stellen. Und im ganzen spürt man in der Bevorzugung satter Farben, die im Hellen scharf betont stehen, nationalen Charakter. Medizinisches. Verdirbt Eisen die Zähne? Wenn der Arzt Bleichsüchtigen und Blutarmen Eisen in irgend einer Form der- ordnet, so stößt er häufig auf Widerstand, weil die Patienten meinen, daß dadurch die Zähne verdorben würden. Wie aus den Untersuchungen von Zahnarzt M. Morgenstern in Stratzburg i. E. hervorgeht(„Therapeutische Monatshefte"), ist diese Ansicht, wie sie das Volk hat, nicht ganz von der Hand zu weisen, denn er hat gefunden, daß sowohl die künstlichen eisenhaltigen Medikamente als auch die natürlichen Stahlwässer eine mehr oder minder schäd« liche Wirkung auf die harten Zahnsubstanzen ausüben, indem die meisten bei direkter Berührung die Zähne verfärben und anätzen. Die Färbung beruht fast immer auf einer chemischen Eisen- Verbindung, hervorgerufen durch Auflösung von Zahnsubstanz in- folge der Säureeinwirkung des Salzes, welches entweder als Vehikel mit dem Eisen verbunden oder, wie bei den natürlichen Stahlwässern, der Lösung beigemischt ist. Die bekannte Vorschrift, flüssige Eisenmedikamente nur mittels eines Glasrohres einzu- nehmen, ist daher vollkommen gerechtfertigt, und auch Eisen- Präparate in Pillen- und Pulverform sollten nur gut eingehüllt in Gelatinekapseln verordnet werden.— Das etwa nach dem Ein» nehmen des Eisens nachträglich in den Speichel ausgeschiedene Eisen ist siir die Zähne unschädlich, da es die Zusammensetzung des Speichels nicht zu ändern vermag und an Eiweißverbindungen gebunden ist, die keine Aetzwirkungen hervorbringen können.— Von großem praktischen Werte dürfte es daher sein, jedes in dem Handel vorkommende und offizinelle Eisenpräparat und ebenso jedes natürliche Stahlwafser in betreff seiner Wirkung auf die � harten Zahnsubstanzen zu prüfen, um genau vor seiner An- Wendung zu wissen, ob eine schädliche Einwirkung auf die Zähne zu befürchten oder ob eine solche ausgeschlossen ist. Die experi- mentcll festgestellten Resultate müssen auf einer Liste vereinigt und dem Publikum von feiten der Aerzte und der Apotheker zur Ver- fügung gestellt werden, damit es vor Schaden bewahrt bleibt. Physikalisches. Kanu durdj Ziegelm auern Lust strömen? Eine der ersten und wichtigsten Forderungen der Hygiene ist die nach frischer Luft, und wie nötig ein ausreichender Luftaustausch ist, be- merken wir sofort, wenn wir ein Zimmer betreten, in dem längere Zeit hindurch Fenster oder Türen mcht geöffnet gewesen waren; eine dumpfige, Atem beklemmende Luft empfängt uns dort. In der kalten Jahreszeit, in der man die Wohnräume heizen muß, wird man freilich nicht den ganzen Tag hindurch die Fenster ge- öffnet halten, denn sonst würde die fortwährend herein- strömende kalte Außenluft den Zweck der Heizung vereiteln und das Zimmer unerträglich kalt machen, aber in geeigneten Zwischenräumen, namentlich vor dem Heizen und nachdem in dem Zimmer gegessen ist, soll man das Fenster einige Zeit hin- durch offen halten. Aber gänzlich läßt sich auch bei geschlossenen Fenstern und Türen die Außenluft nicht fernhalten. Man kann das schon daran erkennen, daß im Innern der Zimmer derselbe Lust- druck besteht,>vie außen; ein Barometer hat immer denselben Stand, wie außerhalb, also muß irgendwie eine Verbindung zwischen beiden Luftschichten bestehen und ein Ausgleich erfolgen. Daß er freilich nicht sehr groß ist, zeigt uns das Thermometer. Außerhalb des Fensters gibt es eine andere Temperatur an, als im Zimmer selbst. Dieser LuftauSgleich tritt in erster Reihe dadurch ein, daß Fenster und Türen, auch wenn sie noch so sorgfältig hergestellt sind und noch so gut schließen, dennoch nie einen wirklich lustdichten Verschluß ergeben; im Gegen- teil, wenn man etwa zum Zweck einer wissenschaftlichen Untersuchung einen hermetischen Verschluß herstellen will, muß man außerordent- liche Maßregeln treffen, und bei einem Räume, der die Größe eines Zimmers hat, läßt er sich gar nicht erreichen. Aber abgesehen davon findet auch durch die Mauern selbst beständig eine gewisse Lust- strömiuig statt. Man hält es allerdings kaum stir glaublich, daß durch einen dicken, unversehrten Ziegelstein hindurch Luft fließen kann, aber ein sinnreiches Experiment hat bewiesen, daß es dennoch der Fall ist. Auf den beiden einander gegenüberliegenden Flächen eines Ziegelsteines wurde je eiiT Trichter so angebracht, daß die breite Trichteröffnung an dem Stein auflag. Diese beiden Trichter wurden mittelst eines harzigen Kittes an dem Stein gut angeklebt, so daß sie wirklich hermetisch befestigt waren und durch die Fuge zwischen Stein und Glas absolut keine Lust durchtreten konnte. Dann wurde das eine Trichterrohr durch einen Gummischlauch mit einer GasleitungSrvhre verbunden, der Gashahn wurde geöffnet und dann drang das Gas durch den Stein hindurch in den anderen GlaS- trickter, so daß es sich an dessen Ende entzünden ließ und mit gleich- mäßiger Flamme brannte. Ebenso wie in diesem Falle das Leucht- gas muß auch sonst die atmosphärische Luft durch Ziegelsteine hin- durchtreten. Verstärkt wird dieser Lustdurchgang, wenn auf dereinen Seite der Wand, also im Zimmer, eine erheblich andere Temperatur besteht als ans der anderen Seite; denn die warme Lust ist leichter als kalte, sie übt einen geringeren Druck aus als diese und sie setzt der durch den Ziegel strömenden schweren kalten Luft nur geringen Widerstand entgegen. In unseren Wohnräumen sind nun aber heutzutage im allgemeinen die Wände mit Tapeten beklebt, und diese sowohl wie auch ganz be» sonders der Kleister, durch den die Tapeten an den Wänden befestigt find, bringen dem Luftdurchtritt große Schwierigkeiten ent- gegen. Der Kleister tut dies dadurch, daß er die Poren des SleineS als auch des Tapetenpapiers verstopft. Umsoweniger also darf man glauben, daß der natürliche Luftzug durch die Wände eine auS- giebige Ventilation, ein genügendes Oeffnen von Fenstern oder Türen zur Beschaffung einer guten, gesunden Luft ersetzen kann, sondern gerade in tapezierten Zimmern muß mit allem Nachdruck ordentliches Lüsten gefordert werden. Humoristisches. Was ist d.'as? Man schlägt darauf mit aller Gewalt, Man schlägt, daß die ganze Bude erschallt, Man denkt, es müßte am Ende gelingen, Durch Schläge das Ding ins Wanken zu bringet». Doch weit gefehlt; nicht die Bohne nützt es. Je mehr man schlägt, desto fester sitzt es. Du hast die Lösung sofort erkannt Und rufft: der geschlagene Gegenstand Ganz unbedingt ein Nagel ist er I Ich meinte aber den Kultusminister! m. Friedliches Albion. Der Lord der Admiralität: Wir müssen sofort noch dreizehn Panzerschiffe erster Klasse bauen. Campell« Bannermann: Sehr schön, ich stelle also zwanzig in den Etat ein, Sie bauen dreizehn, und die sieben, die fehlen, kommen auf Konto.Abrüstung". — Mecklenburg wird Verfassungsstaati Die Ritterschaftlichen: WaS nun die Handhabung sothaner Konstitution betrifft, so werden wir eine Spezialkommission ernennen zu ein- gehenden Studien in Rußland und Persien . (.Lustige Blätter.") Notizen. — Im Schiller-Theater N.(Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater) gelangt nächsten Sonntag für die Neue FreieVolts- b üZH n e zum erst«: Male Bernhard Shaw:„Helden" zur Auf- führung. — Der HI. Deutsche Röntgen-Kongreß tagte im Langcnbeckhause in Berlin . Er war veranstaltet von der Deutschen Röntgengesellschast, die vor drei Jahren gebildet wurde und jetzt mehrere hundert Gelehrte aus allen Ländern zu Mit« gliedern zählt. Die Gesellschaft bezweckt den weiteren Ausbau der Röntgenlehre in wissenschaftlicher und sozialer Beziehung. Ver- handelt wurde u. a. über die Frage:.Welchen Einfluß hat die Röntgendiagnostik auf die Erkennung und Behandlung der 5knochen- brüche gehabt"(Referent Prof. Wendt). Andere Vorträge behandelten die Wachstumsstörungen infolge Röntgenbestrahlungen sowie den Einfluß der Röntgenstrahlen aus Embryonen. — Ein Mystifikator. Leo Taxil , oder wie er mit seinem rechten Namen hieß, Antoine Jagand ist in Sceaux bei Paris gestorben. Der Spaßvogel hat" einen der gelungensten Mystifikationen deS 19. Jahrhunderts verübt und den Vatikan heillos blamiert. Wenn Lächerlichkeit tötete, hätte der Teufels- aberglaube durch ihn längst den Todesstoß erhalten. Ehe- maliger Freimaurer , den man wegen eines literarischen Betruges ausgestoßen hatte, schlug sich Taxil auf die Gegen- seite und wurde enragierter Klerikaler. Er schrieb ein paar Pamphlete gegen die Freimaurer , die er deS Bundes mit dem Teufel bezichtigte. Sie lourden ernst genommen und von den romanischen Klerikalen mit Eifer gegen die Freimaurer ausgespielt. Schließlich konnte Taxil 1896 in Trient einen Antisteimaurerkongreß inszenieren, auf dem er die seltsamsten Enthüllungen vornahm. Er bediente sich zu dem Zwecke einer geheimnisvollen Persönlichkeit, der Miß Diana Vaughan , einer angeblich bekehrten amerikanischen Millionärin. In deren Austrag— die Dame existierte gar nicht— verblüffte er die gutgläubige Welt derer, die immer betrogen werden wollen, durch die kühnsten Ausschlüsse über den Teufel Bitru und den— Götzendienst der Freimaurer Die albernen Märchen wurden von den klerikalen Ausbeutern des Wahnglaubens fleißig kolportiert. Taxil korrespondierte als Vertreter Miß Vaughans mit illustren Kirchenlichtern. Der Schwindel wäre kaum aufgekommen, wenn Taxil ihn nicht ein Jahr später mit allen Details aufgedeckt hätte. Europa konnte einmal wieder aus vollem Halse lachen.— Taxil war ein Marseiller Kind. Er erinnert in manchen, an Daudets unsterblichen Aufschneider Tartarin von Tarascon. Mit dem Unterschiede, daß er für ernst genommen wurde und sich selber an den Mystifizierten mit diabolischer Freude rächte. Schon in seinen jungen Jahren hatte er sich in dem Genre versucht, indem er die guten Bürger von Marseille durch die Entdeckung von Hai- fischen im Marseiller Hafen erschreckte. Leute seiner Art hat eS immer gegeben. Bezeichnend ist nur, daß er solchen Resonanzboden finden konnte. Verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagsanstaltPaul Singer L-Co.. Berlin SW.
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24 (4.4.1907) 65
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