Frauen in der Vorstadt erhellt. Ueber der rechten Braue lief eine tiefe Narbe, die zog die Braue ein wenig in die Höhe und es fchien, daß auch ihr rechtes Ohr etwas höher faß; das gab ihr einen Ausdruck, als wenn sie stets furchtsam auf etwas horchte. In ihrem dichten, dunklen Haar glänzten graue Strähne, als Zeichen schwerer Schläge... Ihr ganzes Wesen war weich, traurig, demütig... Und über ihre Wangen flössen langsam Tränen. Wart' doch, wein' nicht I" bat der Sohn leise.Gib Mir zu trinken." Ich bring' Dir Wasser mit Eis..." Als sie zurückkehrte, war er schon eingeschlafen. Sie blieb einen Augenblick bei ihm stehen und bemühte sich, nicht laut zu atmen, der Krug in ihrer Hand zitterte und das Eis kullerte leise gegen das Blech. Sie stellte den Krug auf den Tisch, sank vor dem Heiligcnbilde auf die Knie und begann still zu beten. Durch die Fensterscheiben drangen die Klänge dunklen, trunkenen Lebens. In der Finsternis und Feuchtig- keit des Herbstabends winselte eine Harmonika: jemand sang laut ein Lied; ein anderer schimpfte mit häßlichen, gemeinen Worten und zänkische, müde Frauenstimmen klangen unruhig dazwischen.. <Fortsetzung folgt.) Der Garten des Laubcnholomftm Juli. Die Zeit der frühen Erdbeersorten ist jetzt vorbei. Prietzle ist herzlich froh darüber. Er baut nur frühe Sorten, aber ebenso früh als diese kommen auch die entfernten Verwandten und so- genannten guten Freunde aus Groß-Berlin, die sich sonst das ganze Jahr nicht sehen lassen; sie tun so, als sollte schon Erntefest gefeiert werden, lassen Frucht für Frucht hinter der Binde verschwinden, füllen mitgebrachte leere Tüten und machen sich dann, nachdem sie herzlich für den herrlichen, auf der Parzelle verlebten Sonntag gedankt haben, auf den Heimweg. Geblieben sind die leeren Erd- beerbeete, die Prietzke am nächsten Sonntag von allen Ranken säubern, behacken und dann am ersten trüben Abend tüchtig jauchen will. Nicht nur die ganze Bekanntschaft hat einen guten Magen, auch die Erdbeeren sind Vielfresser, sie saugen den Boden gründlich aus, man muß ihnen also neue Nahrung bieten, wenn sie im nächsten Jahre wieder etwas in der Entwickclung tadelloser Früchte leisten sollen. Vielfach findet man auf den Parzellen Erdbeerbeete, die einen einzigen dichten Blättcrrascn bilden. Solche Rasen sind ein Zeichen von Vernachlässigung; sie entstehen da, wo man das regelmäßige Ab- ranken versäumt. Der Abstand, der von Staude zu Staude bO Zentimeter betragen soll, verschwindet dann, die einzelnen Stauden beengen sich, kümmern und der Ertrag geht auf ei» Minimum zurück. Rcichtragcnde Erdbeeren- müssen nach Beendi- gung der dritten Ernte umgegraben werden, weniger tragende Sorten können, jährliche Düngung vorausgesetzt, vier Jahre stehen. Junge Pfbanzen für neu anzulegende Beete gewinnt man von den gut bewurzelten Ranken der am besten tragenden Stauden, die bei früh reifenden Sorten bis Ausgang Juli, bei spät reifenden Sorten 3 4 Wochen länger an den Mutterpflanzen bleiben. Dann schneidet man die Pflänzchen von den Rankenschnüren ab, hebt sie einzeln mit einem kleinen Handspaten aus und pflanzt sie auf ein tief gegrabenes Beet in etwa 13 Zentimeter Abstand voneinander. Hier erstarken die Pflänzchen bei reichlicher Bewässerung bald so, daß sie im September auf Kulturbeete verpflanzt werden können. Auf ein 133 Zentimeter breites Beet pflanzt man drei Reihen, jede Reihe in b3 Zentimeter Abstand von der anderen, auch die Pflanzen innerhalb der Reihen je 63 Zentimeter von einander entfernt; die kleinfrüchtigen Monatserdbeeren erfordern nur 33 bis 36 Zentimeter Abstand und lassen sich in vier Reihen auf gleich breite Beete pflanzen. Sachgemäß im September angelegte Erd- beerbeete geben schon im nächsten Jahre nennenswerten Ertrag, die größte Ernte aber im zweiten Jahre nach der Pflanzung. Wir befinden uns jetzt in einer Zeit, in der eine Frucht die andere ablost. Den Erdbeeren folgen die ersten Stachelbeeren, als erste Honings Früheste, gelbfrüchtig, dann früheste von Neu» Wied, grünfrüchtig, und früheste Rote. Diese Sorten sind sehr fchmackhaft, aber ziemlich kleinfrüchtig; die großfrüchtigen Sorten ind alle spät und weniger schmackhaft; für die allerfeinste von ihnen halte ich die rote Preisbccre. Einige Tage nach den frühesten Stachelbeeren reifen die ersten Johannisbeeren. Beste frühe Sorten sind die rote und die weiße Holländische, die schönste und großbeerigstc ist die rote Kirschjohannisbeere. Im Laufe dieses Monats reifen auch die Himbeeren und dann die Brombeeren; sie blühen und.ragen an den vorjährigen Schöß- lingen, die nach der Ernte absterben und schon vorher mit einer Baumschere dicht über dem Boden abgeschnitten werden. Zahl- reiche Ersatztriebe, die im nächsten Jahre blühen, haben sich gebildet, biet den rankenden Sorten mehr als uns lieb ist und nicht immer da, wo wir sie brauchen können. Diese Beerensträucher erfreuen sich der Freizügigkeit, sie breiten sich weithin auS, die jungen Schosse erscheinen vielfach mitten in den Wegen und auf fremden Beeten, wo sie uns nicht erwünscht sind.' Hier werden sie ausgegraben, wo sie an der richtigen Stelle stehen aber ausgelichtet, d. h. man schneidet die schwächsten zugunsten der starken dicht über dem Boden ab. Einer Himbeere läßt man bis zu 8, einer Brombeere in der Regel nur 23 Schosse, ausgenommen die Sorte Lucretia  , die nur fadenförmige Triebe entwickelt und davon 13 12 ernähren kann. Wenn man jetzt an Beerenobst Ueberfluß hat und sich diesen nicht vonNassauern" entführen läßt, so sammelt man am besten Vorrat für den Winter. Man koche in Zucker ein, presse Saft. bereite Gelee und fetze einen Rumtopf an. Frau Pritzke verriet mir in einer schwachen Stunde, wie letzteres gemacht wird, sie selbst hat das durch Familienüberlieferung geheiligte Rezept von Tante Röschen in Franz.-Buchholz  . Erdbeeren werden vom Kelch befreit, dann ebenso wie alle anderen Früchte durch klares Wasser gezogen der Reinlichkeit halber und dann zwischen Leichentüchern getrocknet. Zu verwenden sind noch Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren, von Steinobst Kirschen, Pfirsiche, Aprikosen, Pflaumen. Steinobst wird entkernt, mit Ausnahme der Kirschen auch von der Haut befreit. In einen Steintopf schichtet man nun das vorbereitete Obst so wie es reift, nach und nach ein, dann bringt man durch klares Wasser gezogenen Einmachezucker zum Kochen, schäumt ihn ab und gießt ihn kochend über die rohen Früchte, aus % Kilogramm Früchte, je nach dem persönlichen Geschmack,% bis Vi Kilogramm Zucker. Gleich nach dem Zucker wird soviel Rum eingegossen, daß die Früchte bedeckt sind. Bei gutem, dichtem Ein- schichten genügt eine Flasche Rum für vier Kilogramm Früchte. Der Topf wird mit Pergamcntpapier verbunden und in den Keller gestellt. So präparierte Früchte sind eine Delikatesse; sie halten sich Jahr und Tag... Aus den Gemüsebeeten gibt es jetzt gleichfalls viel zu pflücken und zu schneiden. Salat und früher Kohl müssen zeitig auf- gebraucht werden, weil sie sonst schießen, ebenso Kohlrabi und Radieschen, die unter der Einwirkung der Hitze bald holzig bezw. mulmig werden. Erbsen, Bohnen und Karotten sorgen für Ab- wechselung. Wir nehmen reife Zwiebeln aus und trocken und reinigen sie, säen Winterrettige und pflanzen für den Winterbedars Rosenkohl und Blätterkohl. Die heranwachsenden Gemüse werden behackt, Kürbisse, Gurken und Kohlgewächse auch behäufelt und Tomaten an fächerförmig beigesteckte starke Stäbe angeheftet. Rasend schnell wächst jetzt das Unkraut, es saugt den Boden aus und muß immer so rasch als möglich, jedenfalls aber vor der Samenreife entfernt werden, da anderenfalls bald die ganze Parzelle einer Wildnis gleicht. Blüten können wir nun reichlich schneiden, wir verhindern da- durch bei Sommerblumen die Samenbildung und verlängern den Flor. Das gute Gedeihen aller Kulturen hängt im Hochsommer von gründlicher Bewässerung ab; sie ist nie in voller Sonne, am besten abends zu bieten. Man nehme nur abgestandenes, am Tage zuvor in die Bütten gepumptes Wasser, da frisch gepumptes zarten Pflanzen schadet. Hd. Kleines Feuilleton. Das abgeschminkte Rokoko. In der landläufigen Vorstellung ist das 18. Jahrhundert ein Zeitalter der vollendetsten Grazie, der der- feinerten, auf die Spitze getriebenen Lebenskunst. Wenigstens was die herrschende Klasse betrifft, der gefällige oder einseitige Historiker für die furchtbare Ausplünderung der Volksmasien und die sittliche Erniedrigung der Gesellschaft die Entschuldigung einer unerhört ge- steigerten Intensität des Genietzens und artistisch sicherer Ueber- Windung aller Härten des Daseins zuzubekommen lassen. Und in der Rokokowelt selbst gilt wieder der französische   KönigShof als der Gipfel des an allen Abgründen der Seele und Hätzlichkeitcn der objektiven Welt vorbcitanzenden Raffinements. Vom Rokoko der deutschen Fürstenhöfe man denke nur an Schillers Jugend- jähre hat allerdings die Erforschung des Details diesen Puder der Anmut schon ziemlich weggeblasen, aber dafür wird Versailles  vom Ausland wie von den Franzosen selbst noch immer als die vollendete Idee des Graziösen angesehen. Doch auch diesem Ruhmes- schimmer spielt das den Quellen nachgehende Bemühen neuerer Historiker übel genug mit. Eine soeben erschienene Geschichte der Gerichts- barkeit des Versailler Schlosses(Histoire de la prevotö de l'Hotel le Eoi) von d e Vallombrosa s Paris  , Verlag Larosej analysiert die Atmosphäre des KönigShofS und was sie findet, fft nicht eitel Wohlgernch. Da ist vor allem die mangelnde Reinlichkeit. Man wusch sich in Versailles   nur mit Matz und Uetz die einfachsten Gebote der Hygiene autzer acht. Aber auch mit der Eleganz war es nicht besonders bestellt. Im Versailler Schloß lebten, allem für den Dienst des Königs bestimmt, 4333, für den der Königin und der Prinzen 2333 Personen, von den neun- oder zehn- tausend Militärs nicht zu sprechen. Aber die aus 63 Mann bestehende Schlotzwacke nach der Sitte der Zeit ausgesuchte Riesen war so unzureichend equipiert, daß oft ein Gardist bei der Ablösung seine durchgeschwitzte Uniform samt Kopfbedeckung einem Kameraden über- lassen mutzte, um diesen halbwegs repräsentabel erscheinen zu lassen. Und auch die Weiblichkeit präsentierte sich keineswegs immer vorteilhaft. Das Liebcsleben im Schlosse sah oft genug vulgär aus. Gewöhnliche