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salon von Casper aus, die sich zu der Society of 25" zusammen- mädchen und luftigen Tirolerinnen nebst Begleitung zu fallen, gefchloffen haben. Sie alle find vorwiegend, oft ausschließlich bis er verzweifelt in den ersten besten Laden stürmt und mit einer Landschafter. Sie find es durchweg mit einem Geschmad, daß man großen Papierfonnenblume geschmüdt, dem Prinzen Karneval wohl von Kultur und Tradition reden tann. Sie geben teine seinen Tribut erstattet.

haben.

Blender, fie gehen allen Effekten aus dem Wege. Sie beschränken Am Fastnachtsmontag oder Rosenmontag" ist der wichtigste fich auf ein ganz fleines Format, das bescheiden auftritt, um durch Tag. Die farnevalistischen Gesellschaften, in deren erklusivsten die Fülle des Feinen und Schönen dann um so nachhaltiger zu sich die Knallproben zusammengefunden haben, veranstalten einen überraschen. Bei ihnen wird die fünstlerische Behandlung der Land- Umzug durch die geschmückten Straßen der Stadt. Brinz Karneval schaft beinahe schon zu einem abstrakten Problem, das sie gelöst hält mit seinen Getreuen, männlichen und weiblichen Narren, haben und das ihnen nun in Im Zuge fieht man Autos und jedem Einzelfall sichere Umschau in seinem Reich. Mittel zur technisch geschmackvollen Lösung an die Hand gibt. Droschten, feenhaft mit Blumen dekoriert, und fabelhaft auf. Kaum wird man ein Abweichen bon dem allgemeinen gebaute Wagen mit Charaktergruppen bevölkert, dazwischen die Weg, den alle diese Künstler geben, wahrnehmen; fie ähneln sich Trompeterkorps der Militärkapellen, auch in Narrenlibree, und alle einander. Und doch greift feine Monotonie Plag, ein Beweis, hoch zu Roß die Vertreter der heiligen Hermandad als Schützer daß im einzelnen doch feinere Differenzen fich geltend machen. Der deutschen Narrheit. In Düsseldorf soll die Stadtverwaltung sogar aus Mitteln In diesen Landschaften ist alles auf eine matt- schimmernde Farbig­feit gestellt. Die fanfte, gleichmäßige Beleuchtung gleicht alle trassen der Allgemeinheit zur Ausschmückung der Straßen beigetrager. Gegenfäße aus, so daß alle grellen Lichteffekte fehlen. Sie geben Und Männlein und Weiblein werfen Blumen und Süßig feine frischen, teden Momentifizzen. Der impressionistische Einbrud feiten aus dem Wagen, um die die halbwüchsige Menge fich balgt erfährt eine Mäßigung, die dem ruhigen, malerischen Effeft nur zu und danach schnappt, wie der Hai nach einem fetten Bissen. Ter­gute tommt. Die fünstlerische Disziplin tritt vorteilhaft dadurch weilen aus Fenstern und Balfons bunte Papierschlangen ihre zu Tage, und das Auge fann mit nachhaltigerem Genießen Ringe schießen, sich um Hals und Hüte der Zuschauer legen, Kone das Bild betrachten. Die Licht- und Luftwerte treten nicht so aus fetti und Goldstaub sich in lockige Frisuren und ehrwürdige Bärte schließlich in den Vordergrund. Auch die Lokalfarben werden genügend einnisten, und Konfetti und Farben und Schellengeklingel und betont, und so bringen diese englischen Künstler Werte von einer Musik mit Knallwerk und Getöse fich zu einem unbeschreiblichen Feinheit zustande, in denen alle Naturwahrheit enthalten und doch Milieu der Tollheit und Ausgelassenheit bereinigen. die Kunst, die in dem Auswählen des Passendsten besteht, vorherrscht. Dienstagnacht findet der tolle Sput sein Ende. Werktag und Man tann solche Bilder nur als Farbenerscheinung genießen und unsäglicher Kazenjammer fleiden alles in bleiernes Grau, und man wird voll befriedigt sein und sich über die ästhetische Um- faum sollte man es glauben Tausende, die vor acht Tagen wertung des gesehenen Naturansschnitts freuen. Solch Bildchen fanatisiert im Wahlkampf standen, verfügen buchstäblich über erhält dadurch für die Wand einen dekorativen Wert, der zurüd feinen Nidel mehr; sie finnen, wie sie die bersetzte Uhr oder den haltend, aber fein im Raum mitspricht. Aber man wird sich auch Baletot oder einen Teil des Bettes aus dem Leihhaus auslösen an das Dargestellte halten können und die Vornehmheit der und hoffen auf das nächste Jahr, wo's noch schöner" werden soll. Auswahl und der Einfachheit des Sujets loben müssen. Und fromm wie Rheinland ist- Mutter Kirche, die drei Tage Wir sehen hier eine Natur, die eigentlich ohne Reize ist. beide Augen zugedrückt hat, hält ihre Arme auf, und alle Narren, Weite Ebenen, Wiesen, Baum und Strauch. Ein weiter die zur Verrüdtheit auch noch Glauben befizen, schleppen ihren Himmel darüber. Barte Tönungen des Lichts spielen über Sazenjammer in die Tempelhallen und lassen sich vom Geistlichen die Flächen. Das Farbige ist nur bescheiden verteilt. Dieses ein Afchenkreuz auf die Stirne zeichnen. Bevorzugen des Einfachen, Anspruchslosen, und die Tatsache, daß die Gedente, Mensch, daß du Staub bist" das ist der Ascher. Künstler aus diesem Einfachen eine Schönheit herausholen, die das mittwoch. Auge entzückt, zeigen, daß wir hier vor fertigen Künstlern stehen. Und wir, die wir dieselbe anspruchslose und doch so intime und feine Natur um uns sehen, tönnen von diesen Künstlern lernen, und hoffen, daß auch bei uns einmal eine Künstlerschar ersteht, die unsere Um­gebung mit so liebevollen Augen sieht und das Gesehene mit so reifen, ficheren Mitteln wiedergibt.

Kleines feuilleton.

Karneval im Rheinland . Schon seit Wochen spürte man in Stadt und Dorf die Vorbereitungen für den Fasching. Die Schaufenster und Auslagen der Geschäfte boten bunten Flitter, Land, Masten, Berüden usw. feil. Frauen und Mädchen saßen und pridelten und stidten, um ein Faschingskostüm herzustellen. Die Arbeiterinnen opfern hierfür ihre schwer verdienten Groschen und entbehren dafür oft die warme Mittagsmahlzeit und das zum Leben notwendigste.

Stoftümverleiher haben ihre Fenster geschmückt, und bald schauen schmucke Zigeunerinnen, bald Pierrots, bald Ritter und Edeldamen großspurig auf das Treiben der Straße. Bis zu den eigentlichen drei Fastnachtstagen spielt fich der Karneval mehr in den karnevalistischen Sizungen und Veranstaltungen ab, in denen es je nach dem Geldbeutel der Beteiligten mehr oder minder hoch hergeht.

Alter, ehrwürdiger Gürzenich im heiligen Köln , wenn du reden fönntest! Was würden deine Hallen und Säle, deine Wintergärten und lauschigen Nischen erzählen von Flirten und Schmachten und Stelldicheins, unter dem Schutze der Masten­freiheit, von wilden Champagnerorgien am dämmernden Morgen, wo die ganze und die halbe Welt als lette das Schlachtfeld be­haupten.

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Der Deutsche hat alle Ursache luftig zu sein. Die Straße ist sein. Um Fastnacht gehört fie der Narrheit, in der Wahlnacht gehört fie dem Patriotismus am 1. Mai wird sie dem demon­strierenden Wolfe gehören und die Behörden werden den Zug der Arbeit schüßend begleiten, wie zu Fastnacht im Rheinland und wie in der Wahlnacht zu Berlin . Oder nicht? Sind vor dem Gefeße nur wirkliche und patriotische Narren gleich? W. K.

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Literarisches.

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Die Poeste der Landstraße. Bu feiner Zeit hat das Leben auf der Landstraße die Künstler so beschäftigt, wie in unseren Tagen. Der moderne Literaturforscher würde diese Gra scheinung historisch erklären und sie als den leßten Ausläufer dev sozialen Literatur bezeichnen, die mit der Eroberung des dritten Standes für die Kunst begann und jetzt bei der äußersten Grenze angelangt ist. Jedenfalls hat die jüngste Zeit eine beträchtliche Reihe von Kunstwerken gebracht, die ihren Stoff dem Vagabundena Leben entnehmen. Vielen war es nur um das Symbol der Land­straße als Heimat der Heimatlosen und Ruheplaz der Fried. lofen zu tun, wie dem Rheinländer Schmidt- Bonn , deffen Mutter Landstraße" seinerzeit einen schönen Erfolg erzielt hat. Aehnliches beabsichtigte Frank Wedekind , der das Problem mehr von der grotesten, schaurigen Seite nahm und in seiner Glendenkirchweih dem berühmten Afte aus So ist das Leben" die Feste der Hermiten zeichnete, mit ihrer flitterhaften Buntheit und chnischen Armseligkeit. Ungleich veredelt wächst die Vagabundengestalt aus der Phantasie Henrik Ibsens , der in Ulrif Brendel den literarischen Typus des Bagabunden festlegt. Ist es diesen Dichtern wie erwähnt mehr um das Symbolische der Landstraße zu tun, so schildert Hans Ostwald in seinem Kaiserjäger"( zusammen mit Hans Brennert ) schon mehr realistische Gestalten, obschon die Freiheit des Stromerlebens auch hier das Leitmotiv bildet. Ihren Höhepunkt erreicht diese Art der Dichtung in Gorkis Nachtashl", das mit seinen halb gigantisch berzerrten, halb sentimental ber­füßlichten und doch so lebensechten Gestalten eine große Wirkung erzielte. Gegenüber diesen sozusagen romantisch- literarischen Be­strebungen müssen die Bücher Hans Ostwalds genannt werden, des früheren Goldschmieds, der der eben stizzierten Richtung zwar mit seinem oben erwähnten Kaiserjäger" feinen Tribut zollte, aber auch sehr naturalistische Bücher schrieb. Er gibt und nimmt der Landstraße nichts. Sein Bestreben ist, möglichst unparteiisch das in harten Wanderjahren Erlebte wieder aufzuzeichnen. Und doch lebt ein unendliches Mitleid mit den Heimatlosen, Geächteten in ihm, das mit einer heimlichen Bewunderung ihrer Freiheit gepaart ist. Leicht erwacht in folchen Fällen das Gefühl, aber er ist zu hart in der Schule des Lebens gezeichnet, um das rastlose Wandern der Es ist, als ob die wilde Jagd ihr Wesen treibt und wehe dem Kunden von Ort zu Ort, ihre verkommene und armjelige Lebens. griesgrämigen Pedanten, der mit seiner Alltagamiene fich auf die führung zu vergessen. Ständig vom Gendarm bedroht, auf das Straße wagt. Schon haben ihn die Schuljungen" und Schul- Mitleid ihrer Mitmenschen angewiesen, von zweifelhafter Reina mädchen" von 20 Jahren mit Kniehöschen und Gretchenkleid er- lichkeit und entwidelter Faulheit. Man braucht nicht gerade Philister wischt und wie im Wirbelwind wird der Aermste im Kreise ge- gu sein, um ihr Leben nicht übermenschlich und erstrebenswert zu dreht, um im nächsten Augenblick in die Arme von strammen Milch- finden. Und gerade bei der augenblicklich modernen Bewunderung

Am Sonntag, Montag und Dienstag sind die tollsten Tage, wo alles aus Rand und Band ist. Das find die Tage zum Aus­toben für alle Welt. Die Arbeit ruht, und wer Luft hat, schreit, tobt und fiedelt und stedt andere an, deren Vernunft nicht so boll­ständig niet- und nagelfest ist, daß sie durch nichts ins Wanten gebracht werden kann. Die Menschen wogen in großen Trupps, boll bon Traubenblut und Gerstensaft, denn die Narrheit hat sich das Recht auf die Straße erobert. Alles ist mit irgend einem Zeichen der Narrheit geschmückt; selbst das Kind auf dem Arm ist in bunte Feben gemidelt. Der Karnevalshumbug erstreckt sich bis auf den Hund. Zwischen den wie toll lärmenden Menschen­haufen sieht man köter mit Bierrotshalstraufen und Clownmüßen behangen herumspringen, von der Verpflichtung durchbrungen, ihr Teil mit zu der allgemeinen Verrüdtheit beizutragen.

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