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Lächerlich," flüstert der mit dem großen Belz boll GeringDer Biehhändler Wolf unterbricht die Verhandlungen mit dem Bauern, um ein paar Worte von jenem Geschäft, das da drüben geschlossen wird, zu erhaschen.
Edmund und Leontine hatten lange geschwiegen. Sie magere Männchen fragen: und woher weiß ich denn, ob er mir saß da und hielt ihren schmerzenden Arm. Sie fing an, mit fie gibt?" sich selber zu reden, erst flüsternd, dann nach und nach laut. So befomme ich also Hundetollwut. Es ist dasselbe, fchägung, er wird froh sein, daß er sie aus dem Haus bringt. als wenn ein toller Hund mich angesprungen und mich gebiffen hätte, ein Hund, der sonst wedelt und gut ist. Aber er hat es von einem anderen bekommen und kann nichts dafür. Er meint wahrscheinlich, daß er es los wird, wenn er die ganze Welt beißt. Es fängt damit an, daß... womit fängt es eigentlich an, Edmund?"
Er antwortete nicht.
Ach, es fängt damit an, daß ich so durftig werde. ich bin durstig, Edmund!"
Er füllte ihr Glas, aber sie trank nicht, sie starrte vor sich hin, schüttelte ihre Ohren.
" Ich bekomme Wasserscheu," flüsterte fie. Das ist das sonderbarste."
Plötzlich legte sie sich auf die Hände und auf die Knie nieder.
Und ich glaube ja, daß ich ein Hund bin, ich fange an, unruhig umherzulaufen..
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Leontine!" rief er ängstlich.
( Fortsetzung folgt.)
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" Ich weiß nicht, was Sie da noch viel überlegen," fährt der Biehhändler mit dem großen Belz fort; find Sie froh, daß Sie nicht zu spät fommen! Gerade für Sie ist das etwas Passendes. Ich habe übrigens schon einmal im Gespräch die Sache an gebahnt...
" Ob sie nur gefund ist? Sie ist so mager," flüstert das fleine Männchen besorgt.
Gefund? Lächerlich Biffen Sie, was für eine Kost in dem Haus ist?... Aber wenn die Sache zustande kommt, friege ich drei Prozent!"
Tiefe Stille im ganzen Coupé. Alle spüren: Die beiden stehen schon vor dem Abschlusse!
Kommen Sie Sonnabend hin!" rät der Händler im Belz, fehen Sie sich fie an; Sie bilden sich nur ein, daß sie so mager ift; sprechen Sie mit dem Alten und in vier Wochen können Sie- sochzeit machen."
Ah, so!" stößt der Händler Wolf unwillkürlich aus und wendet sich wieder zu seinen Nachbarn. Auch die anderen Viehhändler hören nicht länger zu.
In Wißnitz hält der Zug. Das magere Männchen steigt aus. Also Sonnabend," flüstert ihm der große Pelz zu,„ Sie werden sehen, die Familie wird Ihnen gefallen.
Viehmarkt.
Der Personenzug hält abends in der Station Dobrau , wo heute Biehmarkt gewesen ist. Im Nu find die Waggons dritter Klaffe überfüllt. Bauern steigen mit schweren Röhrenstiefeltritten ein und eine Menge Viehhändler, die vorsichtiger und unsicherer auftreten.. Im letzten Waggon, einem miserabel beleuchteten, von Tabakrauch und Heizungsdampf angefüllten Coupé, fißen fast mur Biehhändler. Eine trübselige, niedergeschlagene Stimmung herrscht im Coupé. Regen flatscht an die Fenster, der Fußboden des Waggons ist naß und schmugig. Deffnet einer die Waggontür, so weht scharfe, feuchte Luft in die Atmosphäre herein. Die Händler mummeln sich fester in ihre Winterröcke und Pelze. Endlich hört man draußen das Trompetenfignal des Kondukteurs und der Zug verläßt Dobran. Schade um den Tag," sagt ein alter Viehhändler in großem Belz ärgerlich.
Gegenüber nimmt ein anderer das Gespräch auf: In Dobrau ist immer das schlechteste Vich. Alte magere Kühe, die teurer sind, wie anderswo schöne junge Ochsen.
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Es war schon voriges Jahr nichts los," beginnt ein dritter, ein fleines, mageres Männchen; ich hab' meinem Vater gesagt: Bater", hab' ich gesagt, es ist unnütz, nach Dobrau zu fahren, lauter teure, alte Kühe sind dort!... Nein, ich mußte hinfahren. Wenn ich für dieses Geld nach Brünn fahre, kann ich mir einen angenehmen Tag und eine angenehme Nacht machen. Dazu hat man nicht das Herz, Geld auszugeben, aber um alte, teure Kühe an zuschauen und sich im Regen und in der Kälte krank zu machen, dazu hat der Bater das Herz." Die Stimme des Klagenden erstirbt in mißmutigem Flüstern....
Es wird still im Waggon und da hört man plöglich in der hintersten, finstersten Ecke den Viehhändler Wolf mit einem Bauer leife sprechen.
" Hundertzwanzig Gulden in Gottesnamen," fagt Wolf an gelegentlich, so daß er gar nicht wahrnimmt, daß ihm jetzt alle neu gierig zuhören; so ein Geschäft macht man ohnedies nur, damit man nicht ganz umsonst den weiten Weg gefahren ist. Aber nicht einen Kreuzer mehr! Es ist nur wegen einem andernmal..
Alle horchen neugierig auf die Antwort des Bauern hin. qualmt den Rauch seiner Pfeife vor sich hin und gibt Antwort.
Der keine
" Ich möcht das nicht dafür geben," mischt sich aus der Entfernung der Biehhändler mit dem großen Belz ein. Laff' ihm die alte Kuh!" rufen andere Wolf zu. Die Viehhändler fühlen sich augenblicklich als Brüder, die zu einander halten müssen.
Aber Herrn Wolf ist die Störung nicht angenehm. Mischt Euch nicht ein," sagt er verdrießlich; toir find schon so gut wie einig." Bon nun ab wird das Gespräch in der hintersten, finstersten Ede des Waggons so leise geführt, daß fein Dritter eine Silbe versteht.
Der Regen flatscht noch heftiger an die Fenster. Dunkelste Nacht ist über die Gegenden draußen gesunken und wenn man das angelaufene Fenster abwischt, um hinauszuschauen, blidt man nur in blauschwarze Finsternis, aus der dann und wann ein gelbes Lichtchen herausstrahlt.
Der fleine, magere Viehhändler, der mit seinem Bater nicht zufrieden ist, hat sich neben den Biehhändler mit dem großen Pelz gesetzt. Auch die beiden flüstern so geheimnisvoll, daß die anderen nichts davon berstehen. Je länger sie miteinander sprechen, defto stiller werden die anderen. Endlich hört man das fleine,
Kleines feuilleton.
Frühling, Liebe und Bogelfang. Wenn jetzt die Sonne scheint, dann schmettert trotz des winterlichen Wetters der Buchfint sein Liedlein herab von dürren Aesten. Es ist sein Liebeslied. Die meisten Ornithologen sind der Ansicht, daß die Liebe das treibende Moment beim Vogelgesang ist. Eine schöne Studie über diesen Gegenstand hat der befannte Ornithologe Dr. B. Placzek in einer Arbeit über den Vogelgesang( Verhandlungen des naturforschenden Vereines in Brünn , XXII. Band), veröffentlicht.
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Er stimmt mit den meisten Vogelkundigen darin überein, daß dem Vogelgesang ein erotischer Charakter innewohnt, und bringt hierfür zahlreiche Belege. Weber die fosmische Bedeutung der Liebe finden wir ja in Mantegazzas Physiologie der Liebe", Brehms Leben der Vögel", Burdachs Die Phyfiologie als Erfahrungswissenschaft", Fischers Aus dem Leben der Vögel", Büchners„ Liebe und Liebesleben in der Tierwelt" und anderen Werken markante Aussprüche. Die ganze Natur ist nur ein einziger Liebeshymnus". " Die Liebe ist das allgemeine, erhaltende Prinzip, welches das Weltall zusammenhält und welches auf der Erde nicht erlischt, sondern so lange auf ihr wirkt und schafft, als diese selbst besteht." Die Nachtigall ist Dichterin in der vollsten, schönsten Bedeutung des Wortes; sie bringt die Gedanken und Gefühle, die Lust und den Schmerz, die Sehnsucht und die Klage der Liebe, welche ihr Innerstes erfüllt, in Form und Einhall und findet für das Wort auch zugleich den Klang und die Weise. Ihr Gesang flutet dahin wie ein flarer, milder Strom; er steht einzig da in seiner Art und ist unerreichbar, unnachahmlich; er wetteifert an Innigkeit und Verständnis mit dem des Menschen und übertrifft ihn vielfach an Fülle und Schönheit des Tones."
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" Die Welt der Vögel," sagt Toussenel , ist nicht bloß diejenige, in der am meisten geliebt wird: es ist auch die erste, in der man liebt; durch fie verkörpert sich das Prinzip der Liebe in der Tierwelt."„ Der Bogel ist in der Wonnezeit der Liebe ein ganz anderes Tier als sonst. Sein ganzes Wesen ist wie ausgewandelt, er tritt fozusagen höher aus sich heraus.
Aber trotz dieser Allgewalt der Liebe hat dieser mächtige Lebensfaktor, fagt Dr. Placzek, den Sangestrieb nicht erzeugt, bielmehr die aus anderen Quellen stammende Tendenz erhöht. Die Lust am Leben ist es, die sich unbezwinglich in den Tonweisen des Vogelgesanges fündet. Wo solche Lebenslust ihren Höhepunkt erreicht, gelangt auch der Gesang zur höchsten Stufe. Ich möchte da auf Aeußerungen über den Bogelgesang verweisen, welche die Brüder Müller, fleißige Beobachter deutschen Tierlebens, schon viel früher getan haben: Auffallend wirkt die Baubergewalt des Minnetriebes auf die Kehle des Vogels, auf seine Stimme, feinen Gesang. Sie wird geschmeidig, beredt, zu wirkungsvollem Vortrag bei den Sängern befähigt, selbst bei gesanglofen Bögeln einzelnen melodischen Zönen dienstbar; sie stimmt ein in die allgemeine Gehobenheit und Neubelebung des ganzen Organismus. Welches Wunder entfaltet sich da unserem lauschenden Ohr! Wir nehmen sogar im Gefange der hervorragendsten Meister eine gewisse Probuftivität wahr, eine, wenn wir so sagen dürfen, dichterische Emphase, wo die zur Höhe der Begeisterung gestiegene Empfindung nach neuen Formen ringt und sonst nie Gehörtes leistet. Die eigentliche Blüte des Gesanges wird durch die Minne hervorgetrieben.