DerbSMker herkommen, und' wir haben die Gewohnheit, nicht gleich bei der ersten Bekanntschaft Freundschaft fürs ganze Leben zu schließen. Man muß die Menschen erst kennen lernen. Mt wem waren Sie denn in Petersburg be- kannt?" Ich nannte Poposf und merkte, daß einige ihn kannten. Nadeschdin fragte mich:Wo ist jetzt Popoff? Wie geht es ihm? Er ist ein guter Kamerad und ein tüchtiger Arbeiter. Ich kenne ihn gut, und die Freundschaft mit ihm dient Ihnen nur zur Empfehlung. Aber wir wollen doch nicht so auf dem Trocknen sitzen! Wollen Sie nicht ein Glas Tee mit uns trinken?" Ich dankte und blieb bis zum Abend dort. Während des Gesprächs fragte mich einer:Heißen Sie einfach-- oder haben Sie noch einen Titel?"Ja, ich habe einen Titel."Nun, Sie sind ja nicht der erste Aristokrat, der in den Reihen der Revolutionäre kämpft. Wo haben Sie studiert?"Ich war in der Rechtsschule." Oho! Das ist ein weiter Sprung, denn aus dieser Schule gehen ja meistens nur Lumpen hervor." lFortsetzung folgt.) �Zus den Berliner Kunftlalons. Von Ernst Schur . Im Kunstsalon Cassirer wird uns eine interessante Ueberflcht über das Schaffen eines Landschafters geboten,-der zu den besten modernen Künstlern Frankreichs zu zählen ist: C a m i l I e P i s a r r o. Für ihn existiert nur die Landschaft; er studiert ihre wechselnden Reize mit einer verblüffenden Genauigkeit, ohne die Schönheit dabei zu vergessen. Ein paar ftühe Landschaften in glattem, breiten, Ton mit reichlicher Verwendung von Grün zeigen, von wo Pissarro herkam, von den sogenannten Meistern von Barbizou, einer Kolonie von Malern, die um die Mitte des vorigen Jahr- Hunderts in dem genannten Ort unfern Paris eine neue, schlichte Malerei pflegten, die von dem historisch- allegorischen Pathos der üblichen Kunst bezeichnend abstach. Die Natur war ihr Vorbild. Ihre technischen Muster suchten sie bei den Holländern, deren einfache, stimmungsvolle Landschaften noch jetzt ihren Reiz ausüben. Pissarro malte zuerst ebensolche schlichten, stimmungsvollen Naturausschnitte. Dann kam die neue Lehre des Freilichts, des Impressionismus Die Natur wurde nicht empfunden, sondern beobachtet. Nicht Empfindungen sollten gegeben werden, soudern Beobachtungen registriert werden. Es trat ein sozusagen naturwiffenschaftlicher Einfluß an die Maler heran. Sie studierten die Natur und besonders die jeweiligen, wechselnden Luft- und Lichterscheinungen. Diese mit allem Reiz des Moments, mit der ganzen prickelnden Wahrheit und Treue der unmittelbaren Erscheinung zu geben, dahin ging der künstlerische Ehrgeiz. Pissarro hat sich diesem Lichtstudium mit Begeisterung hingegeben. Auf seinen Bildern flimmert das sonnigste Licht in warmer Schön- heit. Dabei weiß er stets sein Tenipcrament zu zügeln. Sein Werk behält den Bildcharakter. Die Gegensätze sind bei aller Willkür des Ausschnitts malerisch abgewogen. Wie fein sind die Massen verteilt auf dem Parkbild, bei dem der breite Weg zu dem breiten Grün der Bäume und Büsche ein so malerisches Gegengewicht bildet und das Grau dieses Weges so sein und har- manisch übergeht in das warme, grauflimmernde Grün der Bäume und Büsche. Mit welchem fabelhaften Geschmack sind die Menschen in ihren bunten Toiletten hineingesetzt, so daß das Ganze ein Naturausschnitt zwar bleibt, aber künstlerisch doch ein wohl- abgewogenes, bewußt malerisches Werk ist. In einer späteren Periode malte Pissarro noch leichter, lockerer. Er löste den atmosphärischen Eindruck noch mehr auf. Man wird vielleicht den Einfluß des sogenannten Pointillismus, der inzwischen aufgekommen war. der den Lichteindruck in farbige Einzelpunkte auflöste, hier verspüren. In dieser die farbige Erscheinung in kleine Striche und Punkte zerlegenden Manier hat Pissarro hauptsächlich Herbst- bilder gemalt. Und er hat dabei jene flimmernde, helle Schönheit des Herbstes, der in allen Farben brilliert, wundervoll getroffen. Die graue Lust, das helle Gelb und Braun des Laubes, die schwarzen Zweige, all das ist mit großer Kühnheit und Leichtigkeit gemalt. Die Lust ist hier in den feinsten Abtönungen getroffen. Auch Winter- stimmungen gelingen dem Künstler in derselben vollendeten Weise. Trotzdem alles flimmert und virwoS aufgelöst ist, bleibt doch der einheilliche Natureindruck bestehen. Und die lichte Schönheit der Naren Herbst- und Wintnluft kommt reich in allen Farben zum Ausdruck. Eine sehr sehenswerte Ausstellung des gesamten graphischen Werkes von Max Klinger veranstaltet die Kunsthandlung AmSler u. Ruthardt bei steiem Eintritt. Diese Ausstellung ist interessant, weil man das ganze Werk nebeneinander steht und manches trifft, was neu erscheint. Und da Klingers eigenstes Gebiet die Graphik war. so erhalten wir damit einen Ueberblick über das eigentliche Schaffen des Künstlers. Zuerst begegnen wir den in antikem Geist gehaltenen Umrah- mungen zu griechischen Erzählungen. Sie haben im Figürlichen eine spielende Grazie und sind reich im Ornamentalen. Namentlich die Land- fchaften haben eine schöne, freie Unendlichkeit. Es sind Phantasieland- schasten, und die Menschen, die da hineingesetzt find, find mit Leben erfüllte antike Plastiken. Das Inhaltliche drängt sich stark in den Vordergrund, das Formale ist nicht so ent- scheidend vorhanden. Aber eine gewisse schönheitsttunkene Gebärde gibt dem Ganzen eine vollendete Harmonie. Eine Reihe Exlibris lBuchzcichen) sind graziös in der Linie, licht in den Tönen. Es sind Radierungen, deren künstlerischer Wert in der phaiitasievollcn Erfindung, in der feinen Linienführung liegt. Dann kommen Porträts und Aktzeichmmgen. Hier merkt man das Versuchen und Probieren in der Technik. Bald ist der Schwarz- weiß-Eindruck flächig, glatt, bald huscht aus dunklem Grunde die Linie leicht wie eine silberne Spur dahin. Hier merkt man, wie sehr es die Form ist, die Kliuger interessiert, und weniger das Malerische. Der ZyklusDer Handschuh", den ein Herr beim Laufen in der Rollschuhbahn findet, hat in seiner lebendigen Laune, in der Mischung von Wirklichkeit und Traum viel Reiz. Das uns so der» altet anmutende Kostüm jener Zeit erinnert an die Tracht der Damen auf den französischen Bildern eines Manet. Dann tritt GoyaS Einfluß zutage. Aus dem temperamentvollen Wirklichkeitsbetrachter wird in dem ZyklusEin Leben" der sozialkritische Ergründer, der Fragen aufwirft. Er steht die Not des Lebens. Er gibt weibliche Gestalten von der Straße, die sich dunkel von dunklem Grunde abheben. Es ist etwas Düsteres in diesen Blättern. Noch energischer tritt Klinger ins Leben hinein mit dem Zyklus Dramen". Blätter wieEin Schritt",Eine Mutter" find von eindringlicher Kraft der Wirklichkeit. Düstere Gassen, winkelige Höfe, Hinterhäuser. Die drei. BlätterMärztage", die die aufgeregte Bolksnicnge in den Straßen, dann das Feuer auf den Barrikaden und schließlich die dunkle Chaussee zeigen, auf der die Gefangenen unter Bedeckung geführt Iverden, können um der Kraft und Schärfe der Darstellung, willen niemals ihre Bedeutung verlieren. In Käthe Kollwitz hat dieser Einfluß nachgewirkt. Nach dieser Konzenttatton schuf Klingcr eine ganze Reihe Einzel- blätter; die jeweilig den Einfluß von Böcklin sim Landschaftlichen), den Einfluß der Japaner(im aparten Ausschnitt, im feinen Spiel der Linien), der Franzosen zeigen. Immer ist der Gedanke Form geworden. Eine seltene Beherrschung kennzeichnet diesen Künstler, der die markanten Eigenschaften der deutschen Künstler besitzt. Die Linie interessiert ihn mehr als die Farbe, die Form mehr als das Licht, der Gedanke mehr als die Beobachtung. Sinnend geht er durch diese Welt. Obgleich er zum Leben hindrängt, steht er doch nie mitten dann. Er reflektiert. Er hat etwas von einem ehrlichen Handwerker, und weniger erinnert er an einen leichtlebigen, genießenden Künstler. Typisch beginnt er mit der Griechenbegeisterung; an der Hand der griechischen Kunst ttitt er in das Leben ein, nähert sich immer mehr der Gegenwart, zu der er aber nie ein unmittelbares Verhältnis gewinnt. Bielleicht deshalb nicht, weil die Gunst der Verhältnisse ihn unabhängig machte. Diesem Griechentum blieb er immer tteu. Es gab ihm das strenge formale Empfinde».} Und so taucht nach dem Intermezzo der genannten Zyklen wieder zum Schluß Griechenland in seinen Entwürfen auf. Am interessantesten sind die Blätter, in denen er tief sinnend das moderne Leben betrachtet, die Zyklen. Formal am freiesten und feinsten sind die Arbeiten, in denen die Vor­liebe für das Griechentum künstlerisch eine selbständige Form gewonnen hat, wo er steie Erfindungen gibt, während in den ersten Blättern das Griechentum mehr äußerlich vorhanden ist. Klinger Schüler bleibt. DieBrahms- Sinfonie " gibt wieder mehr eine innerlich ergriffene Stimmung, Visionen, geboren aus dem Geist der Musik. Alles in allem verläßt man die Ausstellung mit dem Gefühl der Achtung vor dem Reichtum dieser Phantasie, der Kraft der Gestaltung, der Tiefe der Ideen. Freilich zuweilen mischt sich das Gefühl hinein, daß das Leben hierbei zu kurz gekommen ist, das eine solche Kraft ge- rade hätte bändigen können, daß die Reflektion überwiegt und daß schließlich Entwickelungen uns von diesen Auffassungen trennen. Wir ehren dieses Können und Wollen, das sich hätte besteien können, doch es vorzog, sich selbst zu betonen und sich dahei in Fesseln zu verstricken. Er ge- wann nicht daS steie Land. Klinger befreite sich nicht von sich selbst. Aber selbst in seinen Fehlern und Mängeln hat er die Größe deS Ernstes und der ehrlichen Ueberzeugung und waS wir daraus entnehmen, geht nicht gegen seine Kunst, sondern konstatiert nur die Tatsache, daß er eben einer anderen Zeit angehört. Im KünstlerhauS ist eine Kollektion von Werken s ü d- deutscher Maler ausgestellt, die ein recht gutes Bild von dem Wesen dieser Kunst geben. Ein besonderer Charakter des künst- lerischen Schaffens tritt uns hier entgegen, der dem, was wir hier in Berlin als moderne Art gewohnt sind, entgegengesetzt ist. Es tritt eine Verwandtschaft mit den alten deutschen Meistern zu- tage, die nicht in äußerlichen Nachahmungen, sondern im gleichen Wesen ihren Grund hat. War doch diese alte, deutsche Kunst am Rheine zu Hause. Das impressionistische Bild tritt in den Hinter- grnnd. Form und Linie herrschen vor und eine feste Anschauung irägt das gesehene Motiv, den Naturausschnitt, zum Bilde. Die Technik ist gründlich und solide und geht keinen Schwierigkeiten täuschend aus dem Wege. Es steckt eine unermüdliche Arbeit darin. eine Arbeit, die in jedem Teile eine sichere Wirkung erprobt und während langer Stunden nicht erlahmt. Man hat diese Art als