schwerer ein STtom ist, als ein anderes, wurde durch daZ AbogadroscheGesetz ermöglicht. Dies Gesetz sagt aus, daß wenn man einen be-stimmten Raumteil, z. B. ein Liter, mit Gas anfüllt, und den Druck,unter dem es steht, sowie die Temperatur, die es hat, sorgfältiggleich hält, so sind in diesem Ranmteil immer ebenso viel Moleküleenthalten, ohne Rückficht darauf, welches GaS es ist, also ob esSauerstoff oder Wasserstoff oder Stickstoff oder irgend ein anderesGas ist. Wenn man danach ein Liter Sauerstoff und ein LiterWasserstoff wägt und findet, jenes ist 16 mal so schwer als dieses,so weiß man, da in beiden Fällen gleich viel Moleküle enthaltensind, daß ein Molekül Sauerstoff 16 mal so schwer ist, als einMolekül Wasserstoff. Ein Molekül eines Elements besteht aber ge-»vöhnlich— es kommen einige Ausnahmen vor, die man aber genaukennt— aus zwei Atome», also ist auch ein Atom Sauerstoff16 mal so schwer, als ein Atom Wasserstoff. Diese Methode erlaubte,von allen in Gasform vorkommenden Elementen die Atomgewichteunmittelbar zu bestimmen. Bei den Elementen, die man nochnicht in Gasform bringen konnte, mußte man kompliziertereMethoden anwenden. Man nahm bestimmte, ausgewählte chemischeSubstanzen, bei denen ein Bestandteil ein Element init schon be-kanntem Atomgewicht war, und brachte es durch geeignete chemischeProzesse dahin, daß dies Element durch ein anderes in der Weiseersetzt wurde, daß immer für ein Atom des ersten eines des zweitenElementes eintrat; dann konnte man durch Wägungen und Rech-nungen auch das Atomgewicht deS zweiten Elementes finden. Aufdiese Weise bestimmte man schließlich— es waren oft sehr subtileUntersuchungen nötig— alle Atomgewichte, d. h. die Verhältnis-zahlen aller Atomgewichte. Das Atomgewicht des leichtesten Elementes,setzte man dabei gleich eins; dann ist das Atomgewicht des Sauer-stoffs, wie schon erwähnt, 16, das deS Stickstoffes 14,04, das deSOneckfilberS 200,3, das des Eisens 56,0, das des Kupfers 63,6, dasdes Silbers 107,03, das deS Goldes 197,2. Diese Zahlen sind ganzaußerordentlich wichtig, denn nur mittels ihrer konnte man be-stimmen, in welchen Mengenverhältnissen die einzelnen Bestandteileder chemischen Körper, die Elemente, in ihnen enthalten sind.Um so notwendiger ist eS aber auch, daß diese Zahlenmit der größten Genauigkeit stimmen und das lvar langeZeit nicht zu erreichen. Man fand mit der Zeit noch andere Me-thoden der Atomgewichtsbestimmung, unter denen besonders die derGefrierpunttSerniedrigung und die der Siedepunktserhöhung hervor-ragen. Reines Waffer gefriert bei 0 Grad, es siedet bei 100 GradCelsius; wenn man in ihm aber einen festen Stoff auflöst, so ge-friert die Lösung erst bei niedrigerer Temperatur als bei 0 Grad,sie siedet erst bei höherer als bei 100 Grad: diese Temperatur-eruiedrigung resp. Erhöhung steht genau im Verhältnis zur Zahlder Moleküle des Stoffes, der in Waffer oder in einer anderenFlüssigkeit gelöst ist. Auch diese Tatsachen geben also ein Mittel zurBestimmung der Atomgewichte. Aber je mehr Methoden man zurVerfügung hatte, so daß man die mittels verschiedener Methodengefundenen Atomgewichte mit einander vergleichen konnte, umso mehr fand man, daß die sämtlichen Resultate durch-aus nicht die notwendige Uebereinstimmung besitzen. Die Me-thoden waren theoretisch sicher, aber man besaß nicht die erforderlicheTechnik, um sie exakt genug durchzuführen. Insbesondere ergab essich, wenn ein chemischer Körper aus eil, er wässerigen Lösung her-gestellt war, daß ihm stets noch etwas Wasser anhaftete, dessen Ent-fcrnung allen Mühen trotzte. Ferner löste sich, wen» man dieLösungen in GlaSgefäßen herstellte, von dem Glase, das man dochfür unlöslich in Wasser hält, etwas auf— nur lvenig, aber dochgenug, um das ganze Resultat zu fälschen. Freilich muß die Ge-nauigkeit, mit der man bei Atomgewichtsbestimmungen arbeitet, sogroß sein, daß ein fremder lösender Bestandteil auch nicht einmal inder geringen Menge von ein tausendstel Prozent in dem untersuchtenKörper vorhanden ist, und für eine so weil gettiebene Genauigkeitreichten die früheren Arbeitsmethoden nicht niehr aus. DieAmerikaner und insbesondere der neue Austauschprofeffor Prof.Dr. T h. W. Richards auS Cambridge in MassachusetS,der über diesen Gegenstand am letzten Sonnabend in derDeutschen Chemischen Gesellschaft einen Vortraghielt, schafften hier Wandel. Richards ersann Apparate, um jedeSpur Feuchtigkeit zu beseitigen, er trocknete die untersuchten Sub-stanzen völlig, oder durch geeignete Centifugen trennte er sie nn-bedingt sicher von dem anhaftenden Wasser, er benutzte auch In-strumente, die ganz genau erkennen lassen, ob noch etwas Wasserin dem bearbeiteten chemischen Körper enthalten ist, statt derGlasgeräte vcrlvendete er Platin und geschmolzenen Quarz, diewirklich und völlig unlöslich sind. Manchem erscheinen die Ver-besserungen unerheblich, aber zu ihrer Erzielung gehört ein wahr-Haftes Genie. Diese peinliche Gewissenhaftigkeit und die aufgewandteSorgfalt erwies sich fruchtbar, denn man hat jetzt Atomgewichte vonder wünschenswerten und dringenden Genauigkeit; den Nutzen davonhat nicht nur die reine Wissenschaft, sondern jeder, in dessen Leben diechemische Technik irgendwie eingreift, und das ist in hundert- undtausendfältiger Beziehung jeder Mensch.Humoristisches.— Der A t h e i st. Meyer Goldstein und Nathan Rosenblühgehen in die Erörterung tiefer religiös-philosophischcr Fragen ver-senkt, am Samstagnachmittag spazieren. Rosenblüh erweist sichhierbei als strenggläubig, während Goldstein immer mehr seineFreigeisterei bekundet. Bekümmert hört eS der Freund und faßtendlich seine Hand:.Meyerleben." sagt er.„Sag's mir ehrlich:„Glaubst Du nochan Gott?"Meyer schweigt..Ich bitt' Dich, sag'S mir l Ich frage ja nicht aus Neugierde I"Meyer schweigt. Nathan wird zornig, dringt— vergeblich!Meyer schweigt. Äm nächsten Abend besucht Meyer Goldstein seinenFreund Nathan in dessen Behausung und ruft:„Nathanleben, heut kann ich Dir's ja sagen:„Ich glaub' nix anGott I"„Warum hast Du eS gestern nix gesagt?"„Wo denkst Du hin? Hm Schabbes werd' ich doch so ein sündigesWort nicht über die Lippen lassen l"— Wahres G e s ch i cht ch e n. Findelhauspfarrer(zur jungenMutter):„Und welchen Namen soll da». Kind Deiner Sündetragen?"Mutter:„Moses soll er heißen, wenn i bitten dürft!"Pfarrer:»Moses?! So einen heiligen Namen? WaZ denkstDu Dir denn dabei?!"Mutter(kleinlaut):„Ich Hab' halt gedacht, weil das auch soein Auf'llaubter war."(„Jugend.")— Sein letzter Wunsch.„Sie sollen doch nicht spielen,hier liegt ein königlicher Gerichtsvollzieher im Sterben."—»Wenner mir aber doch bestellt hat, den Präsentiermarsch will er noch malhören."— Unsere Leutnants.„Und die paar Wucherer aus-genommen/ habe ich nie mit Zivil verkehrt."Zwei Gardeoffiziere wohnen im Schauspielhause einer Auf-führung des„Hamlet" bei. In der Pause nach dem ersten Akt hörtman folgendes Gespräch:„Tolle Sache, was?"—»Fa. unglaublich.Aber passen Sie mal auf, wird noch viel toller: Am Schluß wirdalles gemordet."—„So?! Woher wissen Sie denn das?"—„Schwerin hat mir's gesagt."(„Simplicissimus".)Notizen.—» Goethes„Laune des Verliebten" wurde aufdem von Peter Vehrens eingerichteten Naturtheater der Mann-heim er Jubiläumsausstellung aufgeführt. Sehnliche Versuchesolcher Naturanfführungen, die ja zuerst in den Barockgärtcn zurAusführung kamen, wurden bereits vor längeren Jahren in Münchenunternommen.— Rudolf Rittner läßt die auch von uns gebrachte kräftigeAbsage an das hervorklatfchende Publikum, das mit Sensation, abernicht mit Kunst sich beschäftigt, nachträglich dementieren.— AuS der M u s i k w e l t. Die Wiener Philharmonikerwählten den Generalmusikdirektor M o t t l in München init über-wiegender Majorität zu ihren» Dirigenten.— Die Mahlerkrisis istnoch nicht gelöst. Mottl soll auch als Nachfolger Mahlers in derHofoper ausersehen sein. Der arme Mahler würde, falls er ab-ginge, nur 22 000 Kronen Pension beziehen(8000 von der Budapesterund 14 000 von der Wiener Hofoper).— Die Melodie der Marseillaise. Als Dichter desvölkerentflammenden Revolutionsliedes ist Rouget de Lisle wohlbekannt. Aber wem die zündende Melodie zu danken sei, darüberherrscht einige Unklarheit. Sie wurde sogar in einer deutschen—Messe entdeckt. Neuerdings wurde indes, wie die»BreSl. Ztg." be-richtet, von dem französischen Musikforscher I. Tiersot nachgewiesen,daß auch die Melodie von Rouget de Lisle stammt. Das Ganze istalso aus einem Gusse. Die weitere Ausgestaltung der musikalischenBegleitung, wie sie in eine», Straßburger Drucke von 1702 zuersterschien, ist allerdings nicht Nougets Werk und weicht auch in derMelodieführung von der jetzt üblichen ab.— Kunst vereine st a t t k ü n st l e r i s ch e r K u l t u r. Zuden zahlreichen bereits für die Kmistpflege bestehenden Vereinen undBünden, die meist weiter nichts Nennenswertes leisten, als daß siegute Namen als Aushängeschilder benutzen, lvill sich wieder ein neuergesellen: der V e r d h a n d i- B u n d. Dieser Name hat de» Vorzug,weniger bekannt zu sei». Er ist der von Gelehrten geschaffenennordischen Mythologie entlehnt, die mit Verdhandi die Norncs derGegenwart bezeichnet. Wie der Bund sonst noch„alle Einzelkünsteauf deutscher Gcmütsgrundlage enger zusammenfassen" will, mögedie Norne der Zukunft uns enthüllen.— Der L a» d r a t als— Volkslieddichter. In demvon Landrats Gnaden herausgegebenen„Oberwesterwälder Lieder-buch", in dem angeblich alte Volkslieder gesammelt sind, hat auchder Herr Landrat mitzudichtcn sich herbergelassen. DaS Volkslied,das hier eingeschmuggelt werden soll, heißt„Willkommen, du löst-liche Frühlingszeit". Darin heißt es unter anderm:„Der Baum schüttelt ab sein dürres Holz,Mit den Fässern aufs Feld fährt der Bauer,Vom Mädchen reißt sich der Knabe stolz,Auf dem Dach sitzt der Kater auf Lauer.Ja im Frühling da steigt der Saft in die Höh',Und die Menschen, die Vögel, sie jubeln juchhei"Dieser Landrat scheint weder Mucker noch Hofpoct zu seinVerantwortl. Redakteur: Hans Weber» Berlin.— Druck u. Verlag:Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagianstalt Paul Singer L,Co..BerlinLW.