hundert Meter reicht die so herbeigeführte Luftabkühlung; aber in einer gewissen Höhe muß diese Wirkung schließlich aufhören, weil die direkte Wärmeleitung der Lust nicht unbegrenzt, ja nicht einmal sehr groß ist; dort ist die Lust also so warm, wie es die Sonnen- strahlung zur Folge hat und darum wärmer als in tieferen Lnft- schichten. Die winterliche Temperaturnmkehr ist eingetreten. Von da aus macht sich dann die gewöhnliche Temperatnrabnahme mit der Höhe geltend und so find alle Einzelheiten der Erscheinung er- klärt. Es ist mit großer Wahrsckeinlichkeit, ja fast mit Sicherheit zu erwarten, daß auch in dem jetzigen Winter Temperaturversioncn auftreten.— Kleines f einUeton* Theater. Schiller-Theater dk.:„Adieu Theres e�, Einakter von Ludwig Renner ;„Sein Alibi", Schwank in drei Akten von Wilhelm Wolters . In dem früheren Schiller- Theater N., das augenblicklich dem Zickelschen durch das Kadcl- burgiche„Husarenfieber" für Monate versorgten Lufispielhause als Filiale angegliedert ist, gab eS nach endlosen Wiederholungen des „FamilientagS" am Dienstag zwei Premieren. DaS Publikum schien sich zu amüsieren, mit und ohne Grund wurde viel gelacht. Der Renners che Einakter erinnert, wie der Verfasser selbst eine seiner Personen vorsorglich bemerken läßt, stark an SchnitzlerS „Abschirdssouper", war aber darum doch kein bloßer Abklarsch. Ein Liebhaber von dem bekannten Anatolgenre, dem eine mehr als sechsmonatliche Liebe als Widerspruch gegen Natur und Her- kommen erscheint, hat nach Ablauf dieser Frist die Dame seines erzens zu sich eingeladen, um ihr auf Grund seiner Prinzipien die otwendigkeit des AuseinandergehenS zu beweisen. Ein schrecklicher, indessen unvermeidlicher Verlust, den fle erleiden wird— so meint der von dem Zauber seines werten Ich aufs innigste Durch- drungene. Er furchtet das aggressive Pathos ihres zu Hand- greiflichkeiten neigenden Zorns und placiert als Hülfskrast, die auf das Stichwort„Adieu Therese" eintreten und seine Beweisführung logisch unterstützen soll, einen Freund ins Neben- zimmer. Therese kommt, ist reizender als je, und so entivickelt fich die Sache gerade umgekehrt, als im Programm vorgesehen war. Wie Butter in der Sonne schmelzen die Vorsätze, vergessen ist die Sechsmonatstheorie. Den lieben Freund wünscht er un Geist zu allen Teufeln. Selbstverständlich platzt der im ungeeignetsten Moment zur Tür herein und beginnt unter völliger Verkennung der Situation die präparierte Rede. Vergebens sind die Bitten und Beteuerungen des reuigen Liebhabers. Therese, rasch von dein ersten Schrecken sich erholend, dreht den Spieß um. Emil bekommt de» Abschied und an dem Arm des Freundes-, der sich bei diesem un- verhofften Rollenwechsel höchst zufrieden füblt, zieht sie mit schaden- frohem Lächeln ab. Die Komik des Umschlags milderte das An- stößige des Stückchens. Marie Mendt spielte mit munterer Verve. Um so größere Anforderungen an die Geduld stellte der mühsam zu drei Akten ausgezogene Schwank von Wilhelm Wolters . Juristische Spinnwebenlogik sucht aus dem Unr- stände, daß ein Angeklagter nach Wochen und Monaten sich über sein Alibi' zur Zeit der Tat nicht ausweisen kann, seine Schuld abzuleiten. Der Verfasser hat wohl ursprünglich eine Persiflage vorgehabt. Eine vortreffliche Tendenz, zu deren Aus- gestallung es ihm aber an allen Vorbedingungen gebrach. Für solche Zwecke hätte es einer schneidend grotesken Satire etwa im Stil der Courtelineschen Gerichtsszenen bedurft. Hier verläuft der Ansatz in einen merkwürdig unbeholfen zugeschuitzten schaal-familiärcn Dntzendspaß von drückender Langweiligkeit. Ein eifersüchtiges Frauchen, das von der Wichtigkeit des Alibi gehört hat. rückt damit ihrem gedächtnisschwachen Mann auf den Leib. Und weil er sich beim besten Willen nicht erinnern kann, wo er den bewußten Abend, über den sie Auskunft haben will, verbracht hat, nennt er in der Verlegenheit ihr irgend ein Lokal. Ein nach Indizien jagender Rechtsanwalt. Spezialist in Ehescheidungssachen, der durch die Frau davon erfährt, konstruiert im Handumdrehen unfehlbar- sicher den Beweis, dann müsse ihr verehrter Gatte der Herr sein, der mit der Gattin seines Klienten an jenem Abende im Säparü der Weinstube saß und durch das Fenster die Flucht ergriff. Die Auflösung, bei der die Augenzeugen sich aufs gründlichste blamieren, erfolgt in einer imitierten Salon-Gerichtsverhandstnig, bei der der Advokat als Staatsanwalt fungiert. Sie überraschte durch un- gewöhnliche Erfindungsartnut. Frau Mallinger zeigte in der Rolle der Eifersüchtigen wieder ihre stische Natürlichkeit, gegen die dann steilich die ungelenke Steifheit des von Ritter dargestellten Gatten um so peinlicher abstach. Mit behaglichem Humor gab Beckmann den um•feine Zeugengebühren besorgten Berliner Droschkenkuischer. dt. Hygienisches. lieber die A u st e r als TyphuSerreger verhandelte kürzlich die Pariser Akademie der Medizin. Die Frage ist für Frankreich von besonderer Bedeutung, da dort die Auster an der ganzen Küste ein wirkliches Volksnahrungsmittel und auch auf dem Tisch der Pariser Arbeiter kein seltenes Gericht ist. Die Gesund- heitsgefährlickkeit des Austerngeiuiffes ist keine neue Entdeckung. Sie war in England schon bor 20 Jahren Gegenstand einer vom Staate angeorditeten Untersuchung. l8LS sprach dann die Pariser Akademie den Wunsch nach einer Ueberwachung der Austernparks und des Austernimports aus. Das Marin eministerium ordnete daraufhin eine Uitterfuchung der Austernparks an der ganzen französischen Küste an, deren Resultate aber ungenutzt in den Amts- alten verschimmelten. Als aber im vorigen Jahre eine Reihe von auffallenden Erkrankungen die Aufmerksamkeit der Presse erregte und das Publikum beunruhigte, wurde eine neue Erhebung angeordnet, die Professor Netter leitete. Er hat nunmehr ihre Ergebnisse in der medizinischen Akademie mitgeteilt. Seine Untersuchung umfaßte III Jilfektionsfälle, die sich in einem Zeittaum von vier Monaten an 13 Orten ereigneten. In allen Fällen handelte es sich um Austern, die aus den Bänken des Teichs von Thau stammten und in den Parks der Kanäle von Cette gelagert waren. Profeffoi Netter konnte den Zuianimenhang zwischen diesem Ursprungsort und der Erkrankung feststellen. Die Infektion der Austern rührte, tvie er darlegt, von der Verunreinigung des Wassers durch die Abfallkanäle von Cette, einer Stadt von 3.j CHX) Einwohnern, her. Die gefährlichen Austen» waren stisch, zum Teil sogar an Ort und Stelle verzehrt worden. Sie waren durchaus wohlschmeckend, trotz des außerordentlich niedrigen Preises, der 20, 15, ja selbst 10 Centimes für das Dutzend betrug. Die Erkrankungen waren verschiedener Art: in der Mehr- zahl gastrische Fieber, Kolik. Diarrhoe, in 33 Fällen aber hatten sie Typhnscharakter. und zivar trat der TyphnS gewöhnlich in einer schweren Form, in Begleitung von Herzaffektionen auf. In Autun allem kninen in 13 Familie» 30 Erkrankungen vor, darunter vier mit tödlichem Ausgange. Die auffallende Tatsache, daß die Bewohner von Cette selbst von schweren Erkrankungen ziemlich verschont bleiben, erklärt Prof. Netter aus einer durch wiederholte Anfälle seil der Kindheit hergestellten Schutzimpfung. Diese Magen- und Eingeweideerkrankungen sind aber so bekannt, daß sie das Volk mit dem Namen„Cettoise". d. h. die Krankheit von Cette belegt hat. Netter hat auch festgestellt, daß das reine Seewasser dem Eberlhschen Bazillus und anderen Krankheitserregern nicht abttäglich ist, daß also sein Eindringen in die Austernparks die Gesundheitsschädlichkeit der Austern nicht aufheben kann. Immerhin besteien sich Austern, die aus dem infizierten Wasser entfernt werden, nach und nach von den gefährlichen Bazillen und hören nach 5 oder 6 Tagen auf gesund- heitsschädlich zu sein. Leider werden sie aber schon vor dieser Zeit konsumiert. Die Schlußfolgerung Retters ist: Die Auster ist an sich eine gesunde Nahrung. Das einzige Mittel aber, um sie nicht gesundheitsschädlich werden zu lassen, besteht darin, die Austernkultur unter Bedingungen zu betreiben, die die Berührungen mit ver- unreinigtem Wasser ausschließen. Völkerkunde. Negerzauber. Im inneren Afrika gibt eS für uns noch so manche Geheimnisse. Wir wissen, daß viele Negerstämme auf große Entfernungen sich Nachrichten geben, wir können uns aber diese Uebermtttelung schlecht erklären. Wohl hört man in Westastika nächtlich daS Trommeln, das die Nachrichten weitergibt und unter den feinhörigen Kaffern ist. so sagt man, der Steinboden der Leiter für die Weitergabe der Meldungen. Doch bleibt viel von alledem unklar. Ter englische Arzt Dr. Felkin, der seinerzeit mit Emst, Pascha in Uganda war, kam von dort von Süden her in Lado am Nil an. Dorr teilte ihm ein Zauberer mit, er habe in derselben Nacht erfahren, in Meschao er Rek— abwärts im Bahr el Gasalgebiete— sei die Ankunft von zwei Dampfern auf dem Nile angemeldet worden. Auf diesen Tantpfen» befänden sich»nehrere Europäer, die der Zauberer schilderte. Einer sei ein kleiner Dicker mit einem langen Barte. Er bringe Briefe an Dr. Felkin und werde nach dreißig Tageil in Lado eintteffen. Felkin gab nichts auf die Rede des Schwarzen, der darüber sehr verstimmt war. Nach zweiunddreißig Tagen aber behielt jener doch Recht, der kleine Dicke kam an, Luptoi, Ney mit den angekündigten Briefen. Im Burenkriege erfuhren den Ab- zug der Buren von Mafeking und den Ausfall des Obersten Baker Eng- länder im Zululande ohne Telegraph und quer durch Südafrika schon am Tage des Vorfalles. Man kann diese Mitteilungen auf so bedeutende Entfernungen durch Rauchsignale. Feuerzeichen und ähnliches durchaus nicht erklären, denn viele Reitende berichten gleichlautend, daß die Kaffern auch über flaches Land hin weithin Nachrichten melden können. Es schien ihnen wohl, als ob steiniger Boden der Träger der Laute sei, doch den eigentlichen„Zauber" hat man nicht erkunden können. Durch ganz Afrika verbreitet find die Nganga, die zugleich Zauberer und Aerzte find. Der schwarze Medizinmann hat seine Medizin geivöhnlich in einem� Säckchen oder einer Kürbiskalebasse. Da ist wunderbares Zeug versammelt, ein Stück Büffelhorn, ein Stück Band, Menschenzähne. Affenhaut, Körner, Haare, häufig auch Geschlechtsteile von Menschen. Soll die Medizin wirksam iverden, so nimmt der Zauberer Gegenstände an sich, die den» Kranket» gehören, einen Zahl», Haare, Blut. Dann erscheint er in der Hütte, angetan mit einer Gesichtsmaske, und beginnt seine Beschwörung Wie in der Zeitschrift„Le Congo " der Baron de Haulleville mitteilt, find den Zauberern viele wirksame Mittel bekannt. Am bäufigsten wenden sie Bäder und Massage an gegen das Gliederreißen, die allgemeine Plage der Neger, die»n Kälte»ind Hitze im Freien leben und tagelang des Fischfanges ivegen am Wasser wohnen. Am Unter-Kongo setzt man den Kranken auf eilten Schemel , unter den» est» Kessel mit siedendem Wasser aus glühender Asche steht. Der Scideude wird dicht in Stoffe e»n-
Ausgabe
24 (14.2.1907) 32
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten