Völkerkunde. — Was si»d Parias? Der aus Indien stammende Begriff der Parins hat sich in einem gewissen Sinne über die ganze Welt verbreitet. Die Parias sind im Sprachgebrauch unserer Völker immer die AuSgestoßenen, vom Staat und Glück Vernachlässigten gewesen, also etwa dasselbe, was man zu Zeiten der französiscken ptevolution als tiersötat und heute als den vierten Stand be- zeichnet hat. Der Urbegriff Parias ist nicht so einfach fest- zustellen und deckt sich auch nicht ganz mit der Auffassung. die iin allgemeinen damit verbunden wird. Allerdings nennt ,nan in Indien Paria auch die von anderen Kasten aus- gestoßenen Leute, aber diese Anwendung des Namens ist nicht die ursprüngliche. Die wirklichen Parias find vielmehr die Vertreter des großen eigentlichen KernS des indischen Volkes, deren Voreltern ein alteS unabhängiges Volk aus der Familie der DravidaS bildeten. Dies Volk war, wie Dr. Laloy im„Archiv für Anthropologie" nach- gewieselt hat. in alter Zeit sehr mächtig lind geriet erst nach und nach in Abhängigkeit von anderen Völkern. Daher kommt es, daß in den Parias noch eine Erinnerung an eine einst bessere und herrliche Zeit nachwirkt und sie noch immer einen Stolz auf ihre Kaste' festhalten läßt, so sehr auch dieses Selbstgefühl mit der Mißachtung der anderen.Kasten kontrastiert. Ueberhaupt aber ist es mit dieser Mißachtung nicht so schlimm bestellt, da die Parias bei gewissen religiösen Zeremonien sogar noch Vorrechte besitzen, namentlich in der AusstatKaig und Amtsführung ihrer Priester. Allerdings stammen diese Vorzüge aus einer längst vergangenen Zeit, als man sogar noch sagte, der Paria sei der ältere Bruder deS Brahmanen. Auch heute noch zerfallen die Parias in eine Reihe von Klassen, die sich streng von einander halten, aber viele von ihnen fühlen sich so gedrückt, daß sie gern ihren Ursprung verleugnen und Schutz bei einer anderen Kaste oder im Nebertritt zum Islam oder Christentum suchen. Physikalisches. Die Entstehung des Grundeises. Aus einer Arbeit von Gottlieb Lüscher gibt der„Globus" die Ergebnisse wieder. Danach hat die große Menge des in den Gewässern entstehenden Grurideises ihren Ursprung in der gestörten Eisbildung an der Wasseroberfläche, oft auch in dem ins Wasser fallenden Schnee. Setzen sich unter dem Einflüsse von Geschlvindigkeitsstörungen im Waffer treibende Eiskristalle an einen durch Wasser oder Eis bereits binreichend gekühlten Gegenstand, so kann an diesem die Grund- cisbildung vor sich gehen. Die unter Grundeis bekannten Eis- bildungen unterscheiden sich nach ihrem Vorkommen, nach Art und Stadium ihrer Entwickelung und in der Folge auch nach ihren speziellen Eigenschaften als drei bestimmt- abgegrenzte Arten. Bc- finden sich die antreibenden Kristalle noch im ersten Stadium ihrer EntWickelung— gleichviel ob in festem Zustande, als Gallerte oder bereits in Verflüssigung begriffen—, so bildet sich in nicht zu großer Strömung das blätterige Grundcis aus, als gcsetz- mäßiger KristallisationSprozcß unter Einwirkung der Molekular- kräfte. Werden dagegen bei größerer Kälte die Treibeiskrislalle in bedeutenden Mengen, auch schon als versammelte Kristall- gruppen zusammengetrieben und in stärkerer Strömung mit 5traft massiert, so entsteht das körnige Grundeis als mechanisches Gc- menge unter Einfluß der Regclation. Große Mengen ins Wasser fallenden Schnees, massenhafter Grundeisauftrieb oder zerbröckelte und in großer Zahl ins Wasser getriebene Stückchen einer zerstörten Oberflächcneisschicht können nun die Bildung deS Gallertcises veranlassen, in der Weise, daß das ganze Waffer gallertartig fließt und etwa an seichten Flußstellcn ins Stocken gerät. Streng ge- nommcn gehört das Gallerteis nicht zum Grundeis, wird aber seines durchaus ähnlichen Aussehens wegen allgemein als solches bezeichnet. Es tritt meist auf bei Umschlag von großem Frost in Tauwetter oder umgekehrt und hat seinen Grund in der Grenz- flächcnspannung verschiedener temperierter Wasserblasen oder Wasserschichtcn. Bereits die geringsten Mengen gelöster Salze, wie sie'in keinem Wasser fehlen, genügen, um bei den kleinsten Temperalurdifferenzen Grenzflächenspannung hervorzurufen. Ge- langen im Wechsel von Tauwetter und Frost große Mengen Eis- Partikel in das Wasser von etwas höherer Temperatur, so entsteht unter dem Einfluß ihrer Schmclzgallerte starke Grenzflächen- spannung, so daß es sich in der Folge in Schaum und Gallerte verwandelt, und auf diese Weise der Wassertransport eines ganzen Flußkanals ins Stocken geraten kann. Solche Eisstop'sungen treten namentlich gern auf, wo große Mengen Grundeis, Schnee und zerbröckeltes Oberflächcncis an einer Stromschnelle unter eine an stauer Flußftelle gebildete Oberflächeneisschicht getrieben werden. Auf diese Weise können ganze Flußläufc verlegt und angestaut werden, so daß deren Wasser sich über die Ufer ergießt. Eine dem Grundeis ähnliche Eisbildung kommt auch in wasscrzügigem Boden vor, auch hier in blätteriger oder körniger Gestalt, je nach Um- ständen. Wobei an das Bodcncis in Sibirien erinnert sei.—- HitmvristifcheS. — Der zer st reute Kraftmensch. Gestern— so er- zählte der Athlet Fäustling— hatte ich einen Wortwechsel im Kaffee- Haus. Ich hatte meine Melange ausgetrunken und wollte fortgehen, da greift ein fremder Herr nach meinem Schirm. Bitte vielmals um Verzeihung, sage ich, Sie irren sich entschieden, das ist mein Schirm. Nein, sagt der andere, Sie befinden sich im Irrtum, das ist mein Schirm. Na, wie kann ich mich bei so wa? irren, ich kenn' doch meinen Schirm ganz genau und sage nochmals, mein Herr, Sie werden Ihren Schirm anderswo hingestellt haben, suchen Sie nur. vielleicht haben Sie ihn auch zu Hause vergessen, ich weiß ganz bestimmt, es ist mein Schirm. Jeuer bleibt aber bei seiner Meinung, wir reden so noch ein paar Minuten hin und her. ich immer ganz höflich, er immer erregter, wo ich doch einen heiligen Eid darauf hätte ablegen können, daß es mein Schirm war, was soll ich Ihnen sagen, erst wie sie den Herrn am Büfett mit Essig gewaschen haben, sehe ich, er hat doch recht gehabt, es war wirklich sein Schirm. — Die Stütze des Festes.„Seht's, Kinners, ich ver- kleid' mich nit, ich red' kein Ton, ich bin nit g'scheit genug zum Diskurs— aber b'soffener bin ich, wie Ihr Schafsköpp' alle mit- einander!" — Rekord. Käufer: Sie haben auch Taschenuhren? Hausirer: Sehr scheene. Hier diese für acht Mark. Und die für zwölf Mark. Käufer: Zwölf? Die sieht doch ganz so aus wie die andere? Hausierer: Den Unterschied möcht ich' reich sein, was die für zwölf Mark geht schneller! (»Lustige Blätter.") Notizen. — Der Komponist Ludwig Thuille ist in München gestorben. Ein liebenswürdiger, feiner Künstler, der uns einige interessante Kammcrmusikwerke, ein paar zart empfundene Lieder mit volkstümlichem Einschlag und Männerchöre voll Kraft geschenkt hat. Von seinen Opern ist das Märchenspiel„Lobetanz" auch in Berlin aufgeführt worden. Der Künstler, der aus Bozen stammte und nach Studien bei Rheinberger an der Münchener Akademie der Ton- kunst bereits mit 22 Jahren Lehrer wurde, ist nur etwas über 46 Jahre alt geworden. — Die Darmstädter K ü n st l e r k o l o n i e soll in: Herbst wieder zu neuem Glanz durch großherzogliches Mäcenatentum er- weckt werden. Eine Reihe von Künstlern soll besonders von Minchen her berufen werden. — Der B ü h n e n h e r v o r r u f ist nach den: Mißgeschick, das Hauptmann mit seinen„Jungfern" im Lessing-Theater zustieß. plötzlich bei den Autoren in Ungnade gefallen. Schade, daß sie nicht vorher auf die Idee gekommen sind. Vor kurzem hatten noch unsere Dramatiker bei einer Umfrage sich ganz einverstanden mit dieser Unsitte erklärt. Unter der Annahme natürlich, daß sie immer und so oft wie möglich gerufen würden. Das selbstverständliche Recht der Gegenpartei auf Zischen scheint ihnen aber vorläufig wieder einmal die Freude am Hervorruf(mit genauer Statistik in allen Morgenblättern und frisierten Depeschen für die Provinz) etwa? verleidet zu haben. Immerhin wäre es zu begrüßen, wenn dem Rufe Hauptmanns nach Reform, das heißt hoffentlich radikaler Beseitigung des Hervorrufes, Folge geleistet würde. Wenn die Prennerentiger und die seidene Plebs so um eine Sensation kommen, um so besser für das Theater. Aber die Direktoren, Regisseure und andere Leute brauchen auch nicht mehr vor die Gardine zu kommen. — Was dahinter st eckt. Ein in Amerika ansässiger Deutscher, der sich den Spaß machen wollte, zu sehen, wie weit der Humbug mit Reklame geht, ließ es sich nach der„Köln . Ztg." 8 Dollar kosten, um auf den Grund einiger besonders hartnäckiger Annoncen zu kommen. Die erste lautete:„Für einen Dollar heile Trunk- sucht usw." Antwort: Schwöre das Trinken ab und werde nie mein- eidig. Nummer zwei versprach für einen Dollar ein probates Mittel, um Rüben erfolgreich zu ziehen. Die Antwort lautete: Fasse die Rüben oben an und reiße sie heraus. Die dritte Annonce war etwas sür Heiratskandidaten und lautete:„Wie mache ich einen ttefen Ein- druck?" Nach Einsendung des geforderten Betrage? kam die Ant- ivort: Setze Dich in einen großen Napf voll Teig l Auf eine Annonce:„Wie verdoppelt man in kurzer Zeit sein Geld?" erhielt unser Gewährsmann den guten Rat, sein ganzes Geld in Bank- noten umzuwechseln und diese durch einmalige? Zusammenfalten zu verdoppeln. Die nächste Anzeige versprach für einen Dollar zwölf sehr nützliche Gegenstände, die indes, wie sich herausstellte, in zwölf Nähnadeln bestanden. Eine verlockende Ausbeute versprach folgende Annonce:„Wie kann man schnell reich werden?" Nach Ein- sendung des verlangten Dollars erhielt er den guten Rat:„Arbeite wie der Teufel und vor allem gib nie einen Cent aus:"„Wie kann man ohne Tinte oder Feder schreiben?"„Gebrauche einen Bleistitt", lautete die Antwort; aber die letzte übertraf alle anderen: Wie kann man leben, ohne zu arbeiten?" Die Anttvort für einen Dollar lautete:„Suche Dumme wie ich l" Bcrantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.VerlagsanstaItPaulSinaerLrCo..BerlinL>V.
Ausgabe
24 (7.2.1907) 27
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten