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Die Größe der Regentropfen bei ihrer Ankunft auf der Erde ist abhängig von der Fallhöhe, die sie von der Wolke bis zum Boden zu durchmessen haben. Sie sind um so größer, je größer die Fallhöhe ist. Die geringste Größe, die ein Regentropfen erreichen kann, ftellt nach Schiller- Tieß ein Wasserfügelchen von nur ½ Millimeter Durchmesser dar, während die größten Regentropfen einen Durch feffer von 3½ Millimeter aufweisen. Die Geschwindigkeit, mit der die Regentropfen zur Erde fallen, ist abhängig von der Größe der Tropfen und vom Winde, der die ursprünglich senkrechte Bewegung in einen schrägen Fall verwandelt. Unter sonst gleichen Bedingungen fällt ein Wassertropfen aus mittlerer Höhe bei einem Durchmesser von 2 Millimeter mit einer Endgeschwindigkeit von 4 Meter in der Sekunde zu Boden, während die größten Tropfen eine höchste Endgeschwindigkeit von 11½ Meter erreichen.
Die Regenmessung mit Hülfe von zum Teil sinnreich fonftruierten Apparaten, auf die wir hier indessen aus räumlichen Gründen nicht näher eingehen können, hat uns die genaue Bestimmung sowohl der alljährlich fallenden Regenmengen wie deren Verteilung ermöglicht. Die Regenmenge, die jährlich in Deutsch land niederfällt, wird im Durchschnitt auf 600 Millimeter, d. h. 600 Liter Regenwasser auf den Quadratmeter, angenommen werden fönnen, wobei allerdings die einzelnen Jahre und die einzelnen Gegenden erhebliche Unterschiede aufweisen. Die größte Regenhöhe in Norddeutschland findet sich an der Nordseeküste; sie nimmt mit der Entfernung von der Seeküste ab, wächst aber wieder mit der Annäherung an die Gebirge. Die größten Regenmengen in Deutsch land entfallen auf den Harz, wo der Broden 1293 Millimeter und Claustal 1227 Millimeter zeigen, ferner auf den Allgäu( 1393 Millimeter), den Schwarzwald ( Baden mit 1445 Millimeter) und die Vogesen ( Rothbach mit 1540 Millimeter). Die kleinsten jährlichen Regenhöhen weisen in Deutschland auf Sigmaringen mit 374 Millimeter, Breslau mit 400, Dürkheim mit 403, Mühlhausen mit 413 und Cammin mit 418 Millimter. Man hat ferner beobachtet, daß in den ersten Morgenstunden die geringste Menge Regen, in den späten Nachmittagstunden die Hauptregenmenge niedergeht, und daß das Maximum des Regenfalles in Dänemark und SchleswigHolstein auf den September, an der Nordseeküste auf den August, im übrigen Deutschland auf den Juli, im Inneren sogar teilweise auf den Juni fällt. Als regenreichster Ort der Erde überhaupt gilt der indische Plazz Tscherrapundschi im Süden des Himalaya . Was die Gewalt einzelner Regenfälle betrifft, scheint er dagegen nicht an erster Stelle zu stehen. Die Meteorologische Gesellschaft in London hat nämlich fürzlich einen Bericht von den Fidschi- Inseln erhalten, der sich auf einen ganz unerhörten, im Sommer vorigen Jahres geschehenen Regenfall bezieht. In der Hauptstadt der Fidschi- Inseln befindet sich auch eine meteorologische Station und in dieser ein Regenmesser. Der dortige Beobachter schreibt nun über ein Gewitter, das in der Nacht des 8. August 1906 über diesen Platz niederging. Der Regen fette um 6 Uhr nachmittags ein und dauerte ohne Unterbrechung bis zum Sonnenaufgang des nächsten Tages. Schon um 10 Uhr abends fand der Beobachter den Regenmesser, der 312 Millimeter Regenhöhe faßte, im Ueberfließen begriffen, so daß er ihn ausleeren mußte. Trozdem floß er nach vier Stunden zum zweiten Male über und nach weiteren bier Stunden zum dritten Male. Danach wären im Verlauf von zwölf Stunden etwa 940 Millimeter Regen gefallen, jedoch glaubte der dortige Meteorologe annehmen zu müssen, daß auch diese Zahl noch nicht einmal hoch genug wäre, da der Regenmesser eben seine Pflicht nicht vollkommen auszuüben vermocht hatte und sich außerdem in erheblicher Höhe über dem Boden befand. Vielmehr wird angegeben, daß der gesamte Regenfall in einem Zeitraume bon 13 Stunden 1025 Millimeter Höhe erreicht haben müsse, und das wäre für wenige Stunden der weitaus höchste Betrag, der jemals irgendwo auf der Erde beobachtet worden ist.
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Wenig bekannt war bis vor kurzem die Chemie des Regens. Gibt es überhaupt eine solche? Die Wolken bestehen doch nur aus Wafferdampf, also aus gasförmigem, reinem Wasser, muß dann nicht der Regen gleichfalls reines Wasser sein? Die Antwort auf diese Frage lautet ungefähr dahin, daß die Reinheit des Regens von der Reinheit der Luft abhängig ist, da der Regen beim Durchgang durch die Atmosphäre unreine Stoffe aufnehmen tann. 3ft biel Staub in der Luft, so kann ein ordentlicher Schmuzregen niedergehen. Das aber ist noch nicht das schlimmste. Wo viel Industrie getrieben wird und was leider damit noch immer im engsten Zusammenhange steht viel Rauch in die Luft geht, erhält der Regen mitunter eine ganz merkwürdige Zusammen sehung, die der Chemie viel zu schaffen macht. Der Lancet" hat in dieser Hinsicht einige überraschende Beispiele veröffentlicht. Ueber der Industriestadt Manchester enthält der Regen auf eine Million Teile fieben Teile von freiem Ammoniat, 0,3 Teile von organischem Ammoniat, 47 Teile von Schwefelsäure und fast sechs Teile von Salzsäure. Der Londoner Regen bringt es nicht ganz so weit, sondern in allen Teilen dieser Zusammenstellung taum auf die Hälfte. Ueber dem freien Lande sind die Verunreini gungen des Regens noch geringer, wenigftens was das Ammoniak und die Schwefelsäure angeht. Mit der Beimischung von Salzfäure steht die Sache dagegen anders, weil die Nähe des Meeres zu deren Vermehrung beiträgt. An der Küste hat der Regengehalt 56 Teile Salzsäure auf eine Million ergeben. Beim Niedergange von großen Regenmassen können diese Beimischungen durch
aus nicht gleichgültig sein. Insbesondere ergibt sich für die Indu striellen daraus die Verpflichtung, die Entwickelung von Rauch und Gasen aus den Fabrikschloten mit allen Mitteln zu unterdrücken.
Nicht nur in Afrika , wo die Regenme her eine so große Rolle spielen, sondern auch in anderen, an Trockenheit leidenden Ländern hat man versucht, fünstlich Regen zu erzeugen. Aber weder die Mittel und Kniffe jener Zauberet, die die Regenmacherei als ein einträgliches Gewerbe betreiben, noch die auf wissenschaftlicher Grundlage angestellten experimentellen Versuche zur Erzeugung fünstlichen Regens haben das ersehnte Naß auf die durstende Erde herabzuloden vermocht nach wie vor müssen wir in heißer Sommerszeit unsere Hoffnung gründen auf das geheimnisvolle Wirken der Natur, die uns die erquickende Gabe aus der Höhe herabsendet.-
Kleines feuilleton.
Die erlöfte Prinzessin. Es war in feinem ganzen Leben niemals in einem solch prächtigen Wagen gefahren. Andere Kinder kutschierten schon durch die Straßen, mitunter gar auf Gummirädern, wenn fie noch ein Rödlein trugen. Ach, wenn es fich jest einmal hätte sehen können! Aber es fonnte nichts mehr sehen. Es lag in seinem engen schwarzlackierten Sarge und faltete die blaffen Händchen und schlief so fest, daß es selbst von den Stößen des Wagens auf dem budligen Pflaster nicht erwachte.
Nein. Es hatte ihm hier auf der Erte wirklich nicht gefallen. Selbst der Frühling, der doch so warm und leuchtend in allen Straßen und Gärten lag und auf jedem Fensterbrett die Blumen in fchwellender Sehnsucht schneller wachsen ließ hatte es nicht halten können. Ganz still hatte es sich auf und davon gemacht, wie ein Schmetterling die bunte Wiese verläßt.
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Vier kleine Blechsterne, die wie Silber glänzten, faßen an den Seiten des Sarges, und bier blaue, schwarze, gedrehte Knöpfe ragten an den Eden auf. Und die Pferde, die vor dem Wagen gingen, trugen langherabhängende, schwarze Deden, und auf dem Sargdeckel lag ein frischer Kranz mit wirklichen, echten Wachsrosen ach, wenn es das alles hätte zwischen den grünen Blättern fehen können! Aber es sah nichts mehr. ftanden und gudten dem niedlichen fleinen Sarge nach und ließen Die Elektrische flingelte an ihm vorbei, und ein paar Kinder dann wieder ihren Reifen laufen.
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Und wie die Sonne lachte und so frisch und strahlend in den hellen Maimorgen hineinschien, als sähe sie den schwarzen Wagen mit dem kleinen Sarge gar nicht, und der fuhr doch mitten durch den strahlenden Sonnenschein!
Ach, wenn es alles hätte sehen können: die Troddeln, die im leisen Winde baumelten, die Gardinen und den spaßigen Kutscher auf dem Bock, der einen drolligen Hut trug und darunter ein solch ernstes Gesicht machte, all die blühenden Büsche und Blumen in den Gärten zu beiden Seiten der Straße, es hätte sicher geglaubt, daß es eine verwunschene Prinzessin sei und eben erlöst worden wäre und nun geradeswegs in sein Schloß gefahren würde. Aber es sah nichts mehr und machte sich auch keine Gedanken mehr.
Dann wurde der Sarg aus dem Wagen genommen und vorfichtig, langfam- an Striden hinuntergelaffen. Ach, wenn es das hätte fühlen können! Es hätte gemeint, weiche Fittiche trügen es schwebend zum Himmel hinauf. Als man die Gruft zuschaufelte und der dünne Deckel des Sarges unter der Last der Erde brach, fang gerade die Schwarzdrossel von dem Wipfel der grünen Linde so füß, so füß-W. Scharrelmann.
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fahrt Beling- Baris hat die Welt nun auch um einen AutomobilEin Automobilabenteuer in der Wüste Gobi . Die Automobil unfall in der Wüste bereichert. Den Infassen des Spykerwagens ist das Unglüd passiert, daß ihnen mitten in der öden, leeren Gobiwüste das Benzin ausgegangen ist, und nur einem glücklichen Zufall danten die Automobilisten die Errettung vom Tode durch Verschmachten. Der Korrespondent des" Matin" telegraphiert feinem Blatte aus Udde in der Mongolei unter dem 22. Juni einen ausführlichen Bericht über das schlimme Abenteuer. Wir hatten an Stelle unserer Benzinvorräte die schweren Gepäckstücke des Mototri Contal aufgenommen, um ihm so die Fahrt zu erleichtern. Der Mototri dagegen führte unser Benzin mit sich. Sorglos fuhren wir durch die Wüste, im Vertrauen auf die Kameradschaft der Genossen. Plöglich begann der Motor zu raffeln. Wir wußten, was das war: das Benzin war ausgegangen. Wir hofften, von Cormier und seinem Genossen, die wir hinter uns gelassen hatten, Hülfe zu erhalten. Vier Liter gaben fie uns; vier Liter; zu wenig, viel zu wenig, um aus der Wüfte zu tommen. Gleichviel, wir waren entschlossen; so weit wie es geht. Fort geht es. Aber ach, wenig später bleibt der Wagen wieder stehn. 150 Kilometer trennen uns von Udde, wo die Referven bereit liegen. Was sollen wir nun tun? Eine tiefe Niedergeschlagenheit überlam uns. Rings um uns Sand, Steine, einige ärmliche, bertrocknete Pflanzenstauden; so weit der Blick reicht, nur die kahle Unendlichkeit der trockenen, wasserleeren Wüste. Ein Bisquit, ein Huhn und zwei Liter Waffer, das waren unfere Vorräte. Mit ihnen sollten wir leben, bis uns Hülfe tam. Wir machten uns auf, vielleicht einen Brunnen zu finden. Umsonst. Wann fann uns aus Udde. Hülfe werden? Eine Nacht vergeht. Am Donnerstagmorgen fuchen wir angstvoll den Horizont ab. Nichts, gar nichts. Gegen zehn Uhr entdecken