Hall sah Mason freundlich an, er wollte ihn so gern an- erkennen. Jetzt können Sie vorläufig ohne Eisen sitzen bleiben," sagte Mason.Sie müssen wohl auch darauf bedacht sein, Ihre Angelegenheiten zu ordnen. Apropos, ich fand einige Papiere im unteren Stockwerk, die wohl Ihnen gehören. Sagen Sie einmal, sind Sie aber Gegenstand einer groben Mystifikation gewesen, Professor! Dieser Evanston   hat Sie bis hart an den Wind herangesegelt. Sein letzter Scherz war aber doch wirklich zu arg! Tod und Teufel! Daß er der- kleidete Leute durch das Loch hinaufsandte, daß er uns mit einem Kineniatographen unterhielt, das ist ja alles ganz schlau ersonnen... ich hielt selber eine ganze Zeitlang die Komödie für echt! aber daß er selbst auftritt und den wilden Mann, den Jingo spielt, das, finde ich, ist ein ganz neuer, unbezahlbarer Spaß... Jesus Christus  ! Da melde ich mich als Abonnent! Haben Sie den Kinematographen nicht übrigens selbst erfunden, Professor? Oder doch wenigstens zu seiner Erfindung mit beigetragen?" Hall nickte mit erloschenen Augen. Mason brach in ein schallendes Gelächter aus. Das verringert den Scherz wirklich nicht! Hallo!" Er sandte ein Jndianergeheul zu der Decke empor, klatschte sich auf den Schenkel, wälzte sich vor Lachen... (Fortsetzung folgt.) Giolue Carduccu Von O. Lerda-Olberg. Fremdartig, wie nicht in unsere Zeit gehörig, mutet einen die Gestalt Carduccis an. Wie kam der Riese unier dies kleine<Ae schlecht, wie patzt sein dröhnendes ehernes Wort in das nervöse Gewimmer der heutigen Poeten? Gehört er dieser Zeit nur insofern zu, als fie ihn so nötig brauchte, den Mahner und Wecker oder brauchte ihn nicht vielmehr diese Zeit so nötig, weil er gerade das verkörperte, was an Tüchtigkeit, Gesundheit und Fruchtbarkeit in ihr steckt, dem Zeitbewutztsein noch halb verborgen? Carducci war vor allem ein Erzieher und Meister; und das konnte er nur sein, weil er den beiden Generatiouen, die unter ihm heranwuchsen, näher stand, als es auf den ersten Blick scheinen konnte. Wenn heute das italienische Volk an seiner Bahre trauert, so ist es das, weil das nationale Empfinden etwas, wie sein besseres Selbst in dem Toten sah, etwas, das man lieb hat, auch wenn es einen beschämt. Der Jugend zweier Generationen hat Carducci die Kampslieder gesungen. Er war ein revolutionärer Dichter im weitesten und tiefsten Sinne des Wortes. SeinHymnus an Satanas", der seinen Namen zuerst durch ganz Italien   trug, war mehr als ein Fehde- Handschuh, den er dem Kirchenglauben hinwarf. Er war und ist das Festlied des revolutionären Strebens, durch das die Menschheit fortschreitet über Dognien und Ketten, über Fleischverachtung und Weltflucht, zur Vernunft, zur Klarheit, zur Lebenslust.Heil Dir, o Satanas, o Rebellion, du rächende Kraft der Vernunft", ruft der Dichter; dem Gedanken, der zum Licht will Und zur Wahrheit, gilt sein Preis:Wie Marfin Luther die Ktkite wegwarf, wirf deine Fesseln ab, menschlicher Gedanke, und glänze und leuchte, flammen- umgürtet. Materie, erhebe dich: Satanas siegt." Carducci ist ein Dichter des Heidentums, wie es die lateinische Kultur empfindet: ohne mystische Müdigkeit, schönheitstrnnken, lebensfteudig. Fahr' hin, semitischer Gott", ruft er in einer der Ocki barbare  ,in deinen Mysterien herrscht der Tod; unfatzbarer König der Geister, deine Tempel schlietzen die Sonne aus. Gekreuzigter Märtyrer, du kreuzigst die Menschheit, du besudelst die Lust mit Verderbnis: aber der Himmel leuchtet und die Felder lachen und Liebe glänzt in den Augen Lydias." Der italische Geist, der die Renaissance gebar, liegt in diesem heidnischen Lebens- und Lichtknlws. Wie fern ist er der unftuchtbaren Genutzsucht, die in der dekadenten Lyrik der Jetzt- zeit lechzt und röchelt z sein Märzlied gilt der Fruchtbarkeit der Erde und der Arbeit, der Liebe und des Kampfes. Er fingt der ewigen Erneuerung und Wiederkehr:was war, kehrt wieder in alle Ewigkeit". Nicht salonmätzig und artig bewegt sich die Muse Carduccis; das sentimentale Gewimmer ist ihn: ein Greuel. Edmondo de Amicis   Sützlichkeit macht ihn flau. Nur den Heineschen Zeitgedichten lassen sich seine Verse vergleichen, wenn er, wie inA certi censori", den Idealismus des vollen Magens verhöhntZum Abendbrot Uebersinnliches und Trüffeln, und nach dem Braten tut etwas Himmelblau so gut: erschließ den Himmel, Dichter." In seinem vanto deH'Italia che va in Oampidoglio" erbittet er von den Gänsen des Kapitals Ruhe für den bescheidenen Einzugdes großen, einigen Italiens  ", für den die vorsichtige Politik ein sehr gesittetes Benehmen fordert, keine Herrschermanieren im päpstlichen Rom  , nur eine fromme Seiltänzertaktik, bis eines Tages am Monatsabschlutz der Finanzminifter denhehren Kadaver(Italiens  ) an einen reichen englischen Altertunissammler verschachert�. Auch in den geschichtlichen Gedichten, so besonders in dem Wiegenlied für Karl V." finden sich Anklänge an Heine, den er wie andere deutsche   Dichter meisterhast übersetzte, und mehr noch in der Liebeslyrik. Viel Bitternis klingt aus derAnacreontica Eomantica" derNeuen Reime". Der Dichter hat den Liebes- gott begraben, aber der grausame Kleine kehrt vampyrartig in der Nacht zurück, um ihm Blut aus Herz und Hirn zu saugen. Ein Priester mutz die kleine Gruft weihen, um die Wiederkehr zu hindern. Und er senkt Amor noch einmal ein in das Herz der einst geliebten Frau undVerachtung ist der Priester, als Weihwaffer dient der Wein." Aus tieffter innerer Zerrissenheit kommen die Verse auf den Tod seines dreijährigen Kindes, des einzigen Sohnes. Nichts Weich- liches ist in dem Dichter, kein selbstgefälliges Sicheinwühlen in den Schmerz, kein Ueberschwang der Worte, zu dem doch die italienische Muse neigt. Leise und keusch ist die Klage, schlicht und ergreifend wie die stumme Geberde der Seelenqual, der das verhaltene Weinen die Worte erstickt. An dem Politiker Carducci hat die Kritik der Zeitgenossen ge- nagt und gezerrt, weil er dem republikanischen Glauben seiner Jugend in der Reife nicht die Treue hielt. Gewiß, Carducci hat in der Politik der Parteien nicht die Grenzlinien respektiert, die der Tageskampf bildet und fordert, aber er hat in der Geschichte seiner Zeit des Amtes als Führer und Rufer mannhaft und treu gewaltet. Die Jugend, die Siudentenichast hat ihn nicht immer verstanden, hat ihn gar Ueberläufer genannt, als er die Grenzen des republi- konischen Kredos überschritt, die Form des Staates gering achtend nnd nach dem Menschenmaterial ausspähend, mit dem sich eine Ge- sellschaft Freier und Gleicher bauen ließe. Man hat den schon alternden Mann im Jahre 1891 zum Gegenstand einer feindlichen Demonstration gemacht und ihn in seinem Hörsaal mit Pfeifen und Abbasso(RiederZrufen empfangen. Carducci bestieg den Lehrstuhl und kreuzte die Arme über der mächtigen Brust: als das Gebrüll lauier wurde, sagte er: es ist unnötig, daß ihrnieder mit ihm" ichreit. Die Natur hat mich hochgestellt." Und in der Tat stand sein Charakter so hoch, daß der Sitz im Senat, den der Dichter an- nahm, ihm nichts anhoben konnte, so wenig, wie sein Gedicht an die Königin Margherila, das der Frau galt, nicht der Königin. Er verstand die Revolution nicht als den Protest gegen Staatssorm und Regierung, sondern als ein sich Herausrecken der Masse über Staatsform und Regierung. Als Dichter durfte er so denken. In dem Gedichtan die Freiheit" in den Fuvenilia(I80O 60) schließt Carducci mit dem Riffe:Kehr wieder und in Deinen Händen glänze der furchtbare Stahl, wie zwischen Wolken das glühende Sternbild Orions O, kehre wieder, Göttin, mit dem weißen Fuße zertritt Mitren und Kronen." Wenige Jahre später erschien das Gedicht an Viktoria Emanuele, in dem er den König auffordert, sich an die Spitze des Befreiungsheeres zu stellen: wuchtige gewaltige Verse, wie sie der Kampf gegen fremde Herr- schaft eingibt. Der Aufruf durchzuckte ganz Italien   und gewann die partikularistische Toskana der Einheitsbewegung. Als die erste Etappe der Einheit erreicht ist, begrüßte erden Herrn der Freien, den König des bewaffneten Italiens  ". Aspromonle, der Kampf um Rom, klingen dann in seinen Versen wieder, klirrend und dröhnend wie Volksstimme durch die Gottesstimme der Kunst. Und als vollbracht ist, was so viel Blut nnd Tränen gekostet hat und ein kleines Geschlecht sich breit macht in dem hohen Bau der nationalen Einheit, da geißelt er die satte bürgerliche Mittelmäßigkeit und stößt mit seinem<?a ira die hochwohllöbliche Kritik vor den Kopf. Man wirft ihm das Ritornellokanailleu- haften Andenkens" vor.Kanaillcnhaft, sei es immerhin", ant- wartet Carducci in einer kurzen Streitschrift(1883),aber wüßte mir mein Herr Kritiker, der so gut die Geschichte kennt, zu berichten, ivelche und wie viele soziale Umwälzungen ohne das Wort der Kanaille die Geschichte uns meldet? Und welche und wie viele politische Umwälzungen, denen die Kanaille nicht die Muskeln ihrer Arme und ihre hungrige Wut gab. sind von Erfolg gekrönt worden? Des aristocrates on les pendra"(die Aristokraten wird man hängen"), das ist schlimm, schlimm ohne Zweifel. Aber mein Herr Kritiker wolle einmal die sozialen, politischen und religiösen Revo- lutionen zählen, die ohne Opfer verlaufen sind. Ach, die ganze menschliche Geschichte ist ein ftirchtbares Meer von Blut und die Strömung, die es in der Mite durchzieht, schneller, tiefer und dunkler, ist das Blut, das Könige, Adlige und Priester vergossen haben, auch außer den Zeiten regelrechten Krieges." Dann zollt er dem Einfluß französischen  Geistes seinen Tribut der Dankbarkeit.Sie haben uns, und wenn's auch mit dem Besen war, den Staub der antiehambres ab­gebürstet, und die Flecken aus dem Gestank der Sakristei." Aber er wünscht Italien   keine Republik wie die ftanzösische, wegen ihres Uebernraßes an Begehrlichkeit und Betrügerei, wegen ihres Mangels an Ideen und an Kraft. Dann klagt er, daß diese Nation, gestern geboren und 30 Jahr- hunderte alt keine Idealität mehr habe und verlacht das Zerrbild deS Idealismus und Patriotismus, das sich in den ewigen Festen und Gedenkfeiern, den geschwollenen Worten und der allseitigen Lobhudelei zeigt, in jener wohlfeilen Exaltation, die Carducci Trunkenheit von Wasser" nennt.Die Idealität einer Nation, das heißt, der religiöse Kultus des Vaterlandes schon, hat als Grund- läge, als nährendes Feuer, eine oder mehrere Realitäten, nämlich-