."— Hygienisches. Die Diphtherie als Volksseuche. Seit Einführung des Heilserums hat die Diphtherie ihren Schrecken als Kindcrwürgc- cngcl wesentlich verloren. Doch scheint es, als ob gerade in den letzten Jahren die Krankheit w»eder im Zunehmen begriffen sei. Nach genauen Aufzeichnungen in Bremen starben in den Jahren 189S— 1903 auf 100 000 Lebende jährlich 16 Personen, in den beiden folgenden Jahren aber 31; desgleichen wird aus Hamburg eine Zunahme der Erkrankungen und der Todesfälle in den letzten beiden Jahren berichtet. Auch in Sachsen trat die Krankheit ziemlich bös- artig auf, zog sich recht lange hin und bewirkte vielfache Nach- Irankheiten. Im Jahre 1903 starben an Diphtherie in Deutschland immerhin noch 10 102 Personen. So wohltätig demnach auch das Heilserum wirkte, so hat es doch nicht zu einer Herabsetzung der Erkrankungszfffer geführt und weiter« Maßnahmen zur Be- kämpfung dieser Seuche sind demnach nicht überflüssig geworden. In einem im„Deutschen Archiv für klin. Medizin" veröffentlichten Aufsatze geht daher Dr. Tjadcn, der Leiter des Bremer Gesundheits- amtcs, den Quellen nach, aus welchen sich die Krankheitserreger immer wieder ergänzen. Danach ist der kranke Mensch der Haupt- träger des Anfteckungsstoffes und die Gefahr beginnt, wenn die Krankheitserscheinungen abzuklingen beginnen oder erlöschen und der gewöhnliche Verkehr und die Beschäftigung wieder aufgenommen wird. Ansteckungsfähigc Bazillen können sich in Menschen finden, die vollkommen gesund erscheinen; sie fanden sich in Bremen nach drei Wochen noch bei 2b Proz. der Erkrankten, nach fünf Wochen noch bei 10 Proz. Bei Erwachsenen erfolgt die Abnahme rascher wie bei Kindern. Weiter spielen die Hausgenossen als Krankheits- Verbreiter eine Rolle, die Geschwister und Eltern, das Dienstpersonal und die Gcschäftsgehülfcn. Der Kranke überträgt seine Krankheit außerdem mit dem Auswurf auch auf leblose Gegenstände, auf das Bett, die Wände und den Fußboden, die Eßgeschirre und das Spiel».
Ausgabe
24 (2.2.1907) 24
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten