unverständlich. Dem Autor»üßte« denn seine Figuren selber komisch vorgc kommen sein. Für die Gestalt der dämonischen Gräfin hat Hedda Gabler, für die prätentiöse Bildersprache des Dialogs wohl Hoffmannsthal Modell gestanden, fedenfalls find der Norweger und der österreichische Dichter hier mit der gleichen Unparteilichkeit parodiert. Wie Hedda Löwborg, als dieser, ein verzweifelter gebrochener Mann, ihr gegen» übertritt, die Pistole in die Hand drückt, so möchte die Gräfin von Parham in der langen Reihe der Liebhaber doch wenigstens einen haben, der sich erschießt nnd zwar direkt um ihretwillen. Ellis, ihres Gatten Sekretär, scheint die geeignetste Person dafür. Als der Graf hinter das zärtliche Verhältnis der beiden kam, und bei aller sonstigen Vorurteilslosigkeit doch eine Trennung von dem jungen Menschen für notwendig erklärte, zerfloß der Arme in eitel Liebesschmerz. Er weinte, wie die Gräfin stolz berichtet, eine ganze Nacht an ihrer Seite. Zum Schluß hat er den großen Schwur ge- leistet, prompt zu sterben. Dieser Gedanke erfüllte sie mit hoher seelischer Befriedigung. Da macht sie nach sechs Jahren die schreck- liche Entdeckung, daß Ellis, statt pflichtgemäß im Grab zu modern. die Pächterin von Lltchfield zum Weib genommen und sich vergnügt des Daseins freut. So grausam in ihren schönsten Illusionen ge- täuscht, beschließt sie von dem Ungetreuen Rechenschaft zu fordern. Ellis stellt sich auf ihrem Befehl im Schlosse ein und empfindet, als er sieht, wie hübsch sie ausschaut, aufrichtige Reue über sein un- gualisizierbares Benehmen. Unablässig knattern die Tiradcn. AlS sie ihn nach alter Gewohnheit in ihr Boudoir führt, geschieht eS unter Donnern und Blitzen furchtbarer Dämonie;mein Leib," so ruft sie warnend an der Tür dem Doppelt-Treulosen zu,.ist gesalbt mit Verachtung!" Frau Ellis nimmt den heimgekehrten Sünder, der sich zur Abwechslung jetzt aus Reue über seine Schwäche das Loben nehmen möchte, barmherzig wieder auf; entwickelt eine kom- plizierte Theorie, daß sie mit ihrem übertriebenen Vertrauen zu dem Mann das ganze Unglück angerichtet habe und kündigt ein glück­verheißendes Zeichen an, daß der kleine Bob in kurzer Zeit ein Brüderchen erhalten wird. Es ist die einzige Figur, in die hier und da, wo sie nicht in der geleckten Ziererei der Sprache mit den andern wetteifert, einige Spuren menschlicher Beobachtung verrät. Der Kunst Helene Fehdmers gelang es, in dieser Rolle aus allem Schwulste einen Kern schlichter Verständigkeit und warm-natürlichen Gefühls herauszulösen. Anna Feldhammer mußte sich mit der Frau Gräfin  , L ettinger mit dem nicht weniger fatalen Ellis wohl oder übel abfinden.<lt. Kunst. e. s. Seitdem Messel   den Wertheimbau schuf, ist das Waren- yails als neue Schöpfung in die Architektur unserer Zeit' eingetreten. Das neueKaufhaus des Westens  ", das Emil S chnu d t am Wittenbergplatz baute, fügt den vorhandenen Typen des Waren- Hauses einen neuen Charakter an. Es schimmert das Vorbild der süddeutschen Renaissanee hindurch und in dieser Art, die prächtige Haltung mit Intimität vereint, fügt sich der stattliche Bau nicht allzu dominierend dem Straßenbild ein und giebt den langweiligen und monotonen Straßen des Westens lebhafteren Charakter, zeigt den hier üblichen, geschmacklos überladenen Fronten zugleich, wie eine Architektur großartig und doch nicht protzig fein kann. Die großen Warenhausfenster find durch quadratische Vierecke in kleine Fenster aufgelöst und auch sonst durch besondere Fenstereinbauten intimer gemacht. Mit viel Geschick ist aus der bewußt beibehaltenen, schematischen Aneinanderreihung der Felder eine gewisse Ruhe, ein SM geschaffen, der fich besonders gut an der Reihe der kleinen, dicht unter dem Dache fich hinziehenden Lukenreihe zeigt. Als Gegengewicht gegen dieses strengere Schema wirkt der schön berteilte Schmuck von Prof. W r b a, der über die fein getönte, graue Fassade ein reizvolles Spiel in Stein geformten Figurenwerkes ausstreut. Dieser selbe Gegensatz zwischen Strenge und Leichtigkeit findet sich in der Architektonik der Faffade im ganzen. Diese wirkt als Ganzes kompakt, massig. Aber diese Schwere ist geschickt aufgelöst; dadurch, daß auf der einen Seite die Front in leichter Rundung fich in die Straße hineinbiegt; dadurch, daß die Ecken in Altane abgesetzt sind; daß über dem Mittelteil ein efeu- umrankter Balkon sich breit hinzieht. Dieser malerische Eindruck konzentriert sich vorzüglich in dem Eingangsteil, der durch zwei flankierende, bis zum Dach in Turmform aufragende Seitenfenster herausgehoben ist. In schönem, breiten Bogen wölbt fich darunter das Tor, das mit seinem reichen, dunklen' Figurenschmuck in Holz- fchnitzerei vornehm zurücktritt. Seitlich je ein kleineres Tor, in vier- eckigem Ausschnitt, mit feinen Steinplastiken über der Tür. Auch im Innern ist nicht der monumentale, sonderu der intime Charakter betont. Der einzige, größere Raum, der in nicht zu großen Dimensionen gehaltene Lichthof, empfängt den Eintretenden. Er ist ganz in australischer Eiche seinem der härtesten Hölzer) verkleidet; der warme, hellgelbe, matte Ton des Holzes ergibt zusammen mtt dem flimmernden Eindruck des breiten Kristallleuchters an der Decke, der an dunkelen Bronzeketten hängt, eine harmonische Wirkung. Der dunkele Ton kehrt wieder in dem Bronzegeländer der Treppen, die in feinem, leichtem Linienspiel gehalten ist. Im allgemeinen ist die durchdachte Anordnimg der Räume hervor- zuHeben. Ein Wandelgang führt ringsherum, seitlich öffnen sich die einzelnen Abteilungen, die die verschiedenen Läger enthalten, so daß fich eigentlich Laden an Laden reiht. Die Räume sind niedrig ge- halten. Bis zu dreiviertel Höhe der Wand reichen die Regale und Ständer, die fich durch eine sinngemäße, sachliche Form auszeichnen und dem Ganzen durch die gleichmäßige(graue oder rötliche oder mattschwarze) Färbung Einheit geben. Der obere Teil der Wand und die Decke sind in einfachem Weiß gehalten. Sehr eigenartig sind die in Eisen gehaltenen Verkleidungen der Fahrstuhlschachte, die auf großer Fläche ein graziöses Spiel von Blumen-, Tier- und Figurenornamentik ausbreiten. Auch die Stühle, Vitrinen und Tische haben eine besondere, sachliche und einfache Form. Wenn man näher zusteht, bemerkt man die Hand des Künstlers an den klemsten Teilen, an den Tür- schlössern, den Ettketts der Waren usw. Als besondere Räume find hervorzuheben: die in Natureiche in glatten, schönen Flächen ge- haltene Auskunftei, der Erfrischungsraum sweiße Decke, graue Holz- täfelung, weißgrüne Vorhänge), das in Mahagoni getäfelte Lese- zimmer, das mit dem dunkelvioletten Teppich, den grünen Vorhängen sehr kräftig erwirkt, von dem aus man in das Damenzimmer blickt, das in seiner weißen Holztäfelung, mit den hellvioletten Stoff- bezögen einer bizarren Bühnendekoratton von Welser   gleicht. Alles in allem architektonisch und malerisch, in Fassade und Innen- einrichtixna eine künstlerische Schöpfung., die nicht verblüffend originell ist aber doch Geschmack und Eigenart zeigt, so daß man sagen kann daß sie Berlin   bereichert. Notizen. Das Wiener Bürgertheater   beabsichtkgt während seines Gastspiels am Kleinen Theater, daS nächsten Sonnabend mit Max BurckhardS Volksstück.'s K a t h e r l" eröffnet wird, u. a.. auch das vierakttge Volksstück.Das Kuckucksei' von Oskar Fronz, dem Direktor des Theaters, aufzuführen. Börne als pensionierter Polizeibeamter. Ludwig Börne   war 1811 als Aktuar bei der Frankfurter Ober» Polizeidirektion angestellt worden und hatte es 1813 auf 300 Gulden Gehalt gebracht. 1813 nahm aber das.Großherzogtum Frankfurt  " ein Ende und das wieder.Freie Stadt" gewordene Frankfurt   hatte nichts Eiligeres zu tun, als die altreichsstädtischen Gesetze wieder in Kraft zu setzen und die ruchlosen Folgen der französischen   Revolution zu beseittgen. Als Jude durfte Börne  , deif damals noch Baruch hieß, kein öffentliches Amt mehr bekleiden. Er wurde entlassen. Er reklamierte, machte Eingaben usw. Der ergötzliche, für daS deutsche Pfahlbürgerelend typisches Fall war damit nicht beendet. Professor Ludw. Geiger hat m den.Süddeutschen Monatsheften' die Geschichte aktenmäßig dargestellt. Börne wurde nicht wieder eingestellt, bekam aber schtießlich eine Pension, wofür man indes trotz seines Anerbietens keine Gegenleistung duldete. Erst 1831 erinnerte man sich seiner wieder und wollte ihm nunmehr, da er inzwischen getauft worden war und die Polizeigeschäfte sich mehrten, gnädigst gestatten, wieder in Dienst zu treten. Auf diplomatischem Wege wurde Börne, der in Paris   lebte, davon verständigt. Inzwischen wurde zur befferen Nachachtung auch die Pension einbehalten. Börne  machte sich im 60. seiner Pariser   Briefe weidlich lustig über diesen Schildbürgerstreich. Als Polizeiaktuar hätte er sich in den Zeiten der Demagogenriecherei auch grotesk genug ausgenommen. Der Kongreß für innere Medizin, der in diesem Jahre gerade ein Vrerteljahrhundert besteht, hält seine Tagung In Wiesbaden   ab. 400 Teilnehmer aus Deutschland   und dem übrigen Europa   find erschienen. Tin revolutionäres Denkmal. Der tessinische Bildhauer Vincenzo Vela   hatte im Jahre 1843 den römischen Sklavenanführer Spartacus in einer kraftvollen Statue ver- körpert, als Sinnbfld der italienischen Freiheitsbestrebungen, an denen er selber lebhaften Anteil nahm. Die Statue hatte allerhand Schick« sale, bis sie schließlich in Petersburg   im Hause irgend eines russischen BaronS stand. Den Besitzern scheint die revoluttonäre Gestalt nicht gut in die russische   Hauptstadt mehr gepaßt zu haben. Sie ver« kauften sie, wie dieFrkf. Ztg." meldet, für 25 000 Franken an die schweizerische Gottfried-Keller-Stistung. Spartacus wird voraussichtlich in der Borhalle des Parlamentsgebäudes zu Bern  aufgestellt werden. Ein saurisches Geschenk. Carnegie, der Riesen- kapitalist hat zum Dank für die seinem Institut von Deutschland  und Frankreich   gemachten Büchersttftungen der deutschen und fran« zöfischen Regierung Abgüsse des in seinem Institut befindlichen riefigen Diplodocus gestiftet. Dieser Diplodocus ist der größte Saurier, der bekannt ist. Doluspürschern empfehlen wir Be- trachtungen darüber, ob in diesem Geschenk für Preußen-Deutsch  - land nicht eine versteckte Anspielung liegt. Bei uns ist soviel Prä- historisches Sauriertum noch lebendig, daß diese urzeitlichen Viecher das beste Wappentter für uns abgeben würden. Das größte Geschäftshaus der Welt. Zwei gewaltige Gebäudekomplexe, die den größten Geschäftsbau darstellen werden, der bisher ausgeführt worden ist, sind in der Church Street in New Dork in Angriff genommen worden. Jedes von ihnen hat 22 Stockwerke nnd ist 276 Fuß hoch. DaS eine Gebäude hat eine Front von 215 Fuß und eine Tiefe von 187 Fuß, daS andere eine Front von 156 und eine Tiefe von 180 Fuß. Der Sttl, in dem die Gebäude aufgeführt werden, ist der der italienischen Renaiffance. Die beiden Gebäude werden Raum für 4000 GeschästSbureaus ent- halten. Die Gesamtsumme für die Kosten der beiden Bauten wird auf über fünf Millionen Dollar geschätzt. Veravtwortl, Rcdalteur: Hans Weber, Berlin  , Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlaglanjtatt Paul Singe rLeTo..BerllnL)V.