H. Wittmann und I. Bauer, Virtuosen des Feuilletons undder Tagesverse; sie haben denn auch hier durch andere Vorzüge alsdurch die der dramatischen Verknüpfung gewirkt. Die Musik gibtsich erst'recht keine'Wihe im dramatischen Aufbau. Um so er-freulicher ist sie durch ihre Harmonie zwischen Absicht und Aus-führung, zwischen musikalischer Form und musikalischer Deutung.Die Aufführung war mindestens für Sommeransprüche imganzen gut. Uns interessierte besonders der Darsteller des ko-mischen Dieners von dem hier leibhaftig agierenden Arzt Bom-bastus Theophraftus Paracelsus. Artur S t r a s s e r verfügtüber keine beträchtlichen Naturgaben für den Gesang und für dasSpiel, hat aber mit seiner Durchführung dieser Rolle etwas soEifriges und Sorgfältiges geleistet, daß nur noch mehr natürlicherHumor zu wünschen wäre. Die übrigen Mitwirkenden sind unsbekannt. Doch verdient die Regie von Hermann Litt auch wegenihrer stimmungsvollen Szenerien Anerkennung.Physiologisches.Die Tragweite der verschiedenen Stimmen.Nicht der Vortrag allein macht des Redners Glück, sondernoft auch die Ausgiebigkeit seiner Stimme. Es geschieht nicht selten,daß ein Redner, der in einem Saal sprechen soll, dessen akustischeEigenschaften ihm unbekannt sind, in Verlegenheit gerät, welcheKraft er seiner Stimme geben soll, um sich allen Zuhörern ver-nchmlich zu machen. Das Problem ist ziemlick kompliziert. Dennes kommen drei Faktoren in Betracht: Der Saal selbst, die Zu-Hörer und der Redner. Man weiß, daß die Akustik eines Saales gutist, wenn er kein Echo hat und der Resonanzton eine genug langeDauer hat, um den Ton, der ihn hervorgebracht hat, zu verlängern,ohne in den nachfolgenden Ton störend hineinzugeraten. Wir wissenauch, daß das Ohr nicht für alle Töne gleich empfindlich ist. Esbleibt also noch der Einfluß des Redners. Man pflegt zu sagen,daß bestimmt�'Htimmen eine stärkere Tragkraft haben als andere.Ist diese Behcmptung richtig und was besagt sie eigentlich? Mitdieser Frage hat sich Dr. Marage in Paris beschäftigt, derdarüber in der letzten Sitzung der Akademie der Medizin Berichterstattet hat. Der Forscher untersuchte experimentell, welche StärkeRedner mit Baß-, Bariton- und Tenortimbre ihren Stimmenaeben müssen, um vernehmlich zu werden. Er verwendete zu diesemZweck einen künstlichen Redner: eine sogenannte Vokalsirene. DasVolumen der entweichenden Luft und der Druck sind leicht zumessen. Ihr Produkt ergibt die Tonenergie. Die Experimentewurden an verschiedenen Orten angestellt: im Ricsensaal des Tro-cadero, in der Kirche der Sorbonne, im Amphitheater Richelieu undin der Akademie der Medizin. Ueberall zeigten sich die Baßstimmensehr im Nachteil. Sie müssen eine 7 bis I8fach größere Energieausgeben als die Tenorstimmen. Ileberdies gibt es Säle, wo eineBaßstimmg das öfache der Energie aufwenden muß, die anderswohinreicht.'Die Baritonstimmen ergaben mittlere Resultate. Wennnian also von einer verschiedenen Tragkraft der verschiedenenStimmen spricht, so hat es damit seine Richtigkeit, aber es be-deutet nichts weiter, als daß sich gewisse Stimmen mit einer ge-ringeren Anstrengung vernehmbar machen können. Dr. Marangefügte dann noch praktische Anleitungen hinzu, die einen Rednerinstand setzen sollen, die Aufnahmefähigkeit seiner Lungen und dieelastische Kraft der aus seinen Resonanzorganen entweichendenschwingenden Luft zu stärken.Man sieht, die moderne Wissenschaft betreibt methodisch, wasehedem dem umhertappenden Instinkt und dem Eifer der Auto-didakten überlassen war. Es bleibt aber darum doch noch fraglich,ob es gelingen wird, Dcmosthencsse zu züchten. Denn auch vonder Analyse des Redcmcisterstücks gilt der Satz: Das preisen dieSchüler allerorten, sind aber noch keine Weber geworden.* Technisches.Neue Anwendungen des Telephons. Von einerganzen Reihe neuer Anwendungen des Telephons berichtet dieZeitschrift für Schwachstromtechnik„Telephonh" aus dem Lande derunbegrenzten Möglichlerten. Die katholische Geistlichkeit der Ver-einigten Staaten zeigt sich geneigt, in Fällen, in welchen derPriester anders nicht zu erreichen, die Beichte telephonisch abzu-hören. Die Inhaberin einer Leihbibliothek in Kansas gibt ihrenKunden telephonisch allerlei, ihrem Büchcrschatz cntnehmbare Aus-künfte und macht mit ihrer„Telephonbibliothek" die besten Ge-schäfte. In einer Stadt in Illinois war in einer Gerichtsverhand-kung ein wichtiger Zeuge nicht geladen worden. Man erfuhr, daßer in einer benachbarten Stadt und telephonisch zu erreichen sei.Im allgemeinen Einverständnis wurde er gerufen und von demRichter telephonisch vereidigt und verhört. Senator Beveridgc solleinen Vortrag in Indianapolis halten. Ein unvorhergesehenerZwischenfall hält ihn in Chicago zurück. Beveridge diktiert seineRede telephonisch einem Stenographen in Indianapolis, welcher sieder überraschten Festversammlung vortrug. Von dem Sitzungs-saal des Capitols in Washington sollen Telephonverbindungen indie Zimmer der Abgeordneten angelegt werden, so daß jeder der-selben von seinem Zimmer aus in jedem Augenblick hören kann,was im Sitzungssaal gesprochen wird. Kein Zeitverlust mehr inBarbierstuben. Man meldet sich telephonisch an und wird vomBarbier gerufen, sobald ein Stuhl frei geworden. Ein Musikersoll in einer benachbarten Stadt ein Klavier itt einer Kirchestimmen. Angekommen, erfährt er, daß man ein zweites Klavierzum gleichzeitigen Gebrauch in der Kirche wünsche. Die Klavieremüssen natürlich zusammenstimmen. Der Musiker bestellt telepho-nisch das zweite Klavier, um es zugleich mit dem anderen zustimmen. Es kann aber nicht mehr an dem Tage abgeschicktwerden. Der Musiker läßt das neu bestellte entfernte Klavier ansTelephon schieben und spielen. Gleichzeitig stimmt er das Klavierin der Kirche und als später das zweite Klavier ankam, warenbeide wohl zusammengestimmt. Die trauernde Witwe, welche bett-lägerig sich Telephonverbindung zur Kirche errichten läßt, um denTrauergottesdienst für den Seligen anzuhören, möge den Schlußbilden.Notize«.— Die Jnternationalität der Wissenschaft. DieKunst, die Wissenschaft, jedes ernste Kulturstreben ist international, wieder Sozialismus, der allen zum internationalen Wirken berufenenKräften und Tendenzen erst den fruchtbaren Saatboden bereitenwird. Immerhin ist es erfreulich zu sehen, daß die Keimeder Zukunft bereits sprießen. Die Wissenschaft hat so-gar schon einen beträchtlichen Grad der internationalenZusammenarbeit in der umfassenden Organisation erreicht. 1899bildete sich auf Anregung des Historikers Monmisen hin eine A s s o-ziation der Akadmien, der seitdem alle namhaftenAkademien der Welt beitraten. Wien ist jetzt Vorort und dort tagtdie Vollversammlung. Mancherlei Aufgaben, die gemeinsam in An-griff genommen werden sollen, Iverdeu dort beraten. Die fruchtbarenIdeen der Assoziation und der Arbeitsteilringmachen sich eben auch in denvielfach verknöckierten gelehrten Anstalten geltend. Den 20 derAssoziation angeschlossenen europäisch-amerikauischen Akademien wirdeine ostasiatische, die in Tokio sich zum ersten Male hinzugesellen.So ist der Bund weltumspannend geworden. Der Rahmen ist ge-schaffen, in dem planmäßige, von dem regsamen Antrieb einerGesellschaft, in der die Wissenschaft zum ersten Male die ihr ge-bührende Rolle spielen wird, zum höchsten angefeuerte Arbeit sichentfalten wird.— ER bleibt uns erhalten, wie wir das von vorn-herein gcmutmaßt haben: Herr Ferdinand Bonn. An den Litfaß-säulen tut er männiglich kund und zu wissen:»Die unerhörtenAngriffe meiner Gegner haben den Effekt bei mir hervorgebracht,daß ich nicht mehr daran denke, mein Theater aufzugeben, sondernso lange bleibe, als ich und mein Werk meinen Freundengefallen. Da der Reingewinn des letzten Jahres 380000 Markbetrug, so kann ich noch mehr wie früher jenem Teile desverehrten Publikums entgegenkommen, welcher zwar das beste Ver-ständnis für eine ideale, gesunde Theaterkunst besitzt, aber leidernicht das große Portemonnaie dazu. Ich statte damit nur memeninnigsten Dank ab."Bravo, Boim. In den früheren Erlassen an das deutsche Volkhieß eS zwar etwas anders. Aber was tuts. Lustige Leute, dieauch die Welt außerhalb des MusentempclS als Komödie inszenieren— allem literarischen„Meuchelmord" zum Trotz—, können wirimmer gebrauchen. Nur muß ihnen dann und wann etwas Neueseinfallen. Was wird Ihr nächster Einfall sein, Herr Bonn?— Hebbel plattdeutsch. Der plattdeutsche DichterWilhelm P o e ck, der bereits Kleists„Zerbrochenen Krug" ver-plattdeutschte, hat jetzt auch Hebbels Drama»Maria Magdalena"ins Plattdeutsche übertragen.— Der Deutsche Arbeiter-Stenotachygraphen-b u n d wählte auf seinem ersten Bundestag zum Sitz des BundesDresden. Der Bund wird nunmehr eine geschlossene Einheit dar-stellen und an den einzelnen Orten nur Gruppen bestehen lassen.Zur besseren Propagierung seines Systems soll außer dem kosten-freien persönlichen Unterricht kostenfteicr brieflicher Unterricht ein-geführt werden. Anfragen sind an'Dittrich, Dresden, Pietzschstr. 10,zu richten.— Eine weibliche Moorleiche, die dem zweiten Jahr-undert entstammen dürfte, wurde mit noch gut erhaltener Kleidungei Emden(OstfrieSland) aufgefunden. Den vortrefflich konser-vierenden Eigenschaften des MooreS verdankt die Altertumswissen-schaft schon eine Reihe von Funden, die uns über sonst ganzdunkle Zeiten der Vorzeit manchen Aufschluß boten.— Die Verbreiterin der Schlafkrankheit glaubtder Zoologe Rouband, ein Mitglied der zur Erforschung der Schlaf-krankheit eingesetzten Kommission, in einer in Mitlclafrika sehrverbreiteten Stechfliege fLimuIium damnosum) entdeckt zu haben.— Die Weltgeschichte der Schminke. Die Torheitender Mode sind uralt. Die Propheten des alten Testaments ereifertensich in ihren Strafpredigten bereits über die Ausschweifungen desLuxuS und der Toiletten. Daß auch die Griechiunni der klassischenZeit schon über manche Verschönerungsmittel verfügten, wußte manaus den Schriftstellern lange. Nun sind auch Belege dafür gefunden.In einem in Athen aufgedeckten Grabe wurde neben sonstigenToilettegeräten und einigen sogenannten Salbfläschchen weißeSchminke in Form von Plättchen gefunden. Eine chemische Analyseergab, daß sie aus den heute noch zur Herstellung der Schminkeverwendeten Bestandteilen zusammengesetzt war.verantwortl. Redakteur: Hau» Weber, Berlin.—Druck u. Verlag:Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer LeCo., Berlin SV/.