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Sei nicht böse! Wie soll ich nicht ängstlich sein? Hab' auch wenn der Bühnenchef aus persönlichen Gründen dies ver. mein ganzes Leben in Angst zugebracht

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Halblaut und etwas weicher sagte er: ,, Verzeih' mir... Ich kann nicht anders..." und ging fort.

Drei Tage lang zitterte ihr Herz und stand jedesmal still. wenn sie daran dachte, daß hier in das Haus fremde Leute kommen würden. Sie konnte sie sich nicht vorstellen, aber es war ihr so, als wenn sie schrecklich sein müßten. Es waren ja die Menschen, die dem Sohn den Weg gewiesen, den er ging Sonnabend abend fam Pawel aus der Fabrik, wusch sich, fleidete sich um, ging wieder fort und sagte, ohne seine

Mutter anzusehen:

Wenn Leute kommen, sag', daß ich gleich zurückkehre.. Sie können warten. Und bitte, hab' feine Angst... es sind Menschen wie andere auch."

Sie ließ sich fraftlos auf der Bank nieder. Der Sohn blickte sie mürrisch an und schlug ihr vor:

,, Vielleicht gehst Du aus...?"

Das beleidigte sie. Sie schittelte den Kopf und sagte: ,, Nein... ist alles gleich! Warum soll ich?" ( Fortsetzung folgt.)

Neue Erzählungsliteratur.

Moderne Stlavinnen, ein Theaterroman von 2udwig Bendler. Verlag von Heinrich Minden, Dresden und Leipzig .

hindern möchte. An den meisten Theatern aber wird das Recht auf Arbeit zunichte gemacht. Die kleineren Bühnenchefs arbeiten mit Volontären und lassen sich in einzelnen Fällen bei einer Gage bon 50 M. monatlich noch 300 M. monatliches Lehrgeld zahlen. Die Künstlerin muß also zahlen, mit Mammon oder mit ihrem Beibe, nur in den wenigsten Fällen mit ihrer Kunst. Selbst an den Hoftheatern regiert fühlbar die Interessenwirtschaft, nur chevaleresfer und verblümter. Es wäre dringend zu wünschen, daß von berufener Seite an der Hand kompetenten Tatsachen­materials die Bendlerschen Anregungen weiter verfolgt und zu Erfolg geführt würden.

arme leine Eva, Roman von Baul Langenscheidt. Verlag Dr. P. Langenscheidt, Ber lin- Groß. Lichterfelde .

will dazu beitragen, Gebrechen und Krebsschäden der Zeit zu be Dr. Paul Langenscheidts Bibliothet menschlicher Dokumente seitigen, wie die Ankündigung stolz besagt. Die oberflächliche Be­handlung der Probleme jedoch dürfte wohl kaum die Gesellschaft in ihren Grundbesten erschüttern. Schon des Verfassers schwaches Buch gegen den Duellunfug: Um Nichts, das er auch dramatisch verwertete und das jetzt in neuer Auflage vorliegt, war in seiner braven Bürgerlichkeit weniger ein Kampf- als ein Unterhaltungs­roman mit fendenziösem Aufput. Auch diese neue romantische Geschichte von dem verführten Mädchen, das von ihrem schuftigen Galan zur Fruchtabtreibung getrieben wird, um danach in ein gerichtliches Verfahren verwickelt und somit der öffentlichen Schande" doppelt preisgegeben zu werden, bedeutet nicht viel mehr als eine sensationell gefärbte moderne Gretchentragödie. detaillierte Ausmalung der Berliner Verbrechereristenzen in Gestalt bon hülfreichen Masseusen, Hebammen und Schwindeldoktoren, die ihr tagscheues Gewerbe in den Schmutzwinkeln der Großstadt be= treiben, dient wenig dazu, das Uebel, von dem hier die Rede sein soll, die falsche Moral in geschlechtlichen Dingen, an der Wurzel zu paden. Es wird nur ein Strauß Pikanterien dem Leser ver­abreicht. Das interessante Kaleidoskop von dunklen Großstadt­bildern und verschwiegenen Situationen läßt das eigentliche Problem: die heuchlerische Gesellschaftsordnung, die die Mutter­schaft ohne Ring am Finger zur öffentlichen Schande stempelt, sehr im Schatten. Die Schattenseiten des auf den Stelzen der Mensch­heitsbeglückung und Erlösung einher marschierenden Buches kann die lobesame Absicht des Verfassers nicht wett machen.

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Die

Es ist eine traurige Tatsache, daß das Berufsleben der Frau in unserer heutigen Gesellschaft in vielen Fällen der Sklaverei gleichkommt. Wir haben bereits eine ganze Anklageliteratur von der mißbrauchten Frauenkraft der arbeitenden Klasse. Noch aber hat sich bis jetzt fein Ankläger und Anwalt gefunden, der einmal das europäische Stlavenleben aufgedeckt und an den Pranger gestellt hätte, das jene Frauen in der Mehrzahl erdulden müssen, die in der Welt des schönen Scheines so schön wie glücklich scheinen. Das Stlabenleben der Theaterdamen! Denn die Bretter, die die Welt bedeuten sollen, bedeuten für die meisten jener unglücklichen Ge­schöpfe, die im Blendlicht des Kouliffenzaubers das Glüd zu finden Diesseits, Erzählungen von Hermann Hesse. S. meinen, nur eine Welt des Elends. Ein paar Ausnahmefreaturen Fischers Verlag, Berlin . steigen wohl auf am Bühnenhimmel als beneidete Sterne, vielfach Die Schartenmättler, Roman von Hermann Kurz . aber nur, weil sie eben- Kreaturen wurden. Der blendend strahlende Verlag Wiegandt und Grieben, Berlin . Bühnenhimmel ist durch das Fernrohr einer sozialen Ethik gesehen Nach den vorherigen gutgemeinten, aber ästhetisch verstimmen­eine fürchterliche Hölle, in der Maitressen- und Günstlingswirtschaft den Absichtenbüchern aus der städtischen Zone, tut sich hier das demoralisierend herumschwälen. Und die Künstlerin, die den Ge- Land des Kuhglockenbimmelns, des Hahnenschreies auf. Man ist lüften und der persönlichen Ranküne des Herrn Direktors, Ober- gegen die sogenannte Heimatstunst allgemach mißtrauisch geworden, regisseurs oder der sonstigen Bühnenmachthaber ihre persönliche denn das inbrünstige Naturumfangen ist oft nur ein richtiges Würde entgegensetzt, muß elendiglich in dem Fegefeuer der Spießerverhältnis. Die Kunst, die aus dem Boden herauswachsen Intrigen umfommen. Die junge Schauspielerin oder Sängerin sollte, kriecht am Boden herum und schnüffelt die Tümpel aus, die bon heute ist nicht nur zumeist eine moderne Sklavin, sie ist viel- finnierende Liebe zum Kleinen verliert sich in Kleinlichkeit und die mehr eine Leibeigene". Gibt sie ihren Leib nicht irgend einem geschlängelten Wege in der Enge herum, die uns die Heimats­begehrlichen Bühnengewaltigen zu eigen, so fliegt fie, oder wenn dichter unter altväterischem Biedergeschwäß führen, landeten fast fie bleibt, steht sie dennoch draußen. Draußen, wo es teine Rollen immer in Philisteria. In Philifteria, da man in Hemdärmeln mehr für sie gibt, wo man sie mit schifanösen Strafen und Gehalts- vor dem Tor spazieren geht und den Geist geruhsam zu Hause abzügen falt stellt. Bis sie dann frierend an dieser blechernen läßt, da man mit Misthaufen und Ackerfurchen kosend in Diminu­Theatersonne zugrunde geht. Ludwig Bendler hat es unternommen, tiven spricht und dem Pfeifchen schmauchenden Nachbar betulich ins solch ein verfuschtes Theaterschicksal einer modernen Sklavin im friedliche Hüttlein auf grasgrünem Wieslein hinten beim Bächlein Roman vorzuführen. Der Roman selbst ist ihm zwar ziemlich unter ziehenden Wölflein guckt. Sie ist greisenhaft oder tindisch dilettantisch geraten und er könnte als solcher wohl keinen An- geworden, diese grasgrüne Bäuerlichkeit in unserer Erzählungs­spruch auf irgend welche Bedeutung machen, wenn damit nicht eben literatur, diese romantische Verzückung am Kleinstädtischen, an in ein Wespennest gestochen worden wäre. Der Autor ich ber einem wiesenhaften" Erdenwinkel und allem, was nach Heu riecht. mute aber an der femininen Sprache, am mehr empfindsamen als Der von unseren nüchternen literarischen Biedermeiern mit dem erfindsamen Aufbau und der lyrischen Erweichung des Stoffes, der Vollglück in der Beschränkung- mißverstandene Gottfried Keller prägnantere Gestaltung und Gedanken verlangt hätte, daß es eine hat den Schaden angerichtet. Seine Größe der Einfachheit kopieren Autorin ist weiß offenbar in Theaterdingen gründlich Be- fie mit Einfaltsmanier. Die Simplicitätsfege flettern nun auf scheid und spricht aus Erfahrung. Durch die betrübend schablonen - der Größe der Natur herum wie kostümierte Salontiroler auf den hafte Aufmachung der Geschichte von der Hoffnungsfreudigen Alpen und halten ihr Gejodel, Gesäufel und Juhu für kosmisches Sängerin, die mit ihrem kleinen Vermögen, mit Fleiß und Ent- Gefühl. Die mit butolischem Getue im Gras herumhüpfenden und behrungen ihr Studium erkaufte und dafür das ganze Martyrium zirpenden Naturkomödianten zeigen auch nach Gaienhofen hinüber, des anständigen" Mädchens durchmachen mußte, bis ein Revolver: wo Hermann Hesse wohnt. Hermann Hesse hat mit einem guten schuß sie aus der Künstlernot erlöst, bricht immer wieder ein Schrei Buch( Peter Camencind) voll starter Unmittelbarkeit das ganze des eigenen Erlebens. Und zwischen dem episodischen Gerant der Unglüd seiner mittelbaren oder mittelmäßigen Nachahmer herauf­Sentimentalitäten aus unverkennbar weiblicher Feder, zwischen ver- beschworen. Wo Hesse in still- inniger Fabulierkunst die Natur schiedentlich eingeflochtenen schiefen fünstlerischen Urteilen und tanten- belauschte und seelisch durchdrang, wo er naturburschenfröhlich hafter Verlieblichung des sprachlichen Ausdrucks durch zuckerige pfiff, da trällert jetzt der Finch aus Gaienhofen in imitiertem Adjektive, bringt der Roman von relativem Wert die positive For- Vogelgezwitscher und die hundert und ein Auch- Jdylliker mit dem derung eines reformierten Bühnenvereins, der zu vielen Gemüt und den wenig Gedanken dazu. Die ganze Literatur seiner eigenen Ehre sich von den unlauteren Elementen freimachen eine Chronik der Sperlingsgasse! Am weheften tut es, daß Hesse müßte. Der Bühnenverein von heute stellt nämlich die Gesamt- sein eigener erschöpfter Nachahmer geworden ist. Er ist in seiner heit der Theaterdirektoren dar unt seine Mitglieder dürften nicht Manier erstarrt und in seinem neuesten Erzählungsbuch Dies­mehr als Gegensatz zur Bühnengenossenschaft, die die arbeitende seits triumphiert sehr die Hausbackenheit über das Dichterische. Klasse ausmacht, ihre Rechte egoistisch handhaben. Die erste und Das Beschauliche wiederholt sich in Langweiligkeit und die Kind menschlichste Forderung in der Misere des Theaterlebens wäre heits- und Jünglingserlebnisse, die er hier weitschweifig erzählt, also: das Recht auf Arbeit. Einer Künstlerin muß das Recht zu- sind ganz nette Sächelchen, aber eben auch nur neuromantisch auf. geftanden werden, ihre Kraft und ihr Können betätigen zu können, geblusterte Alltäglichkeiten aus der Sperlingsgaffe.

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