nicht gedeiht, sollte seiner ausgiebigen Benutzung nicht im Wege stehen. Er brauchte die Kartoffel nicht ganz zu verdrängen, doch mühte er in der Ernährung wenigstens im gleichen Verhältnis berücksichtigt werden. Um den Konsum von Reis zu steigern, wäre zu allererst eine Beseitigung des Reiszolles erforderlich, der heute zugunsten der „nationalen" Kartoffeln und Getreidefrüchte den Reis mit 6 M. für den Doppelzentner belastet. Technisches. Der Nildamm von Assuan . Der letzte amtliche Bericht über Aegypten , der soeben von der englischen Regierung herausgegeben wurde, beschäftigt sich mit dem Problem der Wasserversorgung der ägyptischen Landgebiete und gipfelt in der Forderung von 30 Millionen Mark zur Erhöhung des großen Nil- stauwerkes zu Assuan . Ueber das, was durch die künstliche Be- Wässerung des Landes bisher geleistet worden ist, gibt der Bericht interessante Angaben. Der Verkaufswert der berieselten Länder ist um nicht weniger als nahezu S00 Millionen gewachsen und wenn die gegenwärtig noch im Bau stehenden Kanäle vollendet sein werden, so wird diese Summe noch bis auf 28 312 900 ägyptische Pfunde steigen. Der Pachtwert ist bereits um 30 Millionen Mark gewachsen und wird sich voraussichtlich um über 40 Millionen erhöhen. Auch die Baumwollernte ist im Steigen, im vergangenen Jahre überstieg sie bereits 574 Millionen Btark. Mit der ge- planten Erhöhung des Nildammes hofft man die Wasserzufuhr mehr als zu verdoppeln. Gegen 950000 Acres sollen damit der Kultivierung gewonnen werden und der Wert der Baumwollernte auf diesem Gebiete würde zwischen 75 und 85 Millionen schwanken. Dagegen wird die Erhöhung des Stauwerkes bekanntlich eine Folge haben, die von vielen Aegyptenreisenden schmerzlich empfunden werden wird: Die berühmten Tempel von Philae werden unter Wasser gesetzt. Man hat lange Erwägungen gepflogen, ehe man sich zu dieser Mahnahme entschloß; aber die Notwendigkeit hat schließlich doch über die Rücksicht für die alten Bauten triumphiert. Man glaubt, daß die Bauwerke durch die Ueberschwemmung nicht leiden werden.„Ihre Haltbarkeit," so heißt es in dem Bericht, „ist nun gesichert und ich zögere nicht zu sagen, daß sie jetzt wider- standsfähiger sind, als je seit ihrer Bauzeit, und haltbarer als die Mehrzahl der Denkmäler, die in anderen Teilen Aegyptens stehen. Es besteht daher keine Befürchtung, daß sie in ihrer Struktur durch die Hebung des Wasserspiegels leiden werden. Was die In- schriften betrifft, so ist es nicht leicht, vorherzusagen, welche Folgen vie Ueberflutung haben wird. Die Trümmer der koptischen Siede- lungen, die vor der Ausgrabung der Tempel die Stätte bedeckten. enthielten verderbliche Salze; die Inschriften haben durch sie keinen Schaden gelitten, und man darf daher annehmen, daß sie dem Wasser ebensogut widerstehen werden, wie die Zeichen an den Kai- mauern, die seit 20 Jahrhunderten alljährlich vom Nil überflutet werden. Dagegen wird die Zugänglichkeit der Tempel— für den Winterbesucher— leiden. Allein, wer die Tempel zu besichtigen wünscht, wird daS in der Zeit vom Juli bis Oktober bewerkstelligen können. Ilm diese Zeit werden die Tempel alljährlich freiliegen.' Die verschiedenen Vorschläge, die man zur Erhaltung der Alter- tümer gemacht hat, die Tempel zu verlegen oder mit einer hohen wasserdichten Mauer zu umgeben, werden als unausführbar be- zeichnet. So werden die Tempel voraussichtlich stehen bleiben, wie sie stehen, und der Nil wird sie mit seinen gelben Fluten be- graben, um sie alljährlich nur auf vier Monate freizugeben. � Humoristisches. — Der trostlose Witwer. Des Baders Seiferl Frau war gestorben. Sein Freund, der Schneidermeister Bock, begleitete und unterstützte ihn bei dem schweren Gange zum Friedhof. Alle seine tröstenden Worte vermochten aber den armen Seiferl nicht auf- zurichten. Wie ein schwankender«st hing er am Arme Bocks, des Schneiders. Da schien diesem der Zufall ein Trostmittel bieten zu wollen: die reiche und noch recht stattliche Witwe, Frau Schmachtling, sah zu nnem Fenster ihres vierstöckigen, höchst rentablen Besitztums heraus.— ,Da schau'nauf", versuchte Bock ebenso gefühl- als geschmackvoll zu rösten,„da schau'nauf, siehst D'. das wär' jetzt so eine Partie für Jiiä) 1"—„Wer wie magst Du denn an so was denken," entgegnete ieinab? empört Seiferl,„jetzt, wo wir erst meine gute Alte ein- graben gehen I Ich Heirat' überhaupt mein' Lebtag nicht mehr. Ich Hab' meine Alte zu gern g'habt."— Und sie ward beerdigt. Heimwärts gingen Seifer! und Bock den gleichen Weg wie zu dem schweren Gang. Bock wagte nicht mehr daS Gespräch auf die vierstöckige reiche Witwe zu lenken. Schmerzgebcugt blieb aber plötzlich der trostlose Gatte mitten in der Straße stehen und fragte tränenden Auges und mit bebender Stimme:„Wo— hast D' g'sagt hak sie vorhin'runterg'schaut?" — Von der Schmiere. Fremder:„Ich habe da« Stück schon emmal gesehen und erinnere ich mich, daß das Interessanteste der große Dialog zwischen dem König und seinem Feldmarschall war, der im� IL Akte vorkam. Hier sahen sich die beiden ja völlig stumm gegenüber und der Dialog fiel einfach weg I Was soll denn das heißen?' Verantwortl. Redakteur: Hans Weber. Berlin.— Druck u. Verlag: Einheimischer:„Ja. die zwei kamen bor einigen Tagen wegen der Kellnerin hier im Wirtshaus in Streit und seitdem reden sie nichts mehr miteinander!" („Fliegende Blätter '.) Notizen- — Im Deutschen Theater wurde zum Besten der Deutschen Bühnengenossenschaft am Donnerstag die alte und doch noch junge Posse Gustav Räders:„Robert undBertram' in einer' übermülig launigen Darstellung gegeben. Wenn es auf da? Lachen ankommt, war diese„Premiere" des Deutschen Theaters die gelungenste in der ganzen Saison. Den Schauspielern machte eS Freude, sich einmal auszutoben, wie die Griechen sich einst nach ihren Tragödien in einem Satyrspiel er« frischten. Die„fidelen Vagabunden' belebten durch ihren Humor und manche aktuelle Anspielungen die Gefängnis-, Hochzeits-, Maskeraden- und Volksfestszenen. Hinter der Schnellschwätzerei und den unglaublichsten Narreteien trat das rein Menschliche siegreich hervor: die überlegene Macht des beweg« lichen Witzes und gesunden Menschenverstandes über christliches und semitisches Protzentum, über Polizeidummheit, über Autorität und Titulaturwesen. Waßmann und Biensfeldt— daS Vagabundenpaar— streuten mit vollen Händen Heiterkeit umher. B. HeldS Regie und Sterns Delorationskunst bewährten sich aufs beste. — Eine Wiederbelebung de« Schattentheater» wurde in München versucht. Diese feine, zarte Kunst, die für romantische und symbolistische Spiele geeigneten Ausdruck schafft, hat bisher— außer in den orientalischen Mutterländern dieser Bühnen« art— nur in Paris dauernd Boden gefunden. Eine Uebertragung nach Deutschland wurde wiederholt unternommen, konnte sich aber nicht behaupten. — Der geplünderte Detektiv. Canon Dohle, der Autor der zahlreichen Detektivromane, die jetzt den Höhepunkt der europäische» Literatur bilden und auch zur Ausbildung jugendlicher Verbrecher beitragen, beschwert sich in einer englischen Zeitung bitter über den geringen Grad der kaufmännischen Moral in Deutschland . Einem„gewissen Herrn Bonn " wirst er vor, ihm die Titel seiner vom Kaiier gern besuchten Stücke gestohlen zu haben. Auch andere Leute machen sich die grassierende Epidemie der Detektivliteratur zu« nutze, um unter dem Namen Doyles ihre eigenen Produkte an den Mann zu bringen. Wenn eine literarische Mode in Blüte stand, ist noch immer so gehandelt worden. Der Unterschied ist nur der, daß im 18. Jahr« hundert eine ganze Werther-Literatur im Anschluß an GoetheS literarisch revolutionierenden Werther sich bilden konnte, daß aber heute— Sherlock Holmes Mode macht. — Eine Münchener Ausstellung soll im Jahre 1908 auf der Münchener Therefienwiese veranstaltet werden. Die AuS» stellung wird angewandte Kunst, Handwerk, Industrie, Handel, öffent- liche Einrichtungen umfassen und soll Rechenlchaft ablegen über den gegenwärtigen Stand des gesamten Kulturlebens und Schaffens in München . Nur Münchener Arbeit soll zur Schau gebracht. Münchener Kultur-, Volks- und Gesellschaftsleben gezeigt werden. Durch ihren eigenartigen, in allen Teilen künstlerischen Rahmen hat die AuS- stellung einen allgemeinen Fortschritt im«usstellungswesen zum Ziel. DaS Unternehmen soll in wirtschasts- und kunstpolitischer Hinficht klärend Wirten und hat zur Devise: Der gute Geschmack kann auf allen Gebieten des Wirtschastswesens unbeschadet der praktischen EntWickelung sehr wohl zur Geltung kommen." Der Ausstellungsplatz ist ja geradezu ideal. Ob aber daS weit« gespannte Ziel fruchtbringend verwirklicht werden kanil, ist nach den Erfahrungen der letzten Jahre ftaglich. Die Nürnberger Sonder« ausstellung endigte nicht bloß mit einem erheblichen Defizit, sondem war auch gänzlich überflüssig. — Ueber den Verursacher der dunklen Strahlungen hat Prof. Dr. Remels im chemischen Laboratorium der Forst- akademie zu EberSwalde Forschungen angestellt. Er ist nach der „Köln . Ztg." zu dem Ergebnis gekommen, daß die Annahme einer Abhängigkeit der Radioaktivität von dem Vorhandenfein von Uran oder Thorium aufzugeben ist, ferner daß keineswegs, wie bisher angenommen, diese Eigenschaft nur Elementen mit den höchsten Atomgewichten zukommt, und endlich, daß es Stickstoffverbmdungen aus der Masse der Mtride sind, die m auffallender und eigenartiger Weise ein radioaktive? Ver« halten zeigen, das als eine Folge von langsamer oder schneller sich abspielenden Zersetzungsvorgängcn zu deuten sein dürfte. Möglicher- weise sei das merkwürdige, zuerst in der Sonne entdeckte Element Helium im Spiele, das in solchen Uranmineralien, die als Haupt- beispiele der Radioaktivität gelten, nachgewiesen worden ist und nach W. Ramsay aus dem Radimn entsteht. — Ausgrabungen in Jericho , die der Äiener Professor Sellin unternimmt, scheinen manches Interessante aus der kanaa« nitifchen Epoche ans Licht zu fördern. Es sind Häuser und Straßen aufgedeckt und Waffen und Götterbilder gefunden worden.— Die biblischen Posaunen, durch deren Schall Jerichos Mauern umgefalle» sein sollen, sind nicht entdeckt worden. Man vergaß es, sie im Jerichoer Nationalmuseum aufzubewahren. Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanjtaltPauI Singer&Co., Berlin SW.
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24 (27.4.1907) 82
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