althellenischen Monochord 619 zum entsetzlichen.MechanischenKlavier" deS W. Sälulums) und die reich ausgestatteten Säle fürElektrizität und Magnetismus. Pietätvoll weilt der Be-sucher vor der von Ohm bei seinen grundlegenden Entdeckungenbenutzten primitiven Elektrisiermaschine mit Lehdener Flaschenbatterie;daneben ToeplerS Original- Influenzmaschine, Amperes Apparate,Kabinen zur Demonstration der Geitzlerschen und Crookesschcn Ent-ladungsröhren, der Röntgen-Strahlen, Grammophone zur Licht»telephonie beweisen uns den gewaltigen Werdegang dieser fürunsere technische Kultur, für unser ganzes Wirtschaftsleben wich-tigsten, erfolgreichsten und immer noch hoffnungsvollsten Wissenschaft.Sehr instruktiv wird die EntWickelung der Buchdruckerpresse gezeigt. Welch' ein Weg technischen Fortschritts von derhölzernen Handpresse über die erste von Friedrich König gebauteSchnellpresse bis zu den modernen Rotationsmaschinen, den bei allerProduktivität so ökonomischen Kolossen des Zeitungsgrostbctriebes.Im folgenden Saale ist die EntWickelung des Lichtdruckes zu studierenund der Stand der Photographie in natürlichen Farben zu erkennen.Es folgen Spinnerei und Weberei von der alten Leinwand-Webstube aus dem Fichtelgebirge bis zum blitzenden stählernenSeidenwebstuhl mit Schaftmaschine. In der Halle der Landwirt-schaft erregen unser besonderes Interesse eine Kollektion Mähmaschinen,die großartigen Kühlhausanlagen nach System Linde für Schlachthäuser,Markthallen, Brauereien usw., die Darstellung der Zuckerraffinerieund die Zusammenstellung der Fruchterträgnisse eines und desselbenApfelbaumes nach verschiedenen künstlichen Düngesysteinen. Endlichdie Entwickclung des wichtigsten menschlichen Kulturinstruments, desPfluges. Vor 2000 Jahren zog der ägyptische Fellache mühselig undkeuchend das im Feuer gehärtete Krummholz über den Ackerboden,dann spannte der Etrusker seinen Stier vor das gleiche primitiveInstrument, das inzwischen nur eine glatte schwere Reibungsflächemit dem Erdboden zur Erhöhung der Stabilität erhalten hat,und heute zieht der Fowlersche Dampfkippflug nach dem Zwei-Maschinensystem gleichzeitig 12 tiefe regelmäßige Furchen durch dieWeizenfelder Amerikas I Die Säle für Chemie, die als historischeReliquie das Liebigsche Laboratorium und als Panoptikunischaustückdie Nachblidung eines mittelalterlichen alchhmistischen Laboratoriumszeigen, beschließen unseren Rundgang im ersten Stock.Historische Mauerquadrandten flankieren die Treppe, die zumoberen Stockwerk leitet, das unsere Zukunft auf dem Wasserzeigt. Vor der Tür zwei seltsame Wasserverkehrsmittel. Ein uralterbayerischer Einbaum vom Chiemsee und das erste DaimlerscheOriginal- Petroleummotorboot vom Jahre 1830. Jahrtausendescheinen sich von Bord zu Bord die Hände zu reichen. Dererste Saal: Fluß- und Wehrbau, bringt technischwichtige Modelle von Talsperren und Schlensenbauten, da-neben die Entwickelung der Naß- und Trockenbagger. DurchFluß und Schleusen, über Kanäle und Binnenseen zu Hafenund Meer. Mainschlepper, Elbkettendampfer und Donauflöße imKabinett für Binnenschiffahrt. Ein imponierendes Modellder kunstreichen Schleuse des Elb-Trave- Kanals im Saal fürKanal- und Hafenbau. Die Entwickclung der Leuchtfeuer-und Seezeichen an der Hand betriebsfähiger Apparate, Schwimm-docks von Blohm und Voß, Trockendocks, eine Helling, endlich dasbetriebsfähige Modell der vielfarbigen Blink- Wechsel- undDauerlichtbeleuchtung der wichtigen Waflerstratze Stettin-Swine-münde fesseln uns im ersten der drei Säle für sS ch i f f s-Wesen. Eine Ballin- Stiftung, Modell des Schnelldampfers»Fürst Blücher" findet im vorletzten Saal: Handelsschiffenatürlich mehr Neugierige wie die EntWickelung der Schiffsschraubenund des Ankers vom kleinen Handanker bis zum 6000 KilogrammHall-Anker der Marine. Lokalhistorisch merkwürdig ist das unterGeheimrat NiemeyerS Leitung angefertigte Convoy-Schiff von 1670,genannt das Hamburger Wappen, das der Hansa bei der Be-känipfung friesischer und dänischer Seeräuber entscheidende Diensteleistete. Es ist ein Geschenk der Stadt Hamburg an das Museum.Endlich und zu guterletzt: Kriegsschiffe. Die Augen allerWeltmachtspolitik begeisterter Flottenpatrioten funkeln angesichts dieserunter Glas aufgestellten für Massenmord patentierten kanonengespicktenStahlkolosse, der Modelle von Linienschiffen und Panzerkreuzern.von denen jedes zwischen 30 000 und 60 000 M. kosten soll. Wirbetrachten all' das Mordwerkzeug mit den bitteren Gefühlen, die injedes vernünftigen Menschen Brust der Anblick mißbrauchter Kultur-kraft auslösen muß. Es ist ungefähr das gleiche Gefühl, mit demwir die in dem vorläufig noch unabsehbaren Ringkanips zwischen Panzer-platte und Geschütz geopferten menschlichen Geisteskräfte bedauernoder den komplizierten Mechanismus zur Entfesselung ftirchtbarcrVernichtungskräfte in dem ebenfalls ausgestellten Schwartzkopff-Torpedo staunend betrachten.Doch nur vorübergehend trüben solche soziale Reflexionen den schönenGesainteindruck, den jeder Besucher des Deutschen Museums schonbeim flüchtigen Durchschreiten der Säle mit nach Hause nimmt.Das DeutscheMuseum lehrte ihn ja durch die Schule lebendiger Ent-Wickelung, wie der rastlose Mcnschengeift durch die Jahrtausendewandelt, unermüdlich schaffend und ringend in heißem Kamps mitder Natur, unermüdlich arbeitend an der Verbesserung und Vervoll-kommnung seiner Produktionsmittel. Vom Gewordenen blickt er,eine Sekunde nur aufatmend, auf das Gewesene zurück. Dann heißteS wieder:»Vorwärts zu neuen Zielen I" Denn er weiß, daß er mitseinen tiefften Kemrtnisscn doch eben nur einen Zipfel vom Mantelder Wahrheit und Erkenntnis gelüftet hat.kleines feuilleton.Der Rheinfall bei Schaffhausen. Durch Schaffhausen, daSschöne bucklige Schweizernest mit seinen großen Brunnen undbehäbigen Patrizierhäusern, fließt der junge Rhein, ruhig aberrasch, in einem tiefen Grün, gerade als ob sein Bett mit Malachit»platten ausgelegt wäre. Gleich nach seinem Austritt aus derStadt gerät er in eine leise Aufregung, die sich durch kurze, weißsWellchcn anzeigt, und dann geht er auf einmal durch die zehnRundbogen der über ihn wegführenden Eisenbahnbrücke kühnseinem größten Abenteuer entgegen. Gleich nach der Brückefangen die Wasser an, zu brodeln und zu kochen, um dann instürzenden Schaummassen über die Felsen hinwegzusetzen.Die ganze ungebändigte Natur schäumt und quillt und sprühtin donnernden Wogen über das ausgewaschene Gestein und zwischenden riesigen Granitblöcken hindurch, die wie gewaltige Symboleungebrochener Kraft aus dem weißen Gischt herausragen. Intausend Gestalten suchen die Wasser des jungen Rheins ihrenWeg über die abstürzenden Felsmassen. In wildem Schaumgelockdrängen sie sich durch enge Felsenspalten. Wie lange Silber-strähnen rieseln sie über das dunkelbemooste Gestein. Wie auSden Spritzlöchern verborgener Untiere steigen zischende Spring-brunnen in die Luft. Und um die zwei großen Felsen, die wiemächtige Hellebardiere der Erde die Wogen teilen, schießen wiewilde Schaumrosse die sprühenden Fluten hervor.Und über alledem wehen Dunstschleier, die in den Regen«bogenfarben leuchten, die miteinander kämpfen wie zarte Nymphen-gestalten. Oft tauchen im Wogenschaum milchige Smaragdlichterauf, als ob der Fluß auf seinem Weg durch die jungen Flurenvom Bodcnsee her das Grün der Matten in sich aufgelöst hätte.Dann spielen wieder rosafarbene und bläuliche Perlmuttcrtönehin und wieder.Dumpf brüllt der Strom in seinem Kampf mit den ab-stürzenden Felsenriffen. Ein grandioses Wehen und Sausen er»füllt in gleichen Rhythmen die Lust. Der Rhein singt hier dashohe Lied von der Ewigkeit der Naturkraft.Es sind nicht mehr sehr viele, denen der Rheinfall nochetwas zu sagen hat. Man genießt ihn jetzt zumeist nur nochvon der Eisenbahn aus und doch war es Goethe, der noch im vor-gerückten Alter so tief, mit so viel Geduld und Versenkung indieses Naturwunder hineinsah, bis er davon überwältigt warund die trotz aller Einfachheit doch so unendlich plastischen Worteschrieb:„Herrlicher war das Farbenspiel im Augenblick der sinken-den Sonne, aber auch alle Bewegung schien schneller, wilder undsprühender zu werden. Leichte Windstöße kräuselten lebhafterdie Säume des stürzenden Schaums, und indem die ungeheureErscheinung immer sich selbst gleich blieb, fürchtete der Zuschauerdem Uebermaß zu erliegen und erwartete als Mensch jeden Augen-blick eine Katastrophe."Zwei junge Handwerksburschen habe ich auf einer Banksitzend stumm und starr die Wasserwunder des ungebändigten Rhein-falles betrachten sehen. Sonst niemanden. Der heutige schweizerVergnügungsreisende braucht den Schaffhausener Wasserfall nichtmehr gesehen zu haben. Man würde ihn auslachen, wenn erzu Hause davon erzählte.Und doch, es gibt noch mehr als einen ungebändigten Rhein-fall. Menschenhände haben schon mit ihm gerungen und ihn teil»weise schon bezwungen. Auf der linken Seite wird ein großerTeil des Flusses über hölzerne Wehre in schöne glatte Kanälegeleitet und, während die Wellenbrüder und-Schwestern jauchzendüber die Felsen springen, in dicke, eiserne Rohre gedrängt, auSdenen sie gegen eine Turbine oder ein anderes Wasserad ge»schleudert werden, so den Menschen Sklavendienste verrichtend.Und droben, links über den Ufern des Falles, liegen abscheulicheeinstöckige Gebäude mit ungleich schiefen Dächern, eins an da?andere gedrängt. Nüchtern stehen die langen Fabrikbauten mitden öden Fensterreihen da, die modernen Naubschlösser des Kapita-lismus. Sausend und surrend drehen sich in ihnen die Räderder Elektromotoren. Die Menschen, die in blauen Arbeitsanzügenzwischen den Maschinen hin und her laufen, sehen nicht aus.wie glückliche Menschen. Das moderne Raubrittertum ist voneiner abschreckenden Jarblosigkeit und besitzt nichts von derRomantik des Raubrittertums im Mittelalter, dessen Wahrzeichenauf dem gegenüberliegenden rechten Ufer auf einem kühnenGranitfelsen in die Lüfte ragt. Es ist das alte Schloß Laufenmit seinen schönen gestaffelten Giebeln. Schmuckes Gesträuchwächst überall aus den Mauern und ziert die alte kleine Feste.Von dort herab fielen sie oft mit Hellebarden und Morgen-sternen unter den Bauern ein und holten sich, was ihnen Wünschens-wert schien. Die heutige Methode des Raubens ist viel kompli»zierter und viel scharfsinniger.So stürzt der Rheinfall in ewig wechselnder Bewegung, ewigwechselnden Farben, mit ewig wechselndem Brausen, als ein Bildder Urgewalt der Natur herab zwischen starrem, aber trotzdemso leichtvergänglichem Menschenwerk. Ich könnte nicht sagen, daßdurch die industrielle Ausbeutung des Rheinfalls derselbe� awSchönheit und Gewaltigkeit eingebüßt habe. Unter dem über»wältigenden Eindruck der stürzenden Wassermassen werden diySeitenkulissen des modernen und des mittelalterlichen Raub»schlosseö einfach vergessen. A. Fendrich.