»fr einen beweglichen Punkt in der Einöde, der sich uns nähert. Eine alte Mongolin ist eS, die mit ihrem Kamel des Weges kommt. Sie ist mildherzig und gibt uns einige Tropfen Wasser, die wir gierig trinken. Mit Zeichen suchen wir uns verständlich zu machen. Schließlich versteht sie; mit einigen Stricken spannen wir das Kamel vor unseren Wagen. Aber drs schivere Fahrzeug gräbt sich immer tiefer in den Sand. Nach vierzig Metern müssen wir resignieren. Die Sonne steht hoch am Himmel und sendet erbarmungs- los_ ihre glühenden Strahlen auf uns herab. Der Durst peinigt im§_ fürchterlich. Der Tag scheint kein Ende zu nehmen. Endlich verschwindet die Sonne am Horizont und die Nacht kommt. Die ziveite Nacht. Erschöpft legen wir uns nieder. Schon beginnt eine schwere Mattigkeit unsere Glieder zu läfmien. Am nächsten Tage immer noch liegen wir stumpf und fast schon gleichgültig im Sande, scheint eS uns, als hörten wir Glockengeläute. Eine Karawane kommt. Eine lange Reihe von Kamelen kommt auf uns zu. Zwölf Mongolen leiten den Zug. Aber ohne sich auszuhalten ziehen sie vorüber. Unverstanden, unbeachtet verhallten unsere Bitten. Ruhig ziehen sie ihres Weges und entschwinden am Horizont... Hat man uns vergessen? Gotard geht langsam in die Wüste hmaus, eine letzte Umschau zu halten, indes ich beim Wagen bleibe. Zwei Stunden später schreckt mich ein Geräusch aus meinem dumpfen Dahinbrüten. Ich sehe Gotard hinter einem Reiter auf dem Rücken eines Pferdes; hinter ihnen erscheint bald ein gaiizer Reitertrupp. Gotard war auf einen Trupp Tschuntschusen gestoszen.... Lange währten die Unterband- lungen, ehe die gelben Gesellen befriedigt waren. Taels auf Taels churden auf einer primitiven Wage abgewogen. Endlich find wir einig. Ein Reiter sprengt mit einem Brief an den Telegraphisten von Udde davon. Tag und Nacht soll er reiten und uns das Benzin bringen. Inzwischen hat Gorard die Tschuntschusen mit Zeichen ver- ständigt, bald sind zwei Kamele vor unseren Wagen gespannt. Langsam und schwerfällig setzt sich der wunderliche Zug in Bewegung. Ohne Aufenthalt schleppen wir uns fort, die ganze Nacht hindurch, immer vorwärts, bis Freitag mittag gegen ein Uhr. Aber dann sind unsere Kräfte erschöpft. Seit vierundzwanzig Stunden haben wir keinen Bissen gegessen. Und der Thermometer verzeichnet 43 Grad im Schatten. Wir wissen, daß wir mit diesem Borspann niemals die 160 Kilometer zurücklegen können. Wir könnten Udde wohl gewinnen ans Kosten unseres Wagens. Sollen wir das Auto inr Stich lassen? Niemals. Der Durst brennt fürchterlich. Endlich ist eine Art Brunnen erreicht. Ein schmutziges, schales, übelriechendes Wasser ist der Erfolg. Wir trinken, aber der Durst wächst nur noch wilder an... Plötzlich umkreisen uns die Tschuntschusen mit lautem Freudengeschrei. Im Nu haben sie die Kamele ausgespannt. Endlich begreifen ivir. Dort unten, fern, fern, in der eintönigen Ebene bewegt sich langsam ein dunkler, violetter Schatten. Es ist unsere Rettung. Wie durch Magie sehen wir uns umringt durch eine Anzahl von buntgekleideten Reitern. Ueber die Brust tragen sie ihre langen Flinten, in reich- verzierten Gürteln funkeln die silbernen Dolche. Sie lachen und gestikulieren. Und endlich erhalten wir unser Benzin. Im Nu haben wir unseren Motor gestillt. Gotard ergreift das Steuer. Es geht voran. Eine Weile noch geleiten uns unsere Retter, dann bleiben sie zurück. Drei Stunden später sind wir in Udde.' Technisches. Das Elektrizitätswerk von Friedenau bei Berlin . Die Bewohner des Berliner Vororts Friedenau werden sich wundern, zu vernehmen, daß sie in ihrem Gemeinwesen eine Besonderheit besitzen, die bis ins Ausland hinein Aufsehen erregt. Die Pariser WochenschriftCosmos" veröffentlicht einen Aufsatz über das Elektrizitätswerk in Friedenau , und zwar deshalb, weil dort keine Dampfmaschinen, sondern Motore für flüssigen Brenn- stoff verwandt werden. In der Tat ist diese Neuerung recht be- achtenswert und wird hoffentlich bald eine recht häufige Nach- ahmung finden. Gerade in Berlin gibt es einige Elektrizitätswerke, die durch ihre unmäßige Nauchentwickelung geradezu eine Stadt- plage geworden sind. In Friedenau ist von irgendwelcher Be- lästigung durch das Elektrizitätswerk nichts zu merken. Die Station besteht aus zwei Motoren, deren jeder für gewöhnlich 185 Kilowatt liefert, seine Leistung aber vorübergehend bis 220 Kilowatt steigern kann. Jeder dieser Motore besitzt zwei Zylinder und führt 155 Um» drehungen in der Minute aus. Die Maschinen sind keine eigent- lichen Gasmotoren, sondern werden, wie schon erwähnt, mit einem flüssigen Brennstoff gespeist. Der Kolben der Zylinder saugt die Luft an und preßt sie zusammen. Wenn der Kolben zurückgeht, so tritt der flüssige Brennstoff in den Zylinder ein, entzündet sich bei der Berührung mit der durch den Druck erhitzten Luft und stößt den Kolben zurück Das Ansaugen des Brennstoffs geschieht dabei selbsttätig, ebenso wie das der Luft. Diese sogenannten Dieselmotoren können mit verschiedenen flüssigen Brennstoffen be- dient werden. In Friedenau wird Paraffinöl benutzt, dessen Ent- zündungspunkt etwa bei 100 Grad liegt. Der Brennstoff kostet etwa 73 M. für die Tonne. Uebrigens hat die Stadtverwaltung von Madrid die Errichtung eines ähnlichen Elektrizitätswerkes mit 12 000 Pferdestärken beschlossen. Humoristisches. An der holländischen Grenze.Sie reisen nach dem Haag mit all' diesen Waffen?'Allerdings. Ich bin De« legierter der Friedenskonferenz.' Günstiger Effekt.Teufel, waS für'n Wind."Ja, den machen sie auch im Haag.' Der Angeklagte(der Militarismus).WaS haben Sie zu Ihrer Verteidigung vorzubringen?'Meine Herren Diplo« maten. wenn Sie mich abschaffen, verurteilen Sie sich damit selber zum Selbstmorde.' Der Kapitalismus führt einen schrecklichen unerbitt- lichen Krieg, jeden Tag, jede Stunde des Tages. Aber die Herren von der Konferenz werden sich mit diesem Kriege nicht beschäftigen. Warum die A b r ü st u n g unmöglich i st... Die Armee abschaffen heißt die Basis des kapitalistischen Wesens zer- stören. Die Rückkehr des Delegierten.Was haben Sie da in Ihren großen Koffern?'Nichts. Sie enthalten die ge- samten Resultate der Friedenskonferenz." (Spezialnnmmer vonL'Assiette au Beurre'z Der Friede im Haag.) Unerforschlich. Der Musketier Böhm II war soeben beerdigt werden. Nach dem Tranersalut trat der Hauptmann zu folgender Ansprache vor die Front: Wiederum stehen wir vor einem jener unerforschlichen Ratschlüsse, die wir in Demut über uns ergehen lassen, aber doch mit der bangen Frage im Herzen: warum gerade dieser? Der verstorbene Kamerad gehörte zu den besten Soldaten der Kompagnie, ich kann wohl tagen, er mar mein Stolz wegen seiner Tüchtigkeit und Pflichttreue. Wir alle trauern um ihn und richten wie gesagt vergebens an den Himmel die Frage: warum mußte dieser vortreffliche Soldat sterben, warum nicht lieber das Schwein da im zweiten Gliede, der dritte Mann von rechts, der selbst bei diesem feierlichen Anlaß nicht seine Knöpfe geputzt hat und deshalb drei Tage ins Loch fliegt?!' Nach Rußland abgeschoben, �laäams de!a Guillotine; In Frankreich hat man mir gekündigt ich denke, in Rußland werde ich bald eine ganz gute Stellung finden. (Lustige Blätter.') Notizen. Neue Dramen. Schalom Asch hat ein neues Drama: Auf dem Wege nach Zion' vollendet, das die zionistische Frage behandelt. Nicht weniger wie drei neue Stücke von Bernard Shaw werden in der nächsten Theatersaison in Wien auf- geführt werden. Eine Bischer-A,lS st ellung ist anläßlich der 10L Wiederkehr von Friedrich Vischels Geburtstag im Schiller- Museum zu Marbach veranstaltet worden. Sie enthält Hand- schritten, Bildnisse, Zeichnungen von Vischels Hand, Briefe. Von den Nordpolexpeditionen. Aus Britisch- Columbia wird derFranks. Ztg." berichtet: In Cadzow traf ein Händler von dem Stachelschweinflusse ein, der Neuigkeiten über die arktische Expedition Mikkelsen brachte. Kapitän Miklelsen traf im April auf der Herschel-Jnsel ein und berichtete, daß das Schiff Ducheß of Bedford' 150 Meilen nordwestlich dicht am Lande ein- gefroren sei. Er kehrte Ende April auf das Schiff zurück, mit dem er weiter nach Norden vordringen will. Der Gesundheitszustand der Expeditionsteilnehmer soll ein guter sein. Die Wellmannsche Nordpolexpedition ist, wie der Dampfer, der sie nach Spitzbergen gebracht hat, nach seiner Rückkehr meldete, unversehrt in Spitzbergen angekommen. Die Ballonhülle hat dem arktischen Winter gut Stand gehalten. Die Vorbereitungen zum Aufstieg dürften Mitte Juli vollendet sein. Wellmann wird aber nur bei gutem Wetter den Aufstieg unter- nehmen. Anstatt der ursprünglichen geplanten Mitnahme von Motorschlitten wird er sich auf einige Schlittenhunde beschränken. Ein internationaler Kongreß für Kälte- industrie wird nach einem jetzt feststehenden Beschluß Ende Juni 1008 zum erstenmal in Paris stattfinden. Die Kälteindustrie blickt auf ein Alter von kaum zwei Jahrzehnten zurück, hat aber in dieser Zeit einen geradezu glänzenden Aufschwung genommen und übt mit ihren zahlreichen Anwendungen einen großen Einfluß auf viele Gebiete de? Handels und der Industrie aus. Wegen der engen Beziehungen zu bedeutenden wissenschaftlichen Errungenschaften der Neuzeit und wegen der schon heute fast unabsehbar gewordenen Mannig- faltigkeit in der Verwertung, kann es einen großenReiz gewähren, einmal eineileberficht über die moderne Kälteindustrie und ihre Bedeutung zu ge- Winnen. Zur Vorbereitung des Kongresses hat sich bereits eine Kommission gebildet, die auch schon einige Festsetzungen für das Programm vor­genommen hat. Danach wird der Kongreß in 6 Abteilungen zer» fallen. Die erste Sektion soll unter dem Vorsitz des berühmten Physiologen d'Arsonval die niedrigen Temperaturen und ihre all- gemeinen Wirkungen umfassen: die zweite die Mittel zur künstlichen Hervorbringung von Kälte; die dritte unter dem Vorsitz des Chemikers Gautier die Anwendung der Kälte auf die Ernährung in all- gemeinstem Sinn; die vierte die Anwendung der Kälte auf andere Industrien; die fünfte die Benutzung der Kälte im Handel und für Transporte; die sechste die auf diese Frage bezügliche Gesetzgebung. Lerantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagtanstalt Paul Singer LcCo., Berlin S VV,