Wittner hat das Wer! sm�flfttig fundamentiert und geräumigaufgebaut. Es sindZzum grötzten�Teil noch unbekannte Materialienbenutzt worden, die der Biograph den Hinterbliebenen des Dichtersverdankt. Ferner war eS ihm vergönnt, die Korrespondenz Hart-manns mit Meißner, Lorm, Betty Paoli u. a. fast vollständig ein-zusehen. Im übrigen wurde in musivischer Arbeit alles irgendwieErreichbare, das zemals über Hartmann geschrieben worden ist,zusammengetragen. Endlich gibt Witwer auf Grund eingehenderStudien der innerpolitischen Zustände Deutschlands. Oesterreichs undBöhmens eine breit angelegte zeitliche Schilderung, die als wirkungsvoller Rahmen für das hieraus erwachsend« Bild des Menschen,Dichters und Revolutionärs gedacht ist.Moritz Hartmann hat ein unruhiges Zugvogeldasein führenmüssen. Am IS. Oktober 1321 zu Duschnik, einem Dorfe beiPrzibran in Böhmen als Sohn jüdischer Eltern geboren, brachte ersich nach Abschluß der Gymnasial- und zum Teil auch der Universitäts-studien einige Jahre als Hauslehrer in Wien durch, machte dannReisen nach Italien, Deutichland, Belgien und Frankreich und kehrte1847 nach Wien zurück. Hier wurde er ivegen seines bisherigendichterischen Gebarens in eine peinliche Krimmaluntersuchung der-'wickelt, von der ihn die dazwischen fallende Märzrevolution befreite.Von neuem aktiven Anteil am politischen Leben nehmend, ging ernach Prag, um daselbst an die Spitze der deutschen Partei zu treten.Sein Wirken in dieser Stellung gab Veranlassung zu seiner Wahlin die deutsche Nationalversammlung. Hier, in Frankfurt, vertratHartmann, zur Linken gehörend, den Wahlbezirk Leitmeritz. ES ver-lohnt sich wohl, ein wenig bei dieser Episode zu verweilen, nichtweil Hartmann als Parlamentsredner besonders hervorgetreten wäre,sondern insofern, als er, nebst Robert Blum, Fröbel und Trampuschder von der Frankfurter Linken nach Wien abgesandten Deputationangehörte.(Schluß folgt.)kleines Feuilleton.veber Farbenblindheit veröffentlicht Edward> A. AyreS im.Century Magazin" einen auf sorgfältige Untersuchungen gegrün-deten Aufsatz, in dem er zunächst von den verschiedenen Inten-fitätsgraden des Farbenschens bei Tieren und Menschen spricht.Im allgemeinen ist natürlich der Farbensinn der Tiere viel wenigerausgebildet als der der Menschen. Der Sinn des Stieres wirdnur durch eine rote, nicht durch eme grüne oder blaue Fahne auf-geregt; Angler wissen, daß bestimmte farbige Köder eine besondereAnziehungskraft auf die Fische ausüben; viele Tiere verratenihren Farbensinn dadurch, daß sie ihr Aussehen in möglichsteUebereinstunmung mit den Farben der Umgebung bringen, umihren Feinden weniger fichtbar zu sein. Wie der Farbensinn derTiere außerordentlich verschieden ist und von höchster Schärfe biszu einer ziemlichen Unempfindlichkeit herabsteigt, so können auchbei den Menschen große Unterschiede deS Farbenempfindens konstatiert werden. Der markanteste Fall dafür ist die partielle odertotale Farbenblindheit, bei der man entweder die Karben über-Haupt nicht sieht, so daß das ganze Weltbild nur in einer Skalavon weißen, grauen und schwarzen Tönen erscheint oder auch nurdas Empfinden einer einzigen Farbe völlig ausgelöscht oder ver-mindert ist. Völlige Farbenblindheit ist außerordentlich selten,aber auch die totale Blindheit einer einzigen Farbe gegenüber trittnicht oft ein, sondern eS erfolgt nur ein« starke Abschwächung undein Undeutlichwerden dieser Farben. Blindheit für Gelb, Blauund Violett findet sich nur selten; am häufigsten sieht man Rotund Grün nicht..Wenn tausend Männer," so konstatiert derVerfasser,.die Blumen eines Gartens beschauen, so werden fünfzigvon ihnen die Farben falsch sehen. Wenn tausend Frauen sie de-trachten, dann werden SSö oder 997 die einzelnen Tönungen richtigerkennen." Diese bei Männern so häufige Farbenblindheit, diesicherlich schon seit den Urzeiten besteht, ist nun erst verhältnismäßigspät erkannt worden. Erst seit 139 Jahren etwa beschäftigt man sichmit dieser Erscheinung, und der erste, der einen Fall von Rot-blindhcit beschrieb, war ein bekannter englischer Chemiker, derQuäker Dalton, nach dem die Krankheit Daltonismus benanntwurde. Ganz zufällig entdeckte er das eigentümliche Manko, das ihmanhaftete. Er erschien in einer Gesellschaft von Gelehrten, beider eine würdige Kleidung vorgeschrieben war, mit ein paarscharlachroten Hosen, erregte allgemeine Entrüstung wegen seinerauffälligen uno schreienden Tracht und machte das Uebel nochlimmer. als er erklärte, er habe gar keine roten Hosen an.an schloß ihn von der Gesellschaft aus und tat ihn in Acht undBann, bis man schließlich feststellte, daß er rotblind war. Ein§rünblinder Admiral der englischen Flotte erwarb sich bei seinemluftreten in Dublin eine große Popularität, weil er in ein paargrünen Hosen erschien, die er selbst für braun hielt. Er schriebden außerordentlichen Jubel des Volkes seiner persönlichenLiebenswürdigkeit zu, bis er schließlich über seine Farbenblindheitaufgeklärt wurde. Besonders auffällig ist es, daß Künstler, derenFarbenempfinden doch auf das feinste ausgebildet sein müßte, derFarbenblindheit eben so häufig unterworfen sind wie andereMänner. AyreS hat bei Untersuchungen, die er mit eimr großenAnzahl von Malern und Zeichnern anstellte, festgestellt, daß imDurchschnitt einer von 22 Künstlern farbenblind ist. Ein Künstlermit totaler Farbenblindheit, der die ganze Umwelt nur in Schwarzund Weiß sehen wollte, müßte ein vorzüglicher Radierer sein, und lwirklich haben deDt Verfasser farbenblinde Schwarzweißkünstlererklärt, daß die eigentümliche Veranlagung ihres Farbensinns ihnenbei Ausübung ihrer Kunst nur nützlich gewesen sei. Wie die Kurz,fichtigkeit dem Maler das Bild der Landschaft in gedämpften, ver«schleierten Tönen vorführt, andererseits ihm in der Nähe alleUmrisse schärfer vor das Auge treten läßt, so kann auch die Farben»blindheit in der malerischen Anschauung eine? Künstlers eine eigen-»tümliche und aparte Stimmung hervorbringen und von Kritikern„als besondere persönliche Note" gerühmt werden.—Theater.Neues Theater..Der Dieb", ein Stück in drei Auf«zügen von Henry Bernstein.(Aus dem Französischen über»setzt und bearbeitet von Rudolph Lothar.) Die„Kralle", dasSchauspiel Bernsteins, das neulich im Kleinen Theater herauskam.aber nach wenigen Abenden vom Spielplan verschwand, nimmt trotzvielen Mängeln des Aufbaues in den abschließenden Szenen einenAufschwung, der dem ganzen das Gepräge eines mit ernstemkünstlerischem Willen koncigierten ergreifenden Charäkterdramasaufdrückt. Im.Dieb" fehlt jeder solche gediegenere Gehalt, fehltdas Bestreben, den notwendigen in der Entwickelung einesCharakters wurzelnden Tendenzen nachzugehen. Es fallen Streif-lichter auf die Personen, an einzelnen Stellen blitzt manchmakpsychologisch Interessantes auf, doch kein Faden spinnt sich einheit»lich bis zum Ende fort. Der Autor treibt nur ein Spiel mitSituationen, um momentane Spannung zu erzeugen, und paßt dasHandeln, das Empfinden seiner Menschen, wie die moralische Be»leuchtung, in der er sie erscheinen läßt, seinen jeweiligen Einfället»je nach Belieben an. Es ist ein Stil, der an die einst hoch be»wunderten, so rasch veralteten Gesellschaftsdramen Dumas undSardous erinnert. Mache, aber geschickte Mache, die ihr Ziel, zuunterhalten, anzuregen und zu spannen, mit virtuosem Spürsim»verfolgt, ja auch über den Moment hinaus, nach dem Fallen deSVorhangs Eindrücke zurückläßt. Das Publikum war offensichtlichinteressiert, der Beifall klang spontan. Vielleicht, daß diesem soviel wertloserem Drama der Erfolg blüht, den man der„Kralle*hätte wünschen mögen.Einer Reihe großer Diebstähle auf die Spur zu kommen, hatHerr Lagardes einen genialen Detektiv engagiert. Mit außer»ordentlichem Raffinement ist die Szene vorbereitet und entwickelt.in welcher dieser Sherlock HolmeS vor dem unglücklichen Vater denanscheinend ganz unwiderleglichen Indizienbeweis erbringt, daßkein anderer als sein Sohn, ein neunzehnjähriger, seltsam ver,schlossener Mensch, die Tat begangen haben könne. Madame Voyfin,die mit ihrem Manne Richard, dem Jugendfreund Lagardes, Gast-freundschaft in dem Schloß genießt und gegen ihren Willen in den»Jungen eine wahnsinnige Leidenschast entzündet hat, erklärt, siewolle ihn herbeirufen, damit er sich auf der Stelle verantworte. Diagedrückte Haltung des Jünglings, als er hereintritt, bestärkt nurden Verdacht, und nach kurzem Leugnen bekennt er sich schuldig, dasGeld entwendet und in Gesellschaft von Maitressen durchgebracht zuhaben. Madame Vohsin verrät durch keine Miene besondere An«teilnähme. Beim Schlafengehen lacht sie darüber, daß ihr Manndie Geschichte so ernst nehme. Hinter der engen Stirne scheintkeine Sorge, keine Angst zu wohnen, nur die blinde eingewurzelteVernarrtheit in den eleganten hübschen Gatten. Sie lockt ihn anmit den gewohnten Koketterien; doch da entdeckt er. in verliebtenReden vor ihren Augen den Toilettentisch durchwühlend, einTäschchen voller Tausendfrankenscheine. Er dringt in sie, zerreißtdie Lügen, hinter die sie flüchtet, zwingt ihr endlich das Geständnisab, daß Fernand ihr zur Liebe die Schuld auf sich genommen, sieselbst die Diebin sei. Sie stahl, entschuldigt sie sich, weil sie dasGeld zur Zahlung von Schulden brauchte,— Schulden, die sie nurin der Begierde, ihm zu gefallen, gemacht habe. In dieser Ent»hüllungsszene, die mit der des ersten Aktes höchst wirksam kon»trastiert, erreicht die Spannung ihren Höhepunkt. Dann wird derRückzug angetreten, der zu dem guten Ende führen soll. Bernsteinsucht für die perverse Dame nachträglich noch das Mitleid der Zu-schauer mobil zu machen. Wenn sie gestohlen, so hat sie doch denanderen, in ihres eifersüchtigen Gatten Augen noch schwererenVorwurf, daß sie ihn betrogen, nicht verdient. Mit dem Aplombgekränkter Frauenehre weist sie das zurück, scheint ihre Handlung-weise Fernand gegenüber zu bereuen und bekennt, noch ehe chr'Mann gesprochen, Lagardes ihr Verbrechen. Alles versöhnt sich undRichard geht mit ihr ins Ausland, um in Solidität und Arbeit dortein neues Leben zu beginnen.Claire Wallentiu in der Rolle von Frau Vohsin spielteihre große Szene im zweiten Akte ausgezeichnet. Die Figuren desGatten, des Detektivs, von Vater und Sohn erhielten durch dieHerren Christians, Schmidthäßler, Schroth undZizold eine mit sicherem Takte durchgeführte, an treffende"Nuancen reiche Verkörperung. ckt.Theater des Westens: Sonderaufführung des drama-tischen Instituts,„Mandragola", Komödie in fünfAkten von Niccolo Macchiavelli.(Uebersetzt und bearbeitetvon Otto Ploecker-Sckardt.) In den Literaturgeschichtenwird Macchiavellis, des berühmten Politikers und GeschichtsschreibersMandragola aus dem Anfange des sechzehnten Jahrhunderts meistin hohen Lobspriichen gefeiert und danu in Parenthese Verwarnunggegen die schlimmen Frivolitäten des Stückes eingelegt. Nichts-destoweniger langweilte man sich bei der Aufführung gründlich, unddas malte dilettantische Spiel trug nicht allein die Schuld daran