O nein! Ich fühle bisweilen solche Freude, solches ©lud!" Ihr Gesicht wurde blaß, und ihre blauen Augen flammten bell auf. Sie legte die Hände auf die Schultern der Mutter und sagte mit tiefer Stimme aus Herzensgrunde leise und ein- dringlich: Wenn Sie wüßten... wenn Sie verständen, was für ein großes, freudiges Werk wir vorhaben!..." Ein neidähnliches Gefühl berührte Frau Wlassows Herz. Sie erhob sich vom Fußboden und sagte traurig: »Ich bin schon zu alt dafür... ungebildet... alt." ... Pawel redete immer häufiger und mehr, disputierte immer eifriger und wurde magerer. Es schien der Mutter, daß, wenn er mit Natascha sprach oder sie ansah, seine strengen Augen freundlich glänzten, seine Stimme weicher klang und sein ganzes Wesen einfach würde. Das gebe Gott !" dachte sie und mußte lächeln, indem sie sich Natascha als Schwiegertochter vorstellte. In allen Versammlungen stand der Kleinrusse, sobald die Wortgefechte einen allzu hitzigen und stürmischen Charakter annahmen, auf und redete, wie ein Glockenklöppel hin und her schaukelnd, mit seiner klangvollen, summenden Stimme so gut und einfach, daß alle ruhiger und ernster wurden. Wjessowschtschikow drängte alle stets verdrießlich vorwärts; er und der Nothaarige, namens Samoilow, begannen stets den Streit. Der runtcköpfige Iwan Bukin, mit weißen Augenbrauen und Wimpern, der wie verblüht oder ausge- laugt aussah, stimmten ihnen bei; Jakob Somow, der glatte, saubere, sprach mit seiner leisen, ernsten Stimme wenig: er und Fedja Masin mit der hohen Stirn traten beim Streit auf die Sei�e Pawels und des Kleinrussen. Bisweilen erschien statt Natascha Nikolai Jwanowitsch aus der Stadt, der eine Brille und einen kleinen hellen Bart trug: er stammte aus einem entfernten Gouvernement sprach eigentlich schnell, singend. Sein ganzes Wesen war fremdartig. Er erzählte die einfachsten Sacken sprach über das Familienleben, über Kinder, Geschäfte, Polizei, über Brot- und Fleischpreise, über alles, was Tag für Tag im mensch- lichen Leben vorkommt. (Fortsetzung folgt.) Vom fortfchntt der Glchtrotechmk. Das 20. Jahrhundert, dessen erstes Jahrzehnt noch nicht hinter uns liegt, zeigt uns auf technischem Gebiete eine ganz außer- ordentliche EntwickelunA in der Anwendung der Elektrizität, die teilweise mit einer stärkeren EntWickelung der Ausnutzung der Dampfkraft verbunden ist, teilweise aber auch zu einer völligen Berdrängung des Dampfes führt. Die Grundlagen dieser wunder- baren elektrischen Entwickelung, die wir durchleben, sind überall schon im vorigen Jahrhundert gelegt worden, ja die letzten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts zeigten uns bereits die rasche Ausbreitung der praktischen Anwendungen der Elektro-Tynamik. Diese EntWickelung scheint in unserem Jahrhundert fortzudauern, sodaß unser ganzes Leben in immer stärkerem Maße von der Elektrizität beherrscht wird. Wie das verflossene Jahrhundert das des Dampfes genannt wird, wird vielleicht unser 20. später das Jahrhundert der Elektrizität heißen. Auf den verschiedensten elek- krischen Gebieten ist die Entwickelung gegenwärtig eine so rasche und fruchtbare, daß es immer schwerer wird, einen zusammen- hängenven Ueberblick über das ganze große Gebiet der Elektrizität und ihrer Anwendungen zu gewinnen und zu erhalten. Anderer- seits wird bei dem beständig wachsenden Einfluß der Elektrizität auf die Gestaltung und Führung unseres Lebens das Bedürfnis nach einem solchen Ueberblick in immer steigendem Maße empfun- den Daher ist das Werk des Ingenieurs Wilhelm Beck:Die Elektrizität und ihre Technik"(Verlag Ernst Wiest Nachfolger, Leipzig ), das eine gemeinverständliche Darstellung der physikalischen Grundbegriffe und der praktischen Anwendungen der Elektrizität geben will, ein recht verdienstliches Unternehmen. Vor uns liegt die siebente, von neuem durch- und umgearbeitete Auflage des Werkes, das nunmehr drei stattliche Bände von zusammen 1760 Seiten füllt. Dei Erfolg des Werkes beweist, daß eS einem Be- dürfnis entgegenkommt, andererseits aber auch, daß es seiner Auf- gäbe im großen und ganzen gerecht wird. Eines der wurkoerbarlren Gebiete ist das der elektrischen Eni- ladungen in der Lust und in anderen Gasen. Schon sehr lange waren die verderblichen Entladungen bekannt, die bei Gewittern in der Form des zerstörenden Blitzes auftreten. Ihnen reihten sich die mit farbenprachtigem Leuchten verbundenen Entladungen an, die beim Durchgehen der Elektrizität durch Röhren, in denen sich verdünnte Gase befinden, beobachtet werden. Bei sehr starke« Verdünnung findet die Entladung in der Form der sogenannten Kathodenstrahlen statt, die Entladung breitet sich von der Ein- trittsstelle des negativen Stromes, der Kathode, aus strahlförmig aus. Aus den geheimnisvollen Kathodenstrahlen entstehen die nicht minder geheimnisvollen X-Strahlen, die Röntgen zu Ende des vorigen Jahrhunderts entdeckte. Tie Arbeiten, welche sich an diese Entdeckung anschloffen, haben neue Einblicke in das Wesen der elektrischen Erscheinungen erschlossen, zugleich aber sind diese Erscheinungen auch in immer stärkerem Maße für die Praxis dienstbar gemacht worden. Die bekannten Eigenschaften de« X-Strahlen , undurchsichtige Körper zu durchdringen und aus die photographische Platte einzuwirken, haben zu dem wunderbaren Ergebnis der Photographie eingeschlossener Körper geführt, das in der Heilkunde bereits eine hervorragende Rolle spielt. Die ersten Röntgenbilder aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts sind noch ziemlich verschwommen. Vergleicht man sie mit neueren Photo- graphien innerer Organe des menschlichen Körpers, so erkennt man die großen Fortschritte, die in der Technik dieser Bilder gemacht sind, welche nicht nur vom Chirurgen zur Bestimmung des Sitzes eines Fremdkörpers, den er entfernen will, benutzt werden, sondern die in der Medizin eine sehr mannigfaltige Rolle bei der Er- kennung krankhafter Veränderungen innerer Organe spielen. Auch haben diese Strahlen bei manchen Krankheiten eine unmittelbar heilende, weil bakterientötende Wirkung. Vielleicht ihre größten Triumphe feiert die Elektrizität auf dem Gebiete des Verkehrswesens. Nicht die unmittelbare Beförde- rung von Personen und Lasten war es, deren die Elektrizität sich zuerst bemächtigt hat, sondern die Uebertragung von Zeichen, die zur schnellsten Verbreitung von Nachrichten in der elektrischen Telegraphie ausgebildet wurde. Nachdem die ersten elektrischen Telegraphen vor Jahren gebaut und in 10 bis 15 Jahren sehr erheblich vervollkommnet waren, wurden bald alle zivilisierten Länder von einem Netz feiner Drähte durchzogen, mittels welcher die Depeschen schnell von Ort zu Ort gegeben wurden. Dann wurde das Problem in Angriff genommen und schließlich bewältigt, tele» graphische Leitungen auch durch die Weltmeere zu legen. Die unterseeische Kabeltelegraphie, welche vielen Forschern anfangs als eine Unmöglichkeit erschien, wurde Wirklichkeit und gewann beständig an Verbreitung. Von neuem wandten sich die Kräfte der Forscher und das Kapital der Verbesserung und Ausdehnung der Telegraphie auf dem Lande zu; es wurden Systeme ersonnen und zur praktischen Einführung gebracht, durch welche ermöglicht wurde, auf einer Drahtleitung gleichzeitig mehrere Depeschen zu be» fördern. Daneben finden wir fortgefetzt Bemühungen in der Richtung, Schriftzeichcn und Bilder ganz unmittelbar und ihrem Aussehen nach getreu auf telegraphischem Wege zu übertragen, Bemühungen, die nach verschiedenen Richtungen von Erfolg gekrönt waren, wenn sie auch zu einer praktischen Einführung im großen bisher nicht gelangt sind. Dagegen ist in der Praxis die unmittel- bare elettrische Uebertragung gesprochener Worte durch das Tele- phon und Mikrophon von großer Bedeutung geworden. Die erste Erfinoung eines Telephons im Jahre 1862 durch Philipp Reis blieb ohne unmittelbaren praktischen Einfluß, vor allem wohl des- halb, weil das Hauptinteresse damals der Bewältigung der Auf- gäbe der überseeischen Kabeltelegraphie zugewendet war. Dagegen fand die Erfindung des Telephons durch Graham Bell , die 15 Jahre später erfolgte, einen günstigeren Boden, sie kam einem stärkeren Bedürfnis entgegen und erfuhr daher sehr schnelle Verbesserung und große Ausbreitung. In Deutschland hat die Zahl der Ge- spräche, welche jährlich durch die Fernsprechanstalten übermittelt werden, bereits eine Milliarde, d. i. 1000 Millionen überschritten. Zu der Verbesserung des Fernsprechcns gesellte sich in den neunziger Jahren durch Beobachtung der sogenannten sprechenden elektrischen Bogenlampe ein ganz neues Prinzip der elektrischen Tonübertragung, das zu der drahtlosen Telephonie führte. Sic beruht auf der Wirkung elektrischer Wellen, welche den Raum durcheilen, ohne an eine metallische Leitung gebunden zu sein. Auf demselben Prinzip beruht auch die drahtlose Telegraphie, die be- reits zu umfassenderer Anwendung gekommen ist. Auch bei ihr werden die elektrischen Wellen zur Erregung bestimmter Apparate und dadurch zur Uebermittelung von Zeichen benutzt. Heute gibt es bereits eine Anzahl von Stationen für drahtlose Telegraphie; die großen transatlantischen Schnelldampfer sind ebenfalls mit Apparaten zum Empfang elektrischer Wellen ausgerüstet, so daß die Passagiere täglich die neuesten Nachrichten aus ihrer Heimat cm- psangen. Die Zeit ist sicher nicht mehr sehr fern, in welcher jedes größere Schiff derartige Apparate mit sich führen wird, und wo auf den großen Paffagierdampfcrn täglich eine Zeitung den Reisenden und Seeleuten die wichtigsten Tagesereignisse von den verschiedensten Teilen des Erdballs mitteilt. Auch Privatnach- richten werden auf diesem Wege übermittelt werden, und vom Schiff aus werden die Geschäftsleute dringende Anordnungen treffen können, auch auf dem Schiff in dem weiten Weltmeere wird der Mensch durch die unsichtbaren Fäden der elektrischen Wellen in stetigem Zusammenhang mit seiner Heimat und mit dem weiter flutenden Leben bleibe». Nach der ersten allgemeineren Einführung der elektrischen Te- legraphie verglich man die Telegraphendrähte gern mit den Nerven im menschlichen Oraanismus. Wte auf diesen keinen Bahnen die