steigelein wird Maiire Gavard mDhe«, vom Rande der Wiese, Ivo die Schaukel und das Reck stedt, bis zu den zwei Kirschbäumen, auf denen die Kirschen schon rot sind. «Aber wird es der Meier erlauben fragt Toto vorsichtig. «Ja, warum denn nicht? Dazu hat der Eigentümer das Recht, und es ist nur ein einziger Kranker im Dorf, der dem armen Antonio den Korb samt dem Salat ins Wasser wirft, und zum Uebcrflutz kann man um Erlaubnis fragen,«s gilt nur ein Wort." Toto lief den ganzen Weg in gestrecktem Galopp nach Hause. käst Hütt' er ein Automobil umgerannt. III Der herrliche Morgen zieht aus dem See herauf, in dem die Eonne die kurze, duftige Nacht verschlafen. Toto ist schon am offenen Brunnen, der glthernde Strahl rinnt ihm frisch über den kurzgeschorencn Kopf. Wundervoll ist's, sich am Brunnen zu waschen, das Handtuch hängt im Fliederstranch, auf dem Brunnen- decken schaukeln wie kleine Kähne die Blüten des Robinicnbaums, der junge Hahn, der noch nicht krähen kann, aber doch krähen möchte, schreit so ganz lächerlich, und die Kaninchen sind hungrig, so hungrig I Es ist schon ein GrauS, was man alles zu tun hat. Die jungen Tomatcnpflanzen müssen gleich Wasser haben, die drei großen Enten klopfen mit den breiten Schnäbeln an ihre Stalltür: auf! auf! Die wollen ins Wasserbassin, und dabei wird gleich die Pforte klirren, denn Maitre Gavard mäht heute den Steg, man weiß nicht, was man zuerst tun soll! „Die Ohren auch! und hinter den Ohren! da hast Du's dick, kleiner Knopf," ruft die Großmama, die vorübergeht, lachend dem Eiligen zu. Toto blickt sie verwundert nach. „Großmama auch schon draußen?" denkt er.«Ich wollte oben im Kirschbaum sein, wenn sie herauskäme!" «Ah, guten Morgen, Maitre Gavard! Also eS gibt keine Schwierigkeiten! Denn Unangenehmes, das macht mich krank," kagt Großmama und watschelt leutselig um den Arbeiter mit der Sense herum. Und von dem Pavillon kommt Parrain, der zieht den Rechen über den Kies und schlägt sich rückwärts auf den kleinen„Berdruß". «Guten Morgen, mein Alter, das Wetter schlägt um, ich Hab meinen Barometer hier drin, zu Mittag haben wir Bise, mein Liter, und danach kommt Regem— der Buckel, der sagt's!" Maitre Gavard steht, die Beine gespreizt, fest in den Boden stemmt er den Tengelstock, und das vertraute Sommcrgeräusch klingt in den Amselschlag, und in den feurigen endlosen Bachtigallcngesang. „Die singen lange, dies Jahr! Und, warten Sic, Madame, das ist der Laubsänger wieder vom vorigen Sommer." Er dengelt und horcht. Sein hageres, verbranntes Gesicht wird glatt. Und zwischen dem Dengeln und Horchen gibt er Aus- kunft über die Reben, deren erste ofsene Blüten die Luft mit be- rauschender Süße erfüllen. „Bon der Schaukel bis an den Baum, Maitre Gavard." Alle begleiten ihn bis an die Schaukel, sehen zu, wie er mit morgen- frischen, nackten Armen die Sense schwingt. DaS Portal klirrt wieder, langsame Schritte knirrschen über den Kies... der Briefträger. Großmama und Parrain und Toto— jetzt läuft alles zum Briefträger hin. Er hat es nicht eilig und schwatzt auch gern, und die Schweißtropfen stehen ihm schon auf der Stirn. Es wird heiß heute. Da kommt Maitre Gavard um das HauS herum auf die Plaudernden zu. Will er auch mit plaudern?... Aber was hat denn der Mann? Wie langsam er kommt, er schlottert im Gehen, und sein gesenktes Gesicht? Und in der Hand die Sense, aber in der linken, was hat er denn da? Toto ist ihm gleich entgegen- gesprungen. «Nimm Dich bor der Sense in acht." ruft die Großmutter, »nun? was haben Sic Maitre Gavard?" Ein bleiches, entsetztes Gesicht blickt die munteren Leutchen an; die Hand, die der Arbeiter hinstreckt, zittert, der kleine, bunte Gegenstand darin zittert mit. „Ach, Madame! Was Hab' ich getan! Was für ein Unglück! Ein unschuldiges Leben vernichtet, sehen Sie nur!" Auf der braunen, schwieligen Handfläche liegt ein der- atmendes Vögclchen, blutbespritzt ist es und einige feine Bluts- tröpfchen stehen auf den bebenden Fingern, zwischen denen es liegt. Quer über der kleinen, braungoldigcn Brust klafft ein roter Spalt, das rotumficderte Schnäbelchen steht hülflos geöffnet, die goldgelben, schwarzgcbänderten Flügclchen hängen gespreizt, die Krällchen stehen gekrümmt.... „Ein kleiner Stieglitz ! Ach, wie schade!" sagt die Groß- mutier. Toto streichelt das seidene Gefieder. „Nun. mein Alter, das ist schon so: wir alle müssen sterben," bemüht sich Parrain in ermunterndem Tone zu sagen. Maitre Gavard nickt.«Ich Hab' ihn singen hören, noch einen Moment zuvor, und dann, dann hat ihn die Sense getroffen.... Verzeihen Sie mir, Madame, und Sie gleichfalls, mein Herr, ich kann heut nicht weiter arbeiten-- ich fürchte— meine Hand— heute... unglücklich... ganz außer Fassung,-- entschuldigen Sie mich-- morgen— ja, mein kleiner Toto, morgen---" Am Portal stehen sie, gucken dem Weingärtner nach, der mit gekrümmten Schultern« wie gedrückt von dem Gewicht leinet Uli» glücklichen Sense die weiße Straß« hinuntergeht. .Sonderbar!" murmeln sie verstört. Nur Toto ist ruhig. Er hält den Stieglitz in der Hand und uniersucht ihn. „Schade, wenn der jetzt lebte, und ich ihn dann hätte und Großmama mir einen Käsig für ihn taufte— der würde mal pfeifen!" Kleines fcirilleton» Der Niagara Südamerikas. Was der Niagara für Nordamerika und die Viktoriafälle für Südafrika , das ist für Süd» amerika der große Katarakt des y g u a z u. Er bildet am oberen Parana , an der Stelle wo die Gebiete von Brasilien , Argentinien und Paraguay zusammenstoßen, eine natürliche Ltraftquclle, deren Ausnützung jene Gegend zu einer der gewaltigsten Stätten Hydro» elektrischer Kraft machen würde. Schon seit uralten Zeiten waren die Fälle den Indianern bekannt; den Europäern wurde erst im Jahre 1767 durch den Jcsuitcnpater Lozano die erste Kunde von den gewaltigen Katarakten. Er beschrieb damals die Stelle und schilderte, wie die Wassermengen von einer gewaltigen Höhe in den Abgrund stürzten, mit solchem Getöse, daß man meilenweit daß donnernde Rauschen höre. Seit kurzem hat die Entwickclung des Verkehrswesens von Eisenbahn und Schiffahrt es möglich gc- macht, die Fälle ohne Schwierigkeiten zu erreichen, und gewiß wird c? nicht mehr lange dauern, bis unternehmende Kapitalisten sich für die Ausbeulung der heute ungenutzt sich austobenden Natur» gewaltcn interessieren und kühne Ingenieure die groben 5träfte besiegen. Henry Harley gibt in„Eassier's Magazine" eine an» schauliche Schilderung dieses Wunders der Natur.„Der Nguaz" — sein Name entstammt der Guaranifprache, dem Worte„g) Guazu" und bedeutet„große Wasser"—„ergießt sich in den oberen Parana , gegen ISOO englische Meilen entfernt von der Mündung des großen Stromes in den Atlantischen Ozean . Der Agilazu entspringt in der Serra Caterina, kaum dreißig Meilen entfernt vom Meere. Aber als unüberwindliches Hindernis schieben sich die Berge zwischen ihn und den Ozean, sie zwingen ihn, sich nach Westen eine Bahn zu suchen, upd so strömt er denn dem Alto Parana zu, vereinigt sich mit ihm und erst nach einer weiten Reise erreicht er mehr als tausend Meilen südlich im Rio La Plata das Meer. In seinem oberen Lauf windet sich oer Slrom mühsam durch das bügelige Gelände. Etwa 1Ü Meilen von dem Einfluß in den Parana macht er eine scharfe, mehr als rechtwinklige Biegung, zwängt sich in eine schmale felsige Enge, und hier tosen nun die großen Fälle." In der rnncren Seite der Krümmung, an dem brasilianischen Ufer, machen die gewaltigen Wasscrmasscn einen Sprung von 210 Fuß hinab in die Flußenge; diese Fälle werden die brasilianischen Fälle genannt. Aber nicht alle Wassermafsen haben diesen Weg gewählt; eine Insel scheidet die Fluten und der andere Arm stürzt in zwei Fällen, den sogenannten argentinischen. Die direkte Eni» fernung vom Anfai.g der brasilianischen Enge bis zu den argcnti» »ischcn Fällen beträgt KOOV Fuß, mißt man dagegen die krumme Linie der Fälle über die Achse des mittleren Risss, so erhält man eine Breite von rund 10 000 Fuß. Die Breite der Niagarafälle dagegen beträgt 4770 Fuß und bringt man Great Island in Ab» rcchnung, so bc.rägt die Breitenausdchnung der abfallenden Wasser gar nur 3010 Fuß. Die Höhe der Niagarasälle schwankt zwischen lbS und 167 Fuß. Die Dguazufälle sind also mehr als doppelt so breit wie die nordamerikanischen Fälle und ihre Höbe übertrifft den Niagara um«in volles Drittel. Ucber die Flutmassen des südamerikanischen Naturwunders sind genaue Messungen einstweilen nicht zu erlangen; aber in der Regenzeit beträgt die Tiefe des breiten Stromes vor den Fällen gegen zehn Fuß, während in t-r Enge der Wasserspiegel zwischen Hoch- und Tiefstand bisweilen um 120 Fuß variiert. Jedenfalls sprechen alle Borbedingungen eine eindringliche Sprache für die Anlage einer großen Kraststation. Bei Nacunday findet man wieder Wasserfälle, deren Kräfte ausgenutzt werden könnten. Hier ent» wickelt sich ein Katarakt von bO Fuß Höhe und etwa 250 Fuß Breite, und auch am Alto Parana. 200.mglische Meilen oberhalb des Einflusses des Dguazu, stößt man auf die Guayrafälle, indes e,ne Menge kleinerer Fälle der Gegend den Beinamen„DaS Land der Wasserfälle" eingetragen haben. Die Uguazu» fälle sind mittels Bahn und Schiff von Buenos AhrcS aus in zwölf Tagen zu erreicher» Das Land bietet eine Menge natürlicher Schätze, insbesondere einen großen Reichtum an Bauholz, und alle diese Dinge harren nur einer systematischen Ausnutzung. Wenn die Entwickclung der Kraftübertragungen auf weite Strecken sich fortentwickelt, wird es kein Traum mehr sein, die Kräfte der Ngnazufällc 300 englische Meilen weit bis Curitiba zu leiten oder gar überhaupt bis zur Küste." A»S dem Tierleben. Die Schnelligkeit des Lachses. Uebe'' die Ge» schtvindigkeit schwimmender Fisch« sind bisher nur wenig zuder» lässige Beobachtungen angestrebt worden, was auch begreiflich ist, weil die Fische selten eine längere Zeit in einer geraden Richtung sich fortbewegen. Jetzt hat Professor Metzger an den Wcscrlachsen eine solche Feststellung vorgenommen. Diese Fische wandern im Herbst pim den Laichplätzen m. der Weier stromaufwärts und lege» in 24 Stunden etwa 40 Kilometer zu ück. Bei e»,»cm- durch ein«
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24 (28.5.1907) 100
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