pofft, daß Fritz sich ihr erklären werde. Der schweigt. So heiratenjene beiden. Wer Kurt ahnt, daß seine Frau des Geliebten nichtentraten lann. Nun sollen sie, wünscht er, brieflichen undauch persönlichen Verlehr unterhalten. Fritz paßt aber nichtzu der Rolle des Dritten. Er fürchtet für sich und Ilse.Er ist überhaupt ein Mensch, der innner neue Entwicke-lungen und neue Kämpfe durchmachen muß, dem das Lebenan sich Genüge nicht geben kann. Das Lehrersein desgleichen.Er will und muß sich selbst treu bleiben,„seinen Lebensinhaltleben'. Auch über ihm waltet ein tragisches Verhängnis. SeinVorgänger erschoß sich, als ihn die Irrenanstalt freigab. DenKollegen vor diesem begrub eine Lawine.—„Seit fast hundertJahren ist kein Lehrer des Ortes eines natürlichen Todes gestorben.'Fritz ertrinkt bei einer Kahnpartie; mit ihm sein Widersacher, derHülsslehrer, und einer seiner ehemaligen Schüler, dem er freund-schaftlich zugetan und den Weg zum Künstlermenschtum gewiesen.In dem Roman werden moderne Renaissanceprobleme angeschlagen,„Wiederkunsts"«Ideen von Nietzschescher Zarathustrafarbe. Der Ver-faffer läßt seinen Helden für diese„neue Glaubensgründung, auseiner ästhetischen Grundstimmung heraus' erwachsen, Bausteinesammeln und sie in Form von persönlichen Gedanken in seinem.Wiederkunftsmerkbuch' niederlegen. Fritz Weber mußte scheitern,weil derlei Phantastereien keinen sicheren Boden finden, solange diegroße Masse für eine.Wiedergeburt' nicht reif ist.Björnstjerne Biörnson:.Mary'(Albert Langen,München ILO?). Eine reife ErzählungZkunst wird in diesem neuestenund von Cläre GreveruS-Mjöen vorzüglich verdeutschten Roman desnordischen Altmeisters geboten. Es wird darin das Problem desverführten Mädchens behandelt. Man könnte ja einwenden, Björnsonhabe allzuweit ausgeholt, um zu dem eigentlichen Thema zu ge-langen. Er beginnt nämlich schon bei der Geburt seiner Heldm,oder noch genauer, er schildert den Stammbaum des KroghschenGeschlechts bis auf den Bater Marys, erzählt besten Liebesgeschichte,Lebensurntrieb«, kurze glückliche Ehe. DaS abgöttisch geliebte jungeWeib ist im Wochenbett gestorben. Nun war das Kind: Marit oderMary zurückgeblieben. Sorgsam wird es erzogen«nd geleitet, bisan die Schwelle des JungfrauenalterS. Run ist Mary zur Selbst-heit erwacht. DaS Gängelband wird zerschnitten. Auf Weltreisen wirdder geistige Horizont erweitert, daS Individuelle eigensinnig behauptet,daS erotische Element im ungezwungenen gesellschaftlichen Berkehrgereizt und genährt. Der finnliche Trieb ist ja nichts Sündhaftes.Er schläst in der Natur de» WeibeS, bis der erste Mann in seinenGesichtskreis tritt, d. h. das starke, daS physische Krastbewußtsein,ausgeprägt durch eine körperlich imponierende Persönlichkeit. Dasist in diesem Fall ein junger norwegischer Offizier. Erst waps nurein Tändeln, ein Spiel der Sympathien. Mary erscheint der Offizierals eine edle Natur. Daß er das gerade Gegenteil ist:— ihrbetörtes Herz, ihr unerfahrener Blick konnte das nicht erkennen. Undso gibt sie sich ihm hin aus freier Leidenschaftlichkeit. Dann aberkommt die Erkenntnis allemal zu spät. Jörgen Thiis wird Mary nichtehelichen. Nun ist sie der Schande preisgegeben. Besser, so beschließt sie,vorher ein Ende machen. Im Eiswasser des Fjord will sie sichzwar nicht ertränken, aber eine tödliche Erkältung holen. Dannwird niemand erfahren, daß sie den Tod gesucht, weil fie sündigwar. Es kommt aber anders. Ein anderer Mann, ein Ingenieur-offizier, hat Mary lange stillen Herzens geliebt. Durch seineSchwester, der fich Mary, wenn auch imr andeutungsweise geoffenbarthat. erriet er des Mädchens Unglück und selbstmörderische Absicht.Er sucht sie draußen im Badehaus am Strande. Gerade stand sieim Begriff ihr Vorhaben auszuführen, da stürmt er herein. Nunmag sie sich sträuben, wie sie will. Seine Liebe ist stärker— errettet Mary für das Leben— und für fich.H. G. WellS:„Wenn der Schläfer erwacht.'fJ. C. C. Bruns Berlag, Minden.) Wells, ein Landsmann vonOskar Wilde und Bernhard Shaw, ist als der dritte anzusehen, derAussichten hat. auf dem Kontinent berühmt zu werden. Dame.Mode' ist allmächtig. Wells, bis vor kurzem nur in England be-kannt. hat bereits seinen deutschen Uebersetzer— Felix Paul Greve—gefunden.„Wenn der Schläfer erwacht' ist daZ sechste Buch indeutscher Uebertragung. Gleich den Vorigen(„Die Riesen kommen',„Die Zeitmaschine',„Doktor Moreaus Insel',„Die erstenMenschen im Mond' usw.) erscheint eS als Produkt einerungeheuren spekulativen Dichterphantasie. Wells läßt jemand nacheinem zweihundert Jahre langen Scheintode erwachen. Wie sich ihmjetzt die Welt zeigt, das auszumalen ist des Dichter? Aufgabe ge-Wesen. Natürlich wird Graham— der Erwachte— alles von Grundauf verändert finden: die Verkehrsverhältnisse, die wirtschaftlichen.sozialen und politischen Zustände. Und wodurch hat fich diese totaleUmwälzung vollzogen? Durch die ins Riesenhafte, Unfaßbare ge-steigert« Vervollkommnung der Technik. Die Menschen werden nichtmehr gehen— eS gibt nur noch gleitende Straßen. Ueberhauptwird sich jeglicher Verkehr hoch über den Häusern vollziehen. Ver-mittelst geheimnisvoller Windschachte, Ventilatoren usw. wird manemporgeschleudert, in Schweb« gehalten, hier oder dorthin dirigiert,wohin man will. Ein Druck auf einen Knopf, das Oeffnenmerkwürdiger Türen, Trichter usw. wird alles bewirken.Oder man fliegt durch die Luft. Die Menschen find überhauptFlieger geworden. Aeropilen, Aöroplanen usw. heißen die Flug-Maschinen, Sie sind vollkommen in den Willen des Lenkers gestellt.Das Windfahnenamt bildet die Zentrale. Auch die Kriege werden.oben' ausgefochten. Artillerie gibt's keine,„Differenzierung indiese Sireitkraft oder jene' auch nicht. Die einzige Waffe auf beidenSeiten bildet„der Heine grüne Metallkarabiner'. Wells beschreibtauch eine Zukunstsschlacht:„Nie hat es in der Geschichte des Kriegesein wilderes Feuern gegeben. Es war eine Schlacht von Dilettanten,ein häßlicher, experimentierender Krieg, bewaffnete Meutererkämpften gegen bewaffnete Meuterer, vorwärts gejagt vonden Worten und der Wut eines Liedes, von der stampfendenSympathie ihrer Zahlen, strömten in zahllosen Myriadenzu den kleineren Wegen, den untauglich gemachten Lifts,den vor Blut schlüpfrigen Galerien, den Hallen und Gängen, diebor Rauch erstickten, unter den Flugbühnen, um dort, wenn der Rück-zug hoffnungslos war, die alten Geheimnisse des Krieges zu lernet!.'Im übrigen gibt's nur den„Trust": Schultrust, Nahrungsmittel-trust usw. usw., jedoch keine Arbeitshäuser, keine Asyle und Wohl-tätigkeitsanstalten mehr, allerdings auch keine Revolutionen u. dgk.Wer nicht bei der Arbeitsgesellschaft arbeiten will, wird ins Ge-fängnis gesteckt oder mit Rahrungsentziehung gestraft oder durchein Daumenbrandsystem in den Gesellschastsämtern der ganzen Weltkenntlich gemacht. Kurz es wird vieles da sein und alles ganz anderssein— nach 200 Jahren. Wenn man das Wellssche Phantasie roßreitet, ist das alles ja wohl zu erfassen möglich. Ich sage: wenn!Aber so lange der Verfasser nicht eine Phantafiemaschine erfindet;damit das Hirn des Lesers intakt bleibe, wird er niemand dazubringen, seinen genialen, dennoch verwirrenden Pegasusritten insWunderland utopistischer Träume folgen zu können, ohne ernstlichfür seine Gesundheit befürchten zu müsse:?. Das Beste an dem Bucheist wohl, daß Wells sich über alle Phantasten lustig zu mach«rscheint. Es gibt eben Grenzen, über die der Mensch, so lange erphysisch an seinen Erdplaneten gebunden ist, nicht hinauskann.kleines f emUeton*Uc. Borfrühling. Spät will es diesmal Frühling werden,Aber nun ist der Anlauf gemacht. Der Schnee ist verschwundenbis auf wenige Reste an geschützten Stellen. Frei sind die dunklenAckerflächen und die ersten grünen Halmspitzen machen sich zumAufschießen bereit. Eifrig tummeln sich Saat» und Nebellrahen,denen der viele Schnee eine recht unerwünschte Fastenzeit bot.Schier bis an den Rand haben die Frühlingswasser die Gräbengefüllt und zaghaft machen sich die ersten Frösche bemerkbar, dieihrem schlammigen Winterschlaflager entstiegen sind. In dengroßen Bruchwäldern draußen zwischen Spandau und Nauen istdas Wasser stellenweise auch über die Gräben getreten und um-spült den Fuß der Erlen, Birken uird Kiefern. Aber der Blumen»reizen der Anemonen, der dort um diese Zeit von den blauen Leber»blümchen schon eröffnet zu werden pflegt, hat noch nicht begonnen,Selbst die Hänge kerzchen an den Haselsträuchern stäuben noch nichtssondern strecken sich langsam im Schein der höher steigenden Sonne,Mücken tanzen über den vergilbten grasigen Rändern der Wald»wege, und im Wasser daneben wimmelt es schon schwärzlich vonihren lebhaften kleinen Larven. DaS braune Laub vom Herbstfallfüllt Rand und Boden der Tümpel und Gräben. Noch fi?rd diebraunen Blätter unverändert, aber schon entwickelt sich zwischenihnen eine Unzahl kleinen Getieres, die sich von ihnen ernähren,allurählich zwischen dem Blattgeäder die weicheren Teile auS»nagen und nur das Adernetz als zierliches Blatiskelett stehenlaffen. bis auch dieses zerfällt u??d im Schlamme untergeht.Noch winkt uns keine Blume, kein Schmetterling gaukelt dochunS her, fern sind?wch die Sänger des Wäldes. Wenn aber dieWolken die Sonne in die Kronen blicken läßt, leuchtet der Waldin der stillen Schönheit des Vorfrühlings auf. Prächtig wirkendie entlaubten Birken gegen die dunklen Kiefern und Erlen undim Weiterschreiten findet das Auge immer neue Reize. Wieim Halbschlummer liegt die Natur. Bald aber werden die warmenFrühlingsstürme brausen und sie vollerrds wecken.—Papierverbrauch und Papierfabrikation der Welt. Wenn der Ver-brauch an Seife einen Maßstab für die Kulwrswfe einer Nationergibt— schreibt der„Prometheus"— so darf wohl mit mindestensgleichem Recht der Verbrauch an Papier als Maßslab für die geistigeRegsamkeit und die BildungShöhe eines Volkes bettachtet werden,denn fast die Hälfte des in der Welt produzierten Papier« verfälltder Druckerschwärze, dient also der mehr oder weniger ausgedehntenVerbreitung des Gedankens, des Wissens. Läßt man den Papier»verbrauch als Maßstab gelten— man wird auch hier daS bekannteKörnchen Salz nicht vergessen dürfen—, da?m stehen die Ver»einigten Staaten an der Spitze der Kulttrrnationen, dem? sie ver-brauchen, nach der„Revue icientfique', jährlich 33,6 englische PsimdPapier pro Kopf der Bevölkerung. An zweiter Stelle sieht Englandmit 34,3 Pfund pro Kopf und Jahr, und Deutscbland folg??mteinem jährlichen Bedarf von nur 23,33 Pfund pro Kopf. Frankreichverbraucht 20,5 Pfund, Oesterreich 19, Italien 15,4 Pfund undSerbien, das am wenigsten Papier verbrauchende£a??b_ inEuropa, nur 1,1 Pfund. Serbien steht damit auf ei??erStufe??nt China, daS einen gleichen Verbranch aufweist.In bezug auf das der Bildung dienende Papier dürfte indessenSerbien doch höher stehen als China, da in letzteren? Lairde sicher-lich weit mehr als 50 Proz. des verbrauchten PapiereS der Drucker-