»ES ist Zeit, die Aerzte zu rufen/ sagte der Herr Hauptmann. »Einen Augenblick 1" bemerkte Herr Putois.  »Bevor wir die beiden Gegaer einander gegenüberstellen, sind wir wohl verpflichtet, sie zu fragen, ob sie sich nicht in Güte... um zu verhindern, daß durch eine so schreckliche Lösung.. Ganz recht 1" pflichteten Herr Pingoin und Herr Marcival bei. Wie denken die beiden Gegner darüber?" fragte der Herr Hauptmann. Unfähig zu sprechen, nickten die Gegner bejahend mit dem Kopfe. Langsam näherten sie sich einander, mit zitternden Lippen und schuldbewußten Augen. Und plötzlich, wie auf Kommando, sanken sie stammelnd, schluchzend, unverständliche Worte murmelnd, einander in die Arme. Der Augenblick war feierlich. Die Zeugen stürzten herbei. Man drückte fich die Hände. Man beglückwünschte sich. Alles schwamm in Wonne und Seligkeit. Nur der Herr Hauptmann war wütend. »Deshalb hätten wir uns wahrhaftig nicht hierher bemühen brauchen I" brummte er.Das Vergnügen konnten wir in Rangis bequemer haben.... Na. wenn die Geschichte nun mal aus der Welt ist, müssen wir noch das Protokoll aufsetzen." Ich möchte in unser aller Interesse vorschlagen," sagte sHcrr Putois,in das Protokoll aufzunehmen, daß vor der Versöhnung ein einmaliger Kugelwechsel stattgefunden hat." Einmaliger Kugelwechsel?" rief der Herr Hauptmann.»Das ist nicht genug. Wir müssen mehr schreiben. Die Geschichte kostet uns ja nichts I" Also dann achtmaliger Kugelwechsel?' Nein, acht ist zuviel. Schreiben wir vier. Das ist eine schöne Zahl." Das Protokoll wurde in diesem Sinne abgefaßt. Man schickte sich bereits an, wieder in die Wagen zu steigen, als Herr Marcival bemerkte: »Die beiden Aerzte find in der Nähe. Sie haben nichts gehört und wären imstande, den Kugelwechsel zu leugnen. Wir sollten sicherheitshalber ein paar Schüsse abfeuern... auf irgend einen Baum zum Beispiel!" Die Idee fand allgemeinen Beifall. Der Herr Hauptmann holte eine Pistole aus dem Etui, nahm gegenüber einer prächtigen Eiche eine heldenhafte Pose«in und drückte ab. Nichts. Er ver- suchte noch zwei-, dreimal, nahm eine andere Pistole die Waffen wollten absolut nicht losgehen I Die Sache war ernst. Wer weiß? Vielleicht drohte eine Explosion? Da näherte fich Herr Pingoin, der Steuerkontrolleur, ein ernster, ruhiger, besonnener Mann, dem der ehrenhafte Auftrag erteilt worden war, die Pistolen mitzubringen. Ein ganz klem wenig ver- legen, erklärte er: Die Sache ist nämlich die: vorsichtshalber habe ich sie nicht geladen!" Dritte internationale Gartenbau- Hudftellung zu Dresden  . An einem schönen Maiensonntag ist in Dresden  , der Stadt der Gärten und der Ausstellungen, die dritte internationale Gartcnbau-Ausstellung feierlich eröffnet worden. Wieder fanden sich in dem großen und mit kluger Berechnung gebauten steinernen AusstcllungSpalaste aus aller Welt gesandte AuSstellungsgegen- stände zusammen, diesmal lebende Erzeugnisse der schaffenden Natur, die nur der künstlerischen Anordnung, der Pflege und Zucht durch Menschenhand bedurften, um ihr schönheitsvolles Leben zu entfalten. Bäume, Sträucher, Blumen, Nutz- und Zierpflanzen, Kinder der verjüngten Flur" im herrlichsten Frühlingsgrün und berauschenden Bunt der Farben hat die hochentwickelte Gärtner- kunst unserer Tage wieder einmal zu stolzer lleberschau über das Geschaffene mit Geschmack und Künstlersinn zusammengestellt. Vor 20 Jahren, 1887, fand die erste dieser Ausstellungen des Gartenbaues in Dresden   statt, neun Jahre daraus eine zweite, die schon reich vom Auslande beschickt wurde, und heute offenbart die dritte, wiederum internationale Ausstellung, daß die gerade in Dresden   zu hoher Blüte gebrachte Kunst des Ausstellens und Arrangierens jeder Art von Schaustellung das Gepräge künstleri- scher Einheit zu geben vermag. Die für unsere Zeit so wichtigen Uebersichten über die Leistungsfähigkeit und die Fortschritte auf allen Gebieten sind zu Sammelstätten geworden, an denen sich dos Nützliche mit dem Schönen, das Praktische mit dem Aestheti- schen, Leben mit Kunst planvoll vereint. Man läuft nicht mehr in einem Sammelsurium gehäufter Dinge umher, die mit ihrer widerspruchsvollen Mannigfaltigkeit den Sinn verwirren und den Beschauer bald ermüden, sondern durch die Kunst der Anordnung wird die Fülle des Gebotenen zu übersichtlichen Gruppen zu- sammengefaßt, kunstvoll vereint und gesteigert, so daß man das ganze fast wie ein Kunstwerk genießen kann. Nach diesem Grund- satze ist man auch in der Gartenbau-Ausstellung verfahren. Nach den Ideen des königlichen Gartenbau-Jnspektors Bertram kn Dresden sind hier fünf Hauptgruppcn geschaffen worden, in denen das praktische Bedürfnis gleichermaßen wie der Wissenschaft- liche und ästhetische Sinn Befriedigung findet. Professor Drude, der Direktor des königlichen Botanischen Gartens in Dresden  , hat dafür Sorge getragen, daß die geschichtliche EntWickelung de» Gartenbaues in Mitteleuropa   in diesen Anlagen so- weit als möglich zur Anschauung gebracht werde und daß dkS großen Epochen dieser Entwickelung in der Auswahl der Garten» pflanzen zur Darstellung kamen. In einem der Jnnenhöfe de» Ausstellungsgebäudes sehen wir deshalb zunächst einen K l o st e r» garten aus der Zeit Karls d. Gr., der nur Pflanzen enthält, die in der ersten, etwa von 800 bis 1200 n. Chr. währenden Periode der Gartenkultur angepflanzt wurden. In einem seiner Kapitulare, derLandgüterordnung" von 812, hat Karl d. Gr. eine Liste von 73 in den Klostergärten aufgezogenen Pflanzen aus» stellen lassen und wir erhalten dadurch Kenntnis von der Flora dieser Anlagen. Ganz auf Nützlichkeit und Wirtschaftlichkeit waren sie gestellt; Heilkräuter und Küchengcwächse sind die Pfleglinge dieser kleinen Erdslecke zwischen Klostermauern. Zwischen den Grabstätten der Mönche erwuchsen Obstbäume und Haselnuß- sträucher an der Mauer, ein Gemüsegärtchen lieferte den Bedarf für den Tisch des Klosters, und Medizinalpflanzen wie Salbei, Absinth, Fenchel, Mobn standen in einer anderen Ecke. Kärglich war auch der Bestand an Blumen und Zierpflanzen, kaum daß Rosmarin und Malve, Goldlack und Thymian, selten auch dis Rose den Garten schmückten. Erst nach den Kreuzzügen wurde der Blumengarten bunter und lebensvoller, und aus Südeuropa   kamen Myrte, Feige und Lorbeer, Oleander und Orange herauf in die kälteren Länder. Ueppige Pracht und Farbenfülle entfaltete sich erst in den Prunkgärten der Renaissance in Italien   und nach deren Muster bald auch in Deutschland  . Einen solchen Schloßpark in italienischer Renaissance zeigt ein Seitenflügel der großen Halle, und hier schwelgt nach der Askese des Mönch» gartens das Auge im Rausche exotischer Farben. Rabatten fassen die wohlgcpflegten Beete ein, hohe Lauben umschließen de« Garten, weiße Statuen leuchten aus ihrem Tannen--- und TaxuS» dunkel hervor, Hortensien, Syringen, Azaleen, Rhododendron ent- falten eine wonnige Farbenpracht. Die finnliche Schönheit der Natur leuchtet in diesen unzähligen Blüten, deren Duft betäubend aufsteigt. Weiße, blaue, lila Dolden schwanken leise, einfarbige und gefleckte, geflammte und gesprenkelte Blütenblätter über- decken in wogenden Beeten das Grün der Blätter. Um eine Pergola(Laube) windet sich wilder Wein, dieser Schmuck auch der deutschen   Gartenlaube, der aber aus Nordamerika   zu uns kam. Ein Ausblick in weite Anlagen mit dem leider gemalten Landhaus schließt diesen Renaissance-Gartcn ab, der üppig und finnlich ist wie die Feste der Mediceer. In der entgegengesetzten Seitenhalle umfängt uns die ziep- liche Anmut eines japanischen Gartens. Durch eine« japanischen Torbogen treten wir ein und wandeln zwischen den mannigfachsten Zierhölzern mit kleinen knospenden Blüten und wunderlich feingebildeten Blättern auf reinen Gartenwege» zwischen den Beeten, auf denen Iris und Azalee, Kamelie und Hortensie in ihrem zarten Farbenglanze schimmern. Aus dem kleinen Tempel auf der Höhe strahlt ein goldenes Buddhabild. Wir gehen hinauf und schauen nach der anderen Seite hinunter auf den spiegelblanken Weiher, den Goldregen überschattet und Lilien, große Kallapflanzen, JriS und Chrysanthemen umstehen. Ei« gemalter Prospekt setzt daS liebliche exotische Bild bis zum Fuß der Berge fort, die der schneebedeckte Fushijama überragt. Ein wundervolles, fremdartiges Idyll aus dem Blütenlande Japan   ist hier mit liebevoller Naturtreue hergezaubert. Wie sind uns dies» Blüten des fernen Ostens zu lieben Gefährten geworden, zum schönsten Schmuck unseres Lebens! Die weiße Lilie ist die älteste Schmuckpflanze, die aus dem Orient zu uns kam, aber erst viel später fanden tzyazynthen, Syringen, Goldregen, Chrysantheme« und die Menge der Ziersträucher den Weg zu uns. Mit Recht weist Drude darauf hin, wie verhältnismäßig kurze Zeit manche der jetzt allgemein verbreiteten Pflanzen dem Gartenhandel oder auch nur dem Bestände der botanischen Gärten angehören, z. B. die Forsythia aus China  -Japan   erst seit 30 Jahren. Wie diese Zierpflanzen in ihrer östlichen Heimat ungehegt und ungepflegt, aber gleichwohl in verschwenderischer Fülle wachsen und blühen, davon gibt die Kaukasische Berglandschaft in der großen Haupthalle eine lebendige Vorstellung. Mit bcwunderns- wertem Geschick ist einet, der Bergtäler deS Kaukasus   hier nach- gebildet, eine Berglehne, die zu bedeutender Höhe auffteigt und auf deren Moos» und Rasenboden, den FelSblöcke bedecken, Kiefern und Tannen emporragen. Zu ihren Füßen aber wölben sich überall die weißen, violetten und roten Gebüsche deS Rhododendron. die das ganze Tal in bunten Flecken überziehen weit hinauf in die Berge, die erst in hohen Regionen nackt und kahl werden und zu den Schneegipfeln de« Kaukasus   sich emportürmen. Das ist eia köstliches Panorama einer Landschaft, die wirklich zu sehen den wenigsten vergönnt ist, aber man vergißt über der Blütenpracht der Sträuchcr auf brauner Erde und im dunklen Moosgrün gern, daß die Talschlucht da weit hinunter und hinauf nur vom Pinsel auf die Leinwand gezaubert werden konnte. Weniger gelungen ist die Wiedergabe der Vegetation in einem brasilianischen Urwald, der die fünfte, im Nebenbau derNoack-Hcille" untergebrachte Hauptgruppe bildet. Aber den Charakter des tropischen PflanzentouchseS zeigt doch diese Aufstellung deutlich genug, wenn auch das Gewirr der Lianen und Schling- pflanzen des echten amrikanischen Waldes und das belebende Treiben seiner Papageien und Affen natürlich fortfallen mußte, Die anderen Räume des Haupigebäudes umschließen noch eine Reihe von Sammlungen, die in trefflicher Anordnung den Stanft der gärtnerischen Kunst und Pflangenpslege vor Auge« führe«