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romanhaften Raffen und Klaffenpsychologie gegeben, wenn man,[ des Lebens feßen, während die Eltern noch frierend im Schatten angeekelt durch die Speichellederei und Beweihräucherung der hausen, schlägt Ellen Keys glühende Ueberzeugung fast die logischen marlitterarischen Stribenten, Stribenten, das Thema literarisch überhaupt Einwände nieder. Aber Ellen Keys Aussöhnungsfieber fann teine ausgeschaltet hätte. Es mußten die Bücher kommen, die auch nach wirkliche Gesundung bringen, nur ein Arrangement im sozialen dieser Richtung hin das richtige Sehen lehrten. Von solcher Art ist Leben. Sie ist keine Finderin, sondern eine Abfinderin, dennoch gibt der Lewaldsche Roman, wie auch die Ebner- Eschenbachsche Geschichte. dieses Kleine für den Handgebrauch zurechtgeftuzte Buch vom JahrSie sind mit dem Tatsachensinn geschrieben, der die Dinge nackt hundert des Kindes viele anregende Gedanken und vor allem die fieht und sie für sich sprechen läßt. Diese neuen, nackten Adels- Liebe, die zu allem Erlösertum notwendig ist. bücher, wie ich sie nennen möchte, geben der Herrlichkeit der„ Erst
Hlassigen" den Wirklichkeitsgeschmad, nicht mehr läuft den Unteren
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beim Lesen vom Leben der Oberen das Waffer im Munde zusammen. Ma Ilwida b. Mehfenbug: Phädra( Schuster u. Löffler, Darum sind diese Bücher im gewissen Sinne dem Wolfe zuträglich. Berlin und Leipzig ). Zwar tragen die Briefe Emmi Lewalds, in denen sie ihre Wiederum ist es eine Kämpferin, der der Roman ein brüchige Adelswelt gleichsam in Selbstbekenntnissen vorführt, Propagandamittel' bedeutet. In dem autobiographischen Lebensnicht die großen Züge, in denen z. B. Otto Rung in:" Der legte buch: Memoiren einer Idealistin, einem der schönsten Beispielbücher Kampf" das verzweifelte Ringen einer untergehenden Schicht um aus der Frühe des Weiberwachens zum Kampf um Menschenihre Position im Leben schildert. Doch ist auch hier in der frampf- rechte, steht Maltvida von Meysenbug da als eine haften Behauptung des Standesbewußtseins einer verarmten gräf - freiesten Frauen. Was damals radital galt, ist heute beinahe selbstlichen Familie, der ein Bürgerlicher, ein Selfmademan zum Retter verständlich geworden. Aus jener gärenden Zeit heraus muß man wird, jener tragische Kampf angedeutet, den die blaublütige Philo- den Roman Phädra betrachten, der mit so feuriger Beredsamkeit sich sophie der dünkelhaften Torheit, die beim Worte Entwickelung zu des unehelichen Kindes annimmt. Heute in Ellen Keys Jahrhundert des fammenzudt, gegen die rotbädige Philosophie der reinen Vernunft Kindes gilt das mutige Eintreten für eine bessere Stellung des illegitimen führt. Und der Leser sieht mit satirischem Lächeln den rudimentären Kindes in der bürgerlichen Gesellschaft kaum noch als revolutionär. Die Kastengeist, empfindet mit dem Lebensgefühl des Zukunftsmenschen Neuauflage des Buches zeigt aber, was die Autorin trotz aller das Morsche der Vergangenheitsmenschen, fühlt mit dem Reichtum Kühnheit immer nur gewesen ist: eine schöne Seele. Ihr hellenisches der eigenen Kraft die Armut dieser wappentragenden Lebens- Gemüt ließ sie nicht über die Sozialaristokratie hinauskommen, und untüchtigen. Viel weniger gelang der Autorin die Zeichnung des so erwählte sie sich den Beruf der Seelenzüchterin, als die sie Bürgerlichen, bei dem sie sich in Ohnetsche Gefilde verirrte. eine Schar begeisterter Jünger und Jüngerinnen um sich zu scharen wußte. Mit ihrer Person hat sie wohl immer mehr gewirkt als mit ihren Büchern. Auch das Phädra- Buch, in dem die sündige Liebe einer Frau zu ihrem Stiefsohn mit psychologischer Bertiefung behandelt wird, ist mehr in seiner Abficht und aus seiner Lebenswärme heraus schäzbar als durch seine künstlerische Gestaltung.
Freiherr v. Schlicht: Die von Gründingen", humo ristisch- satirischer Roman.( Grethlein u. Cie., Leipzig und Berlin .)
Um bei der Klassenpsychologie zu bleiben, nenne ich hier noch ein Buch, wie's nicht gemacht werden soll. Da sind wir wieder im Fahrwasser der bloßen Unterhaltungslektüre angelangt, die unter dem Schein eines ironischen Standpunktes dem Standes den Instinkten des Lüfternen nach dünfel gegenüber mit der Welt der verschuldeten Wappen, der Judergespanne, der tennisspielenden Komtessen und der unwiderstehlichen Barone Handel treibt. Der Militär- Humoresten- Graf v. Baudissin kann doch, so schlicht" er sich auch gibt, aus seiner Haut nicht heraus. Der gefällige Spott, die leichten Hiebe, die stets um Entschuldigung bitten, die Komit der Situationen allein tut's nicht. Unter dieser Oberflächen- Satire blüht und grünt die mit sichtlicher Liebe und sichtlicher Prätention geschilderte Welt, in der man sich langweilt, ganz in der alten tropischen Pracht, die uns übel macht. Die Geschichte von der Bezähmung einer gräflichen Widerspenstigen durch einen schneidigen Baron mit sämtlichen Kavalierstugenden ist ebenso reizlos, wie sie anödend in ihrer berbogenen, familienblattwürdigen Charakteristik ist.
Nicht so organisch wie in ihrem Kulturbilde eines politischen Rassenkampfes( Das schlafende Heer) verwebt die Verfasserin in diesem psychologischen Charakterroman die Rassenseele mit dem Rassenmilieu. Die Geschehnisse spielen sich auf polnischem Grund ab, aber diese angefaulte, durch Instinktentartung und Naturvergewaltigung zum Verbrechen getriebene Frau im Mittelpunkt des Romans tönnte auch in jeder anderen Landschaft wurzeln. Der polnische Hintergrund dient also nicht für typische Naffenzüge, er ist nur Staffage. Der Biebig eigentlichstes Gebiet war von je die plastische Schilderung von Triebmenschen. Ihre Menschen kommen entweder von der Wildnis der elementaren Triebe her, oder werden bom Leben int fie hineingestoßen. Die Verfasserin versteht es, einen solchen Trieb, der dem Menschen zum Schicksal wird, bis zu seiner Möglichkeitsgrenze, bis zu seiner höchsten Steigerung zu verfolgen und Gestalt zu geben. Gestalt gewordener Haß ist die schöne Frau Tiralla. Schon in ihrem Namen Menschenerziehung, das ist ein großes Wort. Vorliegendes liegt ihre Schönheit, ihr trällerndes Glücksverlangen. Aber da Buch ist aber nur eine Sammlung von kleinen Mahnworten, die die wird die junge, die von Lebenswünschen erfüllte arme Lehrerwaise Verfasserin, wie sie selbst sagt, in allerhand Zeitschriften verstreut an einen alten, reichen Baner gefettet, der mit plumper Sinnengier hatte. Ein großer Teil der guten Ratschläge behandelt das nach ihrem weißen Fleische greift, und da feimt der Ekel physische Wohl der Menschen, insbesondere der Kinder; Kinder- in ihr auf. Sie hat nur noch den einen brennenden Gedanken: stube, leibliche Entwickelung der Kleinen liegen Marie zur Mord. Alle mörderischen Kräfte ihres vergewaltigten Leibes Megede mütterlich am Herzen. Das psychische Heil der und ihrer vergewaltigten Seele schließen sich im Gebet zusammen Menschen, die Charakterentwickelung, die Seelenfultur, jene zur Vernichtung des gehaßten Mannes. Ihr flammender Vergroßen erzieherischen Gedanken, deren Erfüllung das Angesicht der nichtungstrieb schont auch den Liebhaber nicht, Wollust und GrauWelt verändern könnte, stehen nicht auf dem Programm der Autorin. samkeit vermischen sich in dieser Frauenseele, Brunst und Inbrunst. Sie ist sicher eine große Menschenfreundin, aber nur eine kleine Sie betet den Alten förmlich zu Tode und als er im Stalle endlich Denkerin. Ihr Herz ist weit, aber ihre Gesichtspunkte sind freiwillig das tötende Rattengift genommen hat, versucht Klora eng. Mit einigen guten Ideen über Männererziehung nimmt Biebig das schuldige Weib von der Verdammnis durch die Bud Marie zur Megede einen Kleinen Anlauf auf frauen stabenmoral zu erlösen. Die eigene Tochter, das ekstatisch verzückte rechtlerisches Gebiet hinüber, indessen ihre Reflexionen bleiben Jungfräulein, spricht das Absolvo te( ich spreche dich los) über die den Zaunpfählen des Gesellschaftlichen hängen. Mutter aus. Das Haßmotiv ist mit dem vollen Orchester der NaturEs find gutgemeinte Selbstverständlichkeiten, Kindergärtnerin- Weis- stimme instrumentiert, das Erlösungsmotiv mit den bleichen Lauten heiten für den bürgerlichen Horizont. Die fittliche Fortentwickelung der Hysterie. Und darum hat die Verfasserin im ersten Teil Starkes, des Menschengeschlechts teimt nicht aus solcher Thella von Gumpert im zweiten Schwaches gegeben. J. V. Belehrung und Menschenerziehung wird nicht mit solcher pedantischen Feder geschrieben.
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Ellen Key : Das Jahrhundert des Kindes. Volfsausgabe.( S. Fischers Verlag, Berlin , 1,50 M., geb. 2 M.)
Kleines Feuilleton.
Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein! Ellen Keys große Armenbegräbnis. Was mich mit dem Tode aussöhnt und ihn apostolische Verkündigung von der Heiligkeit der Generation" ist hier mir sympathisch macht, ist die starre und unerbittliche Gleich in eine handliche Form zusammengefaßt. Ein Gebrauchsbuch im besten mäßigkeit, mit der er seine Opfer aus den Reihen der Reichen und Sinne. Auch Ellen Key kämpft vorwiegend Ihrisch, und sie ist eine Vornehmsten sowohl, als auch der Aermsten und Geringsten holt. sanfte Prophetin. Aber die Zuversichtlichkeit ihres freudigen Streitens Geht er nicht mit ebenso fühnem Schritt in die Paläste der Mächfür die Rechte des Kindes geht im Rausche einer mächtig geschwellten tigsten, als er bescheiden an die Hütte der Elendesten Klopft? Und Willensenergie einher. Wir sehen die Zeit, die ein Jahrhundert des ich meine, daß es einem Menschen, dem es durch seine Mittel mögKindes werden soll, nicht mit der Optimistenoptik der Ellen Key , von lich war, sich alle Bequemlichkeiten und Genüsse dieses Lebens zu der dasselbe gilt, was Riezsche einmal von Emerson sagte, daß er verschaffen, viel schwerer ankommen wird, der Erde Valet zu sagen, fich instinktiv nur von Ambrofia nähre und das Unverdauliche in als einem der Aermsten, der müde und abgehebt sehnsüchtig den den Dingen zurücklaffe. In ihrer Rechnung stimmt daher vieles Tod herbeiwünscht, der aller Sorge und allem Elend ein Ende be nicht, aber sie ist groß im Brückenschlagen. Und wenn reiten soll. Das ist das so wunderbar Beruhigende an ihm: der wir, geführt von der schwungvollen Begeisterung der Autorin, Tod verwischt jeden Unterschied; er kennt weder arm noch reiche die Navitel lefen. Die das Kind so warm in die Sonne weder vornehm noch aerina. weder Fürst noch Bettelmann!"
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