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Herr Kollege," spricht, das Klassenzimmer betretend der
Der Lehrer gudt, nachdem der Rektor weggegangen, das feuerrot gewordene Mädchen an und sagt:„ Nicht wahr, jezt ist es in der Stube tüchtig talt? Da muß man ein paar Stückchen mehr hineinlegen? Bom Wagen hast Du doch keine genommen?" Nein, Herr Lehrer."
Mädel, fie Dich nur vor, daß Dir kein Unglück passiert!" In später Abendstunde, kurz vor Weihnachten, sagte mir in fröhlicher Gesellschaft der eintretende Bahnmeister: Herr 3., eben ist ein Mädchen aus Ihrer Schule vom Eisenbahnwagen getötet worden; das Rad hat ihm die rechte Kopfseite eingedrüdt." Wie heißt sie?"
Scheitelpunkt groß erscheinen, wenn er mit gerader Blickrichtung beobachtet wird. Um hierüber Gewißheit zu erlangen, legte sich Rektor, die Franziska H. aus Ihrer Klasse hat nach einer Ander Forscher zunächst auf einer wagerechten Unterlage platt auf zeige der Bahnverwaltung wieder Kohlen auf dem Bahnhofe ge den Leib und betrachtete jo den aufgehenden Vollmond. Bei dieser stohlen. Bitte, das Mädchen ernstlich zu berwarnen." Stellung kann der aufgehende Mond überhaupt nur gesehen werden, wenn der Blick zu ihm aufwärts gehoben wird. Der Erfolg dieses Versuches war, daß jekt bei erhobener Blickrichtung der Mond flein war, obgleich er eigentlich, da er am Horizont stand, groß hätte erscheinen müssen. Als sich der Mond später dem Scheitelpunkt genähert hatte, setzte sich der Forscher auf einen Lehnstuhl mit verstellbarer Rückenlehne. Die Lehne wurde so schräg gestellt, daß der Blick des sich zurücklegenden Beobachters auf den hochstehenden Mond nicht mehr emporgerichtet zu werden brauchte, sondern nun wegen der Zurücklehnung gerade auf den Mond fiel. Das Ergebnis war, daß der Mond jest, trotzdem er in der Nähe des Scheitelpunktes stand, nicht flein, wie es sonst der Fall ist, sondern groß erschien. So war denn nachgewiesen, daß es tatsächlich die Blickrichtung ist, die uns den Mond bei tiefem Stand groß und bei hohem Stand flein erscheinen läßt. Der Umstand aber, daß ein in weiter Entfernung gesehener Gegenstand bei gerader Blidrichtung groß, bei erhobener Blickrichtung flein erscheint, ist in dem Bau und in der Bewegung unserer Augen begründet. Diese Eigenheiten bringen es notwendig mit sich, daß in dem ersten Falle ein größeres und in dem letzten Falle ein Hleines Bild auf den Nekhäuten unserer Augen entsteht, so daß wir deshalb denselben Gegenstand das eine Mal groß und das andere Mal llein erachten und schätzen.
Kleines feuilleton.
Armes Kind. Es war eine kinderreiche Familie, und Franziska die Welteste. Sieben hungrige Kinderschnabel alltäglich zu be= friedigen, war sehr schwer für Vater und Mutter. Ein ungelernter Arbeiter in fleiner Stadt tann von Glück sprechen, wenn er des Vorzuges der ständigen Beschäftigung in der Zuckerfabrik sich erfreut. Zur Kampagne, in der winterlichen, arbeitslosen Zeit, drängen sich Hunderte auf dem Fabrikhofe zum Verdienen; hier wird schon Auslese gehalten. Und die Nüchternsten, Vertrauenswürdigsten, bleiben dann das ganze Jahr als Aufräumearbeiter. Wie ein angestellter Beamter erschien sich der Mann mit seinem Lohn von 2 Mark pro Tag. Gott , was wollte man machen! Die anderen standen im Winter auf der Straße und warteten sehnsüchtig auf die Zeit des Eiseinholens, wenigstens für kurze Zeit ein Verdienst. Mehr wie 2 Mark wollte die Fabrit nicht geben. Mancher hätte es vielleicht noch billiger gemacht; denn die Kinder berlangten Kartoffeln, und in der Stube war es meist bitter talt. Daß der Direktor neben fejtem, hohem Gehalt, mit freier Wohnung, Beleuchtung und Feuerung jährlich 12-13 000 Mart Tantieme erhielt, erschien im Hinblick auf die niedrigen Löhne etwas ungerecht; aber so war es wohl immer bei großen Herren. Auch daß der wohlhabende Gutsbesizer als Aufsichtsratsmitglied faft täglich während der Rübenverarbeitung in feinem Wagen in den Fabrikhof zu kurzem Verweilen und frohem Trunk mit dem Direktor fuhr und dafür das Mehrfache eines Arbeiter- Jahreseinkommens erhielt, schien natürlich.
Also, er war mit seinem Lose leidlich zufrieden. Nur daß es nicht reichen wollte, troßdem er sich fast nie einen Schnaps oder eine Zigarre gönnte, war schlimm. Die Frau half, was sie helfen fonnte: Sie fehrte Straßen, räumte Düngergruben aus, scheuerte Treppen und Flure; aber zu einem Festeffen mit Ziegenfleisch blieb selten etwas übrig. Auf die Kinder und die Häuslichkeit hielt sie sehr. In ihren ärmlichen Kittelchen waren die Kinder
" Ich glaube, es ist die Franziska H."
Mein armes, munteres Mädchen ist im Kampfe um Not und Glend verunglückt! Der Biergenuß war mir plöblich verekelt; ich konnte das Lachen der bald zur alten Fröhlichkeit zurückkehrenden Tischrunde nicht vertragen und verabschiedete mich vorzeitig. Und dann haben wir sie begraben. In der Leichenhalle der barmherzigen Schwestern lag sie aufgebahrt mit kaum zu erkennendem, dick geschwollenem Gesicht. Eine breite tiefe Wunde ging von der Stirn bis unten ans Kinn. Liebende Kinderhände hatten unzählige Heiligenbildchen auf das weiße Totenfleid gelegt. Zwei Schülerinnen trugen einen Kranz an der Spitze des Leichenzuges. Dann kam der lange Zug der Kinder vor dem Sarge. Hinter ihm ging im stummen, tränenlosen Schmerz der hochgewachsene ehrliche Fronarbeiter, wankte mit leisem Weinen die gebrochene Mutter. Dann fielen nach kurzem Gebet des Geistlichen die„ drei Hand voll Erde " auf den Sarg, es schloß sich die Grube, die ein warmes, junges Leben aufgenommen hatte. Armes Kind!...
Kulturgeschichtliches.
Der erste Streit in Rußland . Die Anfänge der industriellen Entwickelung Rußlands reichen bis in das 17. Jahre hundert.
Bauern
Schon im Jahre 1723 erlaubte ein Reglement des Manufaktur. follegiums den Fabrikanten, Dörfer( mit den leibeigenen Be wohnern) zu kaufen, um die Fabriken zu vermehren und in einen besseren Stand zu sehen". Ein Utas vom Jahre 1744 gewährte allen Fabrikanten im russischen Reiche die Erlaubnis, ( Leibeigne) zu besiben, und sie zur Arbeit zu gebrauchen". Seit 1752 schließlich durften die Fabrikanten Bauern auch ohne Land" faufen. Auch ermangelte das jeweilige Väterchen" oder„ Mütterchen" nicht, den Günftlingen unter den Fabrikanten und Bergwerksbejigern, den Grafen Schuwalow, Woronzow , Tschernischew und anderen, für geleistete Hülfe bei Thronräubereien u. dergl., Hunderte von Leibeigenen zu schenken.
Diese gewalttätigen und rohen Höflinge schredten vor keinem Mittel zurüd, wenn es galt, aus ihren Arbeitssklaven die Unsummen herauszupressen, die sie ihren gemeinen Vergnügungen opferten. Sie behandelten, unterstützt von viehischen Bevollmächtigten und Aufsehern, ihre Leibeigenen mit größter Grausamkeit, betrogen sie, zahlten zeitweise überhaupt keinen Lohn und riefen bei dem geringsten Proteste das nächste Militärkommando herbei, um die Empörer" zur Ruhe zu bringen. Um fein Haar besser hatten es die Arbeitssklaven von den der Krone gehörigen Bergwerken.
Diese schrecklichen Zustände waren die Ursache zu der ersten großen Arbeitsniederlegung in Rußland , an der zunächst 50 000 Bergleute beteiligt waren. Später griff die Bewegung über auf die Kloster- Leibeigenen, die im Namen Christi nicht weniger brutal behandelt wurden, so daß schließlich an 200 000 Mann sich im Streit befanden. Im Oktober des Jahres 1762 meldete die Hauptverwaltung Privatfabriken feien einstimmig widerseßlich und wären in vielen Fabriken von der Arbeit weggegangen".
immer bliksauber, und das dürftige Stübchen war stets hübsch der Bergwerte nach Petersburg , die Bauern in den Kron- und
aufgeräumt.
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Die Elfjährige hatte als Stüße der Mutter große Pflichten. Wenn sie in deren Abwesenheit die kleinen Geschwister versorgt, dann ging es bei ihrer Rückkehr oft in den Wald zum Holzsammeln. Das war manchmal sehr gefährlich; denn der Förster, ein grober Mensch, hatte einen diden Stod. Man nahm die Schläge hin, wenn er nur nicht Anzeige erstattete. Am meisten jedoch gab es im Winter zu tun. Die Ziege, die im Sommer am Straßenrande gehütet wurde, und die man im unbewachten Augenblice auch mal einen Happen vom angrenzenden Kleefelde nehmen ließ, hatte Hunger. Also raus auf die Straße, hinter den Rübenwagen her. Die Zeit des Rübenfahrens nach der Zuckerfabrik mußte ausgenußt werden; denn sie dauerte nicht lange. Die kleinen Brüder liefen mit und griffen auch zu. Es waren ja so viele Kinder, die auf die herabfallenden Rüben zustürzten. Auch beffer angezogene Kinder mischen sich manchmal in den Schwarm und beteiligten sich an der Hascherei. Wie schön, wenn solch Junge dann dem armen Mädchen mit den kleinen Brüdern die erkämpfte Rübe in die Schürze steckte.
Schlimmer war das Kohlensuchen auf dem Bahnhofe. Die Mutter brauchte aber alle Tage Rohlen für die falte Stube, und Geld hatte sie immer so wenig. Dazu waren sie ja auch noch so furchtbar teuer, 1,20 Mart der Zentner. Es flaubte ja doch die auf der Erde liegenden Stückchen niemand auf; die Wagen zer malmten sie nach und nach zu Staub.
" Die Bauern der Schuwalowschen Bergwerke," so behauptete der Bericht weiter, fahren auf die anderen Fabriken und schlagen diejenigen, welche arbeiten, treiben sie aus ihren Häusern und verwüsten diese."
Bu jener Zeit zierte" den russischen Thron die liebestolle Katharina II . Sie war sogleich bereit, den Streik blutig niederschlagen zu lassen, einmal, weil sie dadurch ihren Günſtlingen einen großen Gefallen erweisen konnte, zum anderen, weil sie sich ihre eigenen Einfünfte nicht schmälern laffen wollte, baute sie doch gerade ihrem lieben Orlow, der dem abgesetzten Zaren so bereits willig die Kehle zugeschnürt hatte, ein prächtiges Palais.
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Sie schidte ihren Generalquartiermeister, den troß seiner Jugend berüchtigten Fürsten Wjasemsky, zur Unterdrückung des Ausstandes ab und bersah ihn mit barbarischen Instruktionen. Jetzt ist es Zeit," schrieb sie, die Bauern zu stlavischem Gehorsam zu bringen und dann die Untersuchung... Es soll den Bauern nichts versprochen werden, bis sie sich unterwerfen und ihre Arbeit wieder aufnehmen... Zu Ihrer Verfügung stehen: in der Provinz Perm ein Feld- und ein Garnisonregiment; im Orenburgschen Gouvernement ein Feldregiment und drei Garnison regimenter; im Gouvernement Sibirien vier Dragoner- und fünf Garnisonregimenter