Theater. Charlottenburger Schiller-Theater..M o n n a Dann a", Schauspiel in drei Aufzügen von Maeterlinck . Da? Maetcrlincksche Schauspiel, das vor mehreren Jahren in Brahms Deutschem Theater seine Berliner Erstaufführung erlebte, bewies in dieser Vorstellung von neuem seine eindringliche Gefühl und Denken aufrüttelnde Kraft. Es ist in unvergleichlich höherem Grade als die weit ausgesponncncn MärchendramenPcllcas und Melisandc",«Aglaronine und Selvsette". die Reinharois wage- mutige Jnszenicrungs- und Regiekunst für die Bühne zu ge- Winnen suchte, den Bedingungen des wirklichen Theaters angepatzt, ohne darum an Tiefe und Zartheit der Empfindungen etwas ein- zubützen. Im Gegenteil, die bühnenmäßig rasche und knappe Linienführung hält die Empfänglichkeit für den hineingcwobcncn Gehali von Stimmung und Gefühl ganz anders rege, als der breit ausmalende Stil jener älteren Werke. Das Kostüm der iialieni- scheu Renaissance, in welches der Dichter diesen Triumphgesang auf die siegende Gewalt der großen Liebe kleidet, gestattet ihm bei der Distanz der Zeiten in der Gestaltung und idealisierenden Steigerung menschlicher Typen dir größte Freiheit der Phantasie. Prinzivalli, der Söldnerhauptmann der Florentiner Truppen, dem seit dem Knabenalter das Bild der schönen Monna Vanna un- onslöschlich im Herzen lebt, sendet Botschaft an das belagerte Pisa : er sei bereit, die der Vernichtung preisgegebene Stadt durch Zufuhr neuer Munition zu retten, wenn Banna, des Kommandan- ten Guido Weib, ihn in seinem Feldherrnlager nur in einen Mantel gehüllt, nächtlicherweile besuche. Wuchtig prallten Guidos, des Gatten. Eifersucht und seines alten Vaters Marco mild lhnmaner, von griechischer Philosophie geklärter Geist zusammen. Was dem ganz vom natürlich-indioiduellen Impuls beherrschten Manne als schlimmste Schande erscheint, die Befreiung der Mit- bürger um solchen Preis, darin sicht der Mick des Greises eine höchste, vom Gemeinwohl gebieterisch erheischte Opfcrtat. Gio- vanna, deren keuscher Sinn zugleich von einer ruhigen, gefaßten Resignation vor dem Notwendigen erfüllt ist, nimmt das Opfer ohne Klage auf sich. Großzügig wirkt der Mitielakt. die Szene iu Prinzivallis Zelt, wo vor der Reinheit dieser Frau des Haupt- manns wild aufgerührte Begierde jäh verstummt, seiner Liebe tiefster Kern sich als selbstlose Hingabe und Sehnsucht, als Scheu, die Teure durch Gewalt zu kränken, entschleiert und rückwirkend des Weibes Seele zu zärtlicher Dankbarkeit und Enthusiasmus stimmt. Noch fühlt sie sich durch Pflicht und nachklingende Neigung gebunden an den Gatten. Er selber ist's, der in blind cifer- süchtiger Wut zerreißt, was sie in ihrem Herzen fesselt. An Prin- givallis Seite kehrt sie in die Stadt zurück, froh entschlossen, für seinen hohen Sinn zu zeugen. Aber Guido hat kein Ohr für die Stimme der Wahrheit. Er glaubt der Gattin nickt, und all sein Denken spannt sich einzig darauf, Rache zu nehmen an dem schütz- losen Nebenbuhler. Klein steht er neben jenem, der Anblick seiner Niedrigkeit vernichtet alle Macht, die er je über sein Weib besaß, und aus der Asche ihrer alten Liebe flammt strahlend das Feuer einer neuen, unendlich stärkeren Leidenschaft. Sie, die nie gelogen, lügt nun, um Prinzivalli zu schützen; keiner Not und keiner Schande achtend wird sie uiit ihm entfliehen. Eine Schauspielerin, die der ganz einzigartigen Figur der Heldin wirklich gewachsen wäre, dürste schwer auf Berliner Bühnen zu finden sein. Frau Feldhauimer vermochte tu der Rolle bei redlichem Bemühen doch nirgends eine Art von Illusion zu erreichen. Wenn die Vorstellung im ganzen dennoch so starken Eindruck machte, war das neben dem Elan des Stückes dem Spiel der männlichen Tarsteller zu danken. An erster Stelle stand Richard Wirths vollblütiger Guido Colonna, aber auch Emil R a m c a u als greiser Vater, P a e s ch k e als Prinzivalli und nicht zuletzt E r n st L eg a l in der Episodenfigur des Floren- tinischen Kommissars boten gehaltvolle, gut durchgeführte Leistungen. dt. Aus dem Tierreiche. Die TrutzfSrbung des Abendpfauenauges. Datz das farbenprächtige Auge auf den Hinterflügeln des Abend- Pfauenauges(Linerintbus aceellsta L.) als Abschreckungs- und Trutzmittel zu gelten habe, war schon lange behauptet worden. Durch Experimente diese Annahme zu erklären, gelang dem Vor- sitzenden der Schweizerischen cntomologischen Gesellschaft, Prof. M. Standfuß. ImPrometheus" wird darüber referiert: Als Versuchsobjekte dienten eine Reihe zahmer Vögel, die, in erwachsenem Zustand cingefangcn, schon zwei und mehr Jahre im Käfig gehalten waren, eine Nachtigall, ein Sprosser, ein Schwarzkopf und zwei Rotkehlchen. Zum Verständnis des Experi- mcntes wurde auf das Verholten des Pfauenauges und seiner nächsten Verwandten, des Pappelschwärmers und des Linden- schwarmers hingewiesen. Ter Pappelsckwärmer läßt sich bei der geringsten Störung fallen, ohne die Flügel zu regen, und bleibt dann ruhig am Boden liegen; sein Gewand, das ein dürres Pappclblatt täuschend nachahmt, wird ihn dort schützen; oft genug dürfte er ja zwischen dürre Pappelblätter fallen.' Das Pfauen- auge reagiert auf eine Erschütterung seines Sitzplatzes hin nicht, sie müßt« dann schon sehr stark sein. In diesem Falle aber, oder besonders, wenn da? Tier direkt angestoßen wird, läßt es sich nicht fallen, sondern krallt sich im Gegenteil auf sein« Unterlage ganz fest an. Darauf schlägt es die Flügel nach unten und Hinte » an den Leib an und schiebt zugleich die Hinterflügel behende zun scheu den Vorderflügeln in die Höhe, so daß die Augen- Zeichnung weit vorstehend direkt nach oben gerichtet ist und auch das leuchtende Rot ihrer Umgebung frei zutage tritt. Gleichzeitig führt der Falter eigentümliche wippende Bewegungen aus, so datz die drohende Augenzeichnung immer wieder gegen den wirklichen oder vermeintlichen Feind vorgestoßen wird. Der Linden- schwärmer endlich läßt sich weder fallen, noch betvegt er sich irgendwie, auch wenn ein Feind ihm ganz nahe kommt; er ver- läßt sich auf sein blattgrünes Gewand, das ihn schützen soll. Beim Versuche mit den Vögeln wurden die Pfauenaugen so in die fünf Käfige eingesetzt, daß sie auf einem Springstäbchca entlang liefen, wobei aber zunächst von der Augenzeichnung nichts sichtbar wurde. Der Schwarzkopf ging tapfer auf den Schmetter- ling los und hieb mit dem Schnabel nach ihm. Drohend wurde das Auge vorgeschoben, der Vogel flog erschrocken auf, flatterte noch längere Zeit ängstlich im Käsig hin und her und suchte mit sichtlichen Zeichen der Furcht zu entkommen; er berührte das Un- getüm nicht wieder. Auch die beiden Rotkehlchen und die Nachtigall hackten ein einziges Mal nach ihrem Pfauenauge und ergriffen augenblicklich die Flucht, als dieses seine Trutzstcllung' annahm. Ter Sprosser allein, welcher sehr zahm war und seit Jahren mit allerlei Insekten, auch großen Schmetterlingen und Spinnen gefüttert wurde, ließ sich nicht beirren, packte das Pfauen- auge, zerhackte und verzehrte es. Ganz der gleiche Versuch wurde mit Lindenschwärmern gemacht, mit dem Erfolge, daß diese von allen Vögeln ohne weiteres ergriffen, zerhackt und verzehrt wurden. Rur bei der Nachtigall geriet der schon ziemlich zer- zauste Lindenschwärmer bei einem Fluchtversuch zufällig in die Nähe des noch am Boden des Käfigs sitzenden Pfauenauges; dieses sing wieder an zu Wippen und sein Auge zu zeigen, worauf der Vogel augenblicklich die Flucht ergriff. Die bloße Nähe de» Pfauenauges schützte noch während voller zwei Stunden den un- bewehrten Kameraden gegen jede neue Annäherung des Vogels. Auch die Rotkehlchen und der Schwarzkopf rührten während dieser zwei Stunden die Pfauenaugen nicht wieder an, so daß diese fast unversehrt und lebend den Käfigen wieder entnommen wurden. Hygienisches. Hygienische Mißstände im Eierhandel. Bei den Eiern kommt es nicht allein auf den Nährwert, sondern auch den Geschmack an. Dieser ist aber, je nach der Fütterung der Tiere, sehr verschieden. Die Eier der nur im Freien in Körnern und Würmern ihr Futter suchenden Hühner sind wohlschmeckender als diejenigen, welche mit allerlei Abfällen in geschlossenen Räumen gefüttert werden. In Frankreich ,!vv der Eierverbrauch ein be- sonders großer ist in Pari» verzehrt jeder Bewohner durch- scknittlich jährlich 128 Eier, nimmt man auf diese Verhältnisse besonders Bedacht, und in Paris besteht daher eine strenge Kon- trolle des Eierhandcls. In den Markthallen gibt es eine große Anzahl sachverständiger und vereidigter Eierprüfer, die täglich % Millionen Eier auf ihre Qualität prüfen. Minderwertige Sorten werden dort zurückgewiesen und die Folge ist, daß nur beste Qualitäten zum Konsum gelangen. In Deutschland ist leider eine derartige Kontrolle bisher gänzlich unbekannt, und daher lassen namentlich die Eier, welche in den größeren Städten zum Bcr- kaufe gelangem an Qualität zu wünschen übrig, worauf neulich ein Sachverständiger in derZeitschrift für Fleisch- und Milch- Hygiene" hingewiesen hat. Namentlich soll Berlin unter diesem Mißstand sehr zu leiden habcm Dreiviertel aller nach Berlin importierten Eier sollen minderwertig sein. Verdorbene Eier, fleckige und ähnliche kommen in großen Massen mit besseren ver- misckt vor. Kühlbanscier, die neun Monate gelagert haben, werden als frische Primaware angeboten; daS ist die Folge des Mangels einer einheitlichen, auf wissenschaftlicher Basis aufgebauten Kon- trolle. Diese ist demnach zu fordcrm sowie die offene Deklaration der Ware. Durch Polizeiverordnung sollten die Eier in taugliche, bedingt taugliche und untaugliche geschieden werdem Notizen. Wedekinds DramaFrühkingserwachen", dessen Luffiihrimg in Breslau verboten>oar. ist inzwischen von der Zensur freigegeben worden. Der Obcrpräsident und der Polizei- Präsident ließen sich das Stück vorspielen und nahmen dabei nicht das vorgeschriebene Nergernis wie ihre Genossen. Di«. Breslauer Zeitung" erinnert bei der Gelegenheit daran, was alles schon in Breslau verboten wurde und kommt zu dem Ergebnis:...So seltsam eS ist, die Tatsache läßt sich doch nickt leugnen, daß sich überall in unserem lieben Vaterland die Polizeiverbote nicht gegen zotenhafte Schwänke und schlüpfrige Operetten gerichtet haben, bei denen die Auf« sührung noch ihr Haupwugenmerk darauf richtet«, alles nur möglichst deutlich zum Ausdruck zu bringen, sondern gegen ernsthaste Stücke. in denen nur Fragen sittlicher oder religiöser Natur freimütig erörtert wurden." Vielleicht unterinckt da? Organ de? aufgeklärten Bürgertum« auch einmal die Ursachen, warum inunserem lieben Baterlande" die Zensur und ähnliche Kulwrerrungenschaste« sich so gut kon- serviert haben. Lerantwortl. Redakteur: HanS Weber, Berlin. Druck u. Vertag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlag«ansteckt Paul Emaer ÄrEoJBerlin S W.